Bundesregierung verurteilt Referendum

Krim-Krise Bundesregierung verurteilt Referendum

Nach Unterzeichnung des Anschlussvertrages der Krim an die Russische Föderation hat Bundeskanzlerin Merkel den Schritt kritisiert. Das Vorgehen verletze internationales Recht. Neben den eingeleiteten Sanktionen gegen Russland werde man weiter auf Dialog setzen. Die Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Krim würden jedoch fortbestehen.

4 Min. Lesedauer

Ein Mann auf der Krim trägt ein Schild zur Boykottierung des Referendums

Aufrufe zum Boykott des illegalen Referendums verhallten

Foto: picture alliance / AP Photo

"Was G8 anbelangt, gibt es keinen neuen Sachstand", führte die Kanzlerin nach einem Treffen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Coelho aus. Die Vorbereitungen zum Gipfel seien weiterhin suspendiert. Die Kanzlerin betonte erneut die Haltung Deutschlands zur Abspaltung der Krim von der Ukraine: Das sogenannte Referendum widerspreche internationalem Recht ebenso wie die Unabhängigkeitserklärung und die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation.

Neben den eingeleiteten Sanktionen werde man weiter auf Dialog setzen, sagte Merkel. "Aber die Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Krim werden bestehen bleiben."

Abspaltung illegal

Bereits am Vortag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert die Abstimmung zur Abspaltung der Krim von der Ukraine als illegal bezeichnet. Auf der Berliner Regierungspressekonferenz sagte Seibert, die Bundesregierung sei weiter in großer Sorge: "Die permanenten Versuche, die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine zu verletzten und das Land zu destabilisieren, halten an." In einer Phase großer Unsicherheit in der Ukraine habe sich Russland nicht als Partner für Stabilität erwiesen, sondern es nutze die Schwäche seines Nachbarlandes aus.

Deutschland erkennt Ergebnis nicht an

"Dieses Referendum widerspricht der Verfassung der Ukraine, und es widerspricht internationalem Recht", sagte Seibert. "Es ist aus unserer Sicht illegal." Deutschland verurteile die Abhaltung dieser unrechtmäßigen Abstimmung. "Wir und unsere europäischen Partner bestreiten nicht nur die Rechtmäßigkeit dieser Abstimmung; wir werden auch ihr Ergebnis nicht anerkennen", fuhr Seibert fort. Auch die Art und Weise der Durchführung widerspreche offensichtlich den elementaren Anforderungen an faire und freie Abstimmungen.

Abstimmung unter Truppenpräsenz

Referendumsfragen seien einseitig formuliert worden, kritisierte Seibert. Es habe keine Möglichkeit gegeben, für den Status quo zu stimmen. Die Abstimmung habe unter dem Eindruck einer massiven Präsenz militärischer und paramilitärischer Kräfte - auch einer illegalen Präsenz russischer Truppen - stattgefunden. "Es waren einschneidende Beschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit festzustellen. Es gab eine extrem kurze Frist zwischen der Ausrufung des Referendums und seiner Durchführung." Diese Frist sei sogar zweimal zusätzlich verkürzt worden.

Russland steht weitgehend allein

Die Haltung der Bundesregierung zur Lage auf der Krim wird von vielen demokratischen Kräften geteilt: Die Einschätzung entspreche im Wesentlichen dem Entwurf eines Gutachtens der Venedig-Kommission des Europarats, sagte Seibert. Sie entspreche auch der Einschätzung des OSZE-Vorsitzenden, Didier Burkhalter, die dieser in der Vorwoche mitgeteilt hatte.

Russland ist in seiner Anerkennung dieses sogenannten Referendums weitgehend isoliert. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte eine Resolution, die die Verfassungs- und Völkerrechtswidrigkeit dieses Referendums verurteilte, 13 Befürworter. China enthielt sich. Russland legte sein Veto ein.

