Bei G7 nachhaltige Lieferketten vereinbaren

Internationale Sozialstandards Bei G7 nachhaltige Lieferketten vereinbaren

"Vom Baumwollfeld bis zum Bügel nachvollziehen, wo etwas herkommt - das brauchen wir auch in der Textilwirtschaft", so Bundesentwicklungsminister Müller. Gemeinsam mit Arbeitsministerin Nahles will er im G7-Prozess Verabredungen treffen, damit Beschäftigte weltweit ihre Rechte durchsetzen können.

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Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und Entwicklungsminister Gerd Müller haben in Berlin eine internationale G7-Konferenz mit Beteiligten aus Wirtschaft, Forschung, Arbeitnehmervertretern und Nichtregierungsorganisationen zu gerechter Arbeit eröffnet.

Zwei Euro von der 100-Euro-Jeans

Am Beispiel einer Jeans, die jemand in Berlin für 100 Euro kauft, machte Minister Müller deutlich, wie viel Ungerechtigkeit bei der Produktion und weiteren Prozessen herrscht. Bei der Näherin in Vietnam oder Bangladesch blieben zwei Euro hängen. Sie bekomme in ihrem Land einen Stundenlohn von 15 Cent, von dem sie nicht einmal vollständig ihren Lebensunterhalt bestreiten könne. Deshalb brauche der Markt Regeln, so Müller.

Arbeitsministerin Nahles wies darauf hin, dass Grundregeln zwar bei der Internationalen Arbeitsorganisation ILO existierten, diese aber nicht ausreichend umgesetzt würden.

Beschäftigte müssen Rechte einklagen können

Die Beschäftigten, die derart ausgebeutet würden, hätten auch nicht genügend Handhabe, ihre Rechte einzuklagen, erklärte Nahles. An diesem Punkt setzen Maßnahmen an, die Deutschland im G7-Prozess weltweit stärker zur Geltung bringen möchte. Das sind ökologische und soziale Mindeststandards für jegliche Produktion - ob Öl, Kaffee oder Kleidung. Ziel ist, eine Charta für nachhaltiges Wirtschaften zu vereinbaren.

Für die Beschäftigten in den armen Ländern sollen Mechanismen zur Beschwerde und Schlichtung eingerichtet oder stärker etabliert werden. Ein globaler Fonds ("Vision Zero Fund") soll aus der Taufe gehoben werden, damit Sicherheitsstandards besser eingehalten werden. In den G7-Staaten soll dafür von Unternehmen und Organisationen Geld gesammelt werden, um Unfall-Versicherungen aufzubauen oder Brandschutzinspektoren auszubilden.

68 Millionen Kinder auf der Welt arbeiten

"Alle 15 Sekunden stirbt ein Mensch durch einen Arbeitsunfall oder eine berufsbedingte Krankheit. 168 Millionen Kinder weltweit müssen arbeiten. Hier müssen wir ansetzen", so Nahles. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen in den reichen Ländern benötigten Hilfestellung, wie sie ihre Lieferketten nachhaltig machen. Die Verbraucher in den reichen Ländern hätten in der Hand, welche Produkte an den Markt gelangen.

Von der Bundesregierung sei kürzlich die Internetseite Siegelklarheit freigeschaltet worden. Verbraucher können sich dort anhand der Produktkennzeichnung Klarheit verschaffen, inwieweit Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden.

Die von Entwicklungs- und Arbeitsministerium vorgeschlagenen Maßnahmen sind in einem Zukunftspapier niedergelegt.

Bildung statt Kinderarbeit

"Transparenz ist der Schlüssel für faire Lieferketten", bekräftigte Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi. Die Komplexität großer Konzerne führe mitunter dazu, dass Herstellungswege - beispielsweise durch den Einsatz dubioser Sub-Firmen - gezielt verschleiert werden. Der Einsatz von Kinderarbeit habe aber in Lieferketten nichts zu suchen, mahnte er.

Bildung sei ein wichtiger Ansatz im Kampf gegen Kinderarbeit: "Denn wenn Kinder und Jugendliche eine gute Ausbildung erhalten, dann suchen sie gezielt nach besseren Chancen und sehen ihre Zukunft und die ihrer Familien nicht in Fabriken", sagte Satyarthi.

Menschenwürdige Arbeit weltweit

Zum Abschluss der Konferenz am 11. März sprachen sich Weltbankpräsident Jim Yong Kim, ILO-Generalsekretär Guy Ryder und OECD-Chef Angel Gurría dafür aus, besser zusammenzuarbeiten. Deutschland sei Vorreiter bei Arbeits- und Sozialstandards, es könne mit der G7-Präsidentschaft viel im Interesse der Ärmsten auf der Welt vorantreiben.

Die Menschen in den armen Ländern bräuchten dringend Arbeit mit guten Arbeits- und Sozialstandards sowie existenzsichernder Entlohnung, so Kim. Die Reformen für bessere Arbeitsbedingungen in Bangladesch seien ein Beispiel dafür, erklärte Ryder. Solche Beispiele müssten sichtbarer werden, um machtvolle Zeichen für andere Länder zu setzen. Die Konferenz könne starke Botschaften aussenden, sagte Gurría.

"Wir haben den Auftrag aus der Konferenz aufgenommen und werden unsere Ziele konkretisieren", sagte Nahles. Vor allem die Grundidee des "Vision Zero Fund" sei sehr akzeptiert. Bei den G7-Verhandlungen im Juni werde Deutschland die Vorschläge gut platzieren. Sie hoffe, dann im Herbst zur Umsetzung zu kommen.

"Die Welt ist eine Welt - und unsere Verantwortung", so Müller. Die Industrieländer müssten ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen in Afrika und Asien gerecht werden. Für die globale Arbeitsteilung müsse es eine globale Ethik für menschenwürdige Arbeit geben. Dazu gehöre ein Menschenrechtsrat für Nachhaltigkeit und ein Weltzukunftsvertrag mit verbindlichen Zielen und Vereinbarungen für nachhaltiges Wirtschaften und Arbeiten.