Ein Sturm auf der Sonne kann Geräte auf der Erde stören, ja sogar zerstören. In Kanada brach vor einigen Jahren die ganze Stromversorgung zusammen. Ob und wie es möglich ist, solche Stürme vorherzusagen, untersucht das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr in einem von zahlreichen Forschungsprojekten.
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Die Auswirkungen der variierenden von der Sonne ausgesandten Strahlungen auf die Erde werden als Weltraumwetter systematisch beobachtet. Prozesse spielen sich in den obersten Schichten unserer Atmosphäre ab, in der sogenannten Ionosphäre. Die Elektronenhaltigkeit der Ionosphäre wird in speziellen Karten dargestellt.
Bisher kann man meist nur im Nachhinein die Sonne als Ursache für Störungen unserer Elektronik ermitteln. Wichtig für militärische Zwecke wäre aber eine Vorhersage von Ereignissen auf der Sonne. Hier kann ein Geräteausfall - etwa der Navigationssysteme während eines Einsatzes - Menschenleben gefährden.
Ob Prognosen überhaupt möglich sind, weiß man in der Wissenschaft noch nicht so genau. Erste Erkenntnisse aber lassen hoffen. Also hat das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBw) das Forschungsprojekt OPTIMAP zur Prognose des Weltraumwetters ins Leben gerufen. Es strebt eine 5-tägige Vorhersage des Ionosphärenzustands an. Wenn dies gelingt, werden auch zivile Nutzer davon profitieren. Bei drohenden Störungen kann empfohlen werden, Elektrogeräte auszuschalten oder etwa einem Navigationsgerät nicht zu vertrauen.
Das ZGeoBw bündelt als Einrichtung der Bundeswehr die Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Geowissenschaften. Dabei geht es um kein homogenes Forschungsgebiet, sondern um die Zusammenarbeit ganz unterschiedlicher Fachrichtungen von der Geografie, Geologie und Meteorologie bis zu Fragen von Kartographie, Ökologie oder Geopolitik. Einige Fragen bearbeiten die Wissenschaftler des eigenen Hauses, andere werden an Universitäten und Forschungseinrichtungen vergeben und vom Zentrum koordiniert.
"Alles was die Bundeswehr und die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unterstützt und noch nicht in einem Verfahren oder in einem System etabliert ist, bedarf auch der Forschungsarbeit", sagt der Direktor des ZGeoBw Professor Gerhard Seitz.
Knapp 1000 Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten für das ZGeoBw, die meisten in Euskirchen. Das ZGeoBw ist die zentrale Facheinrichtung des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr, in dem alle relevanten Geoinformationen gesammelt und ausgewertet werden. Eigene Datenerhebung erfolgt vor allem durch GeoInfo-Kräfte in den Teilstreitkräften. Es kommt dabei zu enger Zusammenarbeit mit zivilen Einrichtungen wie beispielsweise dem Deutschen Wetterdienst.
Täglich anfallende oder für bestimmte Einsätze gesammelte Geoinformationen werden unmittelbar genutzt, um etwa den Flugbetrieb, Truppenbewegungen oder Einsätze auf See zu unterstützen. Darüber hinaus ist die Arbeit des ZGeoBw auf längerfristige Planungs- und Entscheidungsprozesse ausgerichtet. Damit unterstützt es das Bundesministerium der Verteidigung. Viele Erkenntnisse sind jedoch auch für andere Ministerium bis hin zur Öffentlichkeit von Bedeutung.
In Computerspielen bewegen wir uns durch virtuelle Welten. Für die Soldaten in unbekanntem Gebiet wäre es sehr vorteilhaft, könnten sie ihr Einsatzziel schon virtuell kennenlernen, bevor sie in den Einsatz gehen. Die reale Welt jedoch ganz detailliert in einem Simulationsmodell abzubilden, ist sehr aufwändig und vor allem schwierig. Das gilt vor allem, wenn das Gebiet in einer Krisensituation nicht erkundet werden kann. Möglich ist es, das Gebiet detailliert zu fotografieren – durch Satelliten, Flugzeuge, Drohnen oder per Fotoapparat aus einiger Entfernung.
So kann es tausende von Bildern geben. Im Projekt "3-D-Modelle zur Einsatzplanung für urbane Operationen" ist es dem ZGeoBw gelungen, eine automatische Auswertung einer beliebigen Zahl von Fotos vorzunehmen. Daraus und aus Oberflächen- und Höhenmodellen entstehen virtuelle dreidimensionale Karten, die teilweise so detailliert sind, dass sogar zu erkennen ist, in welche Richtung eine Hauseingangstür aufgeht. Die Bundeswehr nutzt diese Ergebnisse im Simulationssystem "Virtual Battle Space".
Die gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie Fraunhofer-Instituten entwickelten Methoden haben auch erhebliche zivile Nutzungsmöglichkeiten, man denke nur an die Stadtplanung.
Als besonders plastisches Beispiel für zivilen Nutzen berichtet Seitz über die systematische Erfassung der Geländebefahrbarkeit und die Prognose mit dem Geländebefahrbarkeitsmodell des ZGeoBw. Normalerweise dienen die Ergebnisse dazu festzustellen, wo Fahrzeuge der Bundeswehr fahren können und wo nicht. Genau dies ist aber auch für zivile Rettungsdienste wichtig, wenn sie beispielsweise zu einem Feuerwehreinsatz gerufen werden. Aus den Modellerkenntnissen können sie ableiten, ob die Abkürzung über einen Feldweg funktioniert oder besser der weitere Weg über eine befestigte Straße zur Brandstelle gewählt werden sollte.
Das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBw) ist die ressortspezifische interdisziplinäre Forschungseinrichtung für Geowissenschaften im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg). Es bündelt geowissenschaftliche Inhalte mehrerer Wissenschaftsdisziplinen wie Biologie, Ethnologie, Fernerkundung, Geodäsie, Geoinformatik, Geologie, Geopolitik/Geographie, Hydrologie, Kartographie, Klimatologie, Meteorologie, Ökologie, Ozeanographie Fernerkundung und Photogrammetrie.
Das ZGeoBw schafft durch seine angewandte geowissenschaftliche Forschung die wissenschaftsbasierten Grundlagen für alle raumbezogenen Aufgaben der Geoinformationsunterstützung für das BMVg und für die Bundeswehr.