Mehr Konsum, mehr Tote, mehr Delikte

Drogenkriminalität Mehr Konsum, mehr Tote, mehr Delikte

Die Zahl der Drogentoten ist 2015 zum vierten Mal in Folge gestiegen. Mehr Drogen werden konsumiert, mehr Straftaten im Zusammenhang damit registriert. Drogenbeauftragte Mortler begrüßt, dass die Bundesregierung ein Gesetz zum Verbot psychoaktiver Substanzen verabschieden will.

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Das gestellte Illustrationsfoto zeigt, wie mit einer Rasierklinge ein weißes Pulver - ähnlich der Portionierung von Kokain-Dosierungen - auf einem Spiegel in einzelne Streifen aufgeteilt wird.

2015 ist zum vierten Mal in Folge die Zahl der Drogentoten gestiegen.

Foto: picture-alliance/ ZB

1226 Menschen sind 2015 an den direkten oder indirekten Folgen von Drogenkonsum gestorben. 2014 waren es 1032 - eine Steigerung um 19 Prozent. Seit vier Jahren steigt die Zahl an. Das geht aus der Bilanz zur Rauschgiftkriminalität 2015 hervor. Hauptursache war die Überdosierung, teilweise in Verbindung mit anderen Substanzen, etwa Alkohol.

Heroin illegale Droge Nummer Eins

"Jeder Drogentote ist einer zu viel", sagte Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung. "Wir dürfen den Anstieg nicht überbewerten. Wegschauen dürfen wir aber auch nicht." Mortler verwies darauf, dass Heroin immer noch die illegale Droge Nummer Eins sei. Aber auch bei Crack (29 Prozent) und Crystal Meth (20 Prozent) stieg die Zahl der Drogentoten.

Mehr Todesfälle gab es in fast allen Bundesländern. Ausnahme waren Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Dort waren leichte Rückgänge zu verzeichnen. In Bremen blieb die Zahl der Drogentoten stabil. Insgesamt starben laut Mortler in Deutschland weniger Menschen an illegalen Drogen als in anderen Industriestaaten. In den USA waren es beispielsweise 47.000 Drogentote. Vergleichsweise liegt die Zahl der Menschen, die durch Tabakkonsum sterben, für das Vorjahr bei 121.000.

Doch ruhen lassen kann das niemanden. "Alle in der Politik müssen sich ihrer Verantwortung in dem Bereich bewusst sein, im Bund, in den Ländern, in den Kommunen", so Mortler.

Verbot psychoaktiver Stoffe geplant

Nächste Woche, so Mortler, wolle die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zu neuen psychoaktiven Stoffen beschließen. "Damit werden vermeintlich harmlose, in der Realität aber brandgefährliche Substanzen endlich verboten", sagte sie.

Bisher mussten solche Stoffe zunächst in den Geltungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen werden. Dann erst konnte ihre Herstellung und Verbreitung bestraft werden. Das führt zu einem ständigen "Hase-und-Igel-Spiel": Ein psychoaktiver Stoff taucht auf, wird analysiert und dann verboten. Anschließend werden in dem Stoff wenige Moleküle leicht modifiziert. So ist ein neuer Stoff entstanden, der erneut verboten werden muss.

Wichtig ist Mortler auch die umfassende Reform des Substitutionsrechts. Darunter versteht man das Ersetzen von illegalen Drogen mit Ersatzstoffen unter ärztlicher Aufsicht. An einer entsprechenden Reform arbeite das Bundesgesundheitsministerium mit Hochdruck. Mortler forderte, dass in Zukunft mehr Ärzte Methadon-Therapien verschreiben können und der Zugang zu solchen Therapien unkomplizierter werde. Gerade im ländlichen Raum sei das notwendig, so die Drogenbeauftragte.

Klare Absage an Legalisierung von Drogen

Eine klare Absage erteilte Mortler allen Forderungen, harte Drogen zu legalisieren: "Das mag gut klingen. In der Praxis ist es ein Irrweg. Heroin, Crack, Kokain sind illegal, weil sie eine zerstörerische Wirkung auf den Menschen haben. Weil sie verboten sind, können wir ihr Angebot in Grenzen halten".

Drogenhandel zunehmend im Internet

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), machte klar, dass der weltweite Drogenhandel sich schwer begrenzen lasse. Globalisierung und Technisierung bestimmten den Drogenmarkt. Weltweit würden hier 320 Milliarden US-Dollar umgesetzt, so der BKA-Präsident.

Gehandelt werde mit Drogen sowohl im normalen Internet, als auch im sogenannten Darknet. In das kommt man nur über verschlüsselte Zugänge. Kriminelle nutzten das Darknet, weil sie dort sowohl anonym handeln als auch bezahlen könnten. Münch nannte als Beispiel den Fall Shiny Flakes. Ein junger Mann aus Leipzig hatte aus seinem Kinderzimmer heraus über das Darknet und das normale Internet 900 Kilogramm Drogen verkauft. Der Wert betrug vier Millionen Euro. Aufgeflogen war der 20jährige, weil er bei Adressierung und Porto Fehler machte.

Viel in Transitländern sichergestellt

Münch berichtet, dass die Sicherstellungsmengen bei Heroin zurückgegangen seien. Jedoch gäbe es in den Transitländern eine hohe Zahl an Sicherstellungen. Kokain werde beispielsweise aus dem Iran über die Balkan-Route nach Deutschland und in die Niederlande transportiert. Dort seien im vergangenen Jahr drei türkische Staatsangehörige festgenommen worden, die den Transport der Drogen organisiert haben. Viel werde auch über die deutschen Häfen mit ihren riesigen Frachtaufkommen geschmuggelt. "Rauschgift ist ein Kontrolldelikt", stellte Münch fest. Das heißt, je mehr Polizei dafür eingesetzt werde, desto mehr werde gefunden.

Er ist froh über das demnächst kommende Gesetz zum Verbot von psychoaktiven Stoffgruppen. "Das Gesetz schließt Verbots- und Strafbarkeitslücken. Wir können die Händler dann konsequenter verfolgen."