Noch viel zu tun für volle Gleichberechtigung

"Brigitte"-Gespräch mit Merkel Noch viel zu tun für volle Gleichberechtigung

Politisches und Persönliches – kein Themenfeld sparte die Kanzlerin im Gespräch mit der Chefredaktion der Frauenzeitschrift "Brigitte" aus. Bei der Gleichberechtigung brauche es ein verändertes Rollenverhalten von Männern und Frauen, sagte Merkel. Zudem verriet sie eine ihrer mutigsten Entscheidungen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Veranstaltung "Brigitte live" im Berliner Maxim Gorki Theater.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Veranstaltung "Brigitte live" im Berliner Maxim Gorki Theater.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

"Ich bin ja als Bundeskanzlerin verpflichtet, auf die Dinge zu reagieren, die sich stellen und habe da meinen Amtseid geleistet. Das sind meist sehr schwierige Entscheidungen, die zu fällen sind." Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Frage nach den unvermeidlichen Aufs und Abs in der Politik. Am wichtigsten sei ihr dabei, sich persönlich und mit Beratern sehr, sehr gut überlegt zu haben, wie sie sich entscheide. "Deshalb dauern bei mir manchmal Entscheidungen sehr lange, aber wenn sie getroffen sind, bin ich sehr, sehr selten mit diesen Entscheidungen am Hadern."

Bundeskanzlerin Angela Merkel war Gast der Gesprächsreihe "Brigitte Live" im Maxim Gorki Theater in Berlin. Sie stellte sich politischen und persönlichen Fragen der Chefredakteurin der Frauenzeitschrift "Brigitte", Brigitte Huber, und der Zeitgeschehen-Ressortleiterin Meike Dinklage.

Gleichberechtigung von Frau und Mann

Die Kanzlerin ging bei der Gesprächsrunde im Berliner Maxim Gorki Theater auch auf das Thema Gleichberechtigung ein: "Ich glaube, dass die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau eine ist, bei der wir eine Veränderung des Rollenverhaltens von Männern und Frauen brauchen."

Es gebe immer noch sehr viele Rollenstereotype. Gerade im Bereich der Erziehung von Jungen könne noch vieles getan werden. Auch sei der Erfolgswille von Mädchen noch längst nicht so ausgeprägt, wie man sich das wünschen würde. "Also ich glaube, wir haben schon noch eine ganze Menge zu tun", resümierte die Kanzlerin.

Mehr Frauen in Führungspositionen

"Nach wie vor haben wir viel zu wenig Frauen in Führungspositionen", so Merkel weiter. Man höre immer wieder, dass Frauen gar nicht so lange arbeiten wollten. "Da muss man dann vielleicht die nächste Frage stellen: Ist unsere Art zu arbeiten eigentlich richtig, dass Führungsposition mit 24 Stunden Verfügbarkeit verbunden ist?" Das könne dazu führen, dass man die Arbeitswelt auch noch mal ein Stück menschlicher machen müsse, bekräftigte die Kanzlerin.

Islamistischer Terrorismus große Herausforderung

Kanzlerin Merkel äußerte sich auch zum Terrorismus: "Ich glaube, wir müssen lernen, uns so gut wie möglich gegen ihn zu schützen und alles Menschenmögliche zu tun." Im Augenblick sei die islamistische terroristische Bedrohung eine große Herausforderung. Auch wenn sich viele Menschen die freiheitliche Lebensart nicht nehmen lassen wollten, verändere eine solche Bedrohung eine Gesellschaft, sagte Merkel.

Integration: Erlernen der deutschen Sprache wichtig

Bei der Integration von Flüchtlingen komme es in den nächsten Jahren "darauf an, dass diejenigen, die länger bei uns bleiben, die Sprache als erstes lernen", betonte Merkel. Auch sei wichtig, "dass wir möglichst vielen die Chance geben, etwas zu lernen und sie in Arbeit zu bringen". "Wir müssen einfach ein Stück offen sein und das müssen wir auch von den Flüchtlingen erwarten, dass sie offen sind für unsere Gesellschaft", so Merkel weiter.

Mutigste Entscheidung? Fukushima

Auf die Frage, welche Lebenssituation ihr besonders viel Mut abverlangt habe, antwortete die Bundeskanzlerin: "In meiner Kindheit das Springen vom Drei-Meter-Brett". Sie gab aber auch ein Beispiel aus ihrer politischen Arbeit: So habe sie beim G8-Gipfel in Heiligendamm all ihren Mut zusammennehmen müssen, um den damaligen US-Präsidenten George W. Bush auf das Thema Klimaschutz anzusprechen und ihm zu sagen, was sie von ihm erwarte. Schließlich sei Bush nicht gerade ein glühender Verfechter des Themas gewesen. Eine ihrer mutigsten politischen Entscheidungen sei der Ausstieg aus der Kernenergie nach der Katastrophe von Fukushima gewesen, so Merkel.

Kanzlerin kriegt beim Wandern den Kopf frei

Merkel verriet in der Gesprächsrunde auch Persönliches von sich. So bestätigte sie zum Beispiel, dass sie sehr gerne wandere. "Weil man da den Kopf frei kriegt und nicht immer wieder die gleichen Gedanken hat, sondern sich einfach auf sich und das Wandern konzentrieren kann."

Auf die zum Thema Perfektionismus gestellte Frage, ob sie eitel sei, antwortete Merkel: "Es wäre jetzt falsch zu sagen: Ich bin nicht eitel. Man möchte ja keine Zumutung für sein Gegenüber sein. Ich überlege mir schon, was ich anziehe".