Aktionsplan für sichere Futtermittel

Verbraucherschutz Aktionsplan für sichere Futtermittel

"Dioxin gehört nicht ins Futter und schon gar nicht in Lebensmittel", hat Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner in einer Regierungserklärung unterstrichen. Vor dem Bundestag erläuterte die Ministerin den Aktionsplan für Verbraucherschutz in der Futtermittelkette, den Bund und Länder beschlossen hatten.

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Das Bundeskabinett hatte dem Aktionsplan am Vormittag zugestimmt.

Die Beimischung von Fetten, die mit Dioxin belastet und nicht für Futtermittel geeignet waren, verstößt gegen geltendes Recht. Es sei davon auszugehen, dass es sich hier um skrupellose Täter mit erheblicher krimineller Energie handele, sagte die Ministerin. Diese seien dafür verantwortlich, dass das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die gesamte Branche erschüttert ist. In der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft arbeiten über fünf Millionen Beschäftigte.

Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen

Über 4.760 Höfe mussten vorsorglich gesperrt werden, einige sind immer noch gesperrt. Erst wenn alles überprüft und geklärt ist, dürften die Betriebe ihre Produktion wieder aufnehmen, forderte Aigner. Hier gingen Genauigkeit und Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Der vorsorgende Verbraucherschutz habe Vorrang vor allen wirtschaftlichen Interessen.

Trotz aller Sofortmaßnahmen könnten jedoch einige Produkte in die Regale gekommen sein, deren Dioxinbelastung über dem zulässigen Grenzwert liegt. Wenn die Belastungen gegenwärtig auch kein akutes gesundheitliches Risiko darstellten, sei dennoch keinerlei Belastung zu akzeptieren. "Mit dem Aktionsplan sorgen wir für Sicherheit und Transparenz vom Stall bis zum Teller", unterstrich die Verbraucherschutz- und Landwirtschaftsministerin.

Obwohl zu keiner Zeit eine akute gesundheitliche Gefahr für die Verbraucherinnen und Verbraucher bestand, ist doch eine erhebliche Verunsicherung entstanden. Nur mit Hilfe schärferer Kontrollen und höherer Transparenz kann jetzt neues Vertrauen entstehen.

Der Aktionsplan im Einzelnen:

Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe: Hersteller von Futterfetten müssen zukünftig eine Zulassung beantragen, die an strenge Auflagen geknüpft ist. Die Betriebe müssen mit Analysen, mit Berichten an die Behörden und mit Rückstellproben nachweisen, dass die Grenzwerte für kritische Stoffe eingehalten werden. Futterfette dürfen nur noch in Anlagen produziert werden, die ausschließlich für Lebensmittel oder Futtermittel vorgesehen sind. Die Betriebsleitung muss fachlich qualifiziert sein. Die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder müssen regelmäßige und umfassende Inspektionen vor Ort durchführen.

Produktionsströme trennen: Futterfette und Futterfettsäuren dürfen künftig nicht mehr in Anlagen hergestellt werden, die gleichzeitig Stoffe für die technische Industrie produzieren. Darüber hinaus strebt Deutschland eine entsprechende EU-weite Regelung an.

Wirksamere Kontrollpraxis: Die Pflicht der Futtermittelunternehmer zur Kontrolle ihrer Produkte wird verschärft. Betriebe müssen ihre Futtermittel-Komponenten auf gesundheitlich bedenkliche Stoffe untersuchen und sämtliche Ergebnisse dieser Untersuchungen an die Behörden melden.

Meldepflicht für private Laboratorien: Private Labore, die Lebensmittel oder Futtermittel untersuchen und dabei bedenkliche Mengen an unerwünschten Stoffen feststellen, müssen diese Ergebnisse künftig an die zuständigen Behörden melden.

Verbindlichkeit der Futtermittel-Positivliste: Eine rechtlich verbindliche Positivliste kann verpflichtend nur auf EU-Ebene geregelt werden. Dafür setzt sich die Bundesregierung ein. Ziel dieser Positivliste muss es sein, die Sicherheit und Transparenz im Futtermittelmarkt zu verbessern.

Haftungsrisiko absichern: Futtermittelunternehmer in Deutschland werden dazu verpflichtet, eine Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen oder eine gleichwertige Absicherung des Haftungsrisikos nachzuweisen. Unabhängig von einer nationalen Regelung wird diese Forderung auch auf EU-Ebene erhoben.

Strafrahmen überprüfen: Das Strafmaß bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch wird auf den Prüfstand gestellt. Sowohl die Einordnung als Straftat oder Ordnungswidrigkeit als auch der Umfang der Strafandrohung werden gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium überprüft.

Dioxin-Monitoring ausbauen, Frühwarnsystem aufbauen: Alle Daten zu Dioxinen in Lebensmitteln, Futtermitteln und in der Umwelt fließen künftig in einem gemeinsamen Datenpool zusammen. Bei den Auswertungen gilt es auch, die Ergebnisse der Eigenkontrollen der Wirtschaft einzubeziehen. Auf dieser Basis wird ein Frühwarnsystem eingerichtet. So lassen sich Probleme früher erkennen und Gegenmaßnahmen schneller einleiten.

Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung verbessern: Die Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung der Länderbehörden muss deutlich verbessert werden. Ziel ist es, die Organisation und Durchführung der amtlichen Kontrollen transparent zu gestalten und einer unabhängigen Bewertung zu unterziehen. Notwendig ist ein Wettbewerb um die beste Kontrolle.

Transparenz für die Verbraucher: Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht zu erfahren, welche Lebensmittel mit unzulässigen Schadstoffen belastet sind. Die zuständigen Behörden werden daher verpflichtet, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung über alle Rechtsverstöße durch Grenzwertüberschreitungen umgehend zu veröffentlichen. Dies wird bei der anstehenden Novellierung des Verbraucher-Informationsgesetzes ein zentraler Baustein sein. Für die Veröffentlichungen wird eine Onlineplattform eingerichtet.

Weitere Punkte, die Ländersache sind:

In der Sondersitzung der Verbraucherschutz- und Agrarminister der Länder am 18. Januar wurde dieser Aktionsplan der Bundesregierung um weitere Maßnahmen erweitert. Diese liegen vor allem in der Zuständigkeit der Länder:

Verbesserung eines ländereinheitlichen Modells zur risikoorientierten Futtermittelkontrolle: Der Rahmenplan zur Futtermittelüberwachung muss sich stärker am Risiko der Produkte und an der Qualität der Verarbeitung ausrichten. Die Intensität der amtlichen Kontrollen der Betriebe gilt es zu erhöhen.

Schwerpunktsetzung bei den Strafverfolgungsbehörden: Die Länder prüfen, ob in der Organisation der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zur Verfolgung von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelstrafrecht Optimierungsbedarf besteht: zum Beispiel in Form von Schwerpunktstaatsanwaltschaften.

Rückverfolgbarkeit absichern: Zusammen mit dem Bund werden die Länder Schwachstellen bei der Rückverfolgbarkeit belasteter Lebensmittel beziehungsweise Futtermitteln analysieren. Bei Bedarf wollen sie spezielle Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit ergänzen.

Lebensmittelwarnungen veröffentlichen: Die Länder werden die Internetplattform „www.lebensmittelwarnung.de“ einrichten. Damit können sie die Verbraucherinnen und Verbraucher im Falle einer öffentlichen Warnung vor unsicheren Lebensmitteln an zentraler Stelle informieren.