Regierungspressekonferenz vom 9. August 2021

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 9. August 2021

Themen: Lage in Belarus, COVID-19-Pandemie, Lage in Afghanistan, Unterstützung für die vom Hochwasser betroffenen Gebiete, Termine der Bundeskanzlerin, Sechster IPCC-Sachstandsbericht, Ermittlungen des UN-Sonderbeauftragten über Folter bezüglich des Vorgehens der Polizei bei einer Demonstration in Berlin, Spitzensportförderung, JCPOA-Gespräche in Wien, INSA-Umfrage

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 9. August 2021

Sprecher: SRS’in Demmer, Adebahr (AA), Collatz (BMVg), Alter (BMI), Nauber (BMG), Laiadhi (BMF)

 
Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’in Demmer: Ich möchte heute gern aktiv auf den bedauerlichen Jahrestag hinweisen. Seit der Präsidentschaftswahl am 9. August 2020, die weder frei noch fair war, leidet die Bevölkerung von Belarus mehr als zuvor unter den vom Lukaschenka-Regime ausgeübten massiven Repressionen. Inhaftierungen, Entführungen, Folter und Angst sind an der Tagesordnung. Dies sind die Instrumente, mit denen sich das Lukaschenka-Regime an der Macht hält.

Die Bundesregierung steht weiter fest an der Seite des belarussischen Volkes in seinem unerschütterlichen Streben nach Demokratie, Freiheit und politischer Selbstbestimmung. Dies hat auch Außenminister Maas in einer Erklärung unterstrichen. Den mutigen Belarussinnen und Belarussen, die als Angehörige der Opposition gegen alle Widerstände weiterhin unbeirrbar für eine demokratische Transition in Belarus eintreten, gelten unsere Solidarität, unsere Bewunderung und unser tiefer Respekt.

Unsere Forderungen an das Regime haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Es geht um ein sofortiges Ende der Repression, offenen Dialog mit der belarussischen Gesellschaft und faire und freie Neuwahlen. Entlang dieser Forderungen werden wir uns weiterhin mit ganzer Kraft für die Belange des belarussischen Volkes einsetzen. Das Schicksal der Menschen in Belarus darf und wird nicht in Vergessenheit geraten.

Ich habe noch etwas weiteres Aktives, etwas Erfreuliches.

Wie Sie wissen, hatte Deutschland beim Global Health Summit am 21. Mai dieses Jahres in Rom angekündigt, mindestens 30 Millionen Impfdosen insbesondere für die Entwicklungsländer bis zum Jahresende bereitzustellen. Deutschland hat diese Dosen größtenteils über die internationale Impfstoffinitiative COVAX abgegeben. Die erste Tranche des AstraZeneca-Impfstoffs aus Lieferverträgen der Bundesregierung wird über COVAX nun an die Länder Afghanistan - 213 600 Impfstoffdosen -, Äthiopien - 271 200 Impfstoffdosen -, Sudan - 357 600 Dosen -, Tadschikistan - 100 800 Impfstoffdosen - und Usbekistan - 355 200 Impfstoffdosen - gehen.

Dabei handelt es sich um Staaten, die nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation und der globalen Impfstoffallianz Gavi einen besonders hohen Bedarf aufweisen und außerdem die Vakzine in den Impfkampagnen unmittelbar einsetzen können. Das ist wichtig. Denn es geht darum, dass die Impfdosen zur Vermeidung weiterer Infektionswellen so schnell wie möglich verimpft werden.

Damit leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Bekämpfung der Pandemie, die mittlerweile über vier Millionen Menschenleben gefordert hat. Insbesondere kann dadurch auch das Entstehen neuer Virenvarianten verhindert werden, die das Potenzial haben, auch uns zu bedrohen.

Vorsitzender Feldhoff: Dann kommen wir zuerst zum Thema Belarus.

Frage: Frau Demmer, Sie kritisieren die Zustände in Weißrussland völlig zurecht. Wenn wir aber schon beim Thema der Menschenrechte sind: Wie steht die Bundesregierung dazu, dass der Uno-Sonderberichterstatter für Folter jetzt bei der deutschen Regierung wegen der Polizeiübergriffe in Berlin am 1. August intervenieren will?

Vorsitzender Feldhoff: Herr Kollege, Ihnen ist schon klar, dass das keine Frage zu Belarus ist, oder?

Zusatz: Zum Thema der Menschenrechte. Aber dann können wir das auch auf nachher schieben.

Vorsitzender Feldhoff: Ich habe gefragt, ob es eine Frage zu Belarus gibt. Ich komme auf Ihre Frage gern gleich wieder zurück. Aber wir beginnen mit dem Thema Belarus.

Zusatzfrage: Die Kritiker sagen ja immer, man rede viel über Belarus, aber man mache nichts Konkretes. Dort sind viele Menschen, Politiker unschuldig im Gefängnis.

Was konkret haben Sie an Wirtschaftssanktionen noch in petto, da die bisherigen ja nicht wirken?

SRS’in Demmer: Wir stehen zu der Lage in dem Land nicht nur in ständigem intensivem Austausch mit den Belarussinnen und Belarussen, sondern auch mit unseren Partnern in der Europäischen Union. Das betrifft natürlich auch die Frage, wie legitime Anliegen der Demokratiebewegung am besten unterstützt werden können.

Adebahr: Ich kann dazu noch ergänzen. Sie haben am Wochenende vielleicht auch das Statement der EU gehört. Belarus wird auf der Tagesordnung der EU bleiben. Im Juni wurden die Sanktionen gegen Belarus ja nochmals erheblich verschärft. Das weitere Vorgehen der Europäischen Union wird davon abhängen, wie das Verhalten der Behörden in Minsk und des Regimes sein wird. Sie haben Herrn Borrell gehört. Natürlich besteht die Möglichkeit, über weitere Sanktionen nachzudenken, je nachdem, wie sich das weiterentwickelt. Die EU fährt dabei einen schrittweisen Ansatz.

Zur Unterstützung der Zivilgesellschaft in Belarus gibt es einen Aktionsplan Zivilgesellschaft der Bundesregierung, der bereits über 20 Projektanträge zur Förderung von Demokratiebewegung und einzelnen zivilgesellschaftlichen Akteuren und Akteurinnen positiv beschieden hat. Wir befinden uns in der Bearbeitung weiterer Anträge, um dort konkret zu unterstützen.

Sie können sich natürlich vorstellen, dass die Durchführung von Projekten unter Umständen schwierig sein kann und dass wir diejenigen Belarussinnen und Belarussen, die davon profitieren wollen, dadurch nicht in Gefahr bringen wollen. Insofern sollte man das auch nur zum Teil in aller Öffentlichkeit besprechen. Aber zum Beispiel gehört zu dem Aktionsplan die Dokumentation schwerer Menschenrechtsverletzungen in Belarus durch eine internationale Unterstützungsplattform, die Unterstützung für Studierende, Promovierende und Forschende zur Fortsetzung und zum Aufbau neuer Stipendienprogramme, die Förderung unabhängiger Medien im Rahmen von Projekten, die Behandlung traumatisierter Folteropfer und die erleichterte Einreise für politisch Verfolgte unter anderem durch die Ausstellung besonderer Visa.

All das ist dem Auswärtigen Amt und der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen, um diese Demokratiebewegung in Belarus zu unterstützen.

Frage: Ist aus Sicht der Bundesregierung irgendeine Form der militärischen Unterstützung für die afghanische Armee, wie von Norbert Röttgen ins Gespräch gebracht, denkbar?

Gibt es irgendein Anzeichen, dass sich die militärisch auf der Siegerstraße wähnenden Taliban auf Verhandlungen einlassen oder auf diplomatischen Druck reagieren?

