Regierungspressekonferenz vom 26. November 2021

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 26. November 2021

Themen: Unglück in einem Kohlebergwerk in Sibirien, Termine der Bundeskanzlerin (Großer Zapfenstreich), COVID-19-Pandemie, Vorwürfe gegen den neuen gewählten Präsidenten von Interpol, Bootsunglück im Ärmelkanal, Situation an der Grenze zwischen Belarus und Polen, Unterzeichnung des Quirinal-Vertrags zwischen Frankreich und Italien, Verzicht Teslas auf staatliche Beihilfe, afghanische Ortskräfte, iranisches Nukleardossier, russischer Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 26. November 2021

Sprecher: StS Seibert, Collatz (BMVg), Deffner (BMG), Sasse (AA), Lawrenz (BMI), Baron (BMWi)

Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Meine Damen und Herren, ich will zunächst, bevor ich zu den Terminen komme, etwas ganz anderes sagen: Mit Bestürzung haben wir in der Bundesregierung die Nachricht von dem schweren Unglück in einem Kohlebergwerk vernommen, das sich gestern in Kemerowo im Westen von Sibirien ereignet hat. Wir teilen die Trauer der Menschen in Russland um die mehr als 50 Menschen, die dabei ihr Leben verloren haben - unter ihnen ja auch einige Rettungskräfte - und drücken den Familien und den Angehörigen der Opfer dieser Tragödie unser tief empfundenes Beileid aus. Allen Verletzten wünschen wir rasche Genesung.

Dann habe ich einen Blick auf die Termine in der kommenden Woche. Der Blick geht auf Donnerstag, den 2. Dezember: Da wird zu Ehren der Bundeskanzlerin am Abend des 2. Dezember auf dem Ehrenhof des Verteidigungsministeriums ein Großer Zapfenstreich stattfinden. Aufgrund der Coronasituation wird es, anders als sonst üblich, keinen Empfang geben. Die Kanzlerin wird direkt nach dem Großen Zapfenstreich das Verteidigungsministerium wieder verlassen. Es wird aus denselben Pandemiegründen auch nur eine sehr begrenzte Zahl von Gästen geben - deutlich geringer als bei sonstigen Anlässen dieser Art. Das Ganze wird live übertragen von 19.25 Uhr bis etwa 20.15 Uhr. Das Verteidigungsministerium kann demnächst sicherlich Einzelheiten zur Anmeldung für Medienvertreter - auch das wird nur in begrenztem Rahmen möglich sein - bekanntgeben.

Das war es.

Frage: Haben Sie denn die Musikstücke schon parat, Herr Seibert?

StS Seibert: Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich mich dazu jetzt nicht äußern werde. Die Auswahl der Musikstücke wird rechtzeitig vor der Veranstaltung bekanntgegeben.

Frage: Wird denn auch die Anzahl der teilnehmenden Soldaten in irgendeiner Weise eingeschränkt werden, oder ist es der übliche Umfang?

Das Thema Musik wurde schon angesprochen. Findet das ansonsten im üblichen Rahmen statt - Stichwort Fackelträger -, oder wird auch da reduziert?

StS Seibert: Dazu, was da auf militärischer Seite stattfinden wird, kann Ihnen sicherlich Herr Collatz für das Verteidigungsministerium besser Auskunft geben; das kann ich nicht.

Collatz: Die Anzahl der Soldatinnen und Soldaten ist für den Zapfenstreich festgelegt, das Protokoll steht. Wir führen das natürlich unter den gegebenen Bedingungen unter schärfster Beachtung der geltenden Regularien durch. Im Wesentlichen müssen die Abstände zu den Besuchenden eingehalten werden, aber ansonsten ist das Zeremoniell so, wie Sie es ja kürzlich auch erst erlebt haben, festgestellt, und wird auch weiter so stattfinden.

Frage: Herr Collatz, da die Zahl der Infektionen unter den Soldatinnen und Soldaten drastisch steigt und sich seit Anfang des Monats verdreifacht oder fast vervierfacht hat, provoziert das jetzt natürlich die Frage: Gibt es beim Wachbataillon für solche Ereignisse darüber hinaus noch bestimmte Regeln? Müssen die durchgeimpft sein oder Ähnliches?

Collatz: Das setze ich jetzt einmal für die Allgemeinheit voraus. Diese Veranstaltungen finden natürlich unter 2G-plus-Regeln statt. Die gelten insgesamt, und das ist auch Basis für alles Weitere.

Was andere Veranstaltungen des Wachbataillons betrifft, so muss im Einzelfall betrachtet, was dort möglich ist. Auch wir beobachten aber natürlich die Lage, was Corona angeht, sowohl innerhalb der Bundeswehr als auch außerhalb, und sorgen dafür, dass alles Mögliche getan wird, um das Ganze dann auch angemessen durchzuführen.

Frage: Eine kurze Lernfrage an Herrn Collatz - Sie können die Antwort auch gerne nachreichen -: Wie hoch beziffern Sie die Kosten für so einen Zapfenstreich inklusive der Absicherung? Wir sind jetzt ja beim dritten Zapfenstreich in diesem Quartal, und da kann man die Kostenfrage, glaube ich, schon einmal stellen.

Collatz: Das muss ich tatsächlich nachreichen, weil es da wahrscheinlich für Einzelfälle Berechnungen gibt, aber diese Zahlen sich in der Gesamtheit und unter den Coronabedingungen vielleicht ändern. Das reiche ich also nach.

StS Seibert: Für einen Bundeskanzler hat es seit 16 Jahren keinen Zapfenstreich gegeben.

Frage (zur COVID-19-Pandemie): Herr Collatz, ich hätte ganz gern noch einmal zu den Verlegungen von Patienten gefragt, mit denen die Luftwaffe jetzt begonnen hat. Herr Spahn redete von bis zu hundert Personen. Können Sie das bestätigen? Auf wie viele Personen bei den Verlegungen richten Sie sich ein? Sind dabei auch Flüge ins Ausland geplant?

Collatz: Wir beteiligen uns selbstverständlich an der Umsetzung der Vereinbarungen, die wir ressortübergreifend im Rahmen des Kleeblattkonzepts gegenseitig zugesichert haben. Wir fühlen uns da sehr gut koordiniert durch das federführende Innenministerium und stellen die angezeigten Kräfte bereit. Für heute kann ich Ihnen bestätigen, dass insbesondere mit sanitätsdienstlicher Unterstützung ein Transport von sechs Patienten von Memmingen ins westfälische Münster/Osnabrück geplant ist. Der Abflug wird wahrscheinlich um 15 Uhr sein. Das ist die Flugplanung, die jetzt besteht.

Ich kann hier vielleicht für Ihr Gesamtbild auch deutlich machen, dass der Lufttransport oder die Lufttransportmittel das Eine sind, es aber im Wesentlichen darauf ankommt, diese Lufttransportmittel mit dem sanitätsdienstlichen Material auszustatten; denn das ist ein begrenzender Faktor. Ein noch deutlicher begrenzender Faktor für uns ist es - und ich denke, da geht es anderen genauso -, das medizinische Personal bereitzuhalten, das in der Anzahl deutlich zum Beispiel die Crewgestellung der Luftwaffe übersteigt. Bis zu 20 Menschen vom Sanitäter, Pfleger und anderem sanitätsdienstlichen Personal müssen bereitgehalten werden, um einen solchen Flug zu gewährleisten. Das ist eine Herausforderung für uns, da wir diese Kräfte zunächst ja auch immer nur für unsere eigenen Bedarfe aufgestellt haben, und nur, wenn der eigene Bedarf, also die Sicherstellung der Rettungskette in die Einsätze und Ähnliches, gewährleistet werden kann, können wir darüber hinaus auch etwas für die Amtshilfe abstellen.

