Deutsche Einheit vollenden

Jahresbericht im Kabinett Deutsche Einheit vollenden

Wirtschaftswachstum, mehr Erwerbstätige und weniger Arbeitslose kennzeichnen die Entwicklung in den neuen Ländern. Der Jahresbericht zur Deutschen Einheit zeigt aber auch, was noch zu tun ist, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen.

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ICE 1 und Güterzug in einem Gleisbogen

Die ostdeutschen Länder haben wirtschaftlich enorm aufgeholt.

Foto: DB Systel GmbH / Braum

Der aktuelle Jahresbericht stellt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die regionalen Unterschiede in den Mittelpunkt, und hierbei insbesondere die künftige Förderung strukturschwacher Regionen.

"Gerade für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist die Frage von entscheidender Bedeutung, wie regionale Strukturschwächen überwunden und und gleichwertige Lebensverhältnisse gefördert werden können. Unser Land wird nur dann eine gute Zukunft haben, wenn seine Bürgerinnen und Bürger in allen Teilen des Bundesgebietes ein selbstbestimmtes Leben führen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können", sagte die Bundesbeauftragte für die neuen Länder, Iris Gleicke.

Wirtschaft und Erwerbstätigkeit wächst 

Der diesjährige "Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit" kann erneut eine positive Bilanz in den neuen Bundesländern ziehen. Die ostdeutsche Wirtschaft hat sich insgesamt gut entwickelt. Der Anteil der ostdeutschen Industrie an der Bruttowertschöpfung liegt heute sogar knapp über dem EU-Durchschnitt. Auch die Wirtschaftskraft liegt mittlerweile nur noch knapp unter EU-Durchschnitt. Das ist ein beachtlicher Erfolg.

Positiv ist auch die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt: Die Zahl der Erwerbstätigen ist gestiegen, die Arbeitslosenquote weiter gesunken. Sie lag 2016 in Ostdeutschland bei 8,5 Prozent und in Westdeutschland bei 5,6 Prozent. In den ostdeutschen Ländern ist die Arbeitslosenquote seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2005 um 10,2 Prozentpunkte gesunken und hat sich damit mehr als halbiert.

Angleichung der Löhne und Renten

Mit der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt ist auch die Angleichung der Löhne ein gutes Stück vorangekommen. Heute liegen die tariflichen Entgelte in Ostdeutschland bei 98 Prozent der Entgelte in Westdeutschland. Dort, wo Tarifverträge wirken, ist eine tarifliche Lohnangleichung Ost/West schon fast erreicht.

Das gilt auch für die Angleichung der Renten. Durch die deutliche Rentenerhöhung zum 1. Juli 2016 hat sich für die ostdeutschen Länder ein aktueller Rentenwert von 28,66 Euro (bisher 27,05 Euro) und für die westdeutschen Bundesländer von 30,45 Euro (bisher 29,21 Euro) ergeben. Mit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2017 ist die gesetzliche Rente in den ostdeutschen Ländern um 3,59 Prozent und in den westdeutschen um 1,90 Prozent gestiegen. Die höhere Rentenanpassung im Osten beruht auf der höheren Lohnentwicklung dort. Damit steigt der aktuelle Rentenwert (Ost) auf 95,7 Prozent des Westwerts.

Am 15. Februar 2017 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf für den Abschluss der Rentenüberleitung beschlossen. Bundestag und Bundesrat haben dem Gesetz zugestimmt: Ab 2025 wird die Rente in Deutschland einheitlich berechnet.

Strukturschwächen trotz guter Entwicklung

Trotz des enormen wirtschaftlichen Aufholprozesses zählt die Mehrzahl der Regionen in den neuen Ländern immer noch zu den strukturschwachen Regionen. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag 2016 bei 73,2 Prozent des westdeutschen Vergleichswertes. Hinzu kommen eine höhere Arbeitslosenquote als in den westdeutschen Ländern, ein geringeres Lohn- und Gehaltsniveau sowie geringere Steuereinnahmen je Einwohner.

Das Fehlen großer Industriebetriebe und ihrer Konzernzentralen sowie die geringere Siedlungsdichte in den neuen Ländern erschweren ein höheres Wirtschaftswachstum. Das wäre nötig, um eine schnellere Angleichung der ostdeutschen Wirtschaftskraft an das westdeutsche Niveau zu erreichen.

