Viel Technik steckt im neuartigen, preisgekrönten Kaminofen am Deutschen Biomasseforschungszentrum. Auch ist es ungewohnt, dass die Flamme seitlich einschießt. Das wichtigste Ergebnis der angewandten Forschung ist aber der äußerst geringe Ausstoß an Staub und schädlichen Rauchgasen.
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Die von der Jury im US-Feuerungswettbewerb "Pellet Stove Design Challenge 2016" eingesetzten Messgeräte hatten Probleme, das wenige Kohlenmonoxid und den Staub im Abgas überhaupt zu messen. Die Forscherinnen und Forscher des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) erhielten zusammen mit ihren Industriepartnern den ersten Preis für ihr Kaminofenkonzept. Es umfasst einen neuartigen Vergaserbrenner für Pellets sowie die Möglichkeit zur Nutzung von Scheitholz. Die Verbrennung im „Pellwood“ erfolgt dreistufig: zuerst werden die Pellets pyrolytisch zersetzt, d.h. durch Hitze verdampft. In der zweiten Stufe erfolgt die Oxidation des Gases, in der dritten Stufe sorgt schließlich ein Katalysator dafür, dass schädliche Abgasbestandteile wie Kohlenstoffmonoxid und Kohlenwasserstoffe zu weniger schädlichen Gasen wie Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf umgewandelt werden.
Dabei hat der Ofen eine für gut gedämmte bzw. kleinere Wohnräume hohe Leistung von 13 Kilowatt. Noch ist der Ofen recht groß und mit aufwändiger Technik versehen. Die am Projekt beteiligten Firmen sollen nun aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen ein marktreifes Produkt entwickeln. Für die Forschung und unsere Umwelt ist aber die Erkenntnis wichtig, dass sich durch geeignete Technik die erhebliche Belastung unserer Atmosphäre durch Kaminöfen verringern lässt.
Abstrakt ausgedrückt verwandelt der Ofen Biomasse – also Holzscheite oder Pellets – zu Energie, also Wärme. Kaum jemand weiß, dass Energie aus Biomasse sehr viel mehr zu unserer Energieversorgung beiträgt als Wind- und Sonnenenergie. Dabei sind die Ausgangsrohstoffe sehr vielfältig. Auch die daraus gewonnenen Materialien und Produkte sind kaum zu überschauen.
Aus biologischen Reststoffen lässt sich viel mehr gewinnen als nur Energie. In absehbarer Zeit gibt es nicht mehr genügend Erdöl, sodass beispielsweise Kunststoffe aus biologischen Reststoffen hergestellt werden können, die den erdölbasierten Kunststoffen in vielerlei Hinsicht überlegen sind.
Professor Dr. Michael Nelles, der wissenschaftliche Geschäftsführer des DBFZ, sagt: "Es geht darum, den sehr wertvollen Rohstoff Biomasse möglichst effizient in die biobasierte Wirtschaft, die wir in diesem Jahrhundert noch aufbauen müssen, einzubinden und zum anderen auch, den Beitrag der Biomasse im erneuerbaren Energiesystem der Zukunft zu optimieren."
Diese Vielfalt erfordert immens viel Forschung, die das DBFZ durchführt oder koordiniert. Es gibt Rohstoffe - nehmen wir beispielsweise den Grünschnitt von Autobahn- und Straßenrändern oder Stroh-, die in großer Menge anfallen, derzeit aber meist lediglich kompostiert oder verbrannt werden. Für Biogasanlagen sind sie derzeit noch nicht effektiv nutzbar. Wie müssen also Verfahren aussehen, um diese Stoffe ökonomisch und ökologisch zu nutzen? Um derartigen Fragen nachzugehen, betreibt das DBFZ eine eigene Biogasanlage, in der mit verschiedensten Rohstoffen experimentiert werden kann.
Eine zentrale Frage des DBFZ ist, welche biobasierten Rest- und Abfallstoffe überhaupt an welchem Ort und in welcher Menge anfallen. In einer Studie befragten die DBFZ-Forscher zunächst Experten und werteten vorliegende Daten aus. Die Ergebnisse wurden dann übersichtlich dargestellt und wissenschaftlich bewertet. Durch die Beteiligung mehrerer Institutionen entstand eine bisher noch nicht existierende Datengrundlage. In der Studie werden sowohl die gegenwärtig genutzten als auch die ungenutzten Biomassepotenziale dargestellt. Die Daten werden fortlaufend aktualisiert und präzisiert.
Konkretes auch öffentlich verfügbares Ergebnis der Studie ist der Bioenergie-Atlas, der im Internet abrufbar ist und weiter ausgebaut und aktualisiert wird. Mit wenigen Klicks kann jeder erfahren, wie viel Stroh, Festmist, Flüssigmist, , speziell angebaute schnellwachsende Energiepflanzen sowie Bio- oder Grünabfälle in seinem Bundesland oder Landkreis anfallen.
Das Deutsche Biomasseforschungszentrum mit Sitz in Leipzig ist eine gemeinnützige GmbH als Bundesforschungseinrichtung. Es wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) institutionell gefördert sowie durch im Wettbewerb eingeworbene Projektzuwendungen und eingeworbene Aufträge finanziert. Der Aufsichtsrat setzt sich aus Vertretern von fünf Bundesministerien (BMEL, BMBF, BMUB, BMVI, BMWi) und dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft zusammen. Im DBFZ sind rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Am preisgekrönte Kaminofen-Projekt waren folgende Industriepartner beteiligt: SL Systemlösung Haustechnik GmbH, Wittus - Fire by Design, ETE EmTechEngineering GmbH und Specht Modulare Ofensysteme GmbH & Co. KG.