Adebahr: Wir wollen, dass die Gespräche in Doha fortgesetzt werden. Wir haben auch wiederholt und immer wieder deutlich gemacht, dass eine militärisch erzwungene Verschiebung der Machtverhältnisse von uns nicht akzeptiert werden wird. Ein nachhaltiger und friedlicher Weg für Afghanistan führt über den Verhandlungstisch. Deshalb drängen wir mit allen diplomatischen Mitteln, die wir haben, darauf, dass die Gespräche in Doha auch mit den dortigen Talibanvertretern weitergehen, dass sie konstruktiv sind, dass die Taliban sich dort zu einem Waffenstillstand bekennen und dass sie in ernsthafte Gespräche einsteigen, die zu einer politischen Lösung für Afghanistan führen.

Zu Forderungen aus dem politischen Raum nehmen wir hier ja grundsätzlich nicht Stellung.

Ich kann Ihnen aber, was das Auswärtige Amt betrifft, mitteilen, dass wir eine Ad-hoc-Aktualisierung des Lageberichtes vorbereiten. Jetzt werden Sie fragen: Haben Sie einen Termin? - Nein, ich habe Ihnen heute keinen Termin zu verkünden. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir jetzt an einer Aktualisierung dieses Lageberichtes arbeiten.

Frage: Das Patenschaftsnetzwerk afghanischer Ortskräfte hat am Wochenende eine Übersicht verbreitet, wonach rund 4000 afghanische Ortskräfte aufgrund politischer Vorgaben nicht antragsberechtigt seien, das Land zu verlassen.

Welche politischen Vorgaben können hier gemeint sein?

Gehört auch die Gruppe der Vergessenen 26, wie sie auf Facebook zu finden ist, die aus einem Bundeswehrmedienprojekt stammen, zu diesen Personen, die nicht einreisen dürfen? Es gibt Hinweise, dass von diesen 26 vor Ort eine Kündigung erfolgt ist und sie nicht ausreisen durften und bislang auch keine Visa bekommen haben.

Adebahr: Vielleicht gibt uns der Kollege vom BMVg die aktuellen Zahlen und noch einmal die Eckdaten zum Ortskräfteprogramm. Mir ist die konkrete Äußerung, die Sie zitiert haben, heute nicht bekannt.

Collatz: Sehr gern. Wir haben gerade eine Aktualisierung bekommen, die ich mir heraussuche.

Um erst einmal auf die Gesamtlage einzugehen: Die grundsätzliche Regelung für das Ortskräfteverfahren ist allen bekannt. Das haben wir hier häufig genug besprochen. Die aktuellen Zahlen sehen so aus, dass wir derzeit 526 Ortskräfte aus der Gruppe haben, die in der letzten Zweijahresfrist, die ja gültig ist, unter Vertrag mit dem Ressort Bundeswehr und BMVg standen, die also in den letzten zwei Jahren einen gültigen Vertrag hatten. Von diesen haben 491 mit 1991 Familienangehörigen eine Aufnahmezusage erhalten. Ganz aktuell sind mindestens 177 davon mit 728 Familienangehörigen bereits in Deutschland eingetroffen, also insgesamt 905 Personen.

Was weitere Kräfte angeht, bemühen wir uns, weiterhin zu unterstützen. Wenn es dazu kommt, dass der Ausflug aus Afghanistan für Ausreisewillige aus diesem Kreis auf Schwierigkeiten stößt, sind wir in der Lage, mit Kräften vor Ort von Nichtregierungsorganisationen die Vermittlung von Flugtickets zu organisieren. Diese bezahlen wir dann auch. Wenn diese ehemaligen Ortskräfte hier in Deutschland ankommen, sorgen wir auch dafür, dass die Amtshilfe, die notwendig ist, um sie hier in Deutschland zu verteilen, auf unserer Seite geleistet werden kann.

Zu Ihrer Frage bezüglich des Bawar Media Centers: Das ist ein ziviles afghanisches Medienhaus in Masar-e Scharif, das vom deutschen Verteidigungsministerium finanziert und von deutschen Soldatinnen und Soldaten während einiger Zeit beraten, ausgebildet und unterstützt wurde. Bis Ende 2016 waren alle Mitarbeiter des BMC angestellte Ortskräfte des deutschen Einsatzkontingents, danach eben nicht mehr, sondern es waren mittelbar Beschäftigte. Sie hatten kein direktes Arbeitsverhältnis und fallen dementsprechend nicht unter die Zweijahresfrist.

Wir haben gesagt - das ist auch eine Initiative der Ministerin gewesen -, dass das Verfahren erweitert wird und wir bis auf das Jahr 2013 zurückschauen und dass alle, die seit dieser Zeit eine Gefährdungsanzeige gestellt haben, die damals abschlägig beurteilt wurde, die Gelegenheit erhalten, ihre Gefährdungsanzeige noch einmal nach dem derzeitigen Verfahren zu stellen. Darunter fallen aber nur Kräfte, die jeweils einen direkten Vertrag mit dem deutschen Staat hatten. Inwieweit das beim BMC im Einzelfall geklärt ist, kann ich Ihnen hier aber nicht sagen.

Zusatzfrage: Das beantwortet noch nicht die Frage nach den politischen Vorgaben, nach denen afghanische Ortskräfte das Land nicht verlassen durften. Die Grafik des Patenschaftsnetzwerkes ist sehr aussagekräftig und hinterlässt den Eindruck, dass rund 4000 berechtigt seien und einen Antrag stellen könnten und weitere 4000 keinen Antrag stellen dürften. Können Sie das Verhältnis in etwa bestätigen, oder wie viele Anträge wurden in den letzten Jahren abgelehnt, weil man gesagt hat, die Gefährdung sei nicht nachgewiesen?

Collatz: Nein, zu der Datenlage und den Quellen des Netzwerks kann ich hier nichts sagen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium, anknüpfend an die Frage meines Kollegen. Ist es denkbar, dass die Bundeswehr erneut auch in Afghanistan eingesetzt werden muss oder wird?

Collatz: Sie kennen die Bedingungen für den Einsatz militärischer Gewalt im Ausland. Das ist ein sehr streng kontrolliertes Verfahren. Wir bräuchten dazu politische Ziele. Wir bräuchten ein Mandat, wenn wir erneut hineingehen wollten, und natürlich auch politische Mehrheiten. Ich denke, es ist für uns alle festzustellen, dass diese im Moment nicht erkennbar sind. Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass wir schon einen guten Monat nach dem Abzug der deutschen Kräfte darüber nachdenken sollten, dort wieder in einen Kampfeinsatz hineinzugehen.

Zusatzfrage: Die Bundeswehr war unter anderem in Kundus eingesetzt. Kundus ist jetzt von den Taliban eingenommen worden. Sie, Frau Adebahr, haben gerade noch einmal ausgeführt, dass Sie auf Verhandlungen hoffen. Es wirkt aber so, als würden die Taliban gerade vor allem mit militärischer Gewalt Tatsachen schaffen.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?

Collatz: Wenn ich da einsteigen soll: Kundus ist ein sehr symbolträchtiger Ort für die Bundeswehr. Wir haben dort viele Verluste erlitten, haben aber auch viele Fortschritte mit unserem Einsatz vor Ort in die Wege leiten können.

Der Einsatz in Kundus ist ein Einsatz, bei dem gerade die ressortübergreifende Wirkung deutlich wird. Unser PRT vor Ort, also das Provincial Reconstruction Team, war über weite Strecken zivil geführt. Wir haben uns gerade an diesem Ort darum bemüht, durch militärische Leistungen dafür zu sorgen, dass zeitlich und räumlich begrenzt zivile Entwicklung möglich wird. Was dieses Zusammenwirken der ressortübergreifenden internationalen Kräfte angeht, starten wir einen Bilanzprozess.

