Das offene Haus

15. Architekturbiennale Venedig Das offene Haus

Große Öffnungen und durchbrochene Wände - der deutsche Pavillon auf der diesjährigen Architekturbiennale soll dazu aufrufen, über Deutschland als offenes Einwanderungsland nachzudenken. Die Biennale gebe sich kämpferisch wie noch nie, so Bundesbauministerin Hendricks zur Eröffnung.

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Die 15. Architekturbiennale in Venedig findet vom 27. Mai bis 27. November 2016 statt. "Die Biennale gibt sich mit dem Motto "Reporting from the Front" kämpferisch wie noch nie", sagte Bundesbauministerin Hendricks anlässlich der Eröffnung des Deutschen Pavillons. Während der diesjährigen Architektur-Biennale zeigen die Teilnehmerländer, welche Lösungen Architekten, Planer, Entscheider und zivilgesellschaftliche Gestalter für gesellschaftliche Brennpunkte beitragen können. Der besondere Focus in Deutschland ist auf die Integration von Flüchtlingen gerichtet.

Das große Thema: Ankommen in der Fremde

Auf der diesjährigen Architekturbiennale werden im Deutschen Pavillon Vorschläge von Architekten und Städtebauern zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen präsentiert. Der deutsche Beitrag "Making Heimat. Germany, Arrival Country" macht die Voraussetzungen für lebendige und lebenswerte Stadtquartiere anschaulich. Ausgewählte Beispiele von Flüchtlingsunterkünften und damit einen Einblick in diese Realität werden gezeigt. Damit wird das Motto der Biennale 2016 "REPORTING FROM THE FRONT" aufgegriffen und gestaltet.

Mehr als 48 Tonnen Ziegelsteine wurden aus den denkmalgeschützten Wänden des Deutschen Pavillons herausgestemmt. Der Deutsche Pavillon ist nun ein offenes Haus. Auch nachts kann das Gebäude nicht verschlossen werden. Das symbolisiert: Deutschland ist offen. Die Geste des offenen Hauses ruft dazu auf, über Deutschland als offenes Einwanderungsland nachzudenken.

Der Beitrag wurde im Auftrag des Bundesbauministeriums vom Deutschen Architektur Museum (DAM) mit seinem Direktor Peter Cachola Schmal erarbeitet.

Einwandererviertel - Problemviertel?

Einwandererviertel gelten meist als Problemviertel. Der hohe Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland hat jedoch auch dazu angeregt, Einwandererviertel mit anderen Augen zu sehen. Denn sie bieten ihren Bewohnern und Neuankömmlingen die wichtigsten Voraussetzungen einer "Arrival City": Kostengünstigen Wohnraum, Zugang zu Arbeitsplätzen, kleinteilige Gewerbeflächen, gute Verkehrsanbindungen, Netzwerke anderer Einwanderer derselben Kultur.

"Deutschland ist nicht zuletzt als Ziel hunderttausender Geflüchteter aus den Kriegs- und Krisenregionen unserer Zeit in den vergangenen Monaten ein Arrival Country gewesen, ein Ankunftsland. Es ist eine Tatsache: Deutschland ist ein Einwanderungsland, und wir bekennen uns dazu", sagte Bauministerin Hendricks. "Die Ausstellung "Making Heimat" zeigt uns, wie wir das als Chance nutzen können: Die Ankunftsstadt braucht bezahlbaren Wohnraum. Eine gute Durchmischung von Arbeiten und Wohnen muss durch Gewerbe im Erdgeschoss ermöglicht werden. Die besten Schulen gehören in die problematischsten Stadtviertel. Die Ankunftsstadt braucht städtische Dichte und gute öffentliche Verkehrsverbindungen zu den Arbeitsstätten."

Nach der Biennale

Bis Ende November laden Sitzinseln und Stühle im Innen- und Außenraum auf dem Gelände des Deutschen Pavillons die Besucher zum Verweilen ein. Ziegelsteine werden als Tresen und Sitzmöbel verwendet. Nach der Ausstellung im November werden die Wände des denkmalgeschützten Gebäudes damit wieder geschlossen.

Biennalen sind der Ort, an dem sich die Architektur als breite, in die Gesellschaft wirkende Disziplin hinterfragt, und Diskussionen eröffnet, national und international. Die Architektur-Biennalen sind weltweit das wichtigste Schaufenster für innovative Architektur und Stadtentwicklung. Es bleibt zu hoffen, dass die architektonischen Anstöße der Biennale tatsächlich die Suche nach Lösungen im Wohnungsbau beflügelt.

Bundesbauministerin Hendricks betont: "Eine gelungene Integration hat viele Facetten, zum Beispiel dass bezahlbarer und guter Wohnraum für alle zur Verfügung stehen muss. Dafür benötigen wir 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Das ist ein hochgestecktes Ziel. Wir sollten diese Vorgabe als eine Chance verstehen, um neue Wohnkonzepte mit einem geringeren Pro-Kopf-Flächenverbrauch, einer höheren Bebauungsdichte und mit guter Architekturqualität zu verbinden."

Architektur-Biennale Venedig
Die Biennale Venedig findet alle zwei Jahre statt. Deutschland fördert die nationalen Beiträge aus dem Etat des Bundesbauministeriums. Der deutsche Pavillon steht auf dem historischen Biennale-Gelände im Giardini von Venedig. Die inhaltliche Verantwortung für den deutschen Beitrag liegt bei einem Generalkommissariat, das jeweils durch einen Wettbewerb ausgewählt wird. Als Direktor der 15. Architektur-Biennale wurde der chilenische Architekt Alejandro Aravena berufen. Er engagiert sich besonders für soziales und kostengünstiges Bauen und wurde dafür mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet.