Pressestatements von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Gespräch mit dem Präsidenten der Republik Angola, José Eduardo dos Santos

BK'IN MERKEL: Ich glaube, dass die politischen Gespräche heute hier recht erfolgreich waren und dazu beigetragen haben, Angola besser kennenzulernen. Ich habe noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland bei der Entwicklung Angolas gerne mit dabei sein möchte, und zwar im umfassenden Sinne: sowohl im kulturellen Bereich als auch im Bildungs- und Forschungsbereich als auch in der wirtschaftlichen Kooperation.

Ich glaube, dass sich Angola in einer sehr entscheidenden Entwicklungsphase befindet. Die Verfassung ist fertig, nächstes Jahr stehen die zweiten Wahlen an. Man darf nicht vergessen, dass dieses Land bis 2002, also bis vor nicht einmal 10 Jahren, im Bürgerkrieg war und nun seine Entwicklung gestaltet. Das wird schon mit großer Kraft angegangen ‑ natürlich mit einer Ausgangsposition, die aus den Kolonialzeiten her noch schlecht ist, was man erkennt, wenn man an den Analphabetismus und viele andere Dinge denkt.

Insofern kann Deutschland die politische Partnerschaft, die wir mit Angola jetzt gestalten, gut nutzen, um in diesem Land sicherlich mehr zu tun, als wir das heute machen.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben heute Morgen auch gesagt, sie wollten auch etwas zur Ertüchtigung der Marine tun. Es sollen Boote geliefert werden. Ist das das richtige Zeichen in der momentanen Situation?

BK'IN MERKEL: Ich glaube, dass wir die Zusammenarbeit im umfassenden Sinne sehen müssen. Wir helfen bei der Ausbildung der Streitkräfte, denn die Streitkräfte kommen aus Bürgerkriegen und müssen sich jetzt darauf vorbereiten, im Rahmen der Afrikanischen Union die Sicherheitsmissionen zu übernehmen. Wir sind froh, wenn wir solche Einsätze nicht allein mit Europäern machen müssen. Afrika will hier auch selber etwas tun. Angola wird dazu in Zukunft sicherlich einen Beitrag leisten. Dass jedes Land seine Grenze sichern muss, ist, glaube ich, normal.

Insofern glaube ich nicht, dass wir hier im umfassenden Sinne die Aufrüstung betreiben. Es geht vielmehr um Grenzsicherungsboote, für die wir eigentlich fast schon ein Memorandum of Understanding unterschreiben wollten. Das dauert jetzt aber noch ein Weilchen.

Insgesamt aber geht es darum, Afrika zu ertüchtigen, die Friedensmissionen, die ja unter UN-Mandat stattfinden, alleine durchführen zu können. Das ist im europäischen Interesse.

FRAGE: Wie gut sind denn die Chancen für dieses Geschäft?

BK'IN MERKEL: Ich kann dazu jetzt nichts sagen. Es sollte ein Memorandum of Understanding unterschrieben werden; so weit ist es heute aber noch nicht gekommen. Ich glaube, dass die Boote insgesamt gebraucht werden.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Präsident dos Santos hat gesagt, er habe die Hinweise verstanden, die Sie in Sachen Menschenrechte, in Sachen Meinungsfreiheit, in Sachen Good Governance gegeben haben. Hat er ihnen konkrete Zusagen gemacht?

BK'IN MERKEL: Er hat die Entwicklung in Angola als einen Prozess beschrieben, in dem sie Schritt für Schritt die Freiheiten verstärken wollen. Er hat mir vor allen Dingen auch darüber berichtet, wie schwierig es ist, Aufgaben auf die regionale Ebene zu delegieren, wenn man keine gut ausgebildeten Fachkräfte hat. Darüber haben wir gesprochen. Für uns in Deutschland ist es ganz normal, dass es kommunale Selbstständigkeit gibt und dass es Bundesländer gibt. In dieser Region ist das noch gar nicht eingeübt.

Insofern finde ich es erst einmal richtig, dass der Präsident dies tut. Er ist stolz darauf, dass es jetzt mehr Meinungsfreiheit gibt als früher. Er hat ausdrücklich gesagt, dass es richtig ist, dass ich den Oppositionsführer heute besuche; er findet es legitim, dass die Opposition auch einmal an die Macht kommen will. Das alles sind Dinge, die es hier vor einigen Jahren so noch nicht gegeben hat. Deshalb glaube ich, dass sich Angola bei allen Defiziten anstrengt und auch weiß, dass Stabilität ‑ und um die geht es ihm nach so vielen Jahren Bürgerkrieg ‑ nur zu erreichen ist, wenn man auch Freiheit zulässt.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, China ist hier in Angola sehr präsent. Haben Sie das Gefühl, dass es hier das Bedürfnis gibt, europäische Investitionen ergänzend zu chinesischen zu haben, oder glauben Sie bzw. haben Sie gehört, dass China hier weiter die Nummer eins sein soll?

BK'IN MERKEL: Wir haben über China gesprochen. Der Präsident hat noch einmal darauf hingewiesen, dass Angola nach dem Bürgerkrieg 2003/2004 dringend Geld brauchte und keinerlei Zugang zu Finanzen hatte. Man hat sich damals auch an die Vereinigten Staaten von Amerika und auch an Europa gewandt. Das ging sehr langsam ‑ zu langsam, wie er sagt. Damals hat man die Chinesen gebeten, die Infrastruktur in Gang zu bringen. Inzwischen ist es so, dass man sehr wohl weiß, dass die chinesischen Investitionen zwar geholfen haben, aber nicht die einzigen sein sollen. Man bemüht sich hier, wirklich auch verschiedene Anbieter zu bekommen. Portugal und Spanien sind hier wohl mit dabei, und man gibt Deutschland hier auch eine gute Chance. Aber in der Zeit nach dem Bürgerkrieg waren die Chinesen diejenigen ‑ das muss man auch sagen ‑, die Angola geholfen haben, als es noch keine Finanzierungsgrundlagen hatte.