Am Mittwoch stimmt der Bundestag über das Hilfsprogramm für Griechenland ab. Ein Ja wäre "unter Abwägung aller Gesichtspunkte die richtige Entscheidung", sagt Bundesfinanzminister Schäuble. Das Programm solle Griechenland auf einen nachhaltigen Pfad bringen.
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Am Mittwoch stimmt der Bundestag über das Hilfsprogramm für Griechenland ab. Die Eurogruppe hatte in einer Sondersitzung am Freitag (14.08.) die im Vorfeld ausgehandelten Bedingungen für die geplanten Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro beraten. Am späten Abend gab sie ihre Einigung bekannt. Zuvor hatte bereits das griechische Parlament die mit dem Hilfsprogramm verbundenen Sparauflagen gebilligt.
In einem Interview des ZDF erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, ein Ja wäre "unter Abwägung aller Gesichtspunkte die richtige Entscheidung." Griechenland habe beschlossen alle notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, Mitglied der EU bleiben zu können. "Wir wollen alles tun, um Griechenland auf diesem Weg zu helfen. Das ist europäisches Interesse, das ist im Interesse von Griechenland, im Interesse von Deutschland und vor allen Dingen im Interesse von Europa."
Schäuble sieht noch Spielräume für Schuldenerleichterungen. Die jetzt ausgehandelte Laufzeit für das Hilfsprogramm sei nicht die äußerste Obergrenze. Entscheidend sei: "Wie viel muss ein Land pro Jahr an Zins und Tilgung leisten?" Betragen Zins und Tilgung nicht mehr als 15 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistungskraft, sei das noch tragfähig. Diese Grenze werde Griechenland für die nächsten zehn Jahre mit Sicherheit einhalten, so Schäuble.
Setze Griechenland alles um, was jetzt vereinbart ist, dann sei dieses Hilfsprogramm so konzipiert, dass es Griechenland auf einen nachhaltigen Pfad bringen sollte. "Das, was wir hier machen, ist seriös gerechnet", betont der Minister.
"Was wir am Freitag in Brüssel erreicht haben, ist verantwortbar und entspricht den Verabredungen des Euro-Gipfeltreffens vom Juli", sagte Schäuble in "Bild am Sonntag". Nach mühseligen Verhandlungen habe Griechenland nun verstanden, dass das Land um echte und einschneidende Reformen nicht herumkomme.
Zugleich beharrte Schäuble auf die Umsetzung der zugesagten Reformen als Voraussetzung für weitere Hilfen: "Diese Reformen müssen jetzt Punkt für Punkt umgesetzt werden. Darauf werden wir achten. Jede weitere Hilfe wird davon abhängig sein."
Es sei "insgesamt ein guter Tag", hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits nach dem Sondertreffen in Brüssel erklärt. Er begründete seine Zustimmung mit dem Kurswechsel in Athen. Es gebe eine "völlig veränderte Situation gegenüber dem, was wir bis in den Juli hatten", sagte er mit Blick auf die Parlamentsentscheidung in Athen.
Diese Chance gelte es zu nutzen. "Wir müssen gleichwohl vorsichtig bleiben, weil natürlich es große Summen sind, die wir zur Verfügung stellen", räumte Schäuble ein. Er betonte, dass man die Umsetzung nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre "sehr engmaschig Schritt für Schritt kontrollieren" werde.
Schäuble hatte vor Beginn der Sitzung noch eine Beteiligung des Internationalen Währungsfonds am Hilfspaket für Griechenland gefordert. Voraussetzung sei "ein möglichst verbindliches Commitment" des Internationalen Währungsfonds (IWF). Wichtig sei auch, dass die Ergebnisse des Gipfeltreffens vom 12. Juli umgesetzt würden.
Am 12. Juli hatten die Staats- und Regierungschefs der Euroländer ein drittes Hilfsprogramm mit Griechenland vereinbart. Die griechische Regierung hat einen entsprechenden Antrag an den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gestellt. Für die nächsten drei Jahre sind zwischen 82 und 86 Milliarden Euro als Kredithilfe für das Land vorgesehen. Das Hilfsprogramm ist mit zahlreichen und weitreichenden Auflagen zur Reform des griechischen Staates und seiner Wirtschaft verbunden.
Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem machte deutlich, dass die weitere Beteiligung des IWF von grundlegender Bedeutung für die Eurogruppe sei. Abhängig sei diese Beteiligung aber von der Umsetzung von Reformen. Zudem müsse der Fonds von der Tragfähigkeit der griechischen Schulden überzeugt sein.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich über die Einigung in Brüssel zufrieden: Alle Beteiligten hätten ihre Zusagen eingehalten, Athen komme seinen Verpflichtungen nach. "Die Botschaft des heutigen Treffens ist laut und klar: Auf dieser Grundlage ist und bleibt Griechenland unwiderruflich ein Mitglied der Eurozone."
Nach der Zustimmung der Euro-Finanzminister und dem Ja aus Athen müssen nun der Deutsche Bundestag und andere europäische Parlamente über das bis zu 86 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm abstimmen. Der Deutsche Bundestag bereitet sich auf eine Sondersitzung am kommenden Mittwoch vor. Im ZDF-Sommerinterview zeigte sich Kanzlerin Merkel zuversichtlich, dass der Bundestag dem dritten Hilfspaket zustimmen werde. Die griechische Regierung erfülle nun die Reformauflagen der internationalen Geldgeber für weitere Kredite.
Sollten die Volksvertreter im Deutschen Bundestag zustimmen, könnte Griechenland bereits am kommenden Donnerstag fällige Schulden mit Mitteln aus dem neuen Hilfsprogramm begleichen. Bei den Schulden geht es um 3,4 Milliarden Euro, die Athen für auslaufende Anleihen und Zinsen an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen muss.
Grundlage der Entscheidung des griechischen Parlaments und des Treffens der Eurogruppe ist die erzielte Grundsatzeinigung zwischen Griechenland und seinen Geldgebern. Die drei Institutionen EZB, EU und IWF hatten sich zu Wochenbeginn auf ein sogenanntes Memorandum of Understanding (MoU) verständigt. Das MoU enthält Reformauflagen für die nächsten Jahre und eine Vielzahl von Vorabmaßnahmen ("prior actions"), die vor einer möglichen ersten Auszahlung von Griechenland beschlossen werden müssen.