Ich möchte daran erinnern - wir haben am 2. August eine Pressemitteilung dazu herausgegeben -, dass wir am 25. August unseren Beitrag zu diesem Bilanzprozess leisten wollen. Ich glaube, dieses Urteil wird erst nach einem sehr langen Bilanzprozess zu ziehen sein, der uns bestimmt noch die nächsten Monate begleiten wird.

Zusatzfrage: Faktisch ist Kundus aber jetzt wieder von den Taliban eingenommen, oder?

Collatz: Auch das ist sicherlich mit Emotionalität zu betrachten, ist aber nicht neu. Wir sind, seitdem wir in Kundus nicht mehr permanent militärisch vor Ort waren - das ist ja im Grunde seit 2013 der Fall -, immer wieder Zeugen davon geworden, dass es den Taliban auch in der Zeit, als wir noch international militärisch in Afghanistan engagiert waren, gelungen ist, nach Kundus einzudringen. Auch jetzt ist es - so liest man es ja in den Berichten - zunächst eine teilweise Übernahme. Es ist aber eine umkämpfte Stadt, die aufgrund ihrer strategischen Lage sicherlich für alle von Bedeutung ist und auch für die Bundeswehr von emotionaler Bedeutung ist. Aber wir müssen dort in einem ressortübergreifenden Bilanzverfahren die richtigen Lehren für zukünftige Einsätze und zukünftiges Engagement im Rahmen der Stabilisierung ziehen.

Adebahr: Wenn ich noch anfügen darf: Die Geschehnisse vom Wochenende - und auch das, was sich gerade in Kundus abspielt -, führen ja nicht am Montagmorgen dazu, dass wir unsere Prämisse ändern. Die Prämisse ist, dass nur eine politische Verhandlungslösung dort nachhaltigen Frieden bringen kann. Dass das schwierig ist und dass das stockt, haben wir in den letzten Wochen gesehen. Genauso richtig bleibt aber, dass wir mit Waffengewalt erzwungene Machtverhältnisse dort nicht anerkennen können, sondern dass wir eine politische Lösung brauchen. Deshalb werden wir noch einmal den Push, die diplomatische Initiative, verstärken, um in Doha voranzukommen und dazu natürlich auch mit unseren Partnern sprechen, um dort zu versuchen, in ernsthafte Gespräche einzusteigen.

Collatz: Ich habe eine Kleine Korrektur zu machen. Ich habe eben die falschen Zahlen genannt. Mit Stand 6. August waren 333 ehemalige Ortskräfte mit 1342 Angehörigen in Deutschland angekommen, also insgesamt 1675.

Frage: Warum besteht die Bundesregierung weiter darauf, dass afghanische Ortskräfte ihre - in Anführungsstrichen - Ausreise eigenverantwortlich organisieren müssen? Wäre es nicht angemessen, wenn sie von der Bundeswehr ausgeflogen würden?

Frage: Welche Kriterien gelten für die Visaberechtigung bezüglich Arbeitsdauer und Subverträgen? Gelten unterschiedliche Kriterien für Ortskräfte von Bundeswehr, Auswärtigem Amt und BMZ? Wenn ja, warum?

Collatz: Was die Ausflüge angeht, kann ich vielleicht noch ein Faktum beitragen, das bisher nicht erwähnt worden ist. Afghanen, die ausreisen wollen, brauchen auch vom afghanischen Staat Passpapiere. Die Behörden lassen ohne diese Papiere eine Ausreise nicht zu. Es gibt dort im Moment offensichtlich einen Engpass. Die afghanischen Behörden schaffen es nicht, diese Passpapiere in der nötigen Geschwindigkeit auszuteilen. Bis also eine größere Anzahl an Menschen sofort an einem Flugzeug erscheinen kann, um dieses zu besetzen und auszufliegen, ist das nicht sinnvoll. Sie gehen bis dahin auf jeden Fall mit der Ermöglichung von Ausflügen über die regulären Linienflüge, die ja immer noch bestehen, dem Bedarf nach.

Ich kann es hier wiederholen: Für diejenigen, die für die Bundeswehr unter Vertrag standen, machen wir das möglich und haben auch schon Partner vor Ort gefunden, die für die Ausreisewilligen die Linienflüge organisieren, sofern sie von den afghanischen Behörden die Passpapiere haben und überhaupt ausreisen können. Das ist tatsächlich noch ein Kleiner, begrenzender Faktor.

Adebahr: Was die weitere Frage von dem Herrn Kollegen angeht - ich weiß nicht, ob Herr Alter ergänzen will -: Das Verfahren steht allen Ortskräften offen, die in verschiedenen Zeitlinien in einem Beschäftigungsverhältnis mit deutschen Ressorts standen oder stehen. Das betrifft also das BMI und auch das AA.

Vorsitzender Feldhoff: Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Ministerien? Das war ja die Frage von dem Herrn Kollegen.

Adebahr: Für das BMVg und das BMI ist die Zeitspanne erweitert worden. Bei den anderen Ressorts sind das zwei Jahre. Aber sonst keine Unterschiede, oder, Herr Alter? Korrigieren Sie mich.

Alter: Soweit ich weiß, gibt es keine Unterschiede. Ich habe die Frage so verstanden, ob es unterschiedliche Berechtigungen für die Betroffenen gibt, wenn sie die Visa erteilt bekommen haben.

Es ist ja so, dass die Antragsberechtigten oder diejenigen, die über die erforderlichen Dokumente verfügen, Visa erteilt bekommen, die für einen Zeitraum von sechs Monaten gültig sind. In diesem Zeitraum können die Ortskräfte dann selbstständig den Zeitpunkt der Ausreise festlegen. Bisher erfolgt das, wie mein Kollege gesagt hat, über Linienflüge.

Ich will daran erinnern - es wird ja immer so getan, dass es, wenn die Bundesregierung die Kosten nicht übernimmt, nicht möglich sei, dass man ausreist -, dass seit 2013 insgesamt 4800 Personen nach Deutschland eingereist sind. Das heißt also, es ist nicht eine Sache der Unmöglichkeit. Nichtsdestotrotz stehen wir aber mit den Einreiseberechtigten in Kontakt. Wenn es Schwierigkeiten gibt, Tickets zu beschaffen, bekommen sie auch die entsprechende Unterstützung.

Zusatzfrage: Herr Collatz, bitte reichen Sie das Zahlenwerk für die Ausreisenden schriftlich nach, sodass genau klar ist, auf welche Zahlen wir uns jetzt beziehen.

Collatz: In Ergänzung dessen, was ich bereits in vorherigen Pressekonferenzen gesagt habe, ist der aktuelle Stand: 333 ehemalige Ortskräfte sind mit 1342 Angehörigen einreiseberechtigt. Insgesamt sind schon 1675 in Deutschland eingetroffen.

Frage: Eine Frage an das Verteidigungsministerium. Fühlt sich die Ministerin mitverantwortlich dafür, dass die Taliban das Land überrennen? Wird Afghanistan wieder zur Terrorzentrale?

Collatz: Der Abzug aus Afghanistan ist international abgestimmt. Sie wissen ja, dass die Bundeswehr alleine vor Ort nicht handlungsfähig ist. Das ist ein Einsatz, der gemeinsam begonnen hat. Wir sind dort gemeinsam reingegangen, haben ihn gemeinsam gestaltet und immer wieder neu formiert, um nach besten Möglichkeiten die Ziele, die vorgegeben wurden, politisch zu erreichen. Jetzt ist es so, dass der Abzug aus Afghanistan gemeinsam beschlossen wurde. Damit stellt sich die Frage nach einer singulären Verantwortung nicht.

Zusatzfrage: Wird Afghanistan wieder zur neuen Terrorzentrale?

Collatz: Als Bundeswehr sind wir jetzt raus aus Afghanistan und können hier nur noch bedingt zur Lagesituation vor Ort Stellung nehmen. Sicherlich kann ich daran erinnern, dass wir auch militärisch nach Afghanistan gegangen sind, um zu verhindern, dass Afghanistan weltweit zu einem Hort des Terrorismus wird. Da waren wir am Anfang erfolgreich.

