Und jetzt, Europa?

Bürgerdialog in Rostock Und jetzt, Europa?

Migration, Solidarität, Brexit: Das waren einige der Themen, zu denen die Rostocker Fragen hatten. Beim Bürgerdialog im Rathaus der Hansestadt erhielten sie Antworten von Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung. Der Dialog ist Teil einer deutschlandweiten Reihe, die vom Bundespresseamt gefördert wird.

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Teilnehmer vor dem Abstimmungs-Plakat

Die Teilnehmer stimmten zunächst über das Thema der Diskussion ab.

Foto: Henrik Golla

Wie soll es mit Europa weitergehen? Das war Thema einer Diskussion der unabhängigen und überparteilichen Europa-Union in Rostock. Grundlage des Bürgerdialogs bildeten dabei fünf Szenarien, die die Europäische Kommission in einem Weißbuch vorgestellt hatte. Bevor die Diskussion begann, konnten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ein Szenario zur Zukunft Europas entscheiden:

  1. "Weiter wie bisher"
  2. "Schwerpunkt Binnenmarkt"
  3. "Wer mehr will, tut mehr"
  4. "Weniger, aber effizienter"
  5. "Viel mehr gemeinsames Handeln".

Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten ihren Punkt beim letzten Szenario. Einigkeit hieß das aber nicht, es schloss sich eine zum Teil sehr kontroverse Diskussion an.

Wie steht es mit der Solidarität in Europa?

Das Thema "Migration und Flüchtlinge" beschäftigte viele, und so kam schnell die Frage nach der Solidarität in Europa auf. Wie kann es sein, dass einige Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen?

Annegret Bendiek von der Stiftung Wissenschaft und Politik erinnerte daran, dass auch Deutschland erst seine Solidarität entwickelt habe, als viele Flüchtlinge kamen. In den Jahren zuvor mussten Italien und Spanien mit den Problemen an den Außengrenzen allein zurechtkommen. Auch Ungarn und Polen seien nicht "per se unsolidarisch", so Bendiek.

Aber man müsse - so ihr Vorschlag - in der EU zu einer "flexiblen Solidarität" kommen. Die einzelnen Staaten sollten entscheiden könnten, ob sie Flüchtlinge aufnehmen, Geld in einen EU-Topf zahlen oder sich etwas durch mehr Personal am Grenzschutz beteiligen wollten.

Verkraftet Europa den Brexit?

Auch das Thema Brexit bewegte viele der Anwesenden. "Scheitert jetzt Europa?" fragte ein Rostocker Bürger besorgt. Thomas Kaufmann von der Europäischen Kommission erklärte, dass die Geschichte der EU eine Geschichte der Krisen, aber auch der Kompromisse sei. Er glaube daher, dass auch dieses Mal eine Lösung gefunden werde.

Teilnehmer der Diskussion

Teilnehmer in Rostock: Bei der Wahl des Themas noch einig, später in der Diskussion kontrovers.

Foto: Henrik Golla

Als Wissenschaftlerin bestätigte Bendiek, dass es nicht neu sei, Europa in Frage zu stellen. Der Grundkonflikt bestünde zwischen einer weltoffenen, liberalen und kosmopolitischen Bevölkerung und einer Bevölkerung, die sich diese Weltoffenheit nicht erlauben könne. "Diese Kluft zwischen den Eliten und den unteren Schichten muss kleiner werden", so Bendiek. Europa müsse fit gemacht werden, insbesondere auch durch Investitionen in Bildung.

Mit Klassenfahrten Europa fördern

"Bildungsreisen" war denn auch das Stichwort von Jürgen Lippold, dem Vorsitzenden der Europa-Union in Mecklenburg-Vorpommern. Erst kürzlich sei er in Rumänien gewesen. "Dann nehmen Sie doch mal eine Schulklasse aus Lichtenhagen mit", rief ihm eine Frau aus dem Publikum zu.

Jascha Dopp aus dem Europa-Ministerium Mecklenburg-Vorpommern griff den Ball auf und verwies darauf, dass das Ministerium Klassenfahrten mit Europabezug fördern könne. Für viele Anwesenden - ob Lehrer, Eltern oder Schüler - eine neue und interessante Information.

Teil einer bundesweiten Veranstaltungsreihe

Der Dialog ist Teil einer deutschlandweiten Reihe, die weiter fortgesetzt werden soll. Bei den Veranstaltungen diskutieren Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto "Und jetzt, Europa? Wir müssen reden!" mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft. Themen sind der Wert der EU, die künftige Rolle Europas in der Welt sowie Risiken und Chancen auf dem weiteren Weg der europäischen Einigung.

Veranstaltet werden die Dialoge vom Verein Europa-Union Deutschland. Als größte Bürgerinitiative für Europa in Deutschland setzt sich die Europa-Union unabhängig und überparteilich für die europäische Einigung ein. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung fördert die Veranstaltungsreihe.