Pressestatement von Kanzleramtsminister Pofalla nach der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am 24. Oktober 2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

bevor ich auf die aktuellen Vorwürfe eingehe, möchte ich noch einmal kurz einen Blick darauf wenden, was in den letzten Monaten - insbesondere im Sommer - in der Diskussion stand.

Die Vorwürfe im Zusammenhang mit der NSA hatten sich im Kern zum einen auf die Zusammenarbeit zwischen den US- und den deutschen Nachrichtendiensten bezogen, zum anderen ging es um die mögliche millionenfache Aufklärung von Daten deutscher Bürger durch die NSA. Insbesondere der Vorwurf der millionenfachen Aufklärung von Daten deutscher Bürger durch die NSA ist im Sommer dieses Jahres Gegenstand mehrerer Gespräche der Bundeskanzlerin mit US-Präsident Obama gewesen.

Ich will deshalb daran erinnern, weil damit deutlich werden soll, dass von Anbeginn an alle Möglichkeiten, die wir politisch, aber auch bei der Arbeit der Dienste haben, genutzt worden sind, um hier zu einer Klärung zu kommen. Es hat eine Vielzahl von Gesprächen im Sommer in Amerika gegeben; unter anderem war der Bundesinnenminister in Amerika, aber auch die Chefs der deutschen Dienste waren in Amerika, um sich mit den Partnerdiensten zu treffen und um Auskunft zu bitten.

Dabei konnten viele Fragen geklärt werden. So ist einerseits deutlich geworden, dass sich die deutschen Nachrichtendienste an Recht und Gesetz halten. Hierzu ist sogar eine dienstliche Erklärung des Präsidenten des BND mir gegenüber abgegeben worden, und ich habe bis heute keinen einzigen Anlass, an der Richtigkeit dieser Erklärung des Chefs des BND zu zweifeln.

Andererseits stammen die millionenfachen Daten, die der NSA vorliegen, nach übereinstimmenden Aussagen der NSA und Einschätzung übrigens auch der deutschen Nachrichtendienste nicht aus einer Aufklärung der NSA in Deutschland. Diese Daten stammen demnach aus der Auslandsaufklärung des BND und werden um die Deutschlandbezüge quasi in Form eines Filters bereinigt, bevor sie den Amerikanern und der NSA zur Verfügung gestellt werden. Die rechtliche Grundlage dieser Zusammenarbeit sind die deutschen Gesetze, die deutschen Datenschutzgesetze und das Übereinkommen zwischen dem BND und der NSA aus dem Jahre 2002.

Ich möchte ausdrücklich betonen: Im Zuge der Klärung dieser Fragen hatten uns die Verantwortlichen der NSA unter anderem unmissverständlich mündlich wie schriftlich versichert, dass die NSA nichts unternimmt, um deutsche Interessen zu schädigen. Ferner hat die NSA schriftlich versichert, dass sie sich an alle Abkommen, die mit der deutschen Bundesregierung - vertreten durch die deutschen Nachrichtendienste - geschlossen wurden, hält und dies auch in der Vergangenheit stets getan hat. Das hatte ich auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Deutschen Bundestags so berichtet.

Durch Recherche des Magazins „DER Spiegel“ haben wir jetzt neue Hinweise erhalten, die darauf hindeuten, dass das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin möglicherweise durch die NSA abgehört worden ist. Das würde eine völlig neue Qualität darstellen und auf alle Aussagen der NSA aus den vergangenen Wochen in den vergangenen Monaten ein neues Licht werfen. So hat das Weiße Haus zwar gestern Abend ausgeschlossen, dass die Kommunikation der Bundeskanzlerin jetzt und in der Zukunft abgehört wird; dieses Dementi hat das Weiße Haus aber nicht für die Vergangenheit abgegeben. Sollte sich daher der Rückschluss bewahrheiten, dass die NSA in der Vergangenheit die Bundeskanzlerin tatsächlich abgehört hat, würde dies für mich bedeuten: Es würde sich hierbei um ein Vorgehen handeln, das unter Partnern und engen Verbündeten völlig inakzeptabel ist. Das würde nach meiner festen Überzeugung einen schweren Vertrauensbruch darstellen.

Es hat sich bei den Vorwürfen im Sommer um gravierende Sachverhalte gehandelt, und es handelt sich auch heute bei den neuen Vorwürfen wieder um gravierende Vorwürfe. Deshalb werde ich erstens auf eine vollständige und schnelle Aufklärung aller neuen Vorwürfe drängen.

Deshalb habe ich zweitens bereits veranlasst, dass zusätzlich alle Aussagen, die die NSA in den vergangenen Wochen und Monaten mündlich wie schriftlich vorgelegt hat, erneut überprüft werden. Das gilt auch für die Fragen des Datenschutzes zwischen dem BND und der NSA.

Drittens wird deshalb heute der US-Botschafter in das Auswärtige Amt einbestellt. Dabei wird dem US-Botschafter noch einmal unmissverständlich verdeutlicht werden, dass wir die Beantwortung aller noch offenen Fragen erwarten.

Viertens erwarten wir deshalb den Abschluss eines No-Spy-Abkommens, in dem die Tätigkeit und die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste geregelt und festgelegt werden, unter anderem, dass wir uns nicht gegenseitig ausspionieren.

Abschließend möchte ich größten Wert darauf legen, dass wir alles unternommen haben, seitdem uns diese neuen Vorwürfe bekannt sind, diese einer Klärung zuzuführen. Deshalb habe ich heute auch die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums über diese Erkenntnisse informiert. Da aber unsere internen Ermittlungen weiter andauern, bitte ich um Verständnis dafür, dass ich heute nicht dazu der Lage bin, weitere Auskünfte zu geben, um die Überprüfungen, die notwendigerweise und auch zwingenderweise stattfinden müssen, nicht zu gefährden.

Ich habe dem Parlamentarischen Kontrollgremiums zugesichert: Sobald und soweit wir weitere Erkenntnisse haben werden, werde ich dem Gremium weiter zur Verfügung stehen und das Kontrollgremium über unsere Ergebnisse, die wir bei den Überprüfungen erzielt haben, unterrichten. Soweit davon Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht betroffen sind, werde ich dann selbstverständlich auch die Öffentlichkeit darüber unterrichten. Ich bedanke mich herzlich. Danke schön!