Sie kamen mit nur einem Koffer – und wurden ein wichtiger Teil Deutschlands

Das Bild zeigt einen Konferenztisch im Kanzleramt, an dem Teilnehmer der Preisverleihung sitzen.

Bewegende Gespräche im Kanzleramt: Die Preisträgerinnen und Preisträger berichteten gemeinsam mit ihren Kindern über ihre Lebenswege.

Foto: Bundesregierung/Denzel

Bundeskanzlerin Merkel und Integrationsstaatsministerin Widmann-Mauz haben bei einem Festakt die Lebensleistung der Gastarbeiter und Vertragsarbeiterinnen für Deutschland gewürdigt. Gemeinsam mit dem Stiftungsratsvorsitzender Christian Wulff überreichten sie vier Preisträgerinnen und Preisträgern den Talisman-Preis der Deutschlandstiftung Integration.

Merkel dankte ihnen – stellvertretend für alle Gastarbeiterinnen und Vertragsarbeiter – für ihre Leistungen, die sie in den vergangenen 60 Jahren in Deutschland erbracht haben. Die Menschen, die damals nach Deutschland gekommen seien, hätten es nicht leicht gehabt, sagte die Bundeskanzlerin. Es habe noch keine Integrationspolitik mit Kursen zur zivilgesellschaftlichen Integration, Sprache und Beratungsangeboten gegeben.

Integrationsmotor seien die Betriebe und die Gewerkschaften gewesen. Durch die neuen Facharbeiter sei Deutschland stärker geworden. Die Deutschen hätten ein Verständnis für die Welt und andere Kulturen entwickeln können.

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Video Integrationspreis Talisman

Herkulesaufgabe bewältigt

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz sprach von einer Herkulesaufgabe, der ersten Generation der Zuwanderer. Deren Leistung verdiene deshalb „unseren ganz besonderen Respekt und unsere Anerkennung“. Es seien auch Eingewanderte, ihre Kinder und ihre Enkelkinder, die Deutschland zu einem wohlhabenden, einem starken Land in der Mitte Europas machten.

„Die Frauen und Männer, die nur mit einem Koffer kamen, haben hart gearbeitet und mit dazu beigetragen, dass Deutschland heute ein wirtschaftlich starkes Land in der Mitte Europas ist“, sagte Widmann-Mauz. Made in Germany verdanke seinen guten Ruf auch den sogenannten Gastarbeitern der ersten Stunde

Merkel betonte, es gebe inzwischen ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, Deutschland sei ein offenes Land, ein Einwanderungsland geworden. Deutschland sei dadurch stärker geworden. „Dieses Miteinander ist das Ziel der Integration. Integration kann keine Sieben-Generationen-Aufgabe bleiben, die nie abgeschlossen ist, weil man nicht Klaus oder Erika heißt“, so Merkel.

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Video Integrationspreis Talisman vergeben

Integrationspreis Talisman überreicht

Während des Festakts wurde der Talisman für gesellschaftlichen Zusammenhalt verliehen. Vier ehemalige Gastarbeiter und Vertragsarbeiterinnen erhielten im Beisein ihrer Kinder den Talisman für ihre Lebensleistung. Sie wurden stellvertretend für viele Millionen Menschen geehrt, die mit ihrem Beitrag der nächsten Generation erfolgreiche Lebenswege in unserem Land ermöglicht haben. Ihre Kinder hielten mit bewegenden Worten eine Laudatio auf ihre Eltern. Den Talisman erhielten:

  • Frau Zeynep Gürsoy, eingewandert aus der Türkei. Im Beisein ihrer Tochter Dr. Dilek Gürsoy, sie ist Herzchirurgin.
  • Frau Anka Ljubek, eingewandert aus Kroatien. Im Beisein ihres Sohnes Carlo Ljubek, er ist Schauspieler.
  • Frau Yang-Hee Kim, eingewandert aus Korea. Im Beisein ihres Sohnes Min-Sung Sean Kim, er ist Unternehmer, betreut Start-ups.
  • Herr Hoai Nam Duong, eingewandert aus Vietnam. Im Beisein seiner Tochter Mai Duong Kieu, sie ist Schauspielerin.
Das Bild zeigt die oben genannten Personen stehend im Kanzleramt.

Geehrt für ihre Lebensleistung: Zeynep Gürsoy (l.), Yang-Hee Kim (2.v.l.), Anka Ljubek (2.v.r.) und Hoai Nam Duong (r.). Kanzlerin Merkel, Bundespräsident a.D. Wulff und Staatsministerin Widmann-Mauz gratulierten.

Foto: Bundesregierung/Denzel

Anwerbeabkommen mit der Türkei im Jahr 1961

Das erste Anwerbeabkommen hatte die Bundesrepublik bereits am 20. Dezember 1955 mit Italien geschlossen, es folgten 1960 Abkommen mit Spanien und Griechenland. Am 30. Oktober 1961 unterzeichneten Deutschland und die Türkei ein Abkommen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Türkei sollten zunächst ein, zwei Jahre in Deutschland bleiben. Später wurde das angedachte Rotationsprinzip außer Kraft gesetzt – auch auf Wunsch der Unternehmen, die ihre angelernten Arbeitskräfte gerne weiterbeschäftigen wollten

Rund drei Millionen Menschen entschieden sich, dauerhaft zu bleiben, gründeten Familien und fanden hier ihre zweite Heimat. Auch deshalb hat heute jede und jeder Vierte in Deutschland eine familiäre Einwanderungsgeschichte – rund 21 Millionen Menschen.

Das Bild zeigt mehrere Männer ins Gespräch vertieft. Im Hintergrund sieht man ein Förderband mit fast fertigen Autos.

Gespräche in der Auto-Produktion: türkische Arbeiter bei Ford in Köln drei Jahre nach Unterzeichnung des Anwerbeabkommens. 

Foto: picture alliance / CPA Media Co.