Zu Zahlen möchte ich hier nicht Stellung nehmen. Über das angesprochene Kleeblattkonzept wird ja gewährleistet, dass der Bedarf dann auch entsprechend den Leistungsträgern zugeordnet wird. Bei uns gilt natürlich weiterhin das Amtshilfeverfahren. Für den vorliegenden Fall berufen wir uns da auf einen Amtshilfeantrag aus Bayern vom gestrigen Tag, der also relativ schnell bearbeitet wurde. Wir verfügen ja über die Streitkräftebasis, und die Länder- und Regionalorganisationen verfügen inzwischen über, ich sage einmal, trainierte Teams vor Ort, die die Absprachen dann auch sehr schnell und unkompliziert in eine Realität, in eine Entscheidung umsetzen können. Das ist für den Fall des heutigen Fluges dann eben auch so geschehen. Es gibt da also ein Zusammenspiel von Streitkräftebasis und den jeweiligen Organisationsbereichen, und ganz wichtig ist, dass, was die Flüge angeht, das sanitätsdienstliche Personal bereit und in der Lage ist, neben den Einsatzverpflichtungen, die wir haben, das Ganze auch zu unterstützen.

Wir sind hier ja auch nicht die einzigen Player im Spiel. Gestern Abend haben Sie ja schon gesehen, dass auch zivile Organisationen sich an diesem Kleeblattkonzept beteiligen. Unser Beitrag ist hier einer, der sich in dieses Gesamtsystem einordnet. Ich möchte auch noch einmal doppelt unterstreichen: Es ist ein ressortübergreifender Ansatz, der sich - das ist der letzte Teil Ihrer Frage - auf das Inland bezieht. Wenn im Ausland Bedarf entsteht, wird eine Einzelfallprüfung gemacht, und im Moment liegen mir keine Kenntnisse vor, dass es dort einen Bedarf uns gegenüber gäbe, der von ausländischen Streitkräften beziehungsweise von Ländern angezeigt wurde.

Frage: Eine technische Nachfrage: Sechs Patienten bedeutet ein A310, nehme ich an?

Collatz: Ganz genau, ein A310 der Flugbereitschaft, der in Köln stationiert ist. Bisher versuchen wir, die A400M, die ja ebenfalls bereitstehen, für die Einsätze bereitzuhalten. Aber wenn der Bedarf größer werden sollte - leider steht das ja zu befürchten -, dann bringen wir auch das in das Kleeblattsystem ein. Für heute ist es ein A310 aus Köln.

Zusatzfrage: Jetzt zu meiner eigentlichen Frage: Die Streitkräftebasis hat heute Morgen angekündigt, entgegen der bisherigen Planung bis zum Ende des Monats das Coronakontingent der Bundeswehr nicht auf 6000, sondern auf 8000 zu erhöhen. Im Frühjahr hat der Inspekteur der Streitkräftebasis gewarnt: Wenn wir nicht im Herbst rausgehen, dann gibt es unter anderem Probleme mit Blick auf die Nato-Verpflichtungen. Inwieweit ist durch die jetzige Erhöhung und die absehbare weitere Erhöhung zum Jahresende die deutsche Beteiligung an diesen Nato-Verpflichtungen wie NRF und wie JTF gefährdet?

Collatz: Die jetzt vorliegenden Zahlen bestätige ich Ihnen natürlich gerne. Wir gehen jetzt etwas über das hinaus, was wir vorher geplant haben, nämlich auf 8000 Menschen, die wir für die Amtshilfe in den Regionen bereithalten. Derzeit ist mir nicht bekannt, dass es konkrete Einschränkungen zum Beispiel für NRF gibt. Ich bestätige aber, dass wir sehr sorgfältig darauf schauen müssen und insofern in der Amtshilfe alle Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um zu unterstützen, natürlich wahrnehmen, aber auf der anderen Seite auch auf unsere Bedarfe schauen. Die Verpflichtungen, die wir international haben und die natürlich unser aller Sicherheit dienen, müssen wir einhalten. NRF ist eine große Aufgabe für uns und betrifft auch die Kräfte, die wir dann für die Amtshilfe brauchen. Deswegen sind wir da sehr zurückhaltend.

Natürlich stehen wir weiterhin zu dem, was wir immer gesagt haben: Wenn die Bundeswehr gebraucht wird, dann steht sie bereit. Wir gehen im Moment aber davon aus, dass besonders die Länder und Kommunen inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht haben und wir nicht mehr mit solchen Aufgaben wie zum Beispiel der Nachverfolgung von Kontakten und Unterstützung bei größeren Impfaktionen gefragt sind. Da müssten wir jetzt tatsächlich sehr kritisch herangehen. Wenn es aber um die Versorgung von Intensivpatienten geht oder überhaupt darum, die Lage an den Krankenhäusern zu stabilisieren, dann sind wir natürlich dabei.

Ich weise zusätzlich aber auch noch einmal darauf hin, dass natürlich auch unsere Krankenhäuser weiterhin betriebsfähig gehalten werden müssen; denn die befinden sich ja im Gesamtversorgungssystem der Bundesrepublik Deutschland und kommen der Bevölkerung genauso zugute wie die anderen Krankenhäuser auch. Über 80 Prozent unserer Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern sind Zivile, nicht Bundeswehrangehörige, und auch dort gilt es, den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Zusatzfrage: Trifft es denn zu, dass bereits jetzt unter anderem aus dem Sanitätsdienst Einheiten in die Amtshilfe geschickt werden, die eigentlich NRF oder VJTF assigniert sind und ab 1. Januar eigentlich in der Stand-up-Phase sein müssten?

Collatz: Das muss ich nachprüfen; die Antwort werde ich nachreichen.

Frage: Direkt daran anschließend: In der vorangegangenen Pressekonferenz mit Herrn Spahn und Herrn Wieler wurde auch berichtet, dass Hausärzte sich zum Teil überlastet zeigen, vor allem bei Boosterimpfungen. Darf man Ihren Worten entnehmen, dass Sanitätspersonal der Bundeswehr im Moment nicht in der Kapazitätslage wäre, da zusätzlich auch die Zivilbevölkerung zum Beispiel beim Boostern zu unterstützen?

Collatz: So würde ich das nicht bestätigen. Ich sehe uns dort nicht in erster Priorität der Betrachtungen, wenn es um Unterstützungsleistung geht.

Zusatzfrage: Das heißt, es gibt noch keine Anfrage, aber wenn seitens der Bundesregierung oder der Länder gefragt würde „Könnt ihr bitte Personal, Ärzte oder auch Pfleger/Pflegerinnen, die impfen können und dürfen, zur Verfügung stellen“, dann ginge das noch?

Collatz: Die Prüfung ginge noch. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip: Erst muss auch deutlich gemacht werden, dass alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden; denn die Bundeswehr steht hier nicht in erster Verantwortung. Wenn aber etwas angezeigt wird, dann prüfen wir das natürlich. Dann legen wir das über den eigenen Bedarf und müssen eine Abwägung treffen und die Prioritäten entsprechend legen.