Frage: Das Stichwort „zivile Entwicklung“ ist schon gefallen. Ich wüsste gerne, ob durch das Vordringen der Taliban mit deutscher Hilfe unterstützte oder geförderte Entwicklungsprojekte gefährdet sind.

Vielleicht ergänzend: Hat das Vordringen Auswirkungen auf die deutschen Hilfszahlungen für Afghanistan?

Adebahr: Das ist eine Frage, die sich hauptsächlich an das BMZ richtet, das nicht da ist. Vielleicht kann das von dort beantwortet werden, wo die BMZ-Projekte zum großen Teil verantwortet werden.

Ich habe ja politisch gesagt, dass wir militärisch erzwungene Machverhältnisse nicht akzeptieren. Natürlich ist die Hilfe für ein friedliches demokratisches Afghanistan und für eine Zukunft auch in gewisser Weise davon abhängig, wie sich das Land weiter entwickelt. Das ist, glaube ich, klar.

Frage: Kürzlich wurde darüber berichtet, dass auch Verhandlungen mit den Taliban stattgefunden hätten, die Ortskräfte entsprechend zu schützen. Vor dem Hintergrund ist es schwer verständlich, dass die genaue Zahl der nicht Antragsberechtigten Ortskräfte hier im BMVg oder im AA nicht so ganz bekannt ist. Es muss ja eine relevant große Gruppe geben, dass man dort überhaupt mit den Taliban in Verhandlungen tritt.

Adebahr: Wenn ich zu den Gesprächen in Doha etwas sagen kann: Das sind Gespräche über die politische Zukunft des Landes. Die zielen darauf ab - das ist auch der Inhalt der Gespräche, die von Herrn Wieck, dem Sonderbeauftragten der Bundesregierung, geführt wurden -, eine politische Lösung für das Land zu finden. Ich habe verschiedentlich von „Geheimgesprächen“ oder Ähnlichem gelesen. Das trifft alles nicht zu. Insofern war der große Fokus der, den ich gerade genannt habe. Das Ortskräfteverfahren läuft ja, und es gibt weiterhin Antragsteller. Ich weiß nicht, ob Sie ergänzen wollen, Herr Collatz.

Collatz: Ergänzend: Uns sind keine Anträge bekannt. Es gibt keine weiteren Ortskräfte, die nach unserer Kenntnis bisher in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Zusatzfrage: Der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerkes, Herr Grotian, ist immer noch in Diensten der Bundeswehr. Ist das korrekt, Herr Collatz?

Collatz: Das nehme ich an. Ich müsste das aber überprüfen.

Noch einmal: Nach den derzeitig geltenden Kriterien, die wir ressortübergreifend abgestimmt haben, handelt es sich um Angestellte von Subunternehmen, die von dem Ortskräfteverfahren ausgeschlossen sind.

Frage: Ich habe wegen der schon angesprochenen, sich rasant verändernden Sicherheitslage eine Frage zur Abschiebepraxis an Herrn Alter beziehungsweise das Bundesinnenministerium. Anfang August war ein Abschiebeflug wegen eines Bombenanschlags in Kabul abgesagt worden. Vergangene Woche hieß es dann, der solle zeitnah nachgeholt werden. Könnten Sie uns wissen lassen, ob und wann der nachgeholt werden soll und vielleicht auch, ob sich generell an der Abschiebepraxis angesichts dieser Veränderungen etwas ändern soll?

Alter: Die Abschiebungen nach Afghanistan erfolgen immer auf der Grundlage einer Lageeinschätzung, die möglichst aktuell sein muss, und auf der Basis einer individuellen Einschätzung, ob die betroffene Person, die abgeschoben werden soll, in Afghanistan einer individuellen Gefährdung unterliegt.

In der vergangenen Woche sollten sechs Personen abgeschoben werden. Dieser Flug wurde kurzzeitig abgesagt, weil sich für uns eine aktuell unklare Lageentwicklung in Kabul ergab. Deswegen ist dieser Flug vorsorglich nicht durchgeführt worden. Im Moment finden Gespräche dazu statt, wann man ihn nachholen kann. Es gibt aber keinen Termin. Abgesehen davon, würden wir zu geplanten Abschiebungen ohnehin nicht öffentlich Stellung nehmen wollen.

Zusatzfrage: Wenn Sie gestatten, noch die Nachfrage: Es ist ja von Frau Adebahr angesprochen worden, dass sich die Sicherheitsanalyse verändern könnte. Werden Sie dann auch über eine Veränderung der Abschiebepraxis nachdenken?

Alter: Diese Frage ist von den Ergebnissen der Analyse abhängig. Wenn eine Aktualisierung der Lageeinschätzung vorliegt, muss man die künftigen Abschiebungen anhand dieser Lageeinschätzung messen. Das kann aber erst geschehen, wenn die Analyse vorliegt.

Frage: Hält die Bundesregierung es eigentlich zurzeit für verantwortbar, dass weitere Abschiebungen nach Afghanistan in diese unsichere Lage geplant sind beziehungsweise durchgeführt werden?

Alter: Ich kann nur noch einmal wiederholen: Es wird von verschiedenen Seiten immer gesagt, die Lage sei unsicher. Wir beziehen uns aber bei der Einschätzung, was Abschiebungen angeht, nicht auf Medienberichte, sondern auf die behördliche Einschätzung der Situation vor Ort. Die wird uns vom Auswärtigen Amt vorgelegt. Das Auswärtige Amt hat am Wochenende ja schon angekündigt, dass dieser Bericht aktualisiert werden soll. Für uns ist für die Abschiebepraxis wichtig und notwendig, dass wir möglichst aktuelle Informationen haben. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann man auch über weitere Schritte entscheiden.

Frage: Wann wird das zugesagte Ortskräftebüro vor Ort eingerichtet, damit die Menschen eine Anlaufstelle haben?

Adebahr: Das Büro in Kabul arbeitet seit dem 2. August.

Frage: Herr Alter, da muss ich jetzt aber nachhaken. Das Auswärtige Amt hat am Wochenende bereits bekanntgegeben, dass die Lageeinschätzung auf der Situation vom Mai beruht. Sie sagen, Sie bleiben bei dieser Lageeinschätzung vom Mai selbst dann, wenn in allen Medien über den Vormarsch der Taliban berichtet wird, selbst wenn auf allen verfügbaren Social-Media-Kanälen gerade aus dem Land Kämpfe gezeigt werden und quasi dieses Land brennt. Wäre es nicht eine humanistische, eine menschliche Verantwortung, zu sagen „Wir haben jetzt gerade eine unklare Lage, die sich möglicherweise komplett verändert hat, und setzen dann Abschiebungen aus“?

Alter: Wenn in einem Land für alle und jeden Folter oder Tod drohen, wird man nicht abschieben. Das ist völlig klar; das wissen Sie. Es gibt ja diesen Fall, dass es einen Abschiebestopp für andere Länder gibt. Für Afghanistan ist es so, dass der letztmalige Bericht bis Mai datiert war. Das heißt, der Bericht, auf den Sie sich beziehen, ist ein Bericht Stand Mai. Aber das Auswärtige Amt hat ja nicht im Mai aufgehört, die Lage zu beurteilen. Wir haben innerhalb der Ressorts eine tägliche Verbindung, und es gibt eine tägliche Abstimmung. Die Lage wird fortlaufend geprüft.

Ich habe es bereits erklärt: Nur wenn es aufgrund der individuellen Situation des Betroffenen und aufgrund der Gesamteinschätzung vertretbar ist, wird auch abgeschoben. Wenn das nicht vertretbar ist, wird auch nicht abgeschoben.

