Große Gemeinsamkeiten in der Europa-Politik

Gespräche in Warschau Große Gemeinsamkeiten in der Europa-Politik

In vielen europapolitischen Fragen sind sich Kanzlerin Merkel und Polens Ministerpräsidentin Szydło einig. Wichtiges Thema war die Verteidigungspolitik in der EU. Mit Blick auf die Rechtsstaatlichkeit betonte Merkel, wie wichtig plurale Gesellschaften, eine unabhängige Justiz und unabhängige Medien seien.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel wird von Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo beim Aussteigen aus dem Auto begrüßt.

Merkel und Szydlo sprachen in Warschau auch über das Thema Rechtsstaatlichkeit.

Foto: Bundesregierung/Steins

Bundeskanzlerin Angela Merkel dankte ihrer Gastgeberin Beata Szydło für den freundschaftlichen Empfang. Das Treffen setze den intensiven Austausch des vergangenen Jahres fort, als Deutschland und Polen das 25. Jubiläum ihres Nachbarschaftsvertrages feierten.

Kanzlerin Merkel reiste auf Einladung der polnischen Regierung nach Warschau. Die Kanzlerin erwiderte damit den Antrittsbesuch der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydło vom Februar 2016. Das Programm dieses Arbeitsbesuchs umfasst auch Gespräche mit Staatspräsident Duda sowie mit Vertretern der Opposition und der deutschen Minderheit.

Feste Säulen der Zusammenarbeit

Als Grundpfeiler der guten Nachbarschaft zwischen Deutschland und Polen benannte die Kanzlerin die politische Kooperation, sowohl bilateral als auch im Rahmen der Europäischen Union, die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie den intensiven Austausch der beiden Zivilgesellschaften.

Politisch habe man sich ausgetauscht "über das, was wir gemeinsam tun können, aber auch unser gemeinsames Auftreten in der Europäischen Union", sagte Merkel. Sie erwähnte in diesem Zusammenhang den Klimaschutz und eine Arbeitsgruppe zum sogenannten Winterpaket, wo beide Länder ihre Positionen einbringen wollten.

Der Jugendaustausch zwischen beiden Ländern solle verstärkt werden. Hier könne man "politisch ein Zeichen setzen", sagte Merkel und erläuterte, dass Deutschland die jährlichen Mittel für das Deutsch-Polnische Jugendwerk auf sechs Millionen Euro erhöht habe. Mit neuen Projekten wolle man hier weiter vorankommen.

Demokratische Impulse stärken

Kanzlerin Merkel und Ministerpräsidentin Szydło sprachen auch über das Thema Rechtsstaatlichkeit. Hier sei die polnische Regierung in Konsultationen mit der Europäischen Kommission, so Merkel. "Ich will noch einmal sehr persönlich sagen, dass ich als junger Mensch immer mit großer Aufmerksamkeit auf das, was in Polen vor sich gegangen ist, geschaut habe", erinnerte die Kanzlerin. Solidarnosc habe auch ihr Leben geprägt, "und ohne die Solidarnosc wäre vielleicht weder die europäische Vereinigung und das Ende des Kalten Krieges so schnell gekommen, noch die Deutsche Einheit."

Aus dieser Zeit wisse man, wie wichtig plurale Gesellschaften und eine unabhängige Justiz und Medien sind, denn das alles habe damals gefehlt. "Insofern war ich froh zu hören, dass Polen die Fragen der Europäischen Kommission und auch der Venedig-Kommission beantworten wird. Ich wünsche mir, dass hier die Diskussion sehr konstruktiv zwischen beiden Partnern vonstatten geht", betonte Merkel.

Polen Gastland auf der Hannover Messe

Merkel hob auch hervor, dass Polen in diesem Jahr Gastland der Hannover Messe sei. Das gebe dem Land die Möglichkeit, sich mit seinen Fertigkeiten auf der größten Industriemesse der Welt zu präsentieren. Große, aber auch mittlere und kleine deutsche Unternehmen engagierten sich andererseits in Polen, so die Bundeskanzlerin. Sie dankte der Ministerpräsidentin für die Zusicherung, dass diese auch willkommen seien. "Genauso wie natürlich auch polnische Unternehmen auf der deutschen Seite", so Merkel.

Gemeinsame Sicherheit in Europa

Die Verteidigungspolitik sei ebenfalls ein wichtiges Feld der gemeinsamen Zusammenarbeit. Die Kanzlerin hob die deutschen Beiträge im Zusammenhang mit der Verstärkung der östlichen Dimension hervor. Deutschland wisse, dass es seine Verteidigungsausgaben über die fünfprozentige Steigerung des letzten Jahres hinaus weiter erhöhen müsse "Ich glaube, Deutschland und Polen haben hier sehr gemeinsame Ansichten", betonte die Kanzlerin.

Die Frage der Grenzsicherung, auch gegen illegale Migration aus dem Osten, sei auch ein Thema der Unterredung gewesen. Hier würden die Innenminister gegebenenfalls weiter zusammenarbeiten. Der Bau einer gemeinsamen Schule im Libanon sei ein sehr schönes Projekt, das Fortschritte mache, und "ein deutsch-polnisches Zeichen, dass wir Fluchtursachen bekämpfen wollen und dass wir hier einen wichtigen Schwerpunkt im Umgang mit der Migrationskrise sehen", sagte die Kanzlerin. Das Thema der Zukunft Europas sei dem vertiefenden Gespräch beim gemeinsamen Abendessen vorbehalten, bilanzierte Merkel.

Treffen mit Zivilgesellschaft und Parteipolitikern

Die Bundeskanzlerin kam in Warschau nach einem anschließenden Gespräch mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda auch mit Vertretern der deutschen Minderheit zusammen. Diese lebt heute vor allem rund um Opole, deutsch Oppeln, im westlichen Teil Oberschlesiens in der Woiwodschaft Oppeln. Es sei ein wichtiges Zeichen, dass diesbezüglich die Verpflichtungen aus dem Nachbarschaftsvertrag eingehalten würden, betonte Merkel.

Außerdem fanden Begegnungen mit mehreren Parteivorsitzenden statt. So traf Merkel mit Jarosław Kaczyński zusammen, dem Vorsitzenden der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Darüber hinaus sprach die Kanzlerin mit dem Vorsitzenden der oppositionellen Bürgerplattform (PO), Grzegorz Schetyna, und dem Vorsitzenden der PSL, Władysław Marcin Kosiniak-Kamysz. PO und PSL gehören wie die deutschen Unionsparteien CDU/CSU der Europäischen Volkspartei an.