Mehr Wildnis im Wald

Forum zur biologischen Vielfalt Mehr Wildnis im Wald

Staatssekretär Flasbarth hat eine bessere Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Waldbesitzern und Forstwirtschaft gefordert. "Wir brauchen mehr Natur im deutschen Wald", sagte er bei der Eröffnung des Nationalen Forums zur biologischen Vielfalt im Bundesumweltministerium. "Achtung: Wald!" ist das Motto der Veranstaltung.

4 Min. Lesedauer

In einem Buchenwald.

Beim Nationalen Forum zur biologischen Vielfalt wurde diskutiert, wie mehr Wildnis im Wald möglich ist.

Foto: Burkhard Peter

Beim 8. Nationalen Forum zur biologischen Vielfalt im Bundesumweltministerium diskutieren alle relevanten Akteure, wie Schutz und Nutzung vereinbart und die Wälder dauerhaft als natürliche Lebensgrundlage erhalten werden können.

Nachhaltige Bewirtschaftung für Vielfalt und Klimaschutz

Rund ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet. Etwa 38 Prozent des Waldbestandes in Deutschland sind älter als 100 Jahre. Die dicken, alten Bäume tragen besonders zur biologischen Vielfalt bei: Grobborke, Kronentotholz oder Spechthöhlen bieten Unterschlupf und Nahrung. Totholz gehört zum natürlichen Kreislauf im Wald. Viele Pilze, Flechten, Insekten und Vögel sind auf diesen Lebensraum spezialisiert. Wälder sind Schatzkammern für Tiere, Pflanzen und seltene Arten.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth hob in seiner Rede die Klimaschutzpotenziale des Waldes hervor: "Die Wälder speichern in hohem Maße Kohlendioxyd und tragen so erheblich zum Schutz vor Klimawandel bei: Bäume und Böden speichern Kohlenstoff." Weiterhin bleibe Kohlenstoff in den Holzprodukten erhalten, die aus dem Wald gewonnen werden. Außerdem ersetzten Holzprodukte andere Produkte wie Beton oder Naturstein, deren Herstellung mehr Treibhausgase freisetzt.

"Der Wald hat eine große ökologische und ökonomische Bedeutung für Deutschland", hob Flasbarth hervor. Naturschützer und Forstwirtschaft vertreten dennoch häufig unterschiedliche Auffassungen, wenn es um den "Nutzen" des Waldes geht. Denn der Bedarf an Holz ist groß. Er ist sogar gewachsen – als Rohstoff, als Baumaterial und auch als Energiequelle.

Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen verbessern

Wälder sind langlebige Ökosysteme und entwickeln sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Raubbau, wie im Regenwald des Amazonasgebiets, oder Luftverschmutzung, wie das Waldsterben in Deutschland in den 1980er Jahren, Anpflanzung von schnellwachsenden Monokulturen haben die Grenzen des Lebensraumes Wald aufgezeigt. Eine Regeneration braucht lange. Ebenso lange ist das ökologische Gleichgewicht gestört. Zersiedelung und Verkehrsschneisen bedrohen Flora und Fauna des Waldes.

2007 hat die Bundesregierung die "Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" beschlossen. Sie beinhaltet ambitionierte Ziele, um auch für die Wälder die biologische Vielfalt zu erhalten und zu verbessern. Bis zum Jahre 2020 soll sich die Natur auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln, "Wildnis" werden oder bleiben. Über die Umsetzung dieser nationalen Strategie beraten alle gesellschaftlichen Akteure in Dialogforen.

Mit der "Naturschutz-Offensive 2020" hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks 2015 eine Bilanz des bisherigen Umsetzungsprozesses gezogen. Die bislang nicht erreichten Ziele können nun bis 2020 angegangen werden. Das Kabinett hat im vergangenen Jahr die "Strategie zur vorbildlichen Berücksichtigung von Biodiversitätsbelangen für alle Flächen des Bundes" beschlossen, um das sogenannte Wildnisziel von zwei Prozent in Deutschland zu erreichen.

Mehr Wildnis!

Die Bundesregierung will bis 2020 für fünf Prozent der Waldfläche in Deutschland eine natürliche Waldentwicklung sichern. "Deswegen haben wir beim genannten Fünf-Prozent-Ziel besonders den öffentlichen Wald in den Fokus genommen. Und für den öffentlichen Wald haben wir uns sogar ein Zehn-Prozent-Ziel gesetzt", bekräftigte Flasbarth.

Er wies darauf hin, dass der Bund sogar bereits die 20 Prozent-Marke in seinem Bereich erfüllt habe: Ein erheblicher Flächenanteil ist im Rahmen des Nationalen Naturerbes reserviert, wie beispielsweise die Buchenwälder für das UNESCO-Welterbe.

Um das nationale Fünf-Prozent-Ziel in allen Wäldern zu erreichen, müssten die Länder, aber auch die Privateigentümer von Waldflächen, noch nachziehen.

Von den 11,4 Millionen Hektar Wald in Deutschland sind 48 Prozent Privatwald. 29 Prozent des Waldes sind im Eigentum der Länder, vier Prozent im Eigentum des Bundes und weitere 19 Prozent im Eigentum von Körperschaften. Entsprechend der unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse sind die Ansprüche an wirtschaftliche Nutzung und Naturschutz vielfältig und widersprüchlich.

Dennoch ziehen Naturschutz und Forstwirtschaft immer häufiger an einem Strang. Denn um die biologische Vielfalt zu erhalten, wird beides benötigt: Naturnahe Forstwirtschaft auf einem Großteil der deutschen Waldfläche, aber auch Wildnis, in der Natur dauerhaft Natur sein darf. Deshalb warb der Staatssekretär für das zehn Prozentziel auch bei den übrigen Eigentümern: "Wir wollen die Kommunen wie auch private Waldbesitzer als starke Partner gewinnen."

Bund fördert die Entwicklung von Wildnis im Wald

Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt und der Waldklimafonds unterstützen die Entwicklung von Wildnis im Wald. Der Vertragsnaturschutz soll gestärkt werden – auf freiwilliger Basis. Finanzielle Mittel können nun leichter beantragt werden, denn die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" ist um die Förderung von Naturschutz und Landschaftspflege erweitert worden.

Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium haben mit dem Waldklimafonds rund 19 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt. Damit bringt der Waldklimafonds das Klimaschutzpotenzial von Wald und Holz sowie die Anpassung der Wälder an den Klimawandel voran.

Aus dem Koalitionsvertrag:
Naturschutz und biologische Vielfalt
"Wir wollen den Naturreichtum und die Artenvielfalt unserer Heimat bewahren. Die nationale Biodiversitätsstrategie wird umgesetzt. Das Nationale Naturerbe wird um mindestens 30.000 Hektar erweitert und hierfür Flächen, die aus der militärischen Nutzung genommen werden, von der Privatisierung ausgenommen und an interessierte Länder, Umweltverbände oder -stiftungen übertragen werden. Damit wird auch dem "Zwei Prozent-Wildnis-Ziel" bis 2020 beziehungsweise dem "Fünf Prozent-Ziel-natürliche Waldentwicklung" näher gekommen. Das Förderprogramm "Bundesprogramm Biologische Vielfalt" wird weitergeführt.
Wir treten für Schutz, Erhalt sowie Wiederaufbau von Wäldern und Waldstrukturen sowie für eine damit verbundene Waldfinanzierung ein."