Merkel telefonierte mit Putin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte diese klare Haltung am Sonntag noch einmal telefonisch dem russischen Präsidenten Putin übermittelt. Sie habe auch, so Seibert, den Zwischenfall im Gebiet Cherson verurteilt, bei dem russische Truppen zwischenzeitlich eine Gasumleitungsstation besetzt hatten. Cherson sei ein Beispiel destabilisierender Maßnahmen, sagte Seibert; "Maßnahmen, die zur Folge haben, dass sich die Lage in der Süd- und Ostukraine verschlechtert hat."

Zusammenfassend verdeutlichte Seibert noch einmal das Ziel der Bundesregierung: "Die Bundesregierung und unsere europäischen Partner wünschen uns, dass die Ukraine zur Ruhe kommt und dass die ukrainischen Bürger ‑ gleich welcher Herkunft, gleich welcher kulturellen Zuordnung ‑ ein sicheres Leben in einem rechtsstaatlichen System, in einer rechtsstaatlichen Ordnung führen können."

Drei Konsequenzen gefordert

Aus den Ereignissen der letzten Tage folgen für die Bundesregierung drei Konsequenzen: Im Wesentlichen nannte Seibert die Entsendung von OSZE-Beobachtern, Reaktionen der EU einschließlich gezielter Sanktionen, sowie die Forderung nach konkreter Unterstützung für die Ukraine.

  • OSZE-Beobachter in der Ukraine

Seibert forderte die schnellstmögliche Arbeitsaufnahme einer OSZE-Beobachtermission, um Eskalationen in der Süd- und Ostukraine vorzubeugen. Diese Forderung sei auch Gegenstand des Telefonates der Bundeskanzlerin mit dem russischen Präsidenten gewesen. Sie habe sich erneut mit Nachdruck für eine politische Lösung eingesetzt.

"Wir wünschen uns zu dem Thema OSZE-Beobachter noch heute einen Beschluss der OSZE. Wir hoffen auf eine breite Zustimmung dazu.", sagte Seibert. Präsident Putin habe diese Initiative gegenüber der Bundeskanzlerin positiv bewertet. "Wir setzen darauf, dass sich das auch im russischen Verhalten widerspiegeln wird."

  • Reaktionen der EU

"Die fehlenden Fortschritte beim politischen Prozess und bei der Durchführung dieses Referendums erfordern eine deutliche Reaktion der Europäischen Union", sagte Seibert. Bis zum vergangenen Freitag hätten sich die Bundesregierung, die EU und die USA um die Einrichtung einer Kontaktgruppe bemüht. Leider sei die russische Regierung nicht dazu bereit gewesen. Auch werde wird der heutige Außenministerrat erste gezielte Sanktionen verhängen.

Ebenso müsse der nächste EU-Russland-Gipfel zur Disposition stehen. "Weitere Schritte, wenn Russland auf dem Weg zur Annektierung der Krim fortschreitet, müssen ins Auge gefasst werden", so Seibert. Der Europäische Rat, der turnusgemäß am Donnerstag und Freitag stattfinde, sei eine nächste Gelegenheit, die Fortentwicklung zu bewerten.

  • Unterstützung der Ukraine

Seibert forderte auch Unterstützung für die Ukraine. "Diese Unterstützung darf nicht länger auf sich warten lassen. Sie muss bei den Bürgern in der Ukraine spürbar ankommen", sagte Seibert. Der Appell an den IWF und die EU sei, bei ihren Prüfungen zu schnellen Ergebnissen zu kommen.

"Die Bundesregierung wird in ihren diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation der Krise und um die Souveränität der Ukraine nicht nachlassen", schloss Seibert. "Russland muss seine militärischen Aktivitäten in der Ukraine, soweit sie nicht mit Kiew vereinbart sind und nicht den Abkommen mit der Regierung in Kiew entsprechen, beenden. Gedankenspiele in Bezug auf ein Eingreifen in weiteren Teilen der Ukraine sind inakzeptabel und sehr gefährlich."