Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel am ersten Tag des G20-Gipfels in Rom, 30. Oktober 2021

BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, der erste Tag neigt sich dem Ende des G20-Gipfels, und ich möchte Mario Draghi und der italienischen Regierung ganz herzlich danken, dass alles wunderbar organisiert ist. Wir freuen uns natürlich, dass wir doch zum großen Teil wieder physisch hier sein können. 

Heute beim Auftaktbild war besonders bewegend, dass nicht nur die politischen Chefs dort waren, sondern dann auch Ärzte, Krankenpfleger und Rettungssanitäter dazukamen, die eine so wichtige Rolle in der Pandemie gespielt haben und leider auch noch spielen müssen, die alles geben, um Menschenleben zu retten. Diese Geste hat mich sehr bewegt. Das war auch etwas sehr Wichtiges. Das hat uns auch daran erinnert, dass, obwohl wir uns wieder treffen können, die Pandemie nicht vorbei ist. 

Deshalb war heute bei der Diskussion der weltwirtschaftlichen Lage zum einen natürlich auch das Thema wirtschaftliche Erholung im Zentrum. Hier gibt es Gutes zu vermelden. Die Weltgemeinschaft hat sich auf eine Minimumbesteuerung von Unternehmen geeinigt. Das ist ein klares Gerechtigkeitssignal in Zeiten der Digitalisierung. 

Auf der anderen Seite haben wir die sogenannten Sonderziehungsrechte durch den IWF, von dem sich vor allen Dingen die afrikanischen Staaten, wie sie heute auch deutlich gemacht haben, erhoffen, dass das auch ihnen ermöglicht, Konjunkturprogramme aufzulegen, die die meisten entwickelten Industrieländer ja bereits in hohem Maße aufgelegt haben.

Ich habe heute noch einmal darauf hingewiesen, dass wir neben dem großen Erfolg der Mindestunternehmensbesteuerung jetzt Fortschritte bei der Reform der Welthandelsorganisation brauchen und dass wir nach wie vor bei der Erholung der Wirtschaft nach der Pandemie sehen, wie sensibel die verschiedenen Faktoren in der Weltwirtschaft zusammengreifen. Das sieht man an den Fragen der Energiepreise, aber auch an den zum Teil gestörten Lieferketten.

Ich habe dann noch einmal darauf hingewiesen, dass Deutschland bereits 2017 angesichts der Ebola-Epidemie – glücklicherweise ist es keine Pandemie geworden – den Gesundheitsstrang bei den G20 eröffnet hat. Zum ersten Mal gab es damals ein Gesundheitsministertreffen. Darauf konnte bei der saudischen Präsidentschaft aufgebaut werden, die den ACT-Accelerator mit der Säule COVAX zur Verteilung von Impfstoffen geschaffen hat. Hier werden die G20 deutlich machen, dass sie 40 Prozent Impfungen der Weltbevölkerung bis Ende des Jahres und 70 Prozent bis Mitte nächsten Jahres haben wollen. Ich unterstütze das. Deutschland unterstützt das mithilfe der Weitergabe von Impfdosen – 100 Millionen in diesem Jahr und nächstes Jahr noch einmal 75 Millionen. COVAX unterstützt das. Es war aber auch ganz wichtig, dass wir heute gehört haben, dass die ersten Verträge mit BioNTech mit Senegal und Ruanda für die Produktion von Impfstoffen auf dem afrikanischen Kontinent im Jahre 2022 unterschrieben werden konnten. Das ist mir sehr wichtig. Das haben wir auch mit dem „Compact with Africa“ mit unterstützt, und die Europäische Kommission hat das auch in ganz besonderer Weise hervorgebracht.

Wir haben dann über die Frage gesprochen: Wie können wir die Weltgesundheitsorganisation stärken? Wir machen erst einmal natürlich mit der Impfstoffverteilung weiter. Hierzu hatte Deutschland auch den Vorsitz in einer Arbeitsgruppe, in einer Taskforce, die sich mit der gerechten Produktion von Impfstoffen beschäftigt hat – Co-Vorsitz war Südafrika. Der Bericht wird auch im Kommuniqué dieses G20-Gipfels erwähnt. Auf dieser Grundlage sollen jetzt auch die Gesundheits- und Finanzminister weiter bei der WHO arbeiten, um die entsprechenden finanziellen, aber auch Sachgrundlagen zu legen, um bei späteren Ausbrüchen von Pandemien oder aber bei der Beendigung dieser Pandemie besser gerüstet zu sein. Dazu wird es auch noch eine Finanzfazilität geben. Es sieht so aus, dass hier auch deutlich gemacht wird, dass sie zur Stärkung der WHO eingesetzt werden soll.

Das waren heute die wesentlichen Themen in der ersten Arbeitssitzung. Es gab dann eine Reihe von bilateralen Treffen und auch etwas multilateraleren Treffen. Von denen will ich das Treffen zum iranischen Nuklearabkommen erwähnen, an dem die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und Deutschland teilgenommen haben. Wir setzen natürlich auf eine Rückkehr des Iran an den Verhandlungstisch. Die Zeit vergeht allerdings, und die Anreicherungen werden im Iran fortgesetzt. Das beunruhigt uns sehr. Deshalb war es Zeit, darüber zu sprechen, was man tun kann, damit die Bewaffnung des Iran mit Nuklearwaffen nicht stattfindet.

Ganz zum Schluss des Tages gab es jetzt noch ein Treffen mit den europäischen und afrikanischen Chefs, die den nächsten EU-Afrika-Gipfel auf Einladung von Emmanuel Macron vorbereiten.

Es war also ein ausgefüllter Arbeitstag – wie ich finde, sehr gut organisiert von der italienischen Präsidentschaft und mit guten Ergebnissen.

Herzlichen Dank!