Es war ein Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts, der vor wenigen Jahren die ältesten monumentalen Steinkreise der Welt in der Türkei entdeckte. Die mehr als 10.000 Jahre alten Funde lassen Zweifel an bisherigen Theorien darüber entstehen, wie der Mensch sesshaft wurde.
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Der Göbekli Tepe - ein Hügel im Südosten der Türkei nahe der syrischen Grenze - war vermutlich eine Kultstätte oder ein Tempel. Tonnenschwere, in Kreisen aufgestellte Steinpfeiler sind mit kunstvollen Tierfiguren verziert. Die Menschen, die diese Werke mit einfachsten Steinwerkzeugen vollbrachten, ernährten sich von der Jagd und dem Sammeln von Früchten.
Es war eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern, die diese monumentale Architektur geschaffen hat. Erst später entwickelte sie Viehzucht und Ackerbau. Forscher vermuten, dass hier agrarische Wirtschaftsformen entstanden, um die beim Bau eingesetzten Menschen und eventuelle Pilger zu versorgen. Ein monumentaler heiliger Ort stellt also beim Göbekli Tepe den Übergang zu einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderung hin zu sesshaften Ackerbauern dar.
Bisher nahmen Archäologen an, dass Naturphänomene wie große Trockenheit dazu geführt haben, dass unsere Vorfahren Ackerbau und Viehzucht entwickelten. So entstand im vierten Jahrtausend vor Christus die Oasenwirtschaft auf der Arabischen Halbinsel in Folge eines Klimawandels.
Die Region wurde mehr und mehr durch ein trockenes Klima geprägt, das den Menschen dazu brachte, seine Wirtschaftsgrundlagen zu ändern. Die Forscher vermuteten weiter, dass kulturelle Leistungen wie der Bau großer Tempelanlagen oder Grabstätten erst von agrarischen Gesellschaften vollbracht wurden. Jetzt müssen die Archäologen ihre Theorie wohl überdenken.
Es gibt noch vieles auf dem Göbekli Tepe zu erforschen. Hier und bei allen anderen archäologischen Fundstätten helfen dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) modernste Methoden. "Die Archäologie heute ist ein Hightech-Unternehmen. Ein Archäologe ist nicht mehr jemand, der mit Schaufel und Pinsel irgendwo alleine sitzt. Archäologie heute ist durch den Einsatz vieler naturwissenschaftlicher Methoden geprägt", sagt die Professorin Friederike Fless, Präsidentin des DAI.
Durch die Analyse der Knochenfunde wissen die Forscherinnen und Forscher, von welchen Tieren sich die Menschen ernährten. Genetische Untersuchungen der Knochen lassen aber auch Rückschlüsse darauf zu, wie Menschen Wildtiere zu Haustieren machten, sie domestizierten. Haben frühe Viehzüchter ihre Tiere "exportiert" oder fand die Domestikation von Wildtieren an vielen Orten unabhängig voneinander statt?
Isotopenanalysen der Zähne geben Aufschluss über die Wanderung von Menschen. Der "Fingerabdruck" der Isotopen in der Nahrung unterscheidet sich in jeder Gegend voneinander. Die Isotopen lagern sich in Knochen und Zähnen im Verlauf des Lebens eines Menschen unterschiedlich ab. Wandert der Mensch, hinterlässt dies Spuren.
Aber auch das Aufdecken von Orten, an denen es sich zu graben lohnt, erfolgt heute durch dreidimensionale Luftaufnahmen, Satellitenbilder und modernste Computertechnik. Sie gestatten, die Oberflächenstrukturen genauestens zu analysieren.
Das Deutsche Archäologische Institut blickt auf eine lange Tradition zurück: Gründung 1829 in Rom, Forschungseinrichtung des Auswärtigen Amtes seit 1874. Weltweit führt es archäologisch-altertumswissenschaftliche Forschung durch. Damit fördert es gleichzeitig den Dialog zwischen Kulturen, die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit und den Erhalt des kulturellen Erbes.
Es ist in mehr als 350 Projekten tätig: Von der Untersuchung des Heiligtums in Olympia, Ausgrabungen auf der Osterinsel bis hin zu Projekten in den Oasen der Arabischen Halbinsel.
Gerade für bilaterale Beziehungen auch unter schwierigen Bedingungen leistet das DAI wichtige Beiträge. Oftmals funktioniert die wissenschaftliche Zusammenarbeit auch dann, wenn die diplomatischen Beziehungen oder die politische Lage schwierig sind. So arbeitet das DAI intensiv mit Syrien zusammen.
Im Syrian Heritage Archive Project digitalisiert das DAI zusammen mit Partnern seine umfangreichen Archive zu Syrien und macht sie den syrischen Kollegen zugänglich. Die digitalen Forschungsdaten helfen, durch Kriegshandlungen gefährdete, beschädigte oder zerstörte Bauten zu schützen oder zu rekonstruieren. Die Datenbank hilft darüber hinaus, dem Schmuggel von Antiquitäten entgegen zu wirken.
Gerade in der augenblicklichen Situation werden Museen geplündert und überall illegal nach Kunstschätzen gegraben, wobei wichtige Stätten zerstört werden. Die Datenbank erlaubt es auch dem Zoll, geraubte Objekte zu identifizieren und zu beschlagnahmen.
Die zu archivierenden Daten sind ganz unterschiedlicher Art: von Handzeichnungen von Objekten vor Erfindung der Fotografie, frühen Fotografien auf Glasplatten bis hin zu digitalen Daten, die heute bei einer Grabung direkt in das System einfließen.
Zu dokumentieren sind komplette Bauwerke ebenso wie Scherben einer Vase oder Tierknochen. Das gilt für die Materialien aus Syrien genauso wie für die Bestände des DAI, die seit einigen Jahren systematisch digitalisiert werden.
Gerade bei Grabungen ist die kontinuierliche Dokumentation notwendig, da man sie nicht wiederholen kann. Später sollte man jedoch alle Schritte rekonstruieren und alle gefundenen Objekte lokalisieren können. Gerade bei dieser Aufgabe arbeitet das DAI mit Einrichtungen auf der ganzen Welt zusammen. Somit ist auch die Digitalisierung ein Weg, auf dem das Institut stabile politische und kulturelle Beziehungen fördert.
Aufgrund seiner Bedeutung für die Auswärtige Kultur und Bildungspolitik sowie für die Außenwissenschaftspolitik ist das Deutsche Archäologische Institut eine Bundesanstalt im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Im Schnitt arbeiten zwischen 350 und 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am DAI. Um die 70 und 100 werden über Drittmittel finanziert. Etwa 200 Studierende und Nachwuchswissenschaftler nehmen darüber hinaus jährlich an den Grabungen des DAI teil.
Das DAI besitzt insgesamt elf größere Zweiganstalten: die Zentrale in Berlin, drei Kommissionen in Bonn, Frankfurt und München und sieben Abteilungen in Athen, Berlin, Istanbul, Kairo, Madrid und Rom. Den Abteilungen und Kommissionen sind derzeit fünf Außenstellen in Teheran, Sana'a, Bagdad, Damaskus und Peking zugeordnet. Weitere wichtige Standorte sind die nicht dauerhaft besetzten Forschungsstellen in Lissabon und Ulaanbaatar.