Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit achten

Merkel telefoniert mit Erdoğan Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit achten

Kanzlerin Merkel ist besorgt über die jüngsten Entwicklungen nach dem Putschversuch in der Türkei. In einem Telefonat forderte sie Präsident Erdogan auf, Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit walten zu lassen. Die Todesstrafe sei "mit dem Ziel einer EU-Mitgliedschaft in keiner Weise vereinbar".

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Die türkische Fahne weht neben der Fahne der Europäischen Union.

Die Wiedereinführung der Todesstrafe sei mit einer EU-Mitgliedschaft "in keiner Weise vereinbar", so Merkel.

Foto: picture-alliance/ dpa

Bei einem Telefonat hat Bundeskanzlerin Angela Merkel dem türkischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan zunächst ihr Mitgefühl über die vielen Toten und Verletzten ausgesprochen. Erneut verurteilte sie den Putschversuch scharf.

Bei dem versuchten Staatsstreich in der Nacht auf Samstag sollen mindestens 265 Menschen ums Leben gekommen sein, mehr als 1.400 wurden verletzt. Die türkische Regierung reagierte mit der Festnahme von rund 6.000 Menschen und der Absetzung Tausender Richter. Auch die Wiedereinführung der Todesstrafe wird diskutiert.

Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit wahren

Als Reaktion auf den Putschversuch müsse der türkische Staat die Prinzipien von Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit walten lassen, forderte Merkel. Die derzeitige Welle von Verhaftungen und Entlassungen gebe Anlass zu großer Sorge.

Mit Blick auf die Debatte um die Wiedereinführung der Todesstrafe wies die Bundeskanzlerin eindringlich darauf hin, dass die Todesstrafe von Deutschland und der Europäischen Union vehement abgelehnt werde. Die Todesstrafe sei mit dem Ziel einer EU-Mitgliedschaft in keiner Weise vereinbar. Außerdem habe sich die Türkei mit der Unterzeichnung des 13. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention dazu verpflichtet hatte, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.

Gespräche über EU-Türkei-Abkommen fortsetzen

Zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits die Äußerungen zur Todesstrafe als besorgniserregend bezeichnet. "Wir wollen jetzt abwarten, wie die innertürkische Diskussion dazu verläuft", sagte er in der Regierungspressekonferenz.

Seibert unterstrich, dass das EU-Türkei-Abkommen getrennt von den Ereignissen vom Wochenende zu sehen sei. Die EU-Staaten erfüllten ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen und erwarteten das auch von der Türkei. Das Abkommen sei im gegenseitigen Interesse.

Der Regierungssprecher bekräftigte, dass die Bundesregierung den Versuch von Teilen des Militärs, die gewählte Regierung zu stürzen, scharf verurteile. "Wir stehen für die Grundprinzipien der Demokratie ein, und wir stehen an der Seite derer, die diese Grundprinzipien in der Türkei verteidigen - in Regierung wie in Opposition."

EU-Außenrat: Auf Bekenntnis zur Demokratie aufbauen

Die EU-Außenminister berieten unterdessen mit ihrem amerikanischen Amtskollegen John Kerry in Brüssel über die Ereignisse in der Türkei. In einer gemeinsamen Schlussfolgerung ermutigten sie die türkische Führung, auf das gemeinsame Bekenntnis aller Parteien zu Demokratie und Rechtsstaat aufzubauen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte, rechtstaatliche Kriterien und das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Mit Blick auf die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei erinnerte er daran, dass die Abschaffung der Todessstrafe "ein wichtiger Schritt war": Die Todesstrafe stehe erfolgreichen Beitrittsverhandlungen im Wege und sei "nicht vereinbar mit europäischen Prinzipien", so Steinmeier.