Streifzug durch die Gärten der Welt

Ausstellung im Gropius Bau Berlin Streifzug durch die Gärten der Welt

Eine internationale Gartenschau der besonderen Art zeigt der Gropius Bau in Berlin in seiner neuen Ausstellung: Im "Garten der irdischen Freuden" loten die Ausstellungsmacher das ambivalente Verhältnis von Mensch zu Pflanze und Mensch zu Mensch neu aus. Dabei nehmen sie Perspektiven aus der ganzen Welt in den Blick - und wir lernen: Der Garten per se stellte zu allen Zeiten unter anderem die grundsätzliche Frage nach Inklusion und Exklusion.


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Duftender Jasmin in einem abgedunkelten Ausstellungsraum.

Hicham Berrada zeigt eine botanische Dunkelkammer gefüllt mit duftendem Jasmin.

Foto: Archive kamel mennour

Vielen gilt er als Oase der Ruhe, als lauschiger Ort zum Verweilen, als eingehegte Welt eines wohlwollenden Miteinanders von Mensch und Natur. Schon im altdeutschen Recht stand der Garten unter besonderem Schutz: Der sogenannte Gartenfrieden legte - ähnlich dem Hausfrieden - den Garten als privates Gelände fest.

Eine neue Ausstellung im Martin Gropius Bau Berlin bringt nun Aufruhr in die beschauliche Idylle, indem sie den Garten zum Sinnbild für den Zustand der Welt erklärt. Mehr als 20 internationale Künstlerinnen und Künstler machen die botanische Komfortzone in ihren Installationen zum Austragungsort kontroverser Debatten um die Schicksalfragen der Menscheit.

Der Gropius Bau zeigt als Ausstellungshalle des Bundes in Berlin regelmäßig Wechselausstellungen in den Bereichen moderne Kunst, Fotografie, Kulturgeschichte und Archäologie. Träger des Gropius Baus sind die Berliner Festspiele als Teil der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH (KBB). Die KBB wird institutionell aus dem Etat der Kulturstaatsministerin gefördert, 2019 mit rund 41 Millionen Euro.

Zwischen Ab- und Ausgrenzung

Da ist zum Beispiel die aus zerbrochenen Cola-Flaschen geschaffene Rasenfläche der Südafrikanerin Lungiswa Gqunta. Mit den unzähligen bedrohlich scharfen Glaskanten nimmt "Lwan I" - so der Titel des Kunstwerks - Bezug auf die oftmals mit Hochsicherheitstechnik abgeschotteten Gärten der weißen Bevölkerung im Heimatland der Künstlerin. Gärten waren und sind dort für Schwarze oft nur zugänglich, um dort zu arbeiten. Augenfällig wird hier die Doppelbedeutung des Konzepts Garten, das sich auf dem schmalen Grad zwischen Ab- und Ausgrenzung bewegt.

Mit grüner Flüssigkeit befüllte Flaschen stehen als Rasenfläche angeordnet im Raum.

Grüne Wiese: Lungiswa Gqunta zeigt ihre Installation "Lawn I".

Foto: Mathias Völzke

Die volle Wucht der politischen Botschaft entfaltet auch die Video-Installation von Jumana Manna. Die amerikanisch-palästinensische Künstlerin setzt mit ihrem "Still aus 'Wild Relatives'" Themen wie Biodiversität, Umweltschutz und politische Machtbeziehungen auf die Agenda der Garten-Ausstellung. Ihr Video 'Wild Relatives' handelt vom Samenspeicher Global Seed Vault auf einer Insel im Nordpolarmeer. Dort werden Samen von Pflanzen konserviert, die im Zuge des Klimawandels auszusterben drohen.

Zerstreuung für die Sinne

Ein wenig Zerstreuung finden die Besucherinnen und Besucher in der Kunst des in Paris lebenden Marokkaners Hicham Berrada. Seine Installation "Mesk-ellil" lockt in einen abgedunkelten Raum, in dem in Glasterrarien gepflanzter Nachtjasmin seinen betörenden Duft verströmt und dadurch ein intensives Sinneserlebnis schafft.

So in etwa auch die drei Riesentulpen der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Versehen mit bunten "polka dots" - dem Markenzeichen der Künstlerin - nimmt der erste fröhliche Eindruck der Installation durch ihre räumlichen Verzerrungen bei näherem Hinsehen surreale Züge an. "With All My Love for the Tulips, I pray Forever" heißt das Szenario.

Drei große Tulpen-Skulpturen mit vielen bunten Punkten stehen im Raum.

Punkt, Punkt, Tulpe, Punkt: Yayoi Kusama bleibt sich auch in der Garten-Ausstellung treu und übersät ihre Kunst mit bunten Punkten.

Foto: Mathias Völzke

Projektionsfläche irdischer Ideen vom Jenseits

Dass Gärten seit jeher als Orte zwischen Realität und Fantasie, Utopie und Dystopie gedacht wurden, verdeutlicht das berühmte Triptychon "Der Garten der Lüste" von Hieronymus Bosch (1450-1516), auf das sich auch der Ausstellungstitel bezieht. Darin brachte der niederländische Maler seine Vorstellungen von der Schöpfung bis zur Hölle zum Ausdruck. Ob es sich dabei um das Ideal eines Liebesparadieses handelt oder es vielmehr karrikiert, beließ der Künstler im Vagen - genauso wie die in der Ausstellung gezeigte Kopie des Gemäldes, die zwischen 1535 und 1550 entstand.

Neben dem abendländischen Gartenmotiv blickt die Ausstellung auch in weit entlegenere Regionen der Welt. So zeigt ein im Jahr 1790 geknüpfter Perserteppich in geometrisch angeordneten Szenen die orientalische Idee des Paradieses. So liegt auch der Ursprung dieses Begriffes im Alt-Iranischen pairi-daeza, was soviel wie Einzäunung oder Umwallung bedeutet. In Iran gehören gleich mehrere Gärten und Gartenanlagen zum Unesco-Weltkulturerbe.

Die Ausstellung "Garten der irdischen Freuden" ist bis zum 1. Dezember 2019 im Gropius Bau in Berlin zu sehen. Kuratiert wurde sie von Stephanie Rosenthal und Claudia Meister.