Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beim G20-Dialogforum Wissenschaft am 20. März 2017 in Halle (Saale):

Sehr geehrter Herr Professor Hacker – ich schließe alle Kolleginnen und Kollegen von Ihnen aus den G20-Staaten oder deren Vertreter mit ein –,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Reiner Haseloff,
meine Damen und Herren,

ich danke Ihnen erst einmal für die Arbeit, die Sie geleistet haben. Wissenschaft lebt von Neugier, von Forscherdrang, von der Freude am Entdecken. In der Wissenschaft knüpft der eine an die Erkenntnisse des anderen an. Genau das ist der Unterschied zur Politik. In der Politik kann man ruhig zwei oder drei Mal dasselbe sagen, weil man immer ein anderes Auditorium hat. Aber in der Wissenschaft wird erwartet, dass man das, was der Vorgänger gesagt hat, nicht wiederholt. In der Politik ist man manchmal froh, wenn zwei in einer Partei das Gleiche sagen; Reiner Haseloff weiß, wovon ich spreche.

In der Wissenschaft sind Austausch und Zusammenarbeit sehr wichtig. Offenheit und Vernetzung werden geradezu selbstverständlich gelebt. Das ist auch der Grund dafür, dass sich Wissenschaft einerseits als Treiber der Globalisierung darstellt und sie andererseits durch Globalisierung gewinnt. Die Tatsache, dass es Globalisierung gibt, macht auch wissenschaftliche Tätigkeit einfacher, normaler.

Vor 365 Jahren legten vier Ärzte den Grundstein für die Leopoldina, um den medizin- und naturwissenschaftlichen Austausch zu fördern. Miteinander zu kommunizieren, war damals im Zeitalter der Postkutschen noch etwas aufwendiger als heute im digitalen Zeitalter. Aber der Drang nach Wissen und Erkenntnis, der Drang, voneinander und miteinander zu lernen, war auch damals schon da. Damals wie heute galt und gilt: Nur wer sich weltoffen zeigt, wer sich über fachliche wie auch über räumliche Grenzen hinweg auf Zusammenarbeit einlässt, kann davon auch umfassend profitieren.

Das gilt im Grunde für die Wissenschaft ähnlich wie für die Wirtschaft. In beiden Bereichen sehen wir uns durch weltweit zunehmende Vernetzung zusehends gleichen Herausforderungen gegenüber. Entwicklungen auf der einen Seite des Globus haben mehr und mehr auch Auswirkungen auf der anderen Seite des Globus. Das gilt im positiven Sinne genauso wie im negativen Sinne. Eines der greifbarsten Beispiele war sicherlich die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise Ende des vergangenen Jahrzehnts.