„Es geht um die Sicherheit Europas“

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Regierungserklärung zum Europäischen Rat „Es geht um die Sicherheit Europas“

Neben der Unterstützung der Ukraine sei auch die Erweiterungspolitik der EU Teil einer Strategie „im Ringen um den Frieden in Europa“, so Scholz während seiner Regierungserklärung zum Europäischen Rat im Bundestag. Beide Themen stehen auf der Agenda des Rats, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel zusammenkommt. Auch über Reformen der EU möchte der Bundeskanzler dort sprechen.

6 Min. Lesedauer

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht im Bundestag.

Kanzler Scholz im Bundestag: Der russische Angriffskrieg bleibt die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung für unseren Kontinent

Foto: Bundesregierung/Kugler

Aus gegebenem Anlass begann Bundeskanzler Olaf Scholz seine Regierungserklärung zum Europäischen Rat mit Glückwünschen an Donald Tusk, der an diesem Morgen als polnischer Premierminister vereidigt wurde. Der Bundeskanzler freue sich darauf, „die Europäische Union und die deutsch-polnischen Beziehungen Seite and Seite mit Polen voranzubringen“, sagte er am Mittwoch im Deutschen Bundestag.

Polen ist laut Scholz ein „unverzichtbarer Teil unserer Europäischen Union“. Die Rolle des Landes in und für Europa sei heute größer denn je. Das liege auch an Polens sicherheitspolitischem Beitrag angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. „Deutschland und Polen haben mehr Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen als alle anderen EU-Mitgliedstaaten“, sagte Scholz.

Russischer Angriffskrieg ist zentrale sicherheitspolitische Herausforderung

Vor nunmehr fast zwei Jahren begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch beim Treffen des Europäischen Rats am 14. und 15. Dezember in Brüssel wird er im Fokus stehen. Denn dieser Krieg bleibe, so der Bundeskanzler, „die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung für unseren Kontinent.“

Olaf Scholz zeigte sich beeindruckt von der Leistung der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten, welche Gebiete befreit und weitere Erfolge verbuchen konnten. So sei unter anderem die ukrainische Luftverteidigung deutlich besser geworden. Hier leiste Deutschland mit der Bereitstellung des Flakpanzers Gepard, den Iris-T-Systemen und Patriot-Flugabwehrsystemen einen wesentlichen Beitrag.

Diese Unterstützung für die Ukraine sei auch dringend nötig: Denn Russland habe seine Wirtschaft inzwischen auf eine Kriegswirtschaft umgestellt und die Waffenproduktion laufe auf Hochtouren. Zudem schicke der russische Präsident zehntausende Soldatinnen und Soldaten ohne Rücksicht auf Verluste an die Front.

Ukraine-Unterstützung „so lange wie nötig“

Angesichts dieser Entwicklung dürfe die internationale Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen, sagte Scholz. In der EU seien sich fast alle Mitgliedstaaten einig, dass die Ukraine in den kommenden Jahren mit 50 Milliarden Euro unterstützt werden müsse; lediglich Ungarn habe noch nicht zugestimmt. Zusätzlich sei die Entscheidung über weitere Unterstützungen eng mit den Verhandlungen über den EU-Haushalt verknüpft.

Beim Europäischen Rat wolle Scholz sich daher für eine nachhaltige und verlässliche finanzielle Unterstützung der Ukraine einsetzen. Denn bei dem russischen Angriffskrieg gehe es auch um die Sicherheit Europas und die Frage, „ob Grenzen in Europa in Zukunft sicher sind“, sagte der Bundeskanzler. Diese Frage entscheide sich auch in der Ukraine. Deshalb sei ein Element der Vorschläge zum Bundeshaushalt 2024 die deutsche Unterstützung der Ukraine abzusichern – „so lange wie nötig.“

Zu dieser Unterstützung zählen laut Bundeskanzler acht Milliarden Euro für Waffenlieferungen, Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt und voraussichtlich über sechs Milliarden Euro zu Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland. Denn „angesichts eines erwartbar lang andauernden Kriegs kommt es eben auch sehr auf Deutschland an bei der Unterstützung der Ukraine“, so der Kanzler.

Ein klares Signal an die russische Führung

Nicht nur der Europäische Rat befasst sich mit dem russischen Angriffskrieg und seinen Folgen. Auch im G7-Kreis sei sich auf Sicherheitszusagen für die Ukraine verständigt worden, sagte Scholz. Dem hätten sich bereits 31 Länder angeschlossen. Hier ginge es darum, „die Verteidigungskapazitäten der Ukraine gemeinsam so auszubauen, dass Russland nie wieder einen Angriff auf das Land wagt.“

Deutschland übernehme dabei beispielsweise gemeinsam mit Frankreich die Führung im Bereich der Luftverteidigung. Das Signal an die russische Führung müsse ganz klar sein: „Ihr könnt diesen Krieg nicht aussitzen.“

24:29

Video Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz

Bundesregierung für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau

Im „Ringen um den Frieden in Europa“ sei auch die Erweiterungspolitik der Europäischen Union Teil der Strategie, so Bundeskanzler Scholz.