Frage: Eine Frage an das Gesundheitsministerium zum Thema Tests für Ungeimpfte. Es gibt jetzt Forderungen sowohl von Politikern aus verschiedenen Parteien als auch aus den Ländern, dass künftig Ungeimpfte nur noch PCR-Tests vorlegen können. Wie bewertet die Bundesregierung, wie bewertet das Gesundheitsministerium das?

Nauber: Sie wissen ja, dass sich morgen zum weiteren Vorgehen im Herbst und Winter die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin austauschen. Minister Spahn hat seine Haltung zu all dem, was da im Raum steht, kundgetan. Sie ist Ihnen, glaube ich, allen bekannt. Zu weiteren Details möchte ich jetzt den Gesprächen ungern vorgreifen.

Zusatzfrage: Noch eine Nachfrage dazu, auch wenn ich vermute, dass Sie etwas Ähnliches sagen: Es gibt ja auch eine angelaufene Debatte zum Thema Inzidenzwerte, ob man da noch andere Faktoren berücksichtigen muss. Welche Einschätzung haben Sie da beziehungsweise welche Faktoren könnten das sein?

Nauber: Wie Sie schon ahnen: Auch da würde ich auf die morgige MPK verweisen wollen. Dieser möchte ich an dieser Stelle nicht vorgreifen.

Frage: Eine Frage an das Sportministerium zum Thema Corona und Fußballbundesliga. In den Vereinen gibt es unterschiedliche Haltungen, welche Fans in die Stadien dürfen. Da geht es um 2G, 3G - die Debatte ist Ihnen bekannt. Was empfiehlt das Sportministerium?

Alter: Das Sportministerium hat ja schon von Beginn der Pandemie an deutlich gemacht, dass Zuschauer im Stadion eine wünschenswerte Situation sind, die allerdings nur möglich ist, wenn entsprechende Hygienekonzepte beachtet werden. Damit haben wir in den vergangenen Monaten durchaus gute Erfahrungen gemacht. Der Bundesinnenminister hat ja vor gut einer Woche noch einmal deutlich gemacht, dass er das bisherige Prinzip, nämlich Geimpfte, Genesene und negativ Getestete gleichermaßen zu behandeln, für richtig hält und er auch dafür plädiert, an diesem Prinzip festzuhalten.

Frage: Eine Frage an Frau Nauber: Der NDR berichtet, dass in Zukunft die Schnelltests nur noch vier statt acht Stunden Gültigkeit haben sollen. Es gibt andere Berichte, wonach man in Lebensmittelgeschäfte nur noch mit einem Schnelltest gehen kann. Was ist daran? Gibt es solche Überlegungen in der Bundesregierung?

Nauber: Auch da kann ich nur das wiederholen, was ich eben gesagt habe. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten werden sich morgen austauschen. Medienberichte kommentieren wir hier, wie Sie wissen, grundsätzlich nicht. Den morgigen Beratungen möchte ich, wie gesagt - da bitte ich einfach um Verständnis -, heute nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Frau Nauber, meine Frage war doch sehr konkret. Sie bezog sich nicht darauf, was morgen besprochen wird und auch nicht auf den Medienbericht. Die Frage war: Gibt es in der Bundesregierung solche Überlegungen? Da werden Sie doch beantworten können, ob es sie gibt oder nicht.

Nauber: Ich bleibe bei dem, was ich eben gesagt habe.

Frage: Frau Nauber, eine Frage zu der politischen Reaktion auf das Papier, das der Minister letzte Woche erarbeitet hat, in dem er ja für die Zukunft eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften und Ungeimpften fordert und für Ungeimpfte eine Bezahlung der Tests aus eigener Tasche haben will. Das wird als ein unzulässiger oder nicht zielführender Druck auf Ungeimpfte kritisiert. Hat diese Kritik beim Minister irgendetwas an seiner Haltung verändert?

Nauber: Ich kann hier an dieser Stelle nur noch einmal die Haltung des Ministers vortragen. Er hat das ja letzte Woche in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“ selber kommentiert. Ich kann das noch einmal vorlesen. Er hat gesagt:

„Wir brauchen zwei Grundprinzipien für Herbst und Winter: Für das Zusammentreffen in geschlossenen Räumen gelten die 3G - das heißt, man muss geimpft, genesen oder getestet sein. Und ansonsten tragen wir weiter Maske und halten uns an die Hygiene- und Abstandsregeln. Wenn es in manchen Regionen weitere Beschränkungen brauchen sollte - etwa, weil bestimmte Grenzwerte überschritten werden -, dann sind Geimpfte und Genesene davon ausgenommen.“

So weit kann ich Ihnen das darlegen. Alles Weitere, wie gesagt, wird sicherlich Gegenstand der morgigen Beratungen sein, denen ich nicht vorgreifen kann.

Zusatzfrage: Das heißt also, dass der Minister im Moment noch keinen Grund sieht, von seiner Haltung, die er dargelegt hat, abzuweichen?

Nauber: Das ist die Haltung, die er Ende vergangener Woche so vorgetragen hat. Wie gesagt: Ich möchte jetzt wirklich ungern den Beratungen, die morgen stattfinden, an dieser Stelle vorgreifen.

Frage: Frau Demmer, strebt die Bundeskanzlerin eigentlich morgen in der Ministerpräsidentenkonferenz für steigende Fallzahlen eine längerfristige Regelung an, die auch über die Bundestagswahl im Herbst hinausweist, oder geht es erst einmal um kurzfristige Schritte?

SRS’in Demmer: Ich verstehe alle hier auch schon an Frau Nauber gerichteten Fragen. Selbstverständlich stellen sich diese Fragen. Diese Fragen stellen sich aber auch morgen dem Kreis der Teilnehmer der Ministerpräsidentenkonferenz. Weder Frau Nauber noch ich können quasi den Ergebnissen vorgreifen, die diese Runde morgen auch in einer Pressekonferenz verkünden wird.

Die Bundesregierung beobachtet die Lage ganz genau. Wir haben uns ja auch in den letzten Wochen kontinuierlich über dieses Thema unterhalten. Es gibt unterschiedliche Ansätze. Man setzt sich jetzt zusammen, um darüber zu diskutieren, welcher der beste Weg ist, um mit der aktuellen Lage und den eben, wie Sie selber gesagt haben, steigenden Zahlen umzugehen.

Ganz wichtig ist: Wir wollen alles tun, um eine Situation, wie wir sie Ende letzten Jahres/Anfang dieses Jahres hatten, zu vermeiden. Allen ist bewusst, welchen enormen Belastungen die Menschen damals ausgesetzt waren. Das soll sich nicht wiederholen.

Zusatzfrage: Es geht ja nicht darum, die Ergebnisse vorwegzunehmen. Es geht um die Frage, mit welcher Haltung die Bundeskanzlerin in das Gespräch geht.

SRS’in Demmer: Ich habe Ihnen hier vielfältig die Haltung der Bundeskanzlerin geschildert. Die Bundeskanzlerin hat in der Sommerpressekonferenz grundsätzlich ihre Haltung zum Umgang mit der Pandemie gesagt. Es geht darum, die allgemeinen Regeln weiter einzuhalten. Wir haben es selber in der Hand, eine Situation, wie wir sie Anfang des Jahres hatten, zu vermeiden.

Trotzdem möchte ich jetzt Details zur aktuellen Debatte nicht vorgreifen. Es geht darum, dass morgen die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundeskanzlerin und den Ministern eine Lösung finden, wie wir mit der aktuellen Lage umgehen, um eben eine Situation zu vermeiden, wie wir sie vor einigen Monaten hatten.

