BMEL informiert zum Thema „Obst und Gemüse“
Obst und Gemüse halten nicht nur uns Menschen fit, sondern sind auch gut für den Planeten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) veranstaltete im Rahmen des Internationalen Jahres für Obst und Gemüse drei Themennachmittage. Expertinnen und Experten beantworteten eine Vielzahl interessanter Fragen rund um das Themenfeld.

Das BMEL beteiligt sich mit vielseitigen Aktionen am Internationalen Jahr für Obst und Gemüse.
Foto: picture-alliance / ZB
Vom 26. bis 28. Oktober 2021 diskutierten insgesamt 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an drei Themennachmittagen zum Thema „Obst und Gemüse: vielfältig und gesund“. Ziel der Veranstaltungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) war es, die vielseitige Bedeutung von Obst und Gemüse bewusster zu machen. Obst und Gemüse sind nicht nur gesundheitsfördernd, sondern auch im Hinblick auf Umwelt, Klima und Ernährungssicherheit wichtig.
Bereits mit der Auftaktveranstaltung unter dem Titel „Obst und Gemüse – Helden der Nachhaltigkeit“ wurde diese Vielseitigkeit deutlich. Am zweiten Nachmittag gab es konkrete Empfehlungen, wieviel Obst und Gemüse für eine gesunde Ernährung nötig sind. Am dritten und letzten Nachmittag ging es dann um modernste Agrartechnologien, die unter anderem mit schonenden Erntetechniken die hohe Qualität von Obst und Gemüse sicherstellen.
Die Themennachmittag des BMEL fanden anlässlich des Internationalen Jahres für Obst und Gemüse statt, das 2021 weltweit gefeiert wird. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte dieses ausgerufen.
Video-Mitschnitte der Themennachmittag „Obst und Gemüse“:
Thementag 1: „Helden der Nachhaltigkeit“
Thementag 2: "Essen mit Effekt - An apple a day keeps the doctor away?!“
Thementag 3: "So geht Zukunft – technische Ideen, die begeistern."

Bei der Auftaktveranstaltung des BMEL diskutierten Dr. Thomas Schmidt, Moderatorin Dr. Marianne Altmann und Prof. Monika Schreiner (v.l.n.r.) über die nachhaltige Bedeutung von Obst und Gemüse.
Foto: Julia Vogt
Eine Auswahl der Fragen und Antworten finden Sie hier:
Mit der Initiative „IN FORM“ werben das BMEL und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) für mehr gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Dabei spielt der tägliche Verzehr von vitamin- und ballaststoffreichen Lebensmitteln eine entscheidende Rolle. Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag wirken sich laut wissenschaftlicher Erkenntnisse positiv auf die Gesundheit aus. Darauf macht auch die EU-Kampagne „Snack 5“ aufmerksam. „Wir wollen schon früh jungen Menschen bewusst machen, wie wichtig eine gesunde Ernährung ist“, sagte Dr. Thomas Schmidt, Referatsleiter „Gartenbau und Landschaftsbau“ im BMEL und verwies dabei auf die Schulkampagne „Macht Dampf! - Für gutes Essen in Kita und Schule“.
„Obst und Gemüse sind wahre Alleskönner“, betonte auch Prof. Monika Schreiner, vom Leibniz-Institut für Gemüse und Zierpflanzen aus Großbeeren (IGZ). Neben ihrer gesundheitsfördernden Wirkung könnten sie Wertschöpfungsketten auf regionaler Ebene schließen. Kurze Transportwege leisteten gleichzeitig einen Beitrag für die Reduktion des CO2-Ausstoßes.
Doch mit Blick in die Zukunft wird es noch weitere und alternative Nahrungsquellen geben. Monika Schreiner ist auch Projektkoordinatorin von „food4future“ und erforscht mit ihrem Team Innovationen für eine nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung in der Zukunft. Künftig werden auch Quallen, Makroalgen, salztolerante Pflanzen und Grillen wichtige Proteinlieferanten sein. Wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe können extrahiert werden und so Bestandteile für neu designte Lebensmittel sein. Ein Ziel dabei ist es, Fleischersatz zu finden.
Das Verbundprojekt „food4future – Nahrung der Zukunft“ untersucht Innovationen für eine nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt im Rahmen des Programms Agrarsysteme der Zukunft.
Die Ernährung der Deutschen sollte künftig noch gesünder ausfallen. Dieses Fazit zieht Dr. Stefan Storcksdieck, stellvertretender Leiter des Instituts für Ernährungsverhalten vom Max Rubner-Institut (MRI ) aus der Nationale Verzehrstudie II (NVS II ), die vom MRI durchgeführt wurde. Die Studie hat untersucht, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher seit Mitte der 2000er Jahre in Deutschland ernährt haben. Dabei wurden unter anderem Aussagen zum Ernährungsverhalten der Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten und Regionen, zur Vitamin- und Mineralstoffzufuhr sowie zum Verzehr der wichtigsten Lebensmittelgruppen zusammen getragen.
Die NVS II kommt zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland übergewichtig sind. Damit steigt auch das Risiko etwa an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. Zudem ist es problematisch, dass drei Viertel der Befragten Gesundheitsrisiken falsch einschätzen. Sie bewerten Gefahren durch Pestizidbelastung und verdorbene Lebensmittel höher als die Gefahren durch zu viel Essen und durch eine einseitige Ernährung. Darin liegen jedoch häufig die weitaus größeren Risiken für die Gesundheit.
Männer essen doppelt so viel Fleisch wie Frauen. Für beide gilt jedoch gleichermaßen: Wir alle essen zu wenig Gemüse und liegen damit unter den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE ).
Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, ein Apfel am Tag gemäß dem Sprichwort „An apple per day keeps the doctor away“ reicht nicht aus. Das Sprichwort stammt aus dem Jahr 1866 und entspricht bei Weitem nicht der derzeitig empfohlenen Tagesration an Obst und Gemüse. Darin waren sich die Expertinnen und Experten der Diskussionsrunde des zweiten Themennachmittages mit dem Motto „Essen mit Effekt“ einig. Fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag gelten als Richtwert.
Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung geben es noch genauer an: 250g Obst und 400g Gemüse pro Erwachsenen am Tag. Prof. Bernhard Watzl, Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut (MRI ) verwies zudem auf breit angelegte Studien. Diese zeigten eindeutig: Je mehr Obst und Gemüse täglich verzehrt werden, desto höher liege die Schutzwirkung vor Krankheiten und desto besser falle die Immunantwort der Menschen aus. Insbesondere Herzkreislauf-Erkrankungen und Diabetes könne durch eine pflanzlich ausgelegte Ernährung vorgebeugt werden.
Nein. Obst und Gemüse sind im natürlichen Zustand am gesündesten. Wertvolle Inhaltsstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe bleiben ohne weitere Verarbeitung erhalten. Ein frischer Apfel zum Beispiel bewirkt eine hohe Schutzwirkung für unsere Abwehrzellen. Bei klarem Apfelsaft ist hingegen ein solcher Schutzeffekt kaum mehr nachweisbar.
Auch Nahrungsergänzungsmittel könnten kein frisches Obst und Gemüse ersetzen, betonte Prof. Bernhard Watzl, Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut (MRI ). Dazu sei die Studienlage ganz eindeutig. Pflanzliche Lebensmittel seien sehr komplex aufgebaut, womit ein Ersatz von Obst und Gemüse durch eine Pille nicht mithalten könne.
Damit das Obst und Gemüse möglichst lange frisch bleibt und all seine wichtigen Nährstoffe behält, kommt es auf die richtige Lagerung an. Grundsätzlich seien dabei niedrige Temperaturen und eine hohe Luftfeuchte wichtig, sagte Prof. Dominikus Kittemann von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Nur so gelingt es, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ganzjährig ein umfassendes Angebot von Obst und Gemüse kaufen können. Mit modernster Sensortechnik wird beispielsweise die Photosyntheseleistung von Früchten gemessen, um eine ideale Sauerstoff-Konzentration in den Lagerräumen herzustellen und zu garantieren. Aber es kommt auch auf den richtigen Erntetermin an.
Äpfel sollten immer vom Baum gepflückt werden und nicht erst vom Boden aufgelesen werden. Hierbei besteht die Gefahr, dass sie von Schädlingen befallen werden und faulen. Befallende Früchte sollten daher unbedingt aussortiert werden, empfiehlt Kittmann. Wer Äpfel zuhause länger lagern möchte, sollte dies idealerweise bei ein bis drei Grad tun. Obst und Gemüse hält sich zudem am besten in einer nicht verschlossenen Plastiktüte im Kühlschrank. Das Blattwerk oder Kraut sollte vorher vom Gemüse entfernt werden, so beispielsweise bei Mohrrüben oder Radieschen.
Obst und Gemüse aus dem Supermarkt seien in Deutschland von hoher Qualität – vorausgesetzt sie werden im reifen Zustand angeboten, richtig gelagert und damit frisch gehalten, betonte Prof. Bernhard Watzl, Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut (MRI ). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des MRI erforschen die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, um Erkenntnisse über ihre Verderblichkeit und über ihren Nährstoffgehalt zu bekommen. Ziel ist es zudem, die gesundheitliche Wirkung von Obst und Gemüsen für den Menschen zu erforschen.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten stets Wert auf saisonale und regionale Produkte legen und weniger Fleisch essen. „Der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse senkt Gesundheitsrisken und stärkt das Immunsystem“, betonte Watzl und verweist auf eindeutige Studienergebnisse dazu. Obst und Gemüse aus biologischen und konventioneller Landwirtschaft sind dabei gleichermaßen gesund. In Deutschland gibt es Höchstmengen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für Obst und Gemüse, deren Einhaltung streng kontrolliert wird. Dadurch können sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf die gesundheitsförderliche Qualität dieser Lebensmittel verlassen. Mit dem Kauf von Bio-Produkten legten Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch mehr Wert auf Umweltschutz, da hier keine umweltschädigende Pestizide zum Einsatz kommen.
Der IN FORM-Saisonkalender informiert darüber, welche Gemüse- und Obstsorten Monat für Monat auf den Teller gehören. Nicht alles, was im Supermarkt angeboten wird, ist auch saisonal.
Ein gutes Beispiel dafür, dass sich unternehmerischer Erfolg, Regionalität und Nachhaltigkeit nicht ausschließen, präsentierte die Diskussionsteilnehmerin und Unternehmerin Dorothee Berger. Sie leitet einen landwirtschaftlichen Betrieb in Brandenburg und ist Teil Clusters Ernährungswirtschaft Brandenburg. Mit dem Anbau von Sanddorn produziert sie vitamin- und eiweißreiche Lebensmittel. Ihr Anbau umfasst nur die Menge, die sie auch für die Produktion ihrer Produkte benötigt. Alles bleibt in einer Hand und in der Region. Auf diese Weise lässt sich im Sinne des Klimas die Wertschöpfungskette klimaschonend schließen und lassen sich Lieferwege kurz halten.
Neben der bestehenden konventionellen Landwirtschaft im Freiland wird Obst und Gemüse zukünftig verstärkt auch in Gewächshäusern und in Innenräumen angebaut werden. In sogenannten „Vertical Farming Systemen“ werden die Kulturpflanzen unter anderem über vertikal zirkulierende Fließbänder angepflanzt. Prof. Stefan Schillberg vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME stellte hierzu das Leitprojekt „FutureProteins“ vor, das alternative Proteinquellen für den Ersatz von tierischen Lebensmitteln erforscht. Dafür sollen künftig proteinreiche Pflanzen (wie zum Beispiel Kartoffeln, Weizengras, Luzerne), Insekten, Pilze sowie Algen in geschlossenen Agrarsystemen hergestellt werden. Ziel ist es zudem, durch die volle Verwertung der Nahrungsquellen, weiterer Proteinrohstoffe herzustellen. Auch Energie-, Abfall- und Abwasserströmen sollen im Sinne von ressourcenschonender Kreisläufe mit einbezogen werden.
Durch das „Indoorfarming“ – die Kultivierung im Innenraum – ist eine ganzjährige Produktion in einem geschlossenen System möglich. Im „Vertical Farming“ benötigen die Pflanzen im Vergleich zu herkömmlichen Anbauprozessen lediglich fünf Prozent des Wassers und 50 Prozent weniger Dünger. Auf Pestizide kann gänzlich verzichtet werden.
Diese technischen Anlagen sind äußerst Platz sparend und können auch im urbanen Raum eingesetzt werden. Dennoch bedarf es noch Forschungstätigkeit, den künftigen Energiebedarf geringer zu halten und auch Proteinpflanzen, wie Weizen und Soja, im „Vertical Farming“ wettbewerbsfähig zur Freilandbewirtschaftung anzubauen.
Unkräuter und Beikräuter schaden den Kulturpflanzen und mindern deren Ertrag. Sie müssen daher entfernt werden. Doch bereits heute gibt es dazu umweltschonende Verfahren, die ohne Pestizide auskommen. „In vielen Fällen können wir Umweltschutz betreiben, obwohl wir Unkräuter beseitigen“, berichtete Prof. Thomas Rath, Leiter des Labors für Biosystemtechnik an der Hochschule Osnabrück. Um Unkräuter schonend und ohne chemische Pflanzenschutzmittel zu entfernen, werden Hackmaschinen und Abflammtechniken verwendet. Im biologischen Anbau erfolgt dies auch durch Handarbeit.
Die Lasertechnik verspricht für die Zukunft ein noch präziseres und umweltfreundlicheres Vorgehen bei der Ernte. Derzeit müsse noch die technische Umsetzung präzisiert und Sicherheitsauflagen für den Umgang mit dem Laser auf dem Feld erfüllt werden.
Drohnen werden bereits heute eingesetzt, um Landwirte bei der Ermittlung des Wasserbedarfs auf dem Feld und beim Pflanzenschutz zu unterstützen. Durch die Witterung entstehen häufig auch Schäden an den Kulturpflanzen. Diese können mit Drohnen schneller identifiziert und beseitigt werden. Auch verletzte Wildtiere auf dem Feld werden mittels Luftaufnahmen schneller gefunden. Der IT-Spezialist Bernd Hoffstedde, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG ) Heidelberg, präsentierte im Rahmen der Themennachmittage auch künftige Einsatzbereiche von Drohnen in der Landwirtschaft.
So wird derzeit noch erforscht, wie Drohnen autark und zuverlässig durch Gewächshäuser fliegen könnten, um bei der Bestandssicherung der Pflanzen zu helfen. Mini-Drohnen könnten in Zukunft auch bei der Bekämpfung von Insekten helfen, die der Kulturpflanze Schaden zufügen und für Ertragseinbußen sorgen. Schon heute werden Drohnen auch gegen das Bienensterben eingesetzt, indem sie als künstliche Bienendrohne bei der Bestäubung von Pflanzen helfen.