Die Bundesregierung befürworte ausdrücklich, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit der Republik Moldau zu eröffnen – so wie von der Europäischen Kommission empfohlen. Der Weg dieser Länder führe „als freie europäische Nationen in ein freies vereintes Europa“. 

Das gelte auch für Georgien, das den Kandidatenstatus erhalten soll, und für die Länder des westlichen Balkans. Es sei eine historische Chance, die Region „ein für allemal fest in Europa zu verankern“. Davon profitiere die Region, aber auch eine geopolitische EU. Im Vorfeld des Europäischen Rats wird der Bundeskanzler im Brüssel am EU-Westbalkan-Gipfel teilnehmen. Ziel des Gipfel ist es, die europäische Perspektive des Westbalkans zu bekräftigen und gleichzeitig die umfassende Unterstützung der EU für den westlichen Balkan hervorzuheben.

Kanzler für mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit

Der Bundeskanzler machte sich außerdem während seiner Regierungserklärung für mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit stark – innerhalb des Beitrittsprozesses, aber auch im Bereich der Außen- und Steuerpolitik. Denn wer von Kandidatenländern Reformen erwarte, „der sollte sich selbst nicht vor dieser Aufgabe drücken“, so der Kanzler.  

Beim Europäischen Rat möchte sich der Bundeskanzler darauf verständigen - mit dem Input der Kommission - bis kommenden Sommer einen klaren Fahrplan für den Reformprozess zu erarbeiten. Nach der Europawahl sollen dann die praktischen Reformen umgesetzt werden. Die europäischen Verträge seien flexible genug, eine Änderung daher nicht notwendig, sagte Scholz.

Ansatz ist und bleibt Zwei-Staaten-Lösung

Auch die Lage in Israel wird den Europäischen Rat beschäftigen. Die Haltung der EU zum Terrorangriff der Hamas auf Israel habe gezeigt, wie schwer es teilweise sei, einen europäischen Konsens in zentralen außenpolitischen Fragen herzustellen.

Nach langen, schwierigen Verhandlungen habe sich der Europäischen Rat darauf verständigt, dass Israel das Recht habe, „sich gegen diesen furchtbaren Terrorismus zu verteidigen“, sagte Scholz. Die Bundesregierung setze sich weiter dafür ein, dass die Hamas unverzüglich alle Geiseln freilasse. Zugleich seien humanitäre Pausen unabdingbar, um die Bevölkerung in Gaza mit dem Nötigsten zu versorgen. Diese humanitäre Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung sei notwendig, „sie muss verlässlich fließen“, so Scholz.

Gleichzeitig müsse der Blick auf die Zeit gerichtet werden, wenn die Waffen schweigen. In diese Diskussion sollte Europa sich einbringen. Es bedürfe einer Ordnung, die den Bürgerinnen und Bürgern Israels verlässlichen Schutz biete und die Länder der Region einbinde. Darüber hinaus müsse die politische Verantwortung der Palästinensischen Autonomiebehörde für Gaza gestärkt werden.

Das alles werde nur mit einem politischen Lösungsansatz gelingen. „Und dieser Lösungsansatz ist und bleibt eine Zwei-Staaten-Lösung, der man sich schrittweise nähern muss“, so Scholz. Der Bundeskanzler wolle dafür werben, sich auch in der EU mit Post-Konflikt-Szenarien zu beschäftigen – so wie auch die Bundesregierung darüber international Gespräche führt.

Bürokratie abbauen, Migration steuern sowie Stabilitäts- und Wachstumspakt reformieren

Rund sechs Monate vor der Europawahl nutzte der Bundeskanzler die Regierungserklärung auch, um die Prioritäten für die verbleibende EU-Legislaturperiode zu benennen. Die Verabschiedung der EU-Asylreform zählte er dabei zu den obersten Prioritäten. „Wir brauchen eine Einigung mit dem Europäischen Parlament auf das gemeinsame europäische Asylsystem. Das hat für Deutschland hohe Priorität“, so Scholz. Ebenso wichtig sei eine engere Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. „Dazu zählt auch, die EU-Türkei-Erklärung mit neuem Leben zu füllen“, erklärte er.

Darüber hinaus sei neben dem Abbau der Bürokratie eine Verständigung über die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts aus seiner Sicht zentral. Hier zeigte er sich zuversichtlich, dass nachdem die Finanzminister intensiv an dem Dossier gearbeitet hätten, „uns in Kürze eine Gesamteinigung gelingen könnte“.