"Ich lasse mich nicht entmutigen"

Im Wortlaut: Steinmeier "Ich lasse mich nicht entmutigen"

Der Krieg im Irak, die Krise in der Ukraine: Außenminister Steinmeier spricht in einem Zeitungsinterview über Hoffnungen und Rückschläge in der Außenpolitik. Er betont: Die Bunderegierung wird sich weiterhin mit Nachdruck für politische Lösungen einsetzen.

  • Interview mit Frank Walter Steinmeier
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Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen

Steinmeier: "Enttäuschung ist keine Kategorie von Außenpolitik."

Foto: Bundesregierung/Denzel

Das Interview im Wortlaut:

BILD: Herr Steinmeier, Sie beschäftigen sich täglich mit Krisen, Krieg, Terror: Wachen Sie manchmal morgens auf und denken: Egal was ich tue, es ist doch umsonst?

Frank-Walter Steinmeier: "Nein, wer so denkt, sollte nicht Außenminister werden. Aber manchmal stimmt es: Man geht nach einem Tag mit neuen diplomatischen Initiativen nachts mit einem Fünkchen Hoffnung schlafen - und in den Frühnachrichten hört man, dass die Hoffnung getrogen hat. Da muss man eben wie Sisyphus am nächsten Morgen den Stein erneut den Berg hinaufrollen."

BILD: Ganz ehrlich: Haben Sie noch Hoffnung für die Ukraine?

Steinmeier: "Es hat immer wieder Entwicklungen gegeben, die Mut gemacht haben: eine Wahl, ein neuer Präsident, ein Friedensplan, zuletzt die Ankündigung einer Waffenruhe. Aber auch Rückschläge: der Fehlschlag bei den Gas-Verhandlungen, der Abschuss des Militärflugzeugs mit 49 Toten. Trotzdem: Zur Entschärfung des Konflikts gibt es doch keine wirkliche Alternative, die militärische ist keine. Deshalb brauchen wir weitere Gespräche und Verhandlungen. Ich lasse mich nicht entmutigen. Wir werden uns weiter für eine politische Lösung einsetzen, mit allem Nachdruck!"

BILD: Sind Sie persönlich enttäuscht von Putin?

Steinmeier: "Enttäuschung ist keine Kategorie von Außenpolitik. Trotzdem: Ich hätte erwartet, dass sich Russland besser an internationale Spielregeln hält."

Bild: Währenddessen gleitet der Mittlere Osten immer mehr ins Chaos. Ist der Irak noch zu retten?

Steinmeier: "Ja, und mit dieser Meinung bin ich nicht allein. Meine Gespräche in der Türkei und den Golfstaaten zeigen mir: Alle Nachbarn des Irak schauen drauf. Denn die Alternative lautet: Ein Niemandsland, auf dem sich Terroristen und islamistische Extremisten tummeln, ein Schlachtfeld von Gotteskriegern und religiösen Fanatikern, ein Raum für Stellvertreterkriege der regionalen Mächte. Das kann niemand wollen!"

Bild: Im Kern geht es doch heute um einen Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran ...

Steinmeier: "... ohne irgendeine Verständigung zwischen Riad und Teheran wird der Konflikt kaum zu lösen sein. Kontakte zwischen diesen beiden Staaten könnten ein Beitrag zu einer Entschärfung der Krise sein."

BILD: Was muss geschehen?

Steinmeier: "Der entscheidende Anstoß muss aus dem Land selbst kommen. Stark ist ISIS nur, weil sie Unterstützung von den Teilen der Bevölkerung bekommen, die sich ausgegrenzt fühlen. Das Land braucht dringend eine Regierung, in der alle Regionen vertreten sind. Nur so wird den Terroristen der Boden entzogen."

Bild: Machen Obama und die US-Außenpolitik in der Region alles richtig?

Steinmeier: "Die diplomatische Antwort lautet: Ja ..."

BILD: und Ihre persönliche?

Steinmeier: "... Der Krieg gegen den Irak hat die Machtverhältnisse in der Region verschoben. Nach dem Abzug der US-Truppen ist ein in sich zerstrittenes und instabiles Land zurückgeblieben. Das war nun nicht Obamas Verantwortung, im Gegenteil, er war sogar persönlich gegen die Intervention. Aber wahr ist auch: Die Region ringt bis heute mit den Folgen des Irak -Kriegs."

Das Interview führte Rolf Kleine für die

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