Politisch motivierte Straftaten nehmen deutlich zu

Kriminalität Politisch motivierte Straftaten nehmen deutlich zu

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten nahm im letzten Jahr erneut zu. Das ergibt sich aus den Fallzahlen Politisch Motivierter Kriminalität 2020, die Bundesinnenminister Horst Seehofer gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, vorgestellt hat.

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Foto zeigt Horst Seehofer

„In schmerzhafter Erinnerung sind uns der Mordanschlag auf das homosexuelle Paar in Dresden, das Tötungsdelikt in Cottbus und der rassistisch motivierte Terroranschlag von Hanau“, betonte Bundesinnenminister Seehofer.

Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Das Bundeskriminalamt hat im vergangenen Jahr insgesamt 44.692 Straftaten erfasst, die den einzelnen Phänomenbereichen der Politisch Motivierten Kriminalität zuzuordnen sind. Dies entspricht einer Steigerung um 8,54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Straftaten, die aus einer politischen Motivation heraus begangen werden, werden im „Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch Motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) erfasst. Darunter fallen zum Beispiel sogenannte Propagandastraftaten, wie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Politisch motivierte Gewaltdelikte nehmen zu

Im Vorjahresvergleich ist auch die Gesamtzahl politisch motivierter Gewalttaten um 18,82 Prozent gestiegen. „Besonders schlimm ist die Zunahme von politisch motivierten Gewaltdelikten. In schmerzhafter Erinnerung sind uns der Mordanschlag auf das homosexuelle Paar in Dresden, das Tötungsdelikt in Cottbus und der rassistisch motivierte Terroranschlag von Hanau“, betonte Bundesinnenminister Seehofer.

Taten von rechts und links nehmen zu

„Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten erreicht einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung ", so Bundesinnenminister Horst Seehofer. Die Statistik zeige einen beunruhigenden Anstieg des Gesamtstraftataufkommens. Der Phänomenbereich politisch rechts motivierter Kriminalität mache dabei etwa die Hälfte der Straftaten aus. „Nach dem Mord an Walter Lübcke und dem Anschlag auf die Synagoge in Halle war Hanau der dritte rechtsterroristische Anschlag in wenigen Monaten. Das zeigt, was ich seit Beginn meiner Amtszeit immer wieder sage: Dass der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die Sicherheit in unserem Lande ist“, so Bundesinnenminister Seehofer.

2020 gab es 23.604 politisch rechts motivierte Straftaten – das ist ein Anstieg von 5,65 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich politisch links motivierter Kriminalität gab es 2020 einen Anstieg von 11,39 Prozent gegenüber 2019, wobei insbesondere die Zahl politisch links motivierter Gewaltdelikte mit 45,06 Prozent erheblich gestiegen ist. „Der gewaltbereite Linksextremismus ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für unsere freiheitliche Demokratie“, führte der Bundesinnenminister aus.

Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen

Ferner verdeutlichte der Bundesinnenminister, dass der Extremismus in all seinen Formen „eine Bedrohung für unsere Gesellschaft“ bleibe. „Es gibt klare Verrohungstendenzen in unserem Lande. Wir werden daher weiterhin mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen jede Form politisch motivierter Kriminalität vorgehen. Der Rechtsstaat ist und bleibt handlungsfähig“, mahnte der Bundesinnenminister.

Daher sei es wichtig und richtig, dass die Bundesregierung der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und allen anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oberste politische Priorität einräume. Dies habe sie unter anderem mit der Einrichtung des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus verdeutlicht. Darüber hinaus habe die Bundesregierung neue Gesetzesvorhaben, wie das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, auf den Weg gebracht, um noch effektiver gegen Extremismus vorgehen zu können.

Politisch motivierte Straftaten in all ihren Formen stellen eine besondere Bedrohung für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung dar. Ihre Erfassung, Analyse und wirksame polizeiliche Bekämpfung ist daher ein besonders wichtiges innenpolitisches Anliegen.

Aufklärungsquote steigt

Die Aufklärungsquote bei den PMK-Straftaten aller Phänomenbereiche liegt mit 43,08 Prozent über der des Vorjahres (2019: 41,18 Prozent). Bei den Gewalttaten bewegt sich die Aufklärungsquote mit 58,66 Prozent allerdings leicht unter dem Vorjahresniveau (2019: 59,75 Prozent).

Straftaten im Kontext der Covid-19-Pandemie

Im Jahr 2020 wurden unter dem Begriff Coronain den Sachverhaltsbeschreibungen aller PMK-Meldungen insgesamt 3.569 Straftaten erfasst, darunter 478 Gewalttaten. Insbesondere Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen waren von einer geringen Akzeptanz der polizeilichen Maßnahmen, erheblichen Verstößen gegen die Hygiene- und Abstandsregeln sowie teilweise erheblichen Ausschreitungen geprägt. Dabei kam es auch zu Angriffen und Bedrohungen gegen die Polizei sowie Medienvertreter. Von den 260 gemeldeten Straftaten gegen Journalisten wurden 112 im Zusammenhang mit „Corona“ begangen, bei den entsprechenden Gewalttaten sogar knapp die Hälfte (14 von 32).

Anstieg von antisemitischen und islamfeindlichen Delikten

Antisemitische Straftaten sind im vergangenen Jahr um 15,7 Prozent gestiegen. Insgesamt wurden 2.351 Taten erfasst. Die allermeisten Fälle davon waren dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnen (94,6 Prozent).

Auch die Taten mit islamfeindlichem Hintergrund nahmen zu. Sie stiegen um 8 Prozent auf jetzt 1.026 Straftaten. Antiziganistische Taten sind um 64,1 Prozent auf 128 Fälle im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Die Fallzahlen der Politisch Motivierten Kriminalität werden von den Polizeibehörden der Länder erhoben und über die Landeskriminalämter dem Bundeskriminalamt zur bundesweiten Erfassung und Auswertung übermittelt. Die Auswertung erfolgt jährlich anhand der Zahlen des jeweils zurückliegenden Kalenderjahres.