Konferenz 20 Jahre Washingtoner Prinzipien in Berlin
Grütters: In historischer und moralischer Verantwortung Aufarbeitung stärken

Zum Auftakt der internationalen Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft“ hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters im Berliner Haus der Kulturen der Welt die Konferenz, die 1998 in der US-Hauptstadt stattfand, als „Meilenstein“ bei der Aufarbeitung des vom Nationalsozialismus organisierten Raubs von Kulturgut gewürdigt. „Deutschland hat die Rahmenbedingungen für die Erforschung und Rückgabe von NS-Raubkunst seit der Verabschiedung der Washingtoner Prinzipien stetig und vor allem strukturell verbessert“, sagte Grütters. „Das zeigen zum einen die steigende Zahl von Restitutionen, zum anderen der massive Ausbau der Provenienzforschung. Das Problembewusstsein für diesen zynischen Aspekt der Nazi-Diktatur und für unsere Verantwortung zur Aufarbeitung ist deutlich gewachsen. Museen, aber auch private Sammler, werden heute zu Recht daran gemessen, wie sie mit der Geschichte ihrer Sammlungen umgehen.“

Seit der Verabschiedung der Washingtoner Prinzipien im Jahr 1998 wurden bis September 2018 in Deutschland im Bereich NS-Raubkunst mehr als 5.750 Kulturgüter (ohne Bibliotheksgut) restituiert. Hinzu kommen mehr als 11.670 Bücher und anderes Bibliotheksgut. Die BKM stellte von 2008 bis 2017 insgesamt rund 31 Millionen Euro für Provenienzrecherche zur Verfügung. Für 2018 und 2019 sind rund 17 Millionen Euro vorgesehen. Ein entscheidender Schritt war die Einrichtung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK), das die heute eröffnete Konferenz in Berlin ausrichtet. Durch die Einrichtung einschlägiger Professuren an deutschen Hochschulen und spezifischer Datenbanken verfügt Deutschland inzwischen über eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur.

„Die Stärkung der Provenienzforschung und die erreichten Fortschritte und Ergebnisse in Deutschland werden durch viele Experten auch international gewürdigt“, sagte Grütters. „Richtig ist aber auch, dass es weiter erheblicher Anstrengungen bedarf, um die Aufarbeitung des NS-Kunstraubs voranzutreiben. Dazu werde ich weitere Maßnahmen ergreifen.“

So wird die Kulturstaatsministerin eine zentrale Anlaufstelle einrichten, einen sogenannten „Help Desk“. Staatsministerin Grütters: „Opfer des NS-Regimes, ihre Nachkommen und Familien sollen sich in Deutschland mit ihren Anliegen verstanden fühlen und Hilfsbereitschaft erfahren. Sie stoßen aber auf Sprachbarrieren, die Unübersichtlichkeit des föderalen Systems und die ihnen unvertraute deutsche Museumslandschaft. Diese Hürden wollen wir mit diesem Unterstützungsangebot abbauen.“

Auch die einseitige Anrufung der Beratenden Kommission soll erleichtert werden. Kulturstaatsministerin Grütters: „Es ist ein Ärgernis, dass sich auch heute noch, fünfzehn Jahre nach der Gründung der Kommission im Jahr 2003, manche aus öffentlichen Mitteln getragene kulturgutbewahrende Einrichtungen der Anrufung der Beratenden Kommission verweigern. Ich habe keinerlei Verständnis für diese Haltung. Die BKM wird deshalb alle mit Bundesgeldern geförderten Einrichtungen verpflichten, auch einseitigen Wünschen der Anspruchsteller auf Anrufung der Beratenden Kommission nachzukommen.“

Weiterhin wird es durch das DZK finanzielle Hilfe bei der Erbensuche geben, die zum Teil sehr aufwändig und kompliziert ist. „Das ist ein wichtiger Schritt, weil viele der Restitutions-Fälle kompliziert sind“, sagte Grütters. „Denn nicht bei jedem entzogenen Werk haben sich Anspruchsteller gemeldet, mit denen eine gerechte und faire Lösung gefunden werden kann. An die Provenienzforschung schließt sich vielfach die schwierige Suche nach den Nachfahren der Opfer an, auch das werden wir künftig mit aktiv mit öffentlicher Hilfe fördern.“

Staatsministerin Grütters forderte auch von Privaten, sich an guten Beispielen zu orientieren und die Förderangebote des DZK in Anspruch zu nehmen. „Ich erwarte, dass private Besitzer, Sammler und Einrichtungen mehr Engagement für die Washingtoner Prinzipien zeigen. Die historische und moralische Verantwortung für die Aufarbeitung des NS-Kunstraubes liegt nicht allein beim Staat.“

Die vom DZK, von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Kulturstiftung der Länder organisierte Konferenz zum 20-jährigen Jubiläum der Washingtoner Konferenz findet vom
26.- 28. November 2018 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt.

Livestream der Konferenz unter www.kulturgutverluste.de.

Tagungsprogramm unter https://www.kulturgutverluste.de/programm