Stärkung der Wirtschaftskraft

Die Bundesregierung hält weiter an ihrem Ziel fest, gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland zu schaffen.

Dabei spielt die Stärkung der Wirtschaftskraft in den strukturschwachen Regionen in ganz Deutschland eine wichtige Rolle. Ostdeutsche Unternehmen profitieren insbesondere von den gesamtdeutsch ausgerichteten Maßnahmen, die sich im Wesentlichen auf die Förderung von Investitionen, Innovationen und Internationalisierung konzentrieren. Die Förderprogramme wenden sich hauptsächlich an kleine und mittlere Unternehmen, was den ostdeutschen Unternehmen aufgrund der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur besonders zugutekommt.

Zentrales Instrument zur Stärkung der Regionen ist seit vielen Jahren die "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Damit sollen die Standortnachteile strukturschwacher Regionen ausgeglichen werden. Rund 80 Prozent der Fördermittel des Programms fließen in ostdeutsche Regionen.

Darüber hinaus gibt es einige Programme, die Sonderkonditionen für Vorhaben in Ostdeutschland oder in strukturschwachen Gebieten vorsehen. In diesem Jahr startete das Programm "Wandel durch Innovationen in der Region", mit dem Innovationen in strukturschwachen Regionen gefördert werden. Bis 2019 richtet sich das Programm speziell an die ostdeutschen Länder. 2020 ist die Förderung weiterer Regionen möglich.

"Die künftige Regionalförderung sollte flexibel sein, alle Kräfte bündeln und neuen Ansätzen gegenüber offen stehen." sagte die Bundesbeauftragte weiter.

Gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen

Mit der Förderung der Wirtschaftskraft will die Bundesregierung regionale Strukturunterschiede abbauen und gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet fördern. Hierzu hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode wichtige Weichen gestellt.

Neben der Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs sind das zum Beispiel die langfristige Bundesunterstützung für den Öffentlichen Personennahverkehr mit Regionalisierungsmitteln und die Bundesförderung des Breitbandausbaus in der Fläche.

Der Neuregelung des Länder-Finanzausgleichs hat der Bundesrat im Juni 2017 zugestimmt. Dadurch profitieren leistungsschwache Länder ab 2020 überproportional von den Unterstützungsleistungen des Bundes. Ihnen werden 2020 rund 1,8 Milliarden Euro zufließen. Möglich wird das durch Bundesergänzungszuweisungen zur Stärkung der Gemeindesteuerkraft und zum Ausgleich einer Forschungsförderung, die niedriger ist als der Länderdurchschnitt.

Hohe Lebenszufriedenheit

Eine große Herausforderung in Teilen Ostdeutschlands ist die Sicherung der Daseinsvorsorge. Gemeint sind damit Einrichtungen, die für das Leben der Bevölkerung grundlegend notwendig sind, wie der Öffentliche Personennahverkehr, die Gas-, Wasser-, und Elektrizitätsversorgung, eine ausreichende medizinische Versorgung, Schulen und andere Bildungseinrichtungen oder die Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung.

Der Rückgang der Bevölkerung in vielen ländlich geprägten Regionen und der steigende Anteil älterer Menschen haben Auswirkungen auf wohnortnahe Angebote. Diese müssen auf die veränderten Bedürfnisse ausgerichtet werden, um eine gute Versorgung zu sichern und dauerhaft finanzierbar zu bleiben.

"Entscheidend ist letztlich, was den strukturschwachen Regionen in Ost und West hilft, um die Entwicklung vor Ort zu unterstützen und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt in ganz Deutschland zu stärken. Die Menschen in Ost und West müssen sich darauf verlassen können: Wo gravierende Strukturschwächen bestehen, wird der Bund auch in Zukunft helfen", so Gleicke.

Fragt man die Bundesbürger in Ost- und Westdeutschland nach ihrer Lebenszufriedenheit, zeigen die Antworten die höchste Zufriedenheit seit der Wiedervereinigung. In Ostdeutschland hat die Zufriedenheit vor allem in den letzten zehn Jahren stark zugenommen und ist weitgehend zu dem höheren westdeutschen Niveau aufgeschlossen. Sicher auch ein Verdienst von 27 Jahren Aufbau Ost.