Azubis sammeln Auslandserfahrung

EU-Auslandspraktikum Erasmus+ Azubis sammeln Auslandserfahrung

Immer mehr Auszubildende schauen über den Tellerrand und erleben einen Teil ihrer Ausbildung im europäischen Ausland: Das Austauschprogramm Erasmus+ macht es möglich.

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zwei junge Frauen vor einer Landkarte

18.000 Auszubildende konnten dank Erasmus+ in anderen EU-Ländern ein Praktikum machen.

Foto: Burkhard Peter

Die Zahlen sprechen für sich: Allein im Jahr 2014 waren 18.000 Auszubildende aus Deutschland über das Austauschprogramm Erasmus+ in einem anderen EU-Land. Das sind zwölf Prozent mehr als im Jahr davor. Sowohl die Auszubildenden als auch die Betriebe profitieren dabei von zusätzlichen Fach- und Fremdsprachenkenntnissen - nicht zu vergessen: die interkulturellen Kompetenzen.

Die meisten von ihnen waren in Großbritannien, Spanien, Frankreich und Irland. Doch auch andere Länder machen mit: Zurzeit beteiligen sich die 28 Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Norwegen, Liechtenstein, die Türkei und ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien an Erasmus+.

Wie sieht ein Ausbildungspraktikum im Ausland aus?

Die meiste Zeit im Ausland arbeiten die Azubis in ihrem Praktikumsbetrieb. Manche Praktikantinnen und Praktikanten besuchen im Ausland erst noch einen Sprachkurs. Einige Kammern oder Berufsschulen schicken mehrere Azubis, Schüler oder Schülerinnen als Gruppe ins Ausland.

Ein Auslandspraktikum mit Erasmus+ kann zwischen zwei Wochen und zwölf Monaten dauern. Laut Berufsbildungsgesetz sind Auslandspraktika bis zu einer Dauer von maximal einem Viertel der Ausbildungszeit möglich. Bei einer dreijährigen Ausbildung kann das Praktikum also bis zu neun Monate dauern. Man kann auch bis zu zwölf Monate nach dem Abschluss der Ausbildung/Berufsfachschule an einem Erasmus+ Praktikum teilnehmen. Alle Infos zu Ausbildungspraktika im Ausland unter www.machmehrausdeinerausbildung.de

Wie können Azubis ein Erasmus-Praktikum finden?

Erste Ansprechpartner sind der Ausbildungsbetrieb, die Berufsschule oder Berufsfachschule. Sie führen oft Ausbildungsprojekte zusammen mit ausländischen Partnern durch. Die meisten größeren und viele kleine Unternehmen haben Kontakte ins Ausland: Zuliefererfirmen, Kundschaft oder Niederlassungen in anderen europäischen Ländern. Bereits mehr als 40 Unternehmen sind an Mobilitätsprojekten im Programm Erasmus+ beteiligt. Weitere 12.000 Betriebe beteiligen sich indirekt am Programm: ihre Auszubildenden oder Ausbilder nehmen an Mobilitätsprojekten Berufsschulen oder Kammern teil.

Man kann sich auch bei einem Pool-Projekt bewerben: Pool-Projekte werden von Bildungseinrichtungen, zum Beispiel Berufsschulen angeboten. Hier können sich nicht nur Schüler der jeweiligen Schule bewerben, sondern alle Azubis und Berufsschüler aus Deutschland oder dem jeweiligen Bundesland.

Welche Voraussetzungen müssen Azubis mitbringen?

Die Teilnahme an einem Auslandspraktikum hängt nicht unbedingt von den Schulnoten oder Sprachkenntnissen ab. Man sollte sich aber in der Sprache des Landes oder in einer Brückensprache - zum Beispiel Englisch - verständigen können. Genaue Auskunft geben Berufsschule, Betrieb oder Berufskammer.

Wann man am besten ins Ausland gehen kann, muss mit Betrieb und Schule abgesprochen werden. Ein guter Zeitpunkt kann beispielsweise nach der Zwischenprüfung sein. Es gibt zwar keine generelle Altersbeschränkung für Auslandspraktika mit Erasmus+, aber empfehlenswert ist ein Mindestalter von 18 Jahren.

Welche Kosten werden gefördert?

Es gibt Zuschüsse für Fahrtkosten, Aufenthaltskosten und zum Beispiel für ein Visum. Nicht immer deckt die Förderung die gesamten Unterkunftskosten ab, sodass die Auszubildenden auch mit einem Eigenanteil rechnen müssen. Die Ausbildungsvergütung wird weitergezahlt, da das Auslandspraktikum Teil der Ausbildung ist.

Erasmus+ kommt auch für Begleitpersonen sowie Mehrkosten auf, die aufgrund der Behinderung eines Teilnehmenden entstehen können.

Wichtig: Das Geld wird nicht direkt ausgezahlt. Die Erasmus+-Förderung erhält die Einrichtung, die den Förderantrag stellt, also die Berufsschule, Kammer oder der Betrieb. Wie diese mit dem Geld verfahren, ist unterschiedlich. Einige Einrichtungen zahlen das Geld an die Praktikantinnen und Praktikanten aus, die ihre Reise und Wohnung dann selbst organisieren. Andere organisieren das Praktikum für ihre Azubis, Schülerinnen oder Schüler und buchen für sie den Flug und eine Unterkunft.

Verlängert der Auslandaufenthalt die Ausbildungszeit?

Nein. Ein Erasmus+-Praktikum gehört zur Ausbildung dazu. Es bietet sich aber an, das Praktikum zumindest teilweise in die Ferien zu legen, damit man später weniger Unterrichtsstoff nachholen muss. Den besten Termin für ein Praktikum mit Schule und Betrieb absprechen. Den Stoff aus der Berufsschule muss man nachholen. Auch das Berichtsheft muss im Ausland weiter geführt werden.

Europass Mobilität -"Zeugnis" für den Auslandsaufenthalt: Der "Europass Mobilität" ist ein europäisches Dokument. Es zeigt, welche Fähigkeiten man während des Auslandspraktikums erworben hat - ein Plus für spätere Bewerbungen. Den Europass Mobilität erstellt die Einrichtung, die das Auslandspraktikum organisiert hat.

Mehr Auslandsaufenthalte mit Erasmus+

Auslandsaufenthalte während der Ausbildung sollen künftig so selbstverständlich werden wie während des Studiums. Die Bundesregierung möchte erreichen, dass künftig noch mehr Auszubildende diese Chance wahrnehmen. Aktuell machen etwas mehr als vier Prozent eines Ausbildungsjahrgangs ein Praktikum im europäischen Ausland. Bis 2020 sollen es zehn Prozent werden, hatte der Deutsche Bundestag 2013 empfohlen.

Seit 2014 vereinigt Erasmus+ die verschiedenen EU-Bildungsprogramme, also auch das Vorgängerprogramm für die berufliche Ausbildung "Leonardo da Vinci". Erasmus+ wurde mit 40 Prozent mehr Geld ausgestattet, damit noch mehr junge Menschen in Europa daran teilnehmen können. Von 2014 bis 2020 sind es knapp 14,8 Milliarden Euro. Zwei Drittel des Geldes sind für Auslandsaufenthalte von Schülern, Azubis, Studenten oder Erwerbstätigen vorgesehen.