„Berufliche Bildung ist ein wunderbares Sprungbrett“

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Interview zu Weltmeisterschaften der Berufe „Berufliche Bildung ist ein wunderbares Sprungbrett“

Hubert Romer ist Geschäftsführer von WorldSkills Germany. In dieser Funktion leitet er die deutsche Delegation bei den Berufe-Weltmeisterschaften. Im Interview berichtet er über den Wettbewerb, die Bedeutung der beruflichen Bildung und Karrierechancen.

4 Min. Lesedauer

45. Weltmeisterschaft der Berufe in Kasan, 2019.

Der Verein „WorldSkills Germany“ eröffnet jungen Menschen neue Wege, um ihre Leidenschaft zum Beruf zu verstärken und die Besten ihres Fachs zu werden.

Foto: Foto: WorldSkills Germany / Anja Jugnickel

Hubert Romer ist Geschäftsführer von WorldSkills Germany . Der Verein wirbt für die berufliche Bildung und steigert die Anerkennung dualer Ausbildungsberufe, beispielsweise durch Berufswettbewerbe wie der Berufe-WM. Sie findet derzeit in 15 verschiedenen Ländern statt. Schirmherr der deutschen Nationalmannschaft ist Bundeskanzler Olaf Scholz.

Herr Romer, erstmals werden in diesem Jahr in 15 verschiedenen Ländern die Weltmeisterschaften der Berufe ausgetragen. Wie stehen die Chancen der Deutschen?

Hubert Romer: Uns war es wichtig, dass wir nach der Absage der WorldSkills in Shanghai einen hochwertigen, adäquaten Ersatz bieten konnten. Dies konnte nur gelingen, indem die Skills-Nationen weltweit zusammenarbeiteten und vorhandene Ressourcen nutzten. Das deutsche Team hat sich in gleicher Weise sehr intensiv auf die Wettbewerbe vorbereitet wie für die zentralen WorldSkills-Weltmeisterschaften.

Das Niveau im deutschen Team ist hoch. Alle sind bestens motiviert. Da die Welt in den vergangenen Jahren immer mehr zusammengerückt ist, entscheiden am Ende jedoch nur wenige Nuancen bzw. Punkte, wer die Medaillen gewinnt. Alle Teilnehmenden – wir nennen sie Competitors – zeichnet aus, dass sie in ihren Nationen bereits bewiesen haben, dass sie zu den Besten der Welt zählen. Sie sind engagiert, begeistert, voller Energie und offen anderen Menschen und Kulturen gegenüber. Tolle BotschafterInnen ihrer Nationen und ihrer Berufe.

Hubert Romer, Geschäftsführer WorldSkills Germany

Hubert Romer, Geschäftsführer WorldSkills Germany

Foto: WorldSkills Germany/Frank Erpinar

Wie ist es denn aus Ihrer Sicht um die berufliche Bildung in Deutschland bestellt, gerade auch im internationalen Vergleich?

Romer: Deutschland darf aufgrund des hohen Standards in der beruflichen Bildung auf ein hohes Grundniveau blicken. Die WettkämpferInnen bringen hierbei wichtige und gute Grundlagen mit, die andere erst lernen müssen. Um in die Spitzenpositionen zu gelangen, braucht es jedoch immer intensive Zusatztrainings. Hier könnte das deutsche berufliche Bildungssystem Impulse aus dem internationalen Rahmen aufnehmen. Auch Spitzentalente sind Gruppen, die besondere Bedürfnisse haben. Wir sollten diese fördern.

In vielen Branchen Deutschlands ist der Fachkräftemangel stark zu spüren. Wie kann man dem entgegenwirken? Wie lässt sich der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften in unserem Land sichern?

Romer: Das Allerwichtigste ist, dass Lehrende, Eltern und SchülerInnen das Wissen um die besondere Vielfalt und die Chancen in der beruflichen Bildung vermittelt bekommen. In den vergangenen Jahren wurde Seitens des Bundesbildungsministeriums und der Entscheidungsträger sehr viel Positives bewirkt. Die berufliche Bildung kann ein wunderbares Sprungbrett in die berufliche Karriere werden. Das wissen nur sehr wenige. Die Berufsorientierung muss dringend gebündelt und forciert werden. Wichtig ist natürlich auch, dass für qualifizierte Arbeit ein gutes Gehalt geleistet wird. Schließlich können Veranstaltungen wie die beruflichen Wettbewerbe einen besonderen Glanzpunkt auf die berufliche Bildung setzen.

Wie steht es um die Digitalisierung der Ausbildungsberufe? Hat Corona da gegebenenfalls manches beschleunigt?

Romer: Hier zeichnet sich ein stark differenziertes Bild ab: regional und je nach Berufsbild betrachtet. Grundsätzlich haben sich schon viele Berufe vor Jahren auf die digitale Reise begeben und haben bereits enorm viel erreicht. Auch gibt es Berufsschulen, die sehr fortgeschritten sind. Dies ist jedoch nicht auf ganzer Breite der Fall. Corona hat sicherlich einige Prozesse beschleunigt. Alle wollen an diesem Thema aktiv arbeiten. Wichtig ist, dass unsere vielschichtigen Strukturen in Deutschland dies auch ermöglichen.

Viele junge Menschen entscheiden sich nach der Schule eher für ein Studium. Wie kann die duale Ausbildung attraktiver werden – Stichwort Gleichwertigkeit?

Romer: Wie bereits erwähnt, müssen wir noch intensiver Kommunikations- und Informationskampagnen betreiben, um das Wissen um die Neuerungen bekannt zu machen. Wir haben wunderbare Grundlagen. Die Anerkennung und Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung mit dem Studium sowie die Durchlässigkeit der Bildungsketten sind eine große Chance. Kommunizieren wir dies. Die Digitalisierung erfordert eine weitere Steigerung der Qualifizierung und somit eine Anerkennung der Berufe. Zeigen wir die Besonderheiten, setzen wir Glanzlichter. Wir dürfen nicht mehr nur die negativen Botschaften nach außen tragen.

… und wie sind die Chancen auf Karriere – ohne ein Studium?

Romer: Die Statistiken zeigen: Viele unserer erfolgreichen TopmanagerInnen und Führungskräfte können auf eine berufliche Bildung und spätere Aufstiegsqualifizierung blicken. Wer vor dem späteren Studium eine Ausbildung genossen hat, ist später erfolgreiche und zielstrebiger im Studium. Doch auch ohne Studium bieten sich gute Aufstiegsmöglichkeiten bis hin zur Selbständigkeit. Grundsätzlich sollte gelten: erst eine berufliche Ausbildung, dann eine Aufstiegs- oder Weiterbildungsqualifizierung.

Die duale Ausbildung bietet jungen Menschen vielfältige Chancen: Ob praktische Berufserfahrung, gute Karrieremöglichkeiten oder einen festen Arbeitsplatz – sechs Gründe , warum sich eine Berufsausbildung lohnt. Hilfe bei der Berufsauswahl bietet außerdem das Berufenavi . Es hält zahlreiche Informationen zur beruflichen Orientierung und zum Berufseinstieg bereit.