Leitplanken für die Arbeit von morgen setzen

Weissbuch Arbeiten 4.0 Leitplanken für die Arbeit von morgen setzen

Beim Aushandeln der Bedingungen für die Arbeitswelt von morgen setzt Ministerin Nahles auf die Tarifparteien im Betrieb. Sie spricht sich für ein Recht auf Weiterbildung sowie ein Erwerbstätigen-Konto zum Berufsstart aus. Das "Weißbuch Arbeiten 4.0" legt sie zur Diskussion vor.

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"Wir können immer entscheiden, in welche Richtung der Fortschritt läuft", resümiert Bundesministerin Andrea Nahles ihre Vorschläge für die neue Arbeitswelt. Im Berliner Westhafen hat sie ihr Weißbuch Arbeiten 4.0 vorgestellt.

Weißbuch in der Cloud erarbeitet

"Auch das Weißbuch im Arbeitsministerium ist in der Cloud erarbeitet worden: im Büro, zu Hause, unterwegs", sagte Nahles. Das sei auch für sie neu gewesen. Der schriftlichen Zusammenstellung des Weißbuches ging allerdings ein monatelanger Prozess voraus.

In den Prozess waren mehr als 200 Expertinnen und Experten einbezogen. 12.000 Bürgerinnen und Bürger besuchten bundesweit Dialog-Veranstaltungen. Über 15.000 Menschen beteiligten sich an einer Online-Befragung zur Studie "Wertewelten Arbeiten 4.0". Das Bundesarbeitsministerium hat mehr als 50 Stellungnahmen von Verbänden, Organisationen und Unternehmen zum "Grünbuch Arbeiten 4.0" ausgewertet.

Die Digitalisierung greife tief in die Art und Weise, wie wir arbeiten, ein, so Nahles. Mensch und Technik spielten auf neue Weise zusammen. "Eine Arbeit, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird, erreichen wir, wenn wir Sicherheit und Flexibilität in eine gute Balance bringen" sagte die Ministerin.

Arbeitszeit differenziert sich

Dass sich Arbeitszeiten differenzieren, sei als Trend klar auszumachen. Eine "So-und-so-viel-Stunden-Woche" sei nicht mehr das Thema, da seien sich alle Dialogpartner einig gewesen.

Die Arbeitswelt müsse aus einem Dreiklang von Arbeitsschutz, Respekt vor der Lebenswirklichkeit der Beschäftigten und einer von den Tarifpartnern ausgehandelten Wahlarbeitszeit gestaltet werden. Das solle zwei Jahre in der betrieblichen Praxis erprobt werden.

750.000 Jobs vergehen – eine Million Jobs entstehen

Mit Blick auf den Strukturwandel in der Arbeitswelt kommt Nahles zu dem Schluss, dass es bis 2030 signifikante Änderungen zwischen den Branchen geben werde. Eine vom Bundesarbeitsministerium beauftragte Prognose habe ergeben, dass 750.000 Jobs in Branchen wie Handel oder öffentliche Verwaltung wegfallen könnten, jedoch eine Million neue Jobs vor allem in Branchen wie Forschung, IT, Bildungswesen und Gesundheit entstehen. Deshalb müsse etwas für die lebenslange Qualifizierung der Menschen getan werden.

Recht auf Weiterbildung

Nahles schlägt dafür ein Recht auf Weiterbildung vor. Die Bundesagentur für Arbeit soll Beschäftigte zukünftig in puncto Weiterbildung beraten und unterstützen. Ein erster Schritt wäre mit dem in diesem Jahr verabschiedeten Weiterbildungsstärkungsgesetz getan.

Ein neuralgischer Punkt in einer computerisierten Welt seien Daten – auch die Daten von Beschäftigten. Wenn viele Arbeitsprozesse digitalisiert sind, ist ein leichteres Überwachen möglich. Deshalb will die Ministerin die Datenschutz-Grundverordnung der EU nutzen, um bisher geltendes Recht zu erhalten.

Selbstständigen, die Aufträge freiberuflich erledigen – "Crowdworker" genannt –, will Nahles verpflichtend in die Gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Immerhin gibt es von ihnen drei Millionen, die nicht für die Rente vorsorgen. So könne der Bezug von Grundsicherung (HartzIV) im Alter vermieden werden.

Erwerbstätigen-Konto mit Startguthaben

Um Selbstbestimmung und Absicherung im Berufsleben in Einklang zu bringen, sieht die Bundesarbeitsministerin ein Erwerbstätigen-Konto vor: Zum Berufsstart würde es mit einem Guthaben ausgestattet. Das könne dann eingesetzt werden für Auszeiten, Elternzeit, Existenzgründung. Sie verstehe dies als Gegenmodell zur Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Diskussion sei auch das Stichwort zum Weißbuch Arbeiten 4.0: "Der Dialog ist mit dem Weißbuch nicht zu Ende", so Nahles.