Mit HIV ein fast normales Leben führen

Welt-AIDS-Tag Mit HIV ein fast normales Leben führen

Etwa 88.400 Menschen leben in Deutschland mit HIV/AIDS. Die meisten von ihnen können ein fast normales Leben führen – dank des Zugangs zu modernen Medikamenten. Dennoch erleben viele HIV-Infizierte Ausgrenzung. Der Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember wirbt für ein Miteinander ohne Vorurteile.

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Rote AIDS-Schleife und Text "Für Toleranz und Solidarität - Welt-AIDS-Tag"

Die Kampagne zum Welt-AIDS-Tag zielt darauf, Vorurteile und Diskriminierung abzubauen.

Foto: Bundesregierung

Neue und wirksame Medikamente ermöglichen ein nahezu normales Leben mit HIV. Beruf und Freizeit können meist so gestaltet werden, als trüge man den Virus nicht in sich. Medikamentöse Therapien verhindern, dass die Infektion voranschreitet. In Deutschland nehmen rund drei Viertel der Menschen HIV-Medikamente.

Kampagne "positiv zusammen leben"

Nach wie vor aber gibt es Vorurteile gegenüber HIV-Infizierten und unbegründete Ängste vor einer Ansteckung. Die Kampagne zum diesjährigen Welt-AIDS-Tag will daher Berührungsängste abbauen. Sie will zeigen, dass "positiv zusammen leben " zwischen Menschen mit und ohne HIV stattfindet und möglich ist. Sie will Mut machen, über Ängste zu sprechen und dazuzulernen.

Zurückweisung und Ausgrenzung aufgrund einer HIV-Infektion sowie die Angst davor wiegen angesichts einer verbesserten medizinischen Versorgungslage für viele Betroffene heute meist schwerer als die gesundheitlichen Folgen der Infektion. So die Einschätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Bundesgesundheitsministeriums, die die Kampagne initiieren.

Neue Studie: So denkt Deutschland über HIV

Einer aktuellen repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zufolge haben 65 Prozent der Befragten keine Berührungsängste mit dem Thema HIV/AIDS. 97 Prozent finden es nach wie vor wichtig, über HIV/AIDS informiert zu sein.

Teile der Bevölkerung aber sind im alltäglichen Umgang mit HIV-positiven Menschen immer noch unsicher und haben Vorurteile. So sind 23 Prozent der Auffassung, Menschen mit HIV seien selbst schuld an ihrer Erkrankung.

HIV steht für "Humanes Immundefizienz (Abwehrschwäche)-Virus". HIV schädigt die körpereigenen Abwehrkräfte, also das Immunsystem. Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren können ohne Gegenwehr eindringen. Das kann zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie zum Beispiel schweren Lungenentzündungen führen. Dann spricht man von AIDS, ausgeschrieben "Acquired Immune Deficiency Syndrome (Erworbenes Abwehrschwäche-Syndrom)".

Gegen HIV gibt es heute wirkungsvolle Medikamente, die verhindern, dass sich der Virus im Blut vermehrt. Nach einiger Zeit lässt er sich dann im Blut nicht mehr nachweisen. Damit das so bleibt, müssen die Medikamente ein Leben lang genommen werden.

HIV-Test nicht scheuen

Insgesamt lebten Ende 2016 in Deutschland etwa 88.400 Menschen mit HIV. Geschätzte 12.700 von ihnen wissen nicht, dass sie infiziert sind.

Wer nichts von seiner Infizierung weiß, bleibt ohne Behandlung. Das Risiko dabei: Die Krankheit kann sich bis hin zu AIDS weiterentwickeln. Außerdem kann HIV so unwissentlich weitergegeben werden. Wichtig daher: Sich im Zweifelsfall testen lassen.

Aufklären, um Ansteckungen zu verhindern

Die Zahl der Neuinfektionen stagniert. Etwa 3.100 Menschen steckten sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 2016 neu mit HIV an, ähnlich wie in den vorangegangenen Jahren.

"Die Zahlen zeigen, dass wir mit unserer erfolgreichen Präventionsarbeit und den guten Behandlungsangeboten auf dem richtigen Weg sind. Deutschland gehört zu den Ländern mit den niedrigsten HIV-Neuinfektionsraten in Europa. Diese Anstrengungen müssen kraftvoll fortgesetzt werden mit dem Ziel, die Zahl der Ansteckungen weiter zu senken", so Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Seit vielen Jahren klären Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung , Bundesgesundheitsministerium , Deutsche AIDS-Stiftung und Deutsche AIDS-Hilfe über HIV und AIDS auf. Sie machen erfolgreiche Präventionsarbeit, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken und die Betroffenen zu unterstützen.

Zahl der Neuinfektionen sinkt

Weltweit sind rund 36,7 Millionen mit dem HIV-Virus infiziert. Die HIV-Infektionsraten sinken, auch wenn sie immer noch hoch sind. Laut des Anti-AIDS-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS ) infizierten sich 2015 etwa zwei Millionen Menschen neu mit HIV. Im Jahr 2000 waren es noch mehr als drei Millionen.

Auch die Zahl der Todesfälle durch AIDS geht zurück. UNAIDS schätzt, dass 2015 rund einen Million Menschen an den Folgen von AIDS starben; 2005 starben noch 1,9 Millionen. Etwa 17 Millionen Menschen mit HIV wissen nichts von ihrer Infektion und den möglichen Folgen. Und knapp 20 Millionen HIV-Infizierte haben noch immer keinen Zugang zu HIV-Therapien.

Internationales "90-90-90-Ziel"

UNAIDS hat 2014 das "90-90-90-Ziel" formuliert: Mindestens 90 Prozent aller Menschen mit HIV sollen diagnostiziert sein, mindestens 90 Prozent von diesen sollen medikamentös behandelt werden, und mindestens 90 Prozent der Therapien sollten erfolgreich verlaufen. Erfolgreich heißt, dass sich kein HI-Virus mehr im Blut nachweisen lässt.

Deutschland kommt dem Ziel nahe: Etwa 86 Prozent der Menschen mit HIV sind 2016 diagnostiziert, etwa 86 Prozent behandelt. Bei etwa 93 Prozent der Behandelten lässt sich der Virus nicht mehr nachweisen.

Der Welt-AIDS-Tag wurde erstmals 1988 von der Weltgesundheitsorganisation ausgerufen. Er findet jährlich am 1. Dezember statt. Rund um den Globus erinnern Regierungen, Organisationen und Vereine mit zahlreichen Aktionen an HIV und AIDS. Sie rufen dazu auf, mit HIV-Infizierten, AIDS-Kranken und ihnen Nahestehenden solidarisch zu sein.