Frage: Frau Demmer, Dänemark hat angekündigt, dass es die Coronamaßnahmen abschafft. Großbritannien und die Niederlande haben die Maßnahmen stark gelockert. In Deutschland ist immer die Rede von einer Verschärfung. Mir schreiben viele Leser, dass sie das nicht verstehen. Sind das unterschiedliche Viren? Wie kann man diesen Unterschied in den Ländern erklären?

SRS’in Demmer: Ich glaube, dass ich hier ganz klar sagen kann, dass wir die Zahlen im Blick haben. Sie haben ja völlig zu Recht in einer der vorangegangenen Pressekonferenzen gefragt: Was tut die Bundesregierung, um die Bevölkerung zu schützen?

Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung ist ein hohes Gut. Darum hat sich die Bundesregierung in den vergangenen Monaten immer mit großem Engagement bemüht. Das ist die Prämisse, unter der diskutiert wird: Wie können wir die Gesellschaft, die Bevölkerung, die Bürgerinnen und Bürger schützen?

Das ist immer lageabhängig zu beurteilen. In der Tat haben wir sehr großes Glück gehabt, dass wir so schnell Impfstoffe zur Verfügung hatten. Dass sich schon so viele Menschen gleich zweimal haben impfen lassen und damit einen vollen Impfschutz genießen, ist ein sehr positives Signal und ein sehr positives Zeichen. Das wird natürlich im Ergebnis berücksichtigt werden. Morgen wird man gemeinsam überlegen, was der beste Weg ist, wie man weiter mit der Pandemie umgehen kann. In der anschließenden Pressekonferenz wird das ganz bestimmt auch Ihnen erklärt.

Zusatzfrage: Jetzt sind Sie aber meiner Frage ausgewichen, Frau Demmer. Die Frage war ja: Warum machen das Dänemark, Niederlande und Großbritannien so grundlegend anders? Machen sie das besser, oder machen sie das aus Ihrer Sicht schlechter? Wie kann man das den Lesern erklären, welche Beweggründe die Bundesregierung hat, das anders zu machen?

SRS’in Demmer: Wie wir im weiteren Fortgang der Pandemie damit umgehen, wird ja erst morgen beschlossen. Insofern bin ich etwas erstaunt darüber, dass Sie schon wissen, wie wir damit umgehen.

Frage: Der frühere Finanzminister und SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine hat massive Kritik an der Bundesregierung geübt. Er nannte Regierungsmitglieder - Entschuldigung, mit Verlaub, aber es ist ein Zitat - „Covidioten“. Er sprach von Machtmissbrauch und Größenwahn und bezog das insbesondere auf die Verträge zu den Impfstoffen. Ich will das nicht im Einzelnen ausführen. Er sagte, es gebe eine riesige Bereicherung bei den Konzernen. Die Verträge seien schlecht gemacht worden. Wie stehen Sie zu dieser Kritik des früheren Bundesfinanzministers?

SRS’in Demmer: Wie üblich kommentieren wir einzelne Bemerkungen aus dem politischen Raum nicht. Aber ich kann noch einmal sachlich darauf hinweisen, dass die Verträge mit BioNTech/Pfizer von der EU-Kommission geschlossen worden sind. Deswegen kann ich über Einzelheiten gar nicht Auskunft geben.

Ich möchte aber, wie ich es auch vor wenigen Minuten getan habe, noch einmal betonen, welch ein Glücksfall es war, dass wir in einer wirklich nie dagewesenen Geschwindigkeit Impfstoffe gegen diese Pandemie haben entwickeln können. Die Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe ist durch die EMA und das PEI sorgfältig überprüft worden und wird auch nach der Zulassung ständig weiterhin überwacht.

Zusatzfrage: Laut Herrn Lafontaine hat allein Pfizer/BioNTech ein Gewinn von 33,5 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Wie sieht das die Bundesregierung?

SRS’in Demmer: Ich kann jetzt hier keine Zahlen über Verträge kommentieren, die die Kommission geschlossen hat. Grundsätzlich ist es, wie gesagt, ein Glücksfall, dass wir Impfstoffe und gleich auch so viele Impfstoffe in einer solchen Geschwindigkeit zur Verfügung haben. Denn das schützt Millionen von Menschenleben.

Frage: Eine Frage zur Fluthilfe an die Bundesregierung: Frau Demmer, es gibt Forderungen, einen milliardenschweren zweistelligen Wiederaufbaufonds aufzulegen. Nötig wäre dafür ein Bundesgesetz, heißt es unter anderem aus Rheinland-Pfalz und aus Nordrhein-Westfalen. Wie bewerten Sie das? Soll so etwas kommen? Welchen Anteil von einem solchen Wiederaufbaufonds wäre der Bund bereit zu übernehmen?

SRS’in Demmer: Die vom Hochwasser betroffenen Länder und Kommunen stehen in den kommenden Monaten und Jahren ganz zweifellos vor einer enormen Aufgabe, die Schäden zu beseitigen und den Wiederaufbau zu organisieren. Der Bund wird sich an den geplanten Aufbauhilfen der Länder im erforderlichen Umfang, wie auch bei früheren Hochwasserkatastrophen von dieser Tragweite, finanziell beteiligen. Zudem wird der Bund die bundeseigene Infrastruktur zügig wiederherstellen und die damit verbundenen Ausgaben tragen. Die konkrete Ausgestaltung der Aufbauhilfe der Länder und die schon vereinbarte hälftige Beteiligung des Bundes werden ebenfalls Gegenstand der morgigen MPK sein, eben der Videokonferenz der Kanzlerin mit den Regierungschefs der Länder.

Die erforderlichen Regelungen wird die Bundesregierung ganz sicher zeitnah auf den Weg bringen. Auch die erforderlichen Sitzungen von Bundestag und Bundesrat werden ganz sicher zeitnah erfolgen. Aber ich kann jetzt weder Termine noch konkrete Ausgestaltungen nennen. Dann würde ich der morgigen Sitzung vorgreifen.

Zusatzfrage: Vielleicht noch eine Nachfrage zum Bundestag: Es ist ja, glaube ich, eine Sitzung in der ersten oder zweiten Septemberwoche geplant. Befürwortet die Bundesregierung denn, dass der Bundestag früher zusammenkommt, um möglicherweise ein solches Bundesgesetz zu verabschieden?

SRS’in Demmer: Wie gesagt: Es geht sicherlich allen Beteiligten um zeitnahe Lösungen. Ich kann aber zu den Terminplänen, erst recht für den Bundestag, von hier aus nichts sagen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium: Die Länder sollten ja vor der Ministerpräsidentenkonferenz die Schäden beziffern, die in ihren Ländern durch die Flutkatastrophe entstanden sind. Ich wüsste gern, ob - und wenn ja, welche - Länder solche Meldungen abgegeben haben und welche Höhe diese Flutschäden demnach haben.

Laiadhi: Da kann ich mich nur Frau Demmer anschließen. Das ist natürlich auch ein Aspekt, der für die morgigen Gespräche von Relevanz ist. Insofern bitte ich auch hier um Verständnis, dass ich den morgigen Gesprächen nicht vorgreifen kann.

Zusatzfrage: Auch hier gilt, was ich gerade schon gesagt habe. Es geht ja nicht darum, irgendetwas vorzugreifen. Es geht um die Frage, was die Länder angegeben haben. Die Ausgangsbasis interessiert doch.

Laiadhi: Das habe ich verstanden. Aber es bleibt dabei, dass dieser Aspekt, also auch die einzelnen Meldungen, morgen für die Gespräche von Relevanz sind und daher an dieser Stelle dem nicht vorzugreifen ist.

Zusatz: Dann will ich es noch einmal ganz einfach versuchen, wenn Sie sich nicht auf eine Zahl festlegen wollen: Sie können ja aber zumindest sagen, ob die Länder diese Schadensberichte eingereicht haben.

