Ab 1. Juli kosten Plastiktüten in vielen Geschäften Geld. Damit tritt eine freiwillige Vereinbarung zwischen Bundesumweltministerin Hendricks und dem Verband des Einzelhandels (HDE) in Kraft. Ziel ist, den Verbrauch um die Hälfte zu senken.
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"Plastiktüten sind oft überflüssig. Sie könnten durch wiederverwendbare Kunststofftragetaschen ersetzt werden", sagte Hendricks. Erreiche der Handel das vereinbarte Ziel nicht, könne es 2018 zu einem Gesetz kommen, das die Händler zu einem Entgelt verpflichte. "Wir werden genau hinschauen, wie gut die Vereinbarung umgesetzt wird."
Das Entgelt wird von den Handelsunternehmen erhoben, die sich an der Vereinbarung beteiligen. Diese betrifft rund zwei Drittel der Tüten im Handel. Hinzu kommen Tüten in Apotheken oder Bäckereien, Tankstellenshops, Wochenmärkten und Imbissbuden.
Umgerechnet auf den deutschen Markt erfasst die Vereinbarung etwas weniger als die Hälfte aller gehandelten Tüten. Bis 2018 müssen mindestens 80 Prozent aller Tüten kostenpflichtig sein. Was eine Tüte kosten soll, legen die Händler selbst fest.
Hintergrund der Vereinbarung ist eine EU-Richtlinie. Sie sieht vor, den Verbrauch von Kunststofftüten bis 2019 in einem ersten Schritt auf 90 und in einem zweiten Schritt bis Ende 2025 auf 40 Tüten pro Einwohner und Jahr zu reduzieren. Ausgenommen sind dünnwandige Tüten, die dem hygienischen Transport von frischem Fleisch, Fisch, Käse, Aufschnitt oder Obst dienen.
Wie die Vorgaben umgesetzt werden, bleibt den EU-Ländern überlassen. Sie dürfen die Tüten verbieten, besteuern oder Gebühren für sie einführen. Mit der Selbstverpflichtung vermeidet der Einzelhandel vorerst eine gesetzliche Regelung.
Der Pro-Kopf-Verbrauch in Ländern wie Irland, Dänemark und Finnland sank drastisch, nachdem sie eine Gebühr eingeführt hatten. Darauf verwies Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft der Umwelthilfe. In Deutschland werden nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe derzeit pro Jahr 6,1 Milliarden Plastiktüten ausgegeben. Das sind 11.700 Tüten pro Minute oder 76 Plastiktüten pro Kopf und Jahr.
Jeder EU-Bürger hat 2010 im Durchschnitt rund 200 Plastiktüten verwendet. In anderen europäischen Ländern sind es deutlich weniger: In Luxemburg 20 und in Dänemark und Finnland nur 4 Tüten im Jahr.
Der jährliche, weltweite Verbrauch wird auf eine Billion Stück geschätzt. Die Einwegbeutel tragen zu wachsenden Müllbergen in vielen Teilen der Welt bei und belasten Mensch und Umwelt.
In der EU werden nach Angaben des Europaparlaments jährlich rund 100 Milliarden Plastiktüten verwendet, etwa acht Milliarden davon gelangen in die Weltmeere - mit verheerenden Folgen. Wegen riesiger Müllteppiche sterben jedes Jahr Hunderttausende Vögel, Meeressäuger, Schildkröten und Fische.
Nur ein Bruchteil der Plastiktüten wird recycelt oder thermisch verwendet. Etwa 90 Prozent landen auf Mülldeponien. Allein die in der EU pro Jahr auf Deponien entsorgten Beutel entsprechen der Stromproduktion von 1,6 Atomkraftwerken.
Die meisten Deutschen befürworten eine Plastiktütengebühr. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You Gov. Demnach plädieren mehr als die Hälfte dafür, die Ausgabe von Plastiktüten komplett zu verbieten.
Karstadt verlangt seit 1. März je nach Größe zwischen 5 Cent und 30 Cent, Media Markt und Saturn zwischen 5 Cent und 50 Cent. Bei Rossmann sind 10 Cent fällig, bei C&A und Tchibo sind es 20 Cent pro Plastiktüte.
„Die Plastiktüte ist zu einem Symbol unserer Konsumgesellschaft geworden“, sagte Kai Falk vom HDE.“ Die Firmen haben deshalb ein großes Interesse daran, das Umdenken in der Gesellschaft mit der Abschaffung der Plastiktaschen zu unterstützen“.