Auf der nordfriesischen Insel Pellworm zeigen Wirtschaft und Forschung, wie sich schwankende Stromproduktion aus Wind und Sonne mit dem örtlichen Stromverbrauch in Einklang bringen lässt. Das Innovationsprojekt "Smart Region Pellworm" ist ein Beispiel für derartige Projekte.
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1.200 Einwohner hat die Insel. Traditionell kam der Strom vom Festland. Inzwischen jedoch kann sich die Insel mengenmäßig allein versorgen und sogar Strom aufs Festland "exportieren". Möglich machen dies zunächst die Wind- und Solarkraftanlagen der Insel, die dreimal so viel Strom erzeugen, wie die Inselbewohner benötigen.
Hier liegt bekanntlich das Hauptproblem von Wind- und Sonnenkraftwerken: Sie produzieren nur, wenn Wind weht oder die Sonne scheint. Forscher im Projekt streben an, dass zunächst die eigene Versorgung sichergestellt wird und dies unabhängig vom Wetter.
Deshalb muss überschüssiger Strom gespeichert werden können. Und genau dies war der Kern des Projekts. Zwei große Batterien – eigentlich richtiger gesagt Akkumulatoren – stehen auf der Insel und können Strom speichern. Eine Redox-Flow-Batterie dient als Langzeitspeicher. Es handelt sich dabei um einen Flüssigspeicher, in dem Energie in chemische Verbindungen umgewandelt und zurückverwandelt wird. Sie ist in acht Stunden komplett ge- oder entladen und speichert 1.600 Kilowattstunden. Als Kurzzeitspeicher dient eine Lithium-Ionen-Batterie, deren 560 Kilowattstunden sich in nur einer halben Stunde laden oder entladen lassen. Ergänzt wird die Speicherkapazität noch durch elf Haushaltsspeicher.
Das Ganze funktioniert nur, wenn hochmoderne Ortsnetztransformatoren mit intelligenter Computersoftware das Zusammenwirken von Kraftanlagen, Speichern und Verbrauch regeln. Sie sorgen für eine gleichmäßige Spannung im Netz der Insel. Das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hat ein Energiemanagement-System entwickelt, das alles regelt und sogar Prognosen für den Stromverbrauch aus verschiedenen Faktoren, darunter Wetterdaten, erstellt.
Der Strom aus den Kraftwerken versorgt primär die Inselbevölkerung. Ist mehr da, werden die Speicher geladen. Erst wenn alle Speicher auf Pellworm voll sind, geht der überschüssige Strom aufs Festland. Produzieren die eigenen Kraftwerke nicht genug Strom für die Eigenversorgung, werden die Speicher zugeschaltet. Erst wenn diese leer sind, wird auf Strom vom Festland zurückgegriffen.
Das Projekt befasst sich auch mit wirtschaftlichen Aspekten, so die Vermarktung der Systemkomponenten, die Wirtschaftlichkeit und die Entwicklung von Geschäftsmodellen. Wie geht der Verbraucher mit der Möglichkeit um, sich über die Umweltfreundlichkeit seiner Energienutzung jederzeit informieren zu können?
In Pellworm wird die Energiewende in kleinem Maßstab erprobt. Was hier funktioniert, ist ein Modell für unser Land. Es zeigt, wie das Zusammenwirken Erneuerbarer Energiequellen, Speicher und intelligenter Steuerung funktionieren muss, um künftig auf umweltschädliche Großkraftwerke weitgehend verzichten zu können. Das Projekt hat bereits mehrere Umweltpreise gewonnen, zuletzt den Titel "Projekt des Jahres" des German Renewables Award 2015.
In das von der Schleswig Holstein Netz AG getragene Projekt, an dem E.ON, die Fachhochschule Westküste, das Fraunhofer-Awendungszentrum Systemtechnik (AST) und das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik beteiligt sind, flossen 10 Millionen Euro Fördermittel, davon 4,1 Millionen aus öffentlicher Förderung von Bund und Land.