Eine der ehrenamtlichen Helferinnen des Vereins "Dein Nachbar" ist Ulrike Bystricky. Sie kommt gerade aus der Apotheke. Ihr nächster Gang führt sie in den Supermarkt. Was sie dort kauft, ist nicht für sie gedacht. Sondern für eine ältere Dame, die in ihrer Nachbarschaft wohnt. Diese ist seit einiger Zeit auf einen Rollstuhl angewiesen.

Hilfe leisten, die wirklich ankommt

Jede Woche nimmt sich Bystricky zwei Stunden Zeit. Dann erledigt sie ganz alltägliche Dinge für die Seniorin: Sie macht Besorgungen, kümmert sich um Unterlagen, legt Kleidung für den Winter heraus und verstaut die Sommerkleidung im Schrank. Hin und wieder kocht sie für die ältere Dame. Manchmal setzt sie sich auch einfach zu ihr, bei einem Kaffee, und leistet ihr Gesellschaft. Ursprünglich betreute Bystricky den Mann der alten Dame, der an Demenz erkrankt war. Als er starb, blieb sie bei der Seniorin - für sie eine Selbstverständlichkeit.

Helfer und Hilfsbedürftige per App verbunden

Der gemeinnützige Verein "Dein Nachbar" schult ehrenamtliche Helfer, vermittelt sie an Hilfsbedürftige und bietet ein Forum zum Austausch untereinander. Wenn die Ehrenamtlichen selbst einmal nicht weiterkommen, dann sind die "Dein Nachbar"-Mitarbeiter für sie da und unterstützen sie, wo sie können. Auch für pflegende Angehörige haben sie ein offenes Ohr.

Die Koordination der Ehrenamtlichen erfolgt digital: Die "Dein Nachbar"-App ermittelt, wer zu wem passt und bringt Helfer und Hilfesuchende zusammen. Dafür hat der Verband der Ersatzkassen (vdek) die Initiative mit dem Zukunftspreis 2018 ausgezeichnet.

Aktuell ist der Verein nur in München aktiv. Dort kommt das Konzept sehr gut an. Langfristig möchte der Vorsitzende Thomas Oeben das Unterstützungs-Netzwerk auch in anderen Städten etablieren. Bis 2025 soll der Verein Menschen bundesweit ermöglichen, auch im Alter in ihrer gewohnten Nachbarschaft und vertrauten Umgebung zu bleiben.

Mit dem vdek-Zukunftspreis würdigen die Ersatzkassen seit dem Jahr 2010 Projekte und Ideen, die zu einer besseren gesundheitlichen Versorgung beitragen. Der diesjährige Preis stand unter den Motto "vernetzt und mobil - mit digitalen Helfern die Versorgung stärken". Damit erkennt der vdek die zunehmend wichtige Rolle an, die der Digitalisierung im Gesundheitswesen zukommt. Mitglied der Jury ist unter anderem Ralf Brauksiepe, Patientenbeauftragter der Bundesregierung.

Engagement für Ältere gewinnt an Bedeutung

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt ehrenamtliches Engagement für ältere Menschen immer mehr an Bedeutung. Die freiwillige Helferin Bystricky erzählt: "Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen um einen herum wohnen, die Hilfe brauchen". Eric Schneider kann das bestätigen: "Ganz viele sind auch einfach allein, haben keine Familie mehr oder niemanden hier in der Region." Auch er ist Ehrenamtlicher bei "Dein Nachbar" und begleitet ältere Menschen in ihrem Alltag. "Wir unterhalten uns, essen gemeinsam und haben einfach eine schöne Zeit", berichtet er.

Helfer bekommen viel zurück

Beide sind sich einig, dass sie nicht nur helfen und geben – sie bekommen auch viel zurück. Bystricky berichtet, sie spüre die Dankbarkeit der Menschen, denen sie helfe. Außerdem profitiere sie vom Erfahrungsschatz einer anderen Generation. Über "ihre" alte Dame sagt sie: "Es ist faszinierend, wenn sie von früher erzählt, wie sie Sachen wahrnimmt." Auch Schneider schätzt den Austausch der Generationen: "Gerade für jüngere Menschen ist dieses Ehrenamt eine gute Möglichkeit, sich zu entwickeln und daran zu wachsen."

Die Bundesregierung fördert mit verschiedenen Programmen ehrenamtliche Projekte und stärkt so das ehrenamtliche Engagement. Zudem gibt es verschiedene Freiwilligendienste, die der Bund ebenfalls finanziell fördert.