Die Breslauer Jahrhunderthalle – UNESCO-Weltkulturerbe –ist eines der bedeutendsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts. Das Breslauer Architekturmuseum und das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) untersuchen die Baugeschichte von Breslau und Schlesien am Anfang des 20. Jahrhunderts.
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Mit einer Spannweite von 65 Metern war die Kuppel der 1911 bis 1913 erbauten Jahrhunderthalle von Max Berg die damals größte freitragende Kuppel der Welt – eine herausragende Leistung des noch jungen Eisenbetonbaus. Die Halle ist der Mittelpunkt des Breslauer Messegeländes, das anlässlich der "Jahrhundertausstellung" zur Erinnerung an die Befreiungskriege von 1813 entstand. Berg ist einer der in Breslau damals wirkenden bedeutendsten Architekten der Moderne, unter anderem neben Hans Pölzig, Ernst May, Erich Mendelsohn und Hans Scharoun.
Auch nach 1945 diente die Halle als Ort für Großveranstaltungen, etwa im Rahmen des Papstbesuches 1997 oder zuletzt als Austragungsort der Handball-EM 2016. In den vergangenen Jahren wurde die Halle behutsam restauriert, ebenso wie der benachbarte Ausstellungspavillon von Hans Poelzig, der Mitte 2016 als Museum für moderne Kunst wieder eröffnet wurde.
Die Forschung möchte unter anderem wissen, warum so viele bedeutende Bauten der Moderne gerade in den damaligen östlichen Provinzen entstanden, wie sie von der Bevölkerung aufgenommen wurden und welche Wirkungen sie für andere Städte hatten. Recherchen vor allem in Breslauer und Berliner Archiven und Bibliotheken liefern reiches Material, um die Breslauer Kulturszene jener Jahre lebendig werden zu lassen und ihre überregionalen und internationalen Verflechtungen ins Licht zu rücken. Ergebnisse des Langzeitprojekts, gefördert vom Bund, werden in einer Ausstellung in der Europäischen Kulturhauptstadt Breslau ab Dezember zu sehen sein.
Eine enge Vernetzung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vor allem in Polen, Tschechien, Rumänien, Ungarn und Russland – Länder mit früher zumindest teilweiser deutscher Bevölkerung - ist eines der zentralen Ziele des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE). Das ist die Voraussetzung dafür, dass es seine Hauptaufgabe wahrnehmen kann: die Beratung der Politik, speziell der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung. Meist geht es bei dieser Beratung um Förderung von kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen und Projekten.
Der Bund fördert Museen, Forschungsinstitute, Kulturreferenten, Universitäts- und allgemeine Bildungsprojekte. Professor Dr. Matthias Weber, der Direktor des Instituts, erläutert, dass sich diese Aufgabe aus dem Bundesvertriebenengesetz ergibt. Danach haben Bund und Länder die Aufgabe, das Kulturgut der historischen Ost- und Siedlungsgebiete im östlichen Europa im Bewusstsein der Öffentlichkeit des In- und Auslandes.
Für die fachgerechte Wahrnehmung dieser Aufgabe, aber auch, um die internationale Vernetzung zu gewährleisten, gibt es mehrere Projekte der Grundlagenforschung am BKGE. Um überhaupt forschen zu können, müssen die Archive in den östlichen Ländern erschlossen werden.
Oftmals sind die Aufbewahrungsorte von Archivalien zur deutschen Geschichte nicht bekannt, vieles ist noch nicht katalogisiert. Wenn es aber Findbücher gibt, so sind diese selten in deutscher Sprache verfasst. In Zusammenarbeit mit Archiven vor Ort gibt das BKGE Archivführer heraus, um die oft sehr umfangreichen deutschsprachigen Bestände für die wissenschaftliche Öffentlichkeit zu erschließen. Aber auch private Ahnenforscher können mit ihrer Hilfe auf die Suche nach ihren Vorfahren gehen.
Ganz besonders auch für die Öffentlichkeit, vor allem natürlich für Studenten und Wissenschaftler, interessant ist das kontinuierlich wachsende Onlinelexikon zur Geschichte der Deutschen in Osteuropa. Anders als bei Wikipedia schreiben ausgewiesene Spezialisten die Artikel, die von einem Redaktionsgremium begutachtet werden, bevor sie ins Netz gelangen.
Ein weiteres Projekt der Einrichtung beschäftigt sich mit der Wahrnehmung der Geschichte in verschiedenen Ländern. Dabei geht es nicht darum, eine gemeinsame europäische Geschichtsauffassung zu entwickeln. Vielmehr will das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität – von den Kulturministern aus fünf Ländern ins Leben gerufen -, nachvollziehen, wie Menschen verschiedener Länder Geschichte verstehen und empfinden.
Für Deutsche stehen oft der Holocaust, aber auch Flucht und Vertreibung im Mittelpunkt, für Polen die von Deutschen während der Besatzungszeit begangenen Verbrechen und für Russen die Befreiung Europas vom Faschismus. Menschen aus verschiedenen Ländern erinnern sich in sehr unterschiedlicher Weise an das von Kriegen und Diktaturen geprägte 20. Jahrhundert, das, besonders infolge der nationalsozialistischen und stalinistischen Verbrechen, Millionen von Todesopfer und weiteres Leid infolge von Flucht und Vertreibung gefordert hat. Das Netzwerk will vermitteln, wie in verschiedenen Ländern mit den schmerzhaften Erinnerungen umgegangen wird und Verständnis in den Nachbarländern wecken. Es geht in die Öffentlichkeit mit Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen und trägt so zur europäischen Verständigung bei.
Das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) in Oldenburg ist eine nicht rechtsfähige Bundesanstalt im Geschäftsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB. Als Ressortforschungseinrichtung hat es den Auftrag der wissenschaftsbasierten Politikberatung im Bereich von Geschichte und Erinnerung. Es berät und unterstützt die Bundesregierung in allen die Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa betreffenden Fragen. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Pflege von Kooperationsnetzwerken zu Fragen transnationaler europäischer Geschichtsbetrachtung. Zur Erfüllung dieses Auftrags ist das Institut, ein sogenanntes An-Institut der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, durch seine Forschungen in der internationalen Wissenschaftslandschaft verankert. Das BKGE koordiniert bundesgeförderte wissenschaftliche Vorhaben und erfüllt sein Beratungsmandat auf der Grundlage eigener Erhebungen, Dokumentationen und Forschungen.