Die Frage nach dem "Warum?"

Gedenkstätte Plötzensee mit neuer Ausstellung Die Frage nach dem "Warum?"

In ihrer neuen Dauerausstellung zeigt die Gedenkstätte Plötzensee die Schicksale der Opfer des NS-Regimes. Die Ausstellung erinnere schmerzlich daran, "wie dünn die Decke der Zivilisation ist", erklärte Kulturstaatsministerin Grütters bei der Eröffnung.

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Die Kulturstaatsministerin betrachtet eine digitale Schautafel in der Ausstellung.

Kulturstaatsministerin Grütters bei ihrem Rundgang durch die Ausstellung.

Foto: Bundesregierung/Bergander

Im Straflager Plötzensee wurden zwischen 1933 und 1945 mehr als 2.800 Gefangene aus 20 Nationen enthauptet oder erhängt. Der Ort, an dem die Hinrichtungen stattfanden, ist heute Gedenkraum.

Schon seit 1952 erinnert die Gedenkstätte an die Opfer der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz. Heute eröffnete Kulturstaatsministerin Monika Grütters die neu konzipierte Dauerausstellung mit dem Titel "Hinrichtungen im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee".

Dauerausstellung erreicht Herz und Verstand

Die Eröffnungszeremonie begann mit einem interreligiösen Gedenken an die Opfer in der Berliner Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Daran nahmen neben der Kulturstaatsministerin auch Vertreter von Institutionen der Gedenk- und Erinnerungsarbeit sowie kirchlicher Organisationen teil.

Nach dem anschließenden Rundgang durch die neue Ausstellung mahnte Grütters, die ehemalige Strafanstalt Plötzensee sei "ein Ort, der tief erschüttert, ein Ort der Grausamkeit und Menschenfeindlichkeit". Nüchtern kontrastiere die Ausstellung die "zynische Justizbürokratie des Unrechtsstaats mit dem Ringen der Opfer um Würde und Menschlichkeit. Eindrücklich konfrontiert sie Besucherinnen und Besucher mit der Frage nach dem 'Warum?'".

Damit rege sie an, vermeintliche Gewissheiten zu befragen, sagte die Kulturstaatsministerin weiter. "Indem die Ausstellung die persönlichen Schicksale der Widerstandskämpfer mit Bildern und Biografien in den Vordergrund stellt, erreicht sie Herz und Verstand."

Historisches Vermächtnis als Aufgabe begreifen

Gespickt mit aktuellen Forschungsergebnissen zeichnet die neue Ausstellung Opferbiografien nach, vor allem auch mit Blick auf deren breit gefächerte Herkunft. Zu den Strafgefangenen in Plötzensee gehörten Menschen aus allen sozialen Schichten und Vertreter aller politischen Richtungen, insbesondere Gegner der NS-Diktatur wie die Beteiligten des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 oder Mitglieder oppositioneller Widerstandsgruppen. Hinzu kam eine große Zahl ausländischer Gefangener aus den von den Nationalsozialisten besetzten Ländern. Unter den Hingerichteten waren auch viele Menschen, die wegen Kleinstdelikten zum Tode verurteilt worden waren.

Neben der Geschichte des Ortes vermittelt die Ausstellung die Entwicklung des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus nach 1945. Dies würdigte die Staatsministerin bei der feierlichen Eröffnung als exemplarische Dokumentation der Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. "Das schärft die Sinne für gesellschaftliche Entwicklungen, beschreibt den Reifungsprozess einer Demokratie sowie ihre Gefährdungen", betonte Grütters. "Die Erinnerung an die Gräueltaten der NS-Terrorherrschaft und den Widerstand wach zu halten, das Vermächtnis der Geschichte als Mahnung und Aufgabe zu begreifen – das bleibt unsere immerwährende Verantwortung."

Bund unterstützt Gedenkenstättenarbeit

Mit der Eröffnung der neuen Ausstellung finden umfangreiche Arbeiten zur Neugestaltung der Flächen rund um die Gedenkstätte Plötzensee ihren Abschluss. Finanziert wurden die Maßnahmen mit jeweils 250.000 Euro aus dem Etat der Kulturstaatsministerin und des Landes Berlin.

Die Gedenkstätte Plötzensee wird von der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand getragen. Diese wird je hälftig vom Bund und dem Land Berlin institutionell gefördert - 2019 mit rund acht Millionen Euro.

Zur Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand gehören neben der Gedenkstätte Deutscher Widerstand am historischen Ort des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944 die Gedenkstätte Plötzensee, die Gedenkstätte Stille Helden zur Erinnerung an die Menschen, die während der nationalsozialistischen Diktatur verfolgten Juden beistanden, das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt und die Stiftung 20. Juli 1944.