An Umsetzung von Minsk weiterarbeiten

Ukrainischer Ministerpräsident in Berlin An Umsetzung von Minsk weiterarbeiten

Deutschland wird der Ukraine auf ihrem schwierigen Reformweg weiter zur Seite stehen. Dazu gehöre auch die sichere Durchführung von Wahlen im Donbass. Das versicherte Kanzlerin Merkel ihrem neuen Amtskollegen Hroisman, der sich zu seinem Antrittsbesuch in Berlin aufhält.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt den ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Hrojsman.

Kanzlerin Merkel sprach mit Ministerpräsident Hroisman über Wirtschaft und Sicherheit in der Ukraine.

Foto: Bundesregierung/Kugler

Fünfzig Tage nach Amtsantritt der neuen ukrainischen Regierung traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Meinungsaustausch mit Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. "Wir haben über die Situation in der Ukraine ein sehr freundschaftliches und offenes Gespräch miteinander geführt", stellte Merkel in der abschließenden Pressekonferenz fest. Sie wünsche "von Herzen dem Ministerpräsidenten allen denkbaren Erfolg". Deutschland werde "mit allem, was uns möglich ist, die Ukraine unterstützen."

Schwieriger Reformprozess

Die Ukraine sehe sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, sowohl was die wirtschaftliche Situation angehe, als auch innenpolitisch. "Die Ukraine durchschreitet einen schwierigen Reformprozess nach vielen Jahren des Stillstands", so die Kanzlerin. Es gehe dabei um den Aufbau eines neuen Justizsystems und um die Bekämpfung der Korruption.

"Es geht vor allen Dingen aber darum, den Menschen zu zeigen, dass nach einer schwierigen Phase des Übergangs sich ihre eigene Lebenssituation auch verbessert." Das sei bisher aber nicht eingetreten, vielmehr sei das Durchschnitteinkommen gesunken.

Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen

Die Wirtschaftskooperation mit der Ukraine stehe daher im Vordergrund. Nach einer gemeinsamen Wirtschaftskonferenz im vergangenen Februar in Berlin wird deshalb im Oktober eine zweite Konferenz in Kiew abgehalten. Sie soll deutsche Investoren für das Wirtschaftspotenzial der Ukraine interessieren. Bei dieser Gelegenheit werde auch die deutsche Außenhandelskammer eingeweiht.

Deutschland unterstütze die Reformen und Dezentralisierungsbemühungen der Ukraine ganz konkret mit einem ungebundenen Finanzkredit. Dieser solle vorrangig zur Verbesserung der Energieeffizienz verwendet werden, betonte Merkel.

Video Presseunterrichtung der Kanzlerin mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten

Krisenregion Donbass

Angesichts der weiterhin angespannten Sicherheitslage um die im ostukrainischen Konfliktgebiet liegenden Städte Donezk und Lugansk beklagte die Bundeskanzlerin, dass es dort immer noch keinen stabilen Waffenstillstand gibt. "Das ist sehr bedauerlich, weil das jeden Tag natürlich Unruhe in diesen Gebieten, aber auch in der gesamten Ukraine verursacht."

Dessen ungeachtet stünden Deutschland und die Ukraine zur Forderung nach Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. "Ich werde natürlich mit Präsident Poroschenko, der dafür vorrangig verantwortlich ist, weiter im Kontakt bleiben", versicherte Merkel.

Arbeit am Wahlgesetz

Im Normandie-Format versuchten Deutschland und Frankreich derzeit auf Arbeitsebene, die ukrainischen Interessen zu unterstützen, damit die Ukraine wieder Zugang zu ihren Grenzen erhalte. Man arbeite mit Hochdruck, "aber wir sind noch nicht da, wo sich ein Gespräch auf politischer Ebene als aussichtsreich erweisen würde", so die Kanzlerin.

Der Entwurf für ein Wahlgesetz werde jetzt mit Russland von den Rechtsexperten und Vertretern der OSZE verhandelt. Notwendig sei es, "die richtige Schrittfolge hinzubekommen, und dann bedarf es sicherlich vor einer Abstimmung über ein Wahlgesetz einer gewissen Phase des Waffenstillstandes, in der er auch stabil ist", stellte Merkel klar.

Was politische Gespräche angehe, hingen diese derzeit von den Fortschritten im Detail ab, weshalb es noch kein genaues Datum für ein weiteres Spitzentreffen im Normandie-Format gebe. Insgesamt gehe es darum, den Menschen im Donbass wieder ein besseres Leben zu ermöglichen und Wahlen nach OSZE-Standard abhalten zu können. "Das ist ein schwieriger Prozess, aber ich glaube, es lohnt sich ihn zu gehen", betonte die Kanzlerin.

Am 6. Juni 2014 traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wladimir Putin, Petro Poroschenko und François Hollande am Rande des Weltkriegs-Gedenkens in der Normandie. Es war die erste Begegnung der Staatschefs Russlands und der Ukraine seit Beginn der Krise. Seither werden Treffen und Gespräche mit Beteiligten der vier Länder Normandie-Format genannt.

Ziel: Visaliberalisierung im Herbst

Das für die Ukraine wichtige Thema Visaliberalisierung stehe für den Herbst auf der Tagesordnung. Die Ukraine habe alle notwendigen Bedingungen erfüllt. Man arbeite in der EU jetzt an einem Mechanismus, der in Zeiten der Gefahr eine Aussetzung der Visafreiheit ermögliche. Das habe zu tun mit Erfahrungen nach der Visaliberalisierung mit Serbien, als die Zahl der Asylanträge hochschnellte.

Mit der Umsetzung des britischen EU-Austrittsreferendums habe diese Frage aber "erstmal nichts zu tun", versicherte Merkel. Ministerpräsident Hroisman stellte klar, die Ukraine werde sich an alle notwendigen Gesetzesschritte halten.