Frage: Herr Seibert, wird es am Wochenende eventuell neue Beratungen der Bundeskanzlerin mit Ländervertretern über schärfere Maßnahmen geben, die hier heute Morgen ja massiv gefordert worden sind?

An das Gesundheitsministerium: Wie lange wird es dauern, bis auch eine Verlegung von Patienten von einem Bundesland ins andere nach dem Kleeblattprinzip nicht mehr möglich ist, weil alle Intensivstationen dicht sind?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat ja immer wieder - zuletzt auch gestern noch einmal - betont, dass sie in dieser Übergangsphase von der alten zu der kommenden neuen Regierung bereit zu einer ganz engen Zusammenarbeit ist, sowohl mit den Vertretern der neuen Regierung als natürlich auch, wie es überhaupt immer der Fall ist, mit den Ländern. Es hat ja gestern - das wissen Sie; darüber wurde auch berichtet - eine Vorbereitungskonferenz zwischen Kanzleramt und Ländern für die nächste MPK gegeben; das heißt, der Länderkontakt ist ohnehin gegeben. Die Bundeskanzlerin ist in engem Austausch mit dem Noch-Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, gerade auch zu Einzelfragen der Pandemiebewältigung, wie zu den Fachministern und Fachministerinnen. Ich kann Ihnen jetzt allerdings keine Veranstaltungen oder Termine für das Wochenende ankündigen. Aber das gilt grundsätzlich, denn die Bundeskanzlerin weiß, dass die Ausbreitung des Virus mit Sicherheit überhaupt keine Rücksicht auf die Frage nimmt, wo wir gerade in der Regierungsbildung oder in der Verabschiedung der alten Regierung stehen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, hat es gestern Abend eine Beratung der Kanzlerin mit Unionsministerpräsidenten zur Lage gegeben?

StS Seibert: Über einzelne interne Termine berichte ich nicht, aber die Bundeskanzlerin ist mit Ländervertretern, mit Ministern der alten Regierung, mit Vertretern der werdenden Regierung in Kontakt und in engem Austausch.

Frage: Herr Seibert, ich möchte gerne noch einmal konkret nachfragen: Die Bundeskanzlerin hat ja gestern am Rande der Pressekonferenz mit dem polnischen Ministerpräsidenten gesagt, dass sie mit Interesse den Vorschlag für einen neuen Krisenstab verfolgt habe und Herrn Scholz auch angeboten habe, dass man das jetzt gemeinsam macht. Ist dieser Krisenstab schon eingesetzt oder wann haben wir den zu erwarten? Wie hat Herr Scholz darauf reagiert?

StS Seibert: Das schließt ja an das an, was ich gerade gesagt habe: Es besteht die Bereitschaft zur wirklich engst möglichen Zusammenarbeit mit der jetzt entstehenden neuen Regierung unter Olaf Scholz, und dazu ist sie in engem Kontakt mit ihm. Sie hat gesagt, dass sie sehr aufmerksam zugehört hat, als die Ampelkoalitionäre von dem Krisenstab gesprochen haben. Das kann natürlich gemeinsam - so hat sie es auch ausgedrückt - jetzt schon, in dieser Übergangzeit, bewerkstelligt werden. Ich kann Ihnen allerdings hier jetzt keine Termine ankündigen. Das ist sicherlich, da es ja eine Idee der neuen Regierung ist, zunächst die Frage der Besetzung. Das sind alles Fragen, die natürlich von den neuen Koalitionären ausgehen müssen. Sie können aber dabei auf die Unterstützung und Zusammenarbeit mit der alten Regierung bauen.

Zusatzfrage: Ehrlich gesagt verstehe ich nicht so ganz, wie diese beiden Regierungen - ich nenne sie jetzt der Einfachheit halber einmal so - ineinandergreifen. Auf der einen Seite ist die Bundeskanzlerin, die offensichtlich besorgt ist und ein großer Teil der Unionsminister und -ministerpräsidenten. Die Bundeskanzlerin hat gestern zum Beispiel gesagt, dass jeder Tag zählt. Auf der anderen Seite ist die künftige Regierung, die sich laut Frau Baerbock erst einmal zehn Tage Zeit lassen will. Es ist nicht erkennbar, wie die jetzt eigentlich wirklich zusammenkommen. In der Zwischenzeit steigen die Zahlen. Können Sie dazu einmal aus der Position des Regierungssprechers und der Bundeskanzlerin Stellung nehmen?

StS Seibert: Sie haben es, glaube ich, an der Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Spahn und Herrn Wieler, die hier vorhin stattgefunden hat, gemerkt: Wir bekommen Meldungen von einer sehr besorgniserregenden neuen Variante des Virus in Südafrika. Dann wird so schnell wie möglich gehandelt. Das ist Regierungspflicht, und das wird natürlich getan. Auch darüber gibt es selbstverständlich schon Abstimmungen mit Vertretern der neuen Regierung. Das ist etwas, was diese Regierung macht.

Wenn die neuen Koalitionäre die Einsetzung eines Krisenstabs ankündigen, ist natürlich zunächst die Frage an diese neuen Vertreter, wen sie darin haben wollen und wie das aussehen wird. Dabei wird es die volle Unterstützung durch das Kanzleramt - den Chef des Kanzleramtes und auch die Bundeskanzlerin - geben.

Wir sind uns ja aber auch einig, dass die Einsetzung eines Krisenstabs alleine jetzt die extreme Rasanz der Virusausbreitung nicht stoppen wird. Deswegen hat ja die Kanzlerin auch gesagt: Wir brauchen massiv mehr Einschränkungen von Kontakten. - Einzelne Länder praktizieren das und führen das ein. Das ist auch sicherlich richtig. Nach unserer Überzeugung wird es davon auch mehr geben müssen; auch darüber wird natürlich gesprochen. Wir haben jetzt im Deutschen Bundestag neue Mehrheitsverhältnisse. Wir haben eine kommende Regierung, die bereits ihren Koalitionsvertrag vorgestellt hat, die ein Infektionsschutzgesetz durch den Bundestag gebracht hat. Das sind auch Realitäten. Sie sollen uns trotzdem als Land nicht daran hindern, das Notwendige zu tun.

Im Falle des südafrikanischen Virus haben wir das Notwendige getan. Es wird geprüft, ob es notwendige weitere Maßnahmen gibt, die ergriffen werden müssen.

Die Gesundheitsminister und Gesundheitsministerinnen der Länder haben gestern Beschlüsse gefasst. Es ist ein Ineinandergreifen von Alt und Neu. Wobei - ich kann hier nur für die alte Regierung sprechen - wir uns wirklich bemühen, dass das auch zu einer guten und effektiven Infektions- und Pandemiebekämpfung führt. Wir tragen nach allen Kräften dazu bei.

Frage: Ich hatte eben noch eine Frage an das Gesundheitsministerium gestellt, die nicht beantwortet worden ist. Ich hatte gefragt, wie lange es dauert - es gibt sicher statistische Berechnungen -, bis das Kleeblatt nicht mehr funktioniert und auch alle anderen Intensivstationen in Deutschland zugelaufen sind.

Deffner: Ich glaube, das kann niemand seriös auf den Tag genau beantworten. Wir haben beispielsweise auch von dem Kollegen aus dem Verteidigungsministerium gehört: Ressourcen sind endlich. Das sehen wir auf den Intensivstationen. Das sehen wir natürlich auch in der Situation, wenn es um Patientenverlegungen geht. Wir alle hoffen, glaube ich, dass dieser Punkt nicht erreicht wird.

Aber richtig ist auch - das hat Herr Spahn heute Morgen sehr deutlich gesagt -: Wir sind inzwischen - so hat er es formuliert - bei halb eins angelangt. Wenn ich so nach draußen gucke, wird es in Deutschland kurz vor Weihnachten üblicherweise um halb vier düster. Will sagen: Wir sollten uns jetzt tatsächlich alle dringend bemühen, die Maßnahmen umzusetzen, die wirken, wertvoll und wichtig sind - und das möglichst schnell.

Frage: Herr Seibert, es gibt Berichte, dass die Bundeskanzlerin mehr als nur diesen Krisenstab wollte. Sie hatten eben selber darauf hingewiesen. Warum verhängt sie keine Bundesnotbremse? Das wäre ja ein Mittel, das die Bundesseite jetzt noch verhängen könnte, wenn sie so besorgt ist. Herr Spahn und der RKI-Präsident haben es vorhin auch noch einmal ausgeführt. Wäre das ein Mittel, das jetzt wirkungsvoll wäre, um die von ihr geforderten Kontaktbeschränkungen durchzusetzen?

StS Seibert: Ich habe über die politischen Realitäten gesprochen, die ja anzuerkennen sind. Ich habe darüber gesprochen, dass die Bundeskanzlerin und andere Mitglieder dieser Bundesregierung wegen der rasanten Ausweitung der Infektionen und wegen der dramatischen Entwicklung auf bisher noch einigen regionalen - aber immerhin - Intensivstationen in höchster Sorge sind. Wir sind jetzt schon beim Ausfliegen von Patienten nach dem Kleeblattverfahren.

Einzelne Länder haben sehr massive Kontaktbeschränkungsmaßnahmen ergriffen. Ich glaube, wir müssen uns alle darüber im Klaren werden, dass die Länder, die jetzt noch in einer relativ besseren Situation sind, damit rechnen müssen, dass auch bei ihnen die pandemische Situation noch deutlich ernster werden kann und dass auch sie sich möglicherweise auf solche Maßnahmen vorbereiten müssen. Die Bundeskanzlerin wirbt dafür, dass man wirklich die Situation so ernst nimmt und entsprechend auch in Maßnahmen ausdrückt: weniger Kontakte, mehr Einhaltung der bekannten Regeln, Abstand, Maske, Hygiene.

Ansonsten ist es dieses Zusammenarbeiten zwischen der alten und der neuen Regierung, das sicherlich nicht bedeutet, dass man mit schwierigen Maßnahmen lange warten kann.

Zusatzfrage: Darf ich konkret nachfragen: Unterstützt die Bundeskanzlerin eine Bundesnotbremse? Wäre sie dafür?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Besprechung mit den Vertretern der neuen Koalition, der Ampelkoalition, den Ernst der Lage dargelegt. Das war ein vertrauliches Gespräch, über das sie gestern in der Pressekonferenz nicht berichtet hat. Deswegen werde auch ich darüber jetzt nicht berichten.

Sie wirbt dafür, dass Maßnahmen ergriffen werden, die dem Ernst der Lage angemessen sind.

Zusatzfrage: Entschuldigung, ich habe gar nicht nach dem Gespräch gefragt, sondern ich habe gefragt, ob die Kanzlerin in der jetzigen Situation eine Bundesnotbremse für richtig halten würde.

StS Seibert: Ich habe jetzt aber das dazu gesagt, was ich zu sagen habe.

Frage: Herr Seibert, es gibt aus dem publizistischen, aber auch aus dem politischen Raum - zum Beispiel von Herrn Röttgen – den Vorschlag oder die Forderung, dass die Bundeskanzlerin mit ihrem künftigen Nachfolger noch einmal in den Medien auftritt. Gibt es entsprechende Überlegungen oder sogar Planungen?

StS Seibert: Sowohl die Bundeskanzlerin wie auch Minister Scholz - unter anderem natürlich bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags - sind in den letzten Tagen mehrfach in den Medien aufgetreten. Die beiden sprechen täglich. Wenn es da etwas anzukündigen gäbe, würde ich das tun.

Frage: Herr Seibert, wenn man das richtig liest, argumentiert die Ampelseite so, dass die hauptsächlich betroffenen Länder - zum Beispiel Sachsen, Bayern und Thüringen - noch nicht ausreichend das umgesetzt haben, was ihnen nach geltender Rechtslage eigentlich möglich wäre. Ist das so? Sieht das Kanzleramt das auch so?

StS Seibert: Ich kann hier nicht für die Länder sprechen. Ich kann auch, ehrlich gesagt, jetzt nicht Land für Land die Maßnahmen Revue passieren lassen, die sie schon ergriffen haben. Dazu bin ich hier jetzt nicht in der Lage.

Zusatzfrage: Ist das vielleicht dem Gesundheitsministerium möglich? Sie sollten ja auch nicht für die Länder sprechen, sondern nur darüber, was dort getan wird. Das tut die Ampel ja auch.

Deffner: Ich würde auf die Pressekonferenz von heute Morgen verweisen. Herr Spahn ist, wie ich finde, an der Stelle sehr deutlich geworden, als es darum ging, ob man mehr und härtere Maßnahmen braucht. Er hat sich dazu sehr deutlich geäußert. Man konnte zumindest auch an seiner Mimik Mutmaßungen anstellen, was er damit meint.

Frage: Herr Seibert, wenn die Bundeskanzlerin diesen neuen Krisenstab so interessant findet, wieso ist sie in den letzten zwei Jahren nicht selbst auf die Idee gekommen?

Herr Deffner, ich kann mich erinnern, dass Deutsche Anfang 2020 aus Wuhan ausgeflogen wurden und in einer Kaserne unter Quarantäne gestellt wurden. Jetzt kommen Deutsche aus Südafrika zurück und man sagt ihnen, dass sie nach Hause gehen sollen und hofft darauf, dass sie sich an die Regeln halten. Andere Länder setzen Quarantänehotels sein. Gibt es irgendwelche Überlegungen, die Quarantäneumstände zu verschärfen oder geht das rechtlich nicht?

StS Seibert: Zu der Quarantänefrage können sich möglicherweise die Kollegen äußern. Ich greife einmal die erste Frage auf.

Als die Koalitionäre ihren Koalitionsvertrag vorgetragen haben, waren natürlich alle, inklusive der Bundesregierung, gespannt, was sie zum Thema Corona sagen würden. Einer der Vorschläge war eben, diesen Krisenstab einzurichten. Insofern hat die Bundeskanzlerin das mit Aufmerksamkeit gehört.

Es hat natürlich innerhalb der Bundesregierung tief zurück im Jahr 2020 einen Krisenstab zur Bewältigung der Pandemie gegeben, der wöchentlich tagte. Es hat die häufigen Sitzungen des Coronakabinetts gegeben. Es hat bei jeder regelmäßigen Kabinettssitzung eine ausführliche Beratung über den Tagesordnungspunkt Corona gegeben. Das heißt, das wird nicht das erste Mal sein, dass Menschen in der Bundesregierung zusammensitzen, um die Krise zu koordinieren und über Wege aus der Krise zu beraten. Trotzdem gibt es jetzt diesen Vorschlag der Ampelkoalitionäre. Damit ist er ja auch ernst zu nehmen. Die Bundeskanzlerin hat ihre völlige Bereitschaft gezeigt, noch in den verbleibenden Tagen ihrer Amtszeit diese Arbeit beginnen zu lassen. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

Deffner: Zu der Quarantänefrage: Das ist in der Tat Landesrecht. Die Länder sind für die Umsetzung vor Ort zuständig.

Vielleicht noch einmal der Hinweis: Man kann die Situation Südafrika heute und Wuhan damals so nicht direkt vergleichen. Wie haben beispielsweise heute die Einreiseanmeldung, die zwingend vorsieht, dass jemand, der aus einem Virusvariantengebiet einreist, diese Einreiseanmeldung im Vorfeld vorzunehmen hat. Sie können auch nicht ungetestet oder ungeimpft durch die Welt reisen. Das macht die Nachverfolgung für die Behörden vor Ort natürlich noch sehr viel einfacher. Aber gleichwohl sind die Bundesländer da in der Pflicht.

Frage: Frau Sasse, eine Frage zum Thema Impfstofflieferung an Drittstaaten: Die wurden teilweise gecancelt, teilweise verschoben. Gibt es darauf Reaktionen aus den Drittstaaten?

Welche versprochenen Lieferungen können Sie aktuell noch einhalten?

Sasse: Zunächst einmal würde ich bitten, dass sich Herr Deffner dazu äußert, weil das BMG die Abgabemengen festlegt.

Wir haben an dieser Stelle am Mittwoch noch einmal deutlich gemacht, dass die Zusage der Bundesregierung, nämlich dass wir über 100 Millionen Dosen zur Verfügung stellen werden, weiterhin gilt. Wir geben diese Impfstoffe nach und nach ab; teilweise erfolgt das bilateral, teilweise über die Impfstoffplattform COVAX. Wir halten, wie gesagt, diese Zusagen auch ein.

Es gibt auch schon Zusagen für 2022, wozu sich Herr Seibert am Mittwoch ebenfalls geäußert hat.

Wie gesagt, ich kann Ihnen sagen, dass diese Impfstoffabgaben erfolgen, und zwar über die Impfstoffplattform COVAX. Wie das tatsächlich vor Ort umgesetzt wird, entscheidet COVAX. Wir haben da volles Vertrauen.

Deffner: Ich kann das auch nicht weiter ausführen. Wir haben das Thema hier am Mittwoch behandelt. Herr Spahn hat sich mehrfach dazu geäußert. Einen neuen Stand gibt es dazu derzeit nicht.

Frage: Herr Deffner, wenn Sie sagen, Wuhan vor anderthalb Jahren und Südafrika heute könne man nicht vergleichen, dann stimmt das schon. Gleichwohl haben andere Länder - darauf wurde hingewiesen - ganz andere Regimes für Quarantäne. Sie arbeiten mit Quarantänehotels. Wenn man sich noch einmal die vorangegangene Pressekonferenz vergegenwärtigt, gab es den dringenden Appell, soweit wie möglich jegliche Kontaktbeschränkungen durchzusetzen. Warum passiert das hier nicht, wenn Sie es, wie im Fall Südafrika, möglicherweise mit Hochrisikogefährdungen zu tun haben? Da liegt doch der Gedanke nahe, zu sagen: Dann machen wir hier auch wieder eine Quarantäne, die sich auch kontrollierbar umsetzen lässt. Warum machen Sie das nicht?

Deffner: Quarantäne ist in Deutschland jederzeit kontrollierbar umsetzbar. Die Behörden vor Ort führen das auch sehr professionell und akribisch durch.

Am Beispiel Südafrika - das hat Herr Seibert auch schon ausgeführt - haben wir gesehen, dass wir wirklich sehr, sehr schnell reagiert haben und das als Vorsichtsmaßnahme sofort umsetzen. Von daher bitte ich um Verständnis, dass ich das nicht weiter ausführe.

Frage: Frau Sasse, eine Frage zum neuen Chef von Interpol: Generalmajor Ahmed al-Raisi aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde zum neuen Chef von Interpol gewählt. Ihm wird die Beteiligung an Folter vorgeworfen. Es laufen in mindestens fünf Ländern Klagen gegen ihn wegen dieser Folterbeteiligung. Ich bitte um eine Reaktion Ihres Hauses dazu.

Sasse: Vielen Dank für die Frage. Vielleicht möchte Herr Lawrenz für das BMI ergänzen.

Ich kann einordnend kurz erwähnen - Sie haben das aber wahrscheinlich schon der Medienberichterstattung entnommen -:

Der Präsident von Interpol erfüllt als Vorsitzender des Exekutivkomitees vor allem eine repräsentative Aufgabe. Das operative Geschäft liegt in den Händen des Generalsekretärs. Dieses Amt des Generalsekretärs hat bis 2024 der ehemalige Vizepräsident des Bundeskriminalamtes, Herr Prof. Stock, inne. Als Generalsekretär hat er wichtige Reformen und das auf eine stärkere Digitalisierung zielende Programm „Interpol 2020“ angestoßen, das derzeit umgesetzt wird. Dies zur Einordnung der Rolle des Präsidenten.

Was jetzt aber Ihre konkrete Frage angeht, kann ich sagen, dass wir die Wahl von Ahmed al-Raisi zum Präsidenten von Interpol zur Kenntnis genommen haben. Herr al-Raisi wurde im dritten Wahlgang mit einer deutlichen Mehrheit der Stimmen gewählt. Seine tschechische Gegenkandidatin unterlag. Alle Vertreter von Interpol sind den Grundwerten der Organisation wie zum Beispiel dem Neutralitätsgebot und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit des Handelns verpflichtet. Diese Grundsätze sind in der Interpol-Verfassung niedergelegt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol mit den neu gewählten Repräsentanten auf der Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und Transparenz weitergeführt wird.

Interpol ist von entscheidender Bedeutung für die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit. In einer Welt, in der die organisierte Kriminalität grenzüberschreitend agiert - aber auch dazu kann sich Herr Lawrenz besser äußern -, sind die Mechanismen der Zusammenarbeit, die Interpol bietet, unentbehrlich.

Zusatzfrage: Nun haben mehrere Menschenrechtsgruppen eine unabhängige Untersuchung gefordert, um diesen Foltervorwürfen nachzugehen. Wie steht Ihr Minister dazu?

Sasse: Das betrifft ja die Vorwürfe an sich, also die Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass wir die Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten sehr genau beobachten. Wir beobachten, dass sich in einigen Bereichen etwas bewegt, zum Beispiel bei der Freiheit der Religionsausübung oder auch bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Wir sehen aber auch Bereiche wie das Festhalten an der Todesstrafe und die Einschränkung der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit, in denen wir noch eine deutliche Besserung erwarten.

Lawrenz: Ich kann dem eigentlich nicht mehr viel hinzufügen. Frau Sasse hat dazu alles gesagt.

Frage: Frau Sasse, was für ein Signal sendet es denn aus, wenn ein Chef von Interpol - sei es, sage ich einmal, auch nur der symbolische Chef, nicht der operative - solchen Vorwürfen ausgesetzt ist, vor allem, nachdem sich ja auch der vorherige Präsident Korruptionsvorwürfen stellen musste?

Sasse: Zu solchen medienöffentlichen Folgen oder den Signalen, die das aussendet, kann ich mich an dieser Stelle nicht äußern; denn selbstverständlich macht die Bundesregierung grundsätzlich keine Angaben dazu, wie das Abstimmungsverhalten an sich abgelaufen ist, oder auch dazu, was die Wahlen bei Interpol an sich angeht. Interpol gehören 195 Mitgliedstaaten an, und jedes Land verfügt dort über seine eigene Stimme.