Laiadhi: Sie haben es ja richtig beschrieben: Unter anderem für die morgigen Gespräche wollen und werden die Länder die Schadensberechnungen einreichen. Konkrete Dinge, die darüber hinausgehen, kann ich an dieser Stelle jetzt nicht berichten.

Frage: Das Finanzministerium hat also noch keinen Überblick über die Schadenshöhe. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Laiadhi: Das Finanzministerium hat an dieser Stelle darüber jetzt erst einmal nichts zu berichten.

Frage: Frau Demmer, die ukrainische Seite hat einen Besuch der Bundeskanzlerin in Kiew am 22. August angekündigt. Können Sie diesen Besuch in Kiew bestätigen?

Frage: Steht auch ein Besuch in Moskau an?

SRS’in Demmer: Wie Sie wissen, muss ich Sie für die Termine auf den Freitag der Vorwoche verweisen. Ich habe Ihnen von hier aus derzeit nichts anzukündigen und mitzuteilen.

Frage: Frau Demmer, der heutige Bericht des Weltklimarats macht klar, dass die Welt schon im nächsten Jahrzehnt - mit entsprechenden Auswirkungen - über das 1,5-Grad-Ziel hinausschießen wird. Welche Nachricht hat die Bundesregierung an künftige Generationen, wie es dazu kommen konnte? Was werden Sie tun, damit das zweite Ziel in Höhe von 2 Grad nicht auch noch gerissen wird?

SRS’in Demmer: Ich kann von hier aus natürlich sagen, dass die Berichte des Weltklimarats für die Bundesregierung von großer Bedeutung sind. Der erste Teil des Sechsten Sachstandsbericht, der heute veröffentlicht wurde, fasst den wissenschaftlichen Kenntnisstand bezüglich der naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels zusammen und enthält natürlich wichtige Erkenntnisse für die Modellierung einer künftigen Entwicklung. Diese werden sich den wissenschaftlichen Stand zu den Folgen - - - Zur Stunde läuft gerade eine PK der zuständigen Ressorts. Darauf würde ich gerne verweisen.

Dass uns das Thema grundsätzlich wichtig ist, kann sicherlich netterweise von hier aus auch noch einmal das Umweltministerium unterstreichen. Für uns steht aber fest, dass der Klimawandel da ist und spürbar ist, dies in allen Teilen und auch in vielen anderen Teilen der Welt, nicht nur bei uns. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung ja ihre Anstrengungen verstärkt, um die neuen Klimaziele des Klimaschutzgesetzes zu erreichen. Deutschland soll schon 2045 klimaneutral werden. Wir wollen bis 2030 den Treibhausgasausstoß um mindestens 65 Prozent senken. Wenn Herr Kollege noch mehr Details hören möchte, dann würde ich an das Umweltministerium verweisen.

Vorsitzender Feldhoff: Will das Umweltministerium noch etwas ergänzen? – Nein, erst einmal nicht. – Dann hat der Herr Kollege noch eine Frage zur Polizei, wenn ich das richtig auf dem Zettel stehen habe.

Frage: Genau, die Frage, die Sie vorhin nicht zugelassen haben.

Vorsitzender Feldhoff: Doch, die habe ich zugelassen. Aber Sie haben versucht - Herr Kollege, nun muss man das klar verstehen -, ein Thema umzudeuten, um Ihre Frage stellen zu können. Das ist hier übliche Praxis, das ist mir schon klar, aber ganz blöd bin ich auch nicht! Deswegen ist Ihr Thema jetzt dran.

Zusatzfrage: Na ja, bei anderen Kollegen geht das oft genug.

Vorsitzender Feldhoff: Jetzt sind Sie dran!

Zusatzfrage: Aber wir wollen diese Diskussion nicht hier führen.

SRS’in Demmer: Aber das Entscheidende ist doch, dass Sie Ihre Frage stellen können, oder? Wir haben also insofern nichts verhindert, sondern es nur auf einen etwas späteren Zeitpunkt vertagt.

Zusatz: Jetzt sind Sie aber gut vorbereitet. Sie haben einen Zeitvorteil, wie man das im Fußball nennen würde, aber gut.

SRS’in Demmer: Das klingt ja so, als hätten Sie das Ziel, mich in die Enge zu treiben. Meinen Sie das?

Zusatzfrage: Nein, aber ein sportlicher Austausch! Daran ist Ihnen doch auch gelegen. Das ist doch das, was es interessant macht.

Also noch einmal die Frage: Der Uno-Sonderberichterstatter für Folter hat jetzt angekündigt, dass er den Berliner Polizeieinsatz noch einmal genau untersucht. Es ist auch die Rede davon, dass er bei der Bundesregierung intervenieren will. Ist Ihnen davon schon etwas bekannt? Wie gehen Sie damit um?

SRS’in Demmer: Es wird Sie nicht überraschen, weil wir uns hier ja über solche Vorfälle immer einmal wieder unterhalten, dass die Bundesregierung die Aussagen des UN-Sonderberichterstatters zur Kenntnis genommen hat. Die Bundesregierung kann aber zu den einzelnen beschriebenen Vorfällen von hier aus wie üblich keine Bewertung oder Stellungnahme abgeben. Wie Sie wissen, liegen die Polizeieinsätze bei Versammlungsgeschehen in der Zuständigkeit der Länder, nicht des Bundes. Das polizeiliche Einsatzgeschehen und dann eben auch die Aufarbeitung des Einsatzes am 1. August, den Sie ansprechen, ist daher Aufgabe der örtlichen Behörden. Das gilt auch für die gestellten Strafanzeigen, die die örtlich zuständigen Ermittlungsbehörden bearbeiten. Hierzu kann sich die Bundesregierung nicht äußern.

Zusatzfrage: Lassen Sie es mich noch einmal umdrehen. Normalerweise befasst sich der Uno-Sonderberichterstatter mit autoritären Staaten. Wie sieht die Bundesregierung diese Ankündigung? Macht sie sich keine Sorgen um das Ansehen Deutschlands, wenn sich plötzlich der Sonderberichterstatter für Folter der Zustände in Deutschland annehmen will?

SRS’in Demmer: Ich würde sagen, die Bundesregierung [korrigiert: Uno] hat einen Sonderberichterstatter, der seinen Aufgaben nachkommt, und wir haben einen Rechtsstaat, auf den wir uns verlassen können und der das mit Sicherheit - aber eben nicht auf Bundesebene, sondern auf Landesebene - sorgfältig aufarbeitet.

Alter: Herr Kollege, ich würde gerne noch etwas ergänzen. Frau Demmer hat das meiste schon gesagt, aber es ist ja nun nicht so, dass sich der Sonderberichterstatter nur ad hoc aus diesem Anlass mit diesem Thema und Deutschland beschäftigt. Es gibt ja sowohl auf europäischer Ebene als auch auf internationaler Ebene eine feste Institution, einen festen Mechanismus mit wiederkehrenden Berichten. Das heißt also, die Beobachtung des Geschehens in unterschiedlichen Ländern - auch in Deutschland - ist ein fortlaufender Prozess.

Im Übrigen ist es doch Kennzeichen unseres Rechtsstaats, dass solche Institutionen existent sind und dass, wenn sie den Eindruck haben, dass etwas nicht so gelaufen ist, wie sie es sich vorstellen, sie das auch überprüfen können. Im Übrigen sind ja auch alle polizeilichen Maßnahmen und alle Verwaltungsmaßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Wenn jemand das Gefühl hat, er sei ungerecht behandelt worden, dann soll er seine Rechte da in Anspruch nehmen. Das, was Sie hier als Sonderfall darstellen, ist im Prinzip ein ganz positiver Aspekt eines funktionierenden Rechtsstaats.

Zusatz: Sie finden es also schön, dass der sich mit Deutschland befassen muss.

