Die Kraft des Windes unter der Erde speichern und damit eine zentrale Frage der Energiewende lösen – das ist Ziel des Projekts InSpEE. Es ergründet im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung, wie erneuerbare Energien in norddeutschen Salzstrukturen gespeichert werden können.
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An der norddeutschen Küste erzeugen Windkraftanlagen viel Strom. An sonnigen Tagen kommt dazu noch Solarenergie aus Photovoltaik. Diese Energiemengen werden meistens nicht direkt nach ihrer Gewinnung verbraucht. Energie auf Vorrat ist nötig: Die Waschmaschine wird schließlich angestellt, wenn Schmutzwäsche angefallen ist – und nicht weil gerade eine besonders steife Brise weht. Was also tun mit Energie, die wir gerade nicht benötigen?
Um dieses Problem zu lösen, wird Strom gespeichert. Dazu muss Energie auf unterschiedliche Weise umgewandelt werden. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Energiespeicherkraftwerke.
Weithin sichtbar sind Wasserspeicherkraftwerke. Dort wird überschüssige Energie dazu genutzt, Wasser auf eine Höhenlage hinauf zu pumpen. Besteht ein erhöhter Energiebedarf, wird Wasser abgelassen und treibt so eine Turbine an.
Im Norddeutschen Becken gibt es wenige Anhöhen, die sich für ein Wasserspeicherkraftwerk anbieten. Seine einzigartigen geologischen Bedingungen erlauben dafür alternative Speichermöglichkeiten.
Unter dem norddeutschen Festland und der deutschen Nord- und Ostsee befinden sich 697 Salzstrukturen. So nennt man verschiedenförmige Lagerstätten von Steinsalz, einem Gestein, das vor Millionen Jahren aus konzentriertem Meerwasser entstand.
Die Salzstrukturen bieten großes Potenzial für die Speicherung von erneuerbaren Energien in daraus geschaffenen unterirdischen Höhlen, sogenannten Salzkavernen. Anders als etwa Sand- oder Kalkstein, bricht Salzgestein nicht spröde. Künstlich geschaffene Salzkavernen haben nur eine geringe Neigung, mit dort gelagerten Stoffen zu reagieren. Zudem sie sind nach außen undurchlässige Räume. Deswegen nutzt man sie seit vielen Jahrzehnten als Depot für Erdgas.
Salzkavernen werden dadurch geschaffen, dass Salz aus Salzstöcken ausgewaschen wird. Wasser wird in den Untergrund gepumpt, dadurch löst sich das Steinsalz und ein Hohlraum entsteht. Die Salzlösung, auch Sole genannt, wird oberirdisch weiter verwendet. Daran hat insbesondere die chemische Industrie einen großen Bedarf.
Hinter dem unterirdischen Speicher mit angeschlossener Energieanlage steckt dieselbe Idee wie bei einem Wasserspeicherkraftwerk – überschüssiger Strom wird genutzt und so zwischengespeichert.
Bei einem Druckspeicherkraftwerk wird Druckluft und Wärme erzeugt. Besteht wieder ein erhöhter Energiebedarf, wird damit ein Generator angetrieben. Dieser erzeugt Strom, der zurück ins Netz eingespeist werden kann. Ein solches Speicherkraftwerk ist hoch flexibel und sicher im Betrieb. Das hat das älteste Druckluftkraftwerk der Welt bereits bewiesen, das schon 1978 in Huntorf bei Wilhelmshaven angelaufen ist.
Daneben bieten sich Salzkavernen aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften und ihres enormen Fassungsvermögens an, darin Wasserstoff zu speichern Mit Stromüberschüssen kann über Elektrolyse Wasserstoff hergestellt werden, der wiederum vielfältig einsetzbar ist. Neben der Rückverstromung und der Einspeisung in das Erdgasnetz ist auch die Verwendung als Grundstoff oder als umweltschonender Kraftstoff denkbar.
Die Lagerung in Salzkavernen ist dabei im Vergleich zur Lagerung von Wasserstoff über Tage besonders sicher. Zum einen besteht aufgrund der Tiefenlage der Salzkavernen ein großer Abstand zur Erdoberfläche, dies macht sie unempfindlich gegen Fremdeinwirkungen. Zum anderen gibt es nur extrem geringe Verluste nach außen. Deshalb wird in Großbritannien und den USA schon jetzt Wasserstoff in Salzkavernen gelagert.
Das Potenzial zur Energiespeicherung in Salzkavernen wird allein für Niedersachsen mit etwa 370 Millionen Kilowattstunden bei einer Befüllung mit Druckluft bzw. sogar 350 Milliarden Kilowattstunden bei Wasserstoff abgeschätzt. Um die Dimensionen vorstellbar zu machen: ein Privathaushalt hat pro Jahr einen durchschnittlichen Stromverbrauch von 3500 Kilowattstunden.
Bisher mangelte es an Grundlagen für die Bewertung verschiedener Speicherstandorte. So war etwa nicht dokumentiert, wie gut sich eine bestimmte Salzstruktur für die Einrichtung einer Kaverne eignet und ob der Standort oberirdisch bebaut ist. Auch eine fundierte Abschätzung, welche Energiemengen im geologischen Untergrund gespeichert werden können, war nicht vorhanden.
Um das zu ändern, schlossen sich die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, das Institut für Geotechnik der Universität Hannover und die KBB Underground Technologies GmbH zusammen. Erstmals vernetzten sie so bestehende Expertisen auf den Bereichen Salzgeologie, Gebirgsmechanik und Planung und Errichtung von Salzkavernenspeichern.
Das Projekt InSpEE lotete das Speicherpotenzial der Salzvorkommen von ganz Norddeutschland aus. InSpEE steht für „Informationssystem Salzstrukturen: Planungsgrundlagen, Auswahlkriterien und Potenzialabschätzung für die Errichtung von Salzkavernen zur Speicherung von Erneuerbaren Energien“. Das Projekt stellt neben seiner Analyse auch das Informationssystem „Salz“ bereit. Darin werden öffentlich verfügbare Informationen zu den einzelnen Salzstrukturen zusammengetragen, aufbereitet und verknüpft. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag, die Speicherung von erneuerbaren Energien voranzubringen.