Zusatzfrage: Nun hatte ich ja nicht nach dem Abstimmungsverhalten gefragt. Aber wenn Sie es ansprechen: Kann man denn davon ausgehen, dass Deutschland diesen Kandidaten nicht favorisiert hat?

Sasse: Wie immer sind solche Abstimmungen geheim, und wir äußern uns nicht zum Stimmverhalten.

Frage: Diese Frage geht wahrscheinlich an das BMI, Herr Lawrenz. Der französische Innenminister hat Vertreter aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden eingeladen, um über die Situation der Migranten am Ärmelkanal zu sprechen. Das soll am Sonntag in Calais stattfinden. Wer wird von deutscher Seite daran teilnehmen?

Lawrenz: Der Termin ist uns bekannt, und wir werden informieren, sobald eine Entscheidung über die Teilnahme getroffen worden sein wird.

Frage: Herr Lawrenz, es hat von französischer Seite die Behauptung gegeben, dass unter den Schmugglern Personen zumindest mit einem deutschen Nummernschild festgenommen wurden und dass auch diese Zodiac-Boote teilweise aus Deutschland kamen. Hat das BMI darüber irgendwelche Erkenntnisse?

Lawrenz: Dazu liegen mir momentan keine allgemeinen Erkenntnisse vor, aber wir haben die Berichterstattung zu dem Unglück im Ärmelkanal natürlich zur Kenntnis genommen.

Es bleibt bei der bekannten Position der Bundesregierung dazu. Der Bundesinnenminister verfolgt eine klare Linie, was die Themen der Humanität und der Ordnung in der Migrationspolitik angeht. Gerade unter dem Eindruck dieses Geschehens ist klar, dass das Geschäft mit kriminellen Schleuserbanden entschieden bekämpft werden muss.


Zusatzfrage: Wer ist denn bei den polizeilichen Behörden für die Behandlung solchen internationalen Menschenschmuggels zuständig? Ist das das BKA, oder sind das Länderbehörden?

Lawrenz: Vor Ort ermitteln die Behörden in dem jeweiligen Mitgliedstaat, in Frankreich.

Zusatzfrage: In Deutschland?

Lawrenz: In Deutschland wahrscheinlich das Bundeskriminalamt.

StS Seibert: Ich will bei der Gelegenheit, bevor wir jetzt über die polizeilichen Einzelmaßnahmen sprechen, vielleicht doch noch einmal sagen, dass dort vor Calais 27 Menschen ums Leben gekommen sind, darunter schwangere Frauen und Kinder. Das ist entsetzlich und tragisch. Man kann nur mit großer Sorge sehen, wie diese hochgefährlichen Überfahrten über den Ärmelkanal in den letzten Monaten zugenommen haben und damit eben auch die Zahl derer zugenommen hat, die im Ärmelkanal bei solchen Überfahrten ertrinken.

Man muss wirklich daran erinnern, dass es Schlepper und Verbrecher sind, die diese Menschen oft in untauglichen Booten auf diese nur scheinbar kurze und schaffbare Strecke schicken. Genau das ist ja hier auch wieder passiert. Deswegen ist es von großer Bedeutung, dass alle europäischen Mitgliedstaaten ganz entschieden gegen solche Schlepper vorgehen, die Menschen wirklich skrupellos in Lebensgefahr bringen. Es ist gut, dass das zwischen England und Frankreich besprochen wird, und Deutschland wird das ganz genauso tun.

Frage: Sie, Herr Seibert, haben ja gerade noch einmal die Bedeutung herausgehoben. Deshalb habe ich noch einmal die Frage an Herrn Lawrenz: Wäre es dann nicht am Freitag um 12 Uhr Zeit, dass der Bundesinnenminister „Ich bin bei diesen Gesprächen dabei“ sagt?

Lawrenz: Ich kann mich eigentlich nur wiederholen. Der Termin ist bekannt. Wir befinden uns darüber in Gesprächen und werden über die Teilnahme der Bundesregierung informieren, wenn sie ansteht.

StS Seibert: Ich könnte, wenn ich darf, vielleicht einmal ganz kurz etwas zum sozusagen verwandten Thema der Migration sagen. Ich würde diese Regierungspressekonferenz also gerne einmal unüblicherweise nutzen, um etwas zu dementieren, das ich gerade in den Agenturmeldungen lesen. Es gibt eine dpa-Meldung, wonach Herr Lukaschenko heute an der Grenze zu Polen gesagt habe, 2000 Menschen seien kein großes Problem für Deutschland, und Kanzlerin Merkel sei einverstanden, diese Menschen in Deutschland aufzunehmen. Dazu möchte ich für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung ganz klar sagen, dass diese Aussage falsch ist. Sie war schon vor einigen Tagen falsch, als Herr Lukaschenko und dann auch seine Sprecherin sie schon einmal gemacht haben. Es stimmt nicht, dass Deutschland damit einverstanden wäre.

Wir haben immer darauf hingewiesen - auch gestern hat es die Bundeskanzlerin wieder in der Pressekonferenz mit Premierminister Morawiecki getan -, dass es sich hier nicht um ein bilaterales deutsch-weißrussisches Thema handelt, sondern um eine Herausforderung, bei der Belarus hybride Mittel gegen die Europäische Union richtet. Was wir begrüßen, ist, dass die Europäische Kommission und internationale Hilfsorganisationen daran arbeiten, dass sich erstens die humanitäre Situation der Menschen im Grenzgebiet verbessert und dass zweitens Möglichkeiten einer sicheren Rückkehr angeboten werden.

Frage: Bilateral nein und Rückkehr ja, sagen Sie. Bedeutet das, dass es auch keine Initiative auf gesamteuropäischer oder EU-Ebene gibt, für die Flüchtlinge im Grenzgebiet eine Aufnahme anzubieten oder anzustreben? Es bleibt beim kategorischen Nein?

StS Seibert: Ich kann hier jetzt nicht für ganz Europa sprechen. Es sind meines Wissens europäische Vertreter zu technischen Gesprächen in Belarus. Dabei geht es um die konkrete humanitäre Situation an der Grenze. Dabei geht es um Rückführungs- beziehungsweise Rückkehrmöglichkeiten. Mir war dies jetzt ein Anlass, diese wiederholt gemachte falsche Behauptung aus Minsk zurückzuweisen.

Vorsitzender Detjen: Dann habe ich zu einem anderen Thema eine Frage von einer Kollegin. Herr Seibert, was hält die Bundeskanzlerin von dem Abkommen zwischen Italien und Frankreich, die sich jetzt auf eine verstärkte Zusammenarbeit verständigen? Könnte die Zentralität der Beziehungen zwischen Paris und Berlin in Zukunft an Gewicht in der EU verlieren? Gibt es solche Sorgen?

StS Seibert: Ich kann von solchen Sorgen nicht berichten. Ich glaube, dass Europa auch nicht heißt, dass man eifersüchtig schaut, ob ein Land, mit dem man wie Deutschland und Frankreich die engstmöglichen freundschaftlichen Beziehungen hat, vielleicht auch noch zu anderen Ländern engstmögliche freundschaftliche Beziehungen hat. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Frage: Herr Seibert, ich möchte noch einmal ganz kurz zum Zapfenstreich zurückkommen. Der „Spiegel“ meldet gerade, die Kanzlerin wünsche sich Songs von Hildegard Knef und Nina Hagen, zum Beispiel „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Ist das richtig?

Vorsitzender Detjen: Die Kollegin weist auch auf den angeblichen Wunsch des Liedes „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen hin.

StS Seibert: Ich habe meine Antwort zur Musikauswahl ja gegeben. Die wird zum gegebenen Zeitpunkt bekannt geben.

Zusatzfrage: Da war ja noch nicht die Meldung des „Spiegel“ bekannt. Können Sie darauf reagieren?

StS Seibert: Ich reagiere ja gerade darauf.

Frage: Ich möchte zu Wirtschaft wechseln. Es geht um Tesla. Ich lese, dass das Bundeswirtschaftsministerium bekannt gegeben hat, dass Tesla auf die Milliardenförderung verzichtet. Frau Baron, können Sie das bestätigen? Was ist denn die Begründung von Tesla, das nicht zu machen oder nicht anzunehmen? Gibt es schon Ideen, was man mit dieser Milliarde dann anderweitig machen kann?

Baron: Vielen Dank. – Das Unternehmen Tesla hat sich ja auch selbst zum Sachverhalt geäußert und das bestätigt. Ich kann insofern auch bestätigen, dass Tesla das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Wirtschaftsministerium in Brandenburg darüber informiert hat, dass es auf die staatliche IPCEI-Förderung - das ist die staatliche Batterieförderung - verzichtet und damit seinen Förderantrag im Rahmen des zweiten europäischen Batterieprojekts, des sogenannten EuBatIn, zurückzieht. Tesla hält weiter an den Planungen für die Gigafactory Berlin-Brandenburg fest, und der Bau schreitet ja auch voran. Das zeigt, dass in Deutschland und in Brandenburg in die Batteriezellfertigung investiert wird. Es ist ein gutes Zeichen für den Standort Deutschland, dass es diese Investitionen gibt.

Die Beihilfeentscheidung für dieses Projekt war ergangen. Die Europäische Kommission hatte das Projekt also als förderfähig eingestuft und die Beihilfegenehmigung erteilt. Die nicht genutzten Mittel, die jetzt sozusagen frei werden, da Tesla verzichtet, werden für andere Projekte genutzt werden. Wofür diese Mittel konkret verwendet werden, muss dann die neue Bundesregierung entscheiden.

Zusatzfrage: Sind die Mittel dann aber nicht auch an die Batterieförderung gebunden? Die Projekte kann die neue Bundesregierung sich dann also frei aussuchen?

Baron: Das müsste man sich genau anschauen. Das sind zum Teil Mittel des Energie- und Klimafonds. Insofern müsste also wirklich die neue Bundesregierung entscheiden, wie diese Mittel verwendet werden sollen.


Frage: Frau Baron, vielleicht können Sie uns sagen, warum Tesla diesen Antrag zurückgezogen hat. Es ist ja ungewöhnlich, dass ein Unternehmen auf eine staatliche Förderung verzichtet. Gibt es dafür Gründe? Sind die bürokratischen Auflagen zu groß gewesen, oder was ist der Grund?

Baron: Das ist ja natürlich zunächst einmal eine unternehmerische Entscheidung, eine unternehmensstrategische Entscheidung. Wieso und warum, das müssten Sie bitte beim Unternehmen erfragen. Das kann ich hier nicht kommentieren; denn es ist natürlich eine Entscheidung des Unternehmens.

Zusatz: Das Wirtschaftsministerium hat also keine Gründe angegeben bekommen.

Baron: Nein.

Frage: Ich habe eine eigentlich sehr ähnliche Frage: Wären die Förderungen mit Auflagen irgendwelcher Art verbunden gewesen, die das Unternehmen offenbar nicht erfüllen kann oder will, oder würde die Förderung ohne Auflagen gezahlt werden?

Baron: Diese Frage müssten Sie im Zweifel noch einmal an die Europäische Kommission richten. Wir bewegen uns ja hier im Rahmen von europäischen Batterieförderprojekten. Es gibt zwei davon, und in Deutschland sind es jetzt 14 Unternehmen, die privat, neben staatlichen Mittlen, mehr als 8 Milliarden Euro investieren und damit zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Diese Projekte dieser 14 Unternehmen bewegen sich im Rahmen der europäischen Förderung. Die europäische Förderung nennt sich Important Projects of Common European Interest, also IPCEI-Förderung, und die benennt natürlich Kriterien, um die es gehen muss, eben um Batteriezellfertigung und beispielsweise um Recycling oder andere Bereiche der Batteriezellförderung. Aber diese Kriterien sind im europäischen Rahmen natürlich für alle Mitgliedstaaten vorgegeben, die sich daran beteiligen, sowie für alle Unternehmen, die sich an diesen Projekten beteiligen.

Zusatzfrage: Ich verstehe den Mechanismus aber so, dass die Mittel schon über das Bundeswirtschaftsministerium ausgezahlt oder angewiesen werden. Deswegen vermute ich, dass Sie über die Kriterien, Auflagen und Voraussetzungen schon informiert sind. Können Sie uns also nicht doch sagen, ob es substanzielle Förderungsvoraussetzungen oder -kriterien gibt, die offenbar von Tesla nicht eingehalten werden können?

Baron: Nein, das kann ich nicht. Uns ist mitgeteilt worden, dass Tesla entschieden hat, auf die Förderung zu verzichten. Das akzeptieren wir. Wenn ohne staatliche Förderung investiert wird, dann ist das ja ein gutes Zeichen, dass diese Investitionen stattfinden und es der staatlichen Förderung nicht bedarf. Die Kriterien der europäischen Förderung sind, wie gesagt, auf den Webseiten der Kommission ausgeführt. Da werden Kriterien dafür genannt, was alles unter die Batteriezellfertigung fällt. Es muss immer eine Co-Finanzierung geben, eine staatliche Förderung plus private Mittel. Das kann mit Landesmitteln kombiniert sein. Aber all diese Kriterien sind dort aufgeführt, und es ist Sache der Kommission, diese zu benennen oder zu erläutern. Aber sie sind auch wirklich öffentlich verfügbar.

Frage: Frau Baron, welche anderen Autohersteller haben denn diese Art von Förderung angenommen? Hat das jetzt möglicherweise irgendwelche Konsequenzen für die, also beispielsweise die wettbewerbsrechtliche Konsequenz, dass Tesla dann sagen kann, dass es halt nicht von staatlichen Subventionen profitiert hat, aber die anderen Unternehmen schon, und dann vielleicht dagegen klagen kann?

Baron: Wettbewerbsrechtliche Gründe wären mir jetzt nicht bekannt. Aber ich kann gerne noch einmal ein bisschen skizzieren, was diese europäische Batterieförderung ist. Es gibt zwei große europäische Batterieprojekte. Das erste Projekt - das wird, wie gesagt, IPCEI genannt, Important Projects of Common European Interest - umfasst sieben Mitgliedstaaten mit 17 Unternehmen, davon fünf Unternehmen aus Deutschland. In Deutschland sind es damit fünf Projekte. Die sind auch allesamt schon gestartet worden.