Alter: Nein. Ich finde es aber richtig, dass Sachverhalten nachgegangen wird, die in der Öffentlichkeit bekannt werden, wenn bei denen anhand von einzelnen Sequenzen - niemand von uns hat ja einen vollständigen Überblick über die jeweiligen Situationen - ein Eindruck entsteht, dem nachgegangen werden sollte. Dann ist es richtig und ein gutes Kennzeichen unseres Rechtsstaats, wenn das auch geschieht.

Frage: Ich hätte noch eine Frage an das Innenministerium. Die Olympischen Spiele sind jetzt zu Ende gegangen. Wie bewerten Sie denn die Erfolge oder den Medaillenspiegel, auch im Hinblick auf die Sportförderung in Deutschland?

Alter: Die Medaillenbilanz ist Ihnen ja bekannt. Deutschland liegt im Medaillenspiegel mit insgesamt 37 Medaillen auf Rang neun der Medaillenrangliste. Damit kann man zum einen sagen: Das ist ein recht ordentliches Ergebnis. Es sind Goldmedaillen, Silbermedaillen und Bronzemedaillen gewonnen worden. Dahinter stehen ja gute sportliche Leistungen, die man auch anerkennen muss und für die man sich auch bei den Sportlern bedanken sollte. Andererseits ist es so, dass dieses Gesamtergebnis schlechter als in vergangenen Jahren aussieht, und diese Situation sollte für uns Ansporn sein, auch im Spitzensport so weiterzumachen wie bisher, nämlich dass wir investieren und dass wir Medaillenergebnisse hinbekommen, die auch aus unser aller Sicht so sind, dass wir uns alle gemeinsam darüber freuen können.

Die Spitzensportförderung ist für das Sportministerium ein wichtiger Aspekt. Wir haben auch zur Kenntnis genommen, dass die Förderhöhe in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist, wobei das nicht nur den olympischen Sport betrifft, sondern auch den nichtolympischen Sport und andere Bereiche wie die Dopingbekämpfung und Ähnliches. Wir werden nach Olympischen Spielen wie üblich das Ergebnis, das jetzt vorliegt, sportfachlich analysieren. Das braucht jetzt etwas Zeit. Daraus muss man auch die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.

Zusatzfrage: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gerade gesagt, man müsse jetzt auch in der Spitzensportförderung so weitermachen wie bisher. Bedarf es nicht vielleicht eines Wechsels? Es gab ja die letzte Reform 2016. Jetzt gab es wieder weniger Medaillen. Planen Sie da konkrete Schritte?

Alter: Danke für diesen Hinweis; das ist dann offenbar ganz falsch herübergekommen. Bereits 2016 wurde ja im Spitzensport reformiert. Es gibt eine Spitzensportreform, die allerdings für den jetzigen und damals bereits begonnenen Olympiazyklus nicht zur Anwendung kommen konnte. Das heißt also, die Prozesse sind bereits 2016 angelaufen. Das Kernelement dieser Reformation oder dieser Reform ist im Prinzip die systematische Potenzialanalyse, die sicherstellen soll, dass die Gelder, die zur Sportförderung eingesetzt werden, auch an der Potenzialanalyse orientiert sind. Dabei geht es um effektive und effiziente Mittelverwendung. Das alles ist bereits auf dem Weg und wird vermutlich zu den Winterspielen 2022 das erste Mal Wirkung zeigen. Bei diesen Olympischen Spielen hat diese Spitzensportreform noch keine wirkliche Tragweite entfalten können.

Frage: Macht der deutsche Außenminister eventuell Fortschritte bei den Gesprächen mit dem Iran von der Besetzung des Kabinetts unter dem neuen iranischen Präsidenten Raisi abhängig? Ist Herr Maas noch zuversichtlich?

Adebahr: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass eine Rückkehr in das JCPOA für alle Seiten der beste Schritt ist. Sie haben aber auch den Außenminister gehört. Ich glaube, vergangene Woche hatte er gesagt, das seien eine Option und eine Tür, die natürlich nicht für immer offen stehen. Das heißt, wir sind mit unseren Partnern im E3-Format sehr dafür, sehr, sehr schnell nach Wien zurückzukehren, um da anzuknüpfen, wo man schwierige, aber konstruktive Gespräche vor der iranischen Präsidentschaftswahl gelassen hat. Das wollen wir schnell tun. Wir sehen aber natürlich auch, dass im Iran die Kabinettsbildung noch im Gange ist. Wir hoffen, dass es dann zu einem gegebenen Zeitpunkt schnell nach Wien zurückgehen kann, um weitere Gespräche zu führen. Der Europäische Auswärtige Dienst als Koordinator dieser Gespräche würde einen neuen Termin ankündigen. Das ist bisher noch nicht erfolgt.

Vorsitzender Feldhoff: Herr Kollege wollte, glaube ich, wissen, ob die Besetzung des Kabinetts irgendwelche Auswirkungen auf die Gespräche hat, wenn diese Besetzung möglicherweise schwierig ist.

Adebahr: Wir sehen, dass im Iran seit der Wahl eben solche Prozesse im Gang sind, und die Kabinettsbesetzung läuft und ist noch nicht abgeschlossen. Es ist auch eine Entscheidung des Iran, wann er, sich in diesen Prozessen befindend, nach Wien zurückkommt. Dass wir und dass die anderen Verhandlungspartner das ganz, ganz schnell machen wollen, habe ich zu sagen versucht.

Frage: Ich habe noch eine Frage an Frau Demmer. Ich denke, wir sind uns einig, dass die Wahlen das Allerheiligste einer Demokratie sind und dass das Vertrauen in Wahlen sehr wichtig ist. Nun gab es am Wochenende eine Umfrage von INSA, wonach 18 Prozent der Bundesbürger sagen, sie befürchteten weitreichende Wahlfälschungen, und nur noch 58 Prozent sagen, sie befürchteten die nicht. Wie bewerten Sie diese Zahlen? Machen sie Ihnen Sorgen? Was wollen Sie dagegen tun?

SRS’in Demmer: Ich kenne diese Zahlen jetzt persönlich tatsächlich nicht. Deswegen möchte ich die konkret nicht kommentieren. Ich möchte aber doch darauf hinweisen, dass, wie Herr Alter und ich gerade schon ausgeführt haben, wir in einem Rechtsstaat leben, in dem auch faire, freie und geheime Wahlen stattfinden. Ich möchte von hier aus auch gerne noch einmal bestätigen, dass ich das versichern kann.

Zusatzfrage: Die Bestätigung ist ja schön. Die Frage war aber: Wie erklären Sie sich, dass so viele Menschen inzwischen so wenig Vertrauen haben?

SRS’in Demmer: Ich kenne die Studie nicht und kenne die Zahlen nicht, die Sie zitieren. Deswegen kann ich die jetzt nicht kommentieren und möchte die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, welche Errungenschaft wir in unserer Demokratie nutzen dürfen, nämlich die, frei, fair und geheim wählen zu dürfen.

Alter: Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal an die Pressekonferenz erinnern, die hier vor gut zwei Wochen stattgefunden hat. Dabei war der Bundesinnenminister mit all seinen Behördenchefs, die Bezüge zum Thema der Bundestagswahl haben, hier an dieser Stelle und hat über den aktuellen Stand der Erkenntnisse berichtet. Die wesentliche Aussage von allen Beteiligten war, dass die Bundestagswahl in diesem Jahr sicher ist. Sie wird stattfinden können. Unsere Prozesse sind so gestaltet, dass sie nicht manipulierbar sind. Das liegt auch daran, dass unsere Wahl in Deutschland nicht elektronisch erfolgt, sondern dass die Auszählung im Wesentlichen analog beziehungsweise händisch erfolgt. Man muss Stimmzettel abgeben. Das ist also von außen wenig beeinflussbar. Der Bundeswahlleiter hat deutlich gemacht: Es gibt durchaus Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Die haben die Behörden im Blick. Aber die Wahl ist sicher.