Es gibt ein zweites europäisches Batterieprojekt, das EuBatIn. In dessen Rahmen wäre Tesla förderfähig gewesen. Es umfasst zwölf Mitgliedsstaaten mit 41 Unternehmen. Von diesen 41 Unternehmen sind jetzt zehn aus Deutschland. Alle zehn Projekte in Deutschland sind auf einem guten Weg. Sieben davon sind bereits gestartet; die anderen werden jetzt vorbereitet.

Frage: Meine Frage an das Innenministerium beziehungsweise Auswärtiges Amt und BMVg: Aus dem Umfeld einer Hilfsorganisation heraus ging gestern ein Tweet in die Welt, dass das Innenministerium einen verlängerten Dienstweg bei der Aufnahme afghanischer Menschen, afghanischer Ortskräfte eingeführt habe. Dies soll ungefähr in der letzten Woche passiert sein. Hinzugekommen sei jetzt eine politische Bewertung der aufzunehmenden Fälle. Diese sei vorzunehmen durch das Auswärtige Amt. Können Sie erläutern, wie der Prozess verändert wurde, ob diese Nachricht korrekt ist, und können die anderen beteiligten Ministerien dazu Stellung nehmen, ob sich am Prozess in der vergangenen Woche irgendetwas geändert hat?

Lawrenz: Zu der geschilderten Frage liegen mir keine aktuellen Erkenntnisse vor. Ich prüfe gerne nach, ob es da eine Veränderung im Verfahren gegeben hat und teile gerne mit, wenn ich etwas gefunden habe.

Sasse: Es könnte sein, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt. Nach unserem Wissen, nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes, wurden die Bedingungen nicht verändert. Es gilt allerdings: Die Menschenrechtsliste, also die Liste der Personen, die wir als besonders schutzbedürftig eingestuft haben, diese Liste ist geschlossen, und die Personen auf dieser Liste haben Aufnahmezusagen erhalten. Daneben regelt § 22 Aufenthaltsgesetz Aufnahmen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen und zur Wahrung politischer Interessen. Bei einer Einzelaufnahme nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz zur Wahrung der politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland ist grundsätzlich eine politische Einschätzung des betreffenden Einzelfalls nötig.

Collatz: Für das BMVg kann ich bestätigen, dass keine Änderungen hier bekannt sind.

Ich habe noch eine Nachlieferung. Der Kollege - ich glaube, er ist gar nicht mehr da - hatte gefragt, ob NRF-Kräfte unter dem Sanitätspersonal sind, das für die Amtshilfe eingesetzt wird. Das ist nicht der Fall. Alle, die sanitätsdienstlich für die Amtshilfe tätig sind, sind nicht doppelassigniert. Es gibt derzeit keine Einschränkung für die NRF-Ausbildung.

Ich kann auch noch eine Aktualisierung bringen. Der Flug, der für 15 Uhr heute Nachmittag avisiert war, wird jetzt wahrscheinlich 16.30 Uhr lokal aus Köln stattfinden.

Frage: Frau Sasse, eine Frage zum iranischen Nukleardossier: Die Reise des Generaldirektors der Internationalen Atombehörde nach Teheran verlief ja laut ihm ergebnislos. Hätten Sie eine Reaktion dazu?

Mit welchen Erwartungen geht Ihre Regierung in die Gespräche am Montag in Wien?

Sasse: Vielleicht zunächst einmal zur Reise vn Grossi: In der Tat gab es keine greifbaren Ergebnisse. Das hat Herr Grossi selbst auf seiner Pressekonferenz gesagt. Iran hat damit einmal mehr seine Zusagen nicht eingehalten. Wir unterstützen die Forderungen der IAEO gegenüber Iran. Das Land muss vollständig und umfassend mit der IAEO zusammenarbeiten, die Transparenz seines Nuklearprogramms gewährleisten und alle offenen Fragen beantworten.

Was die Gespräche angeht, die ab Montag wieder stattfinden werden, haben wir an dieser Stelle immer wieder unsere Erwartungen deutlich gemacht. Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Gibt es schon einen Plan B für den Fall, dass die Gespräche in Wien scheitern?

Sasse: Die Ziele unserer Gespräche habe ich deutlich gemacht, und über einen Plan B möchte ich an dieser Stelle nicht spekulieren.

Frage: Ich hätte ganz gern Herrn Seibert und Frau Sasse zum Thema Russland, Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze gefragt. Die Kanzlerin hat ja gestern zweimal sehr harte Worte gewählt, einmal in der Pressekonferenz mit dem polnischen Ministerpräsidenten und dann noch einmal nach dem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten. Gibt es neue Erkenntnisse, dass die russischen Truppenkonzentrationen jetzt besorgniserregender sind, als man vorher dachte, und was genau heißt es, wenn die Kanzlerin warnt, dass, wenn die territoriale Integrität der Ukraine weiterverletzt werde, es schwerwiegende Konsequenzen gebe?

StS Seibert: Erstens. Es stimmt, die Bundeskanzlerin hat über die Situation entlang der ukrainischen Grenze, aber auch in der Ostukraine mit dem polnischen Ministerpräsidenten gesprochen. Das war eines der Gesprächsthemen, die ihm auch wichtig waren bei diesem Besuch in Berlin, uns natürlich auch. Sie hat mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky gestern telefoniert. Wir haben ja eine Pressemitteilung dazu herausgegeben.

Es war immer die Haltung der Bundesregierung, von Anfang an, in diesem Konflikt um die Ukraine und um die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, dass jede Untergrabung der territorialen Integrität der Ukraine, der Souveränität des Landes, der Unabhängigkeit einen Preis kosten muss und von uns natürlich aufs Schärfste verurteilt wird. Deswegen gab es immer wieder Wellen von Sanktionen, die sich mit der Annexion der Krim befassten, die auch wegen der Aktivitäten Russlands zur Unterstützung der Separatisten in Donezk und Luhansk verhängt wurden. Es ist an der Zeit, daran noch einmal zu erinnern. Gleichzeitig hat die Bundeskanzlerin ja auch klar gesagt: Wir wollen verhindern, dass es zu weiteren Aggressionen kommt, ganz klar. Wir sagen: Jede weitere Aggressivität, jede weitere Aggression hat ihren Preis. Aber wir halten auch immer das Gesprächsangebot aufrecht. Wir sind immer bereit, über diese schwierige Situation im Dialog zu versuchen, Wege zu finden. Deswegen ist es ja auch wirklich enttäuschend und sehr zu bedauern, dass Russland sich nicht in der Lage sah, wie es eigentlich vom russischen Präsidenten und der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten beschlossen worden war, ein Treffen auf Außenministerebene im Normandie-Format noch in der Amtszeit dieser Bundeskanzlerin in die Wege zu leiten.

Zusatzfrage: Was ist der Preis, den Sie eben erwähnt haben? Darauf zielte ja die Frage. Sind das Wirtschaftssanktionen?

StS Seibert: Man kann ja in den vergangenen Jahren sehen, was Preise waren, die dafür sozusagen zu entrichten waren: europäische Sanktionen. Es ist auch ein Preis, dass natürlich das politische Klima zwischen der Europäischen Union und Russland sich deutlich verschlechtert hat in den Jahren seit der Annexion der Krim. Ich möchte jetzt auch nicht spekulativ sprechen, sondern ich möchte darüber sprechen, dass wir besorgt sind, dass es enttäuschend ist, dass es nicht zu diesem Normandie-Format der Außenminister kommen konnte, und das hat mit Russlands Haltung zu tun, und dass es trotzdem weiter notwendig bleibt, das Gespräch zu suchen.