StVO-Novelle
Die Bundesregierung gibt Ländern und Kommunen mehr Spielraum für die Verkehrsplanung. Der Schutz von Umwelt, Klima und Gesundheit sowie Vorteile für den Städtebau sollen stärker berücksichtigt werden. Diese und weitere Änderungen im Verkehrsrecht hat die Bundesregierung auf den Weg gebracht – eine Übersicht.
3 Min. Lesedauer
Er soll sicher sein und er soll fließen – das sind bisher die wichtigsten Leitplanken zur Regelung des Straßenverkehrs. Die Bundesregierung will erreichen, dass sich die Planung künftig an weiteren Zielen ausrichtet: Der Schutz von Klima, Umwelt und Gesundheit sowie die städtebauliche Entwicklung sollen im Verkehrsrecht stärker zur Geltung kommen. Davon profitieren Verkehrsteilnehmer, Anwohner und Kommunen.
Mehr Flexibilität für Länder und Kommunen
Mit der am 12. Oktober 2023 vom Kabinett beschlossenen Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften will die Bundesregierung insbesondere neue Handlungsspielräume für Länder und Kommunen eröffnen. Der Bundesrat stimmte dem am 5. Juli 2024 zu. Lokale Entscheidungsträger erhalten damit mehr Möglichkeiten, um Tempo 30, Bewohnerparken und Sonderfahrspuren anzuordnen oder um Flächen für den Rad- und Fußverkehr bereitzustellen. Die Sicherheit des Verkehrs darf dabei nicht beeinträchtigt werden, die Leichtigkeit des Verkehrs muss berücksichtigt werden – das haben Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss klargestellt und am 14. Juni 2024 beschlossen.
Die Regelungen im Einzelnen:
Verkehrsbehörden können in Zukunft leichter eine Tempobeschränkung von 30 Kilometer pro Stunde anordnen, und zwar in Bezug auf Vorfahrtstraßen, Spielplätze und viel genutzte Schulwege. Ein Lückenschluss zwischen zwei Geschwindigkeitsbeschränkungen im Abstand von bis zu 300 Meter ist bereits derzeit möglich, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Nunmehr soll der mögliche Lückenschluss auf 500 Meter verlängert werden.
Länder und Kommunen können künftig schon bei drohendem Parkraummangel Bewohnerparken anordnen, um einem erheblichen Parkdruck, wo vermeidbar, vorzubeugen. Bisher war das nur als Reaktion auf eine erhebliche Belastung durch parkende Fahrzeuge möglich. Künftig soll es einfacher sein, auf Basis von Prognosen den Parkraum vorausschauend so zu ordnen, dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Stadtbild möglichst geringgehalten werden.
Länder und Kommunen können Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen erproben – befristet bis zum 31. Dezember 2028. Denkbar sind zum Beispiel Spuren ausschließlich für elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge oder für Fahrgemeinschaften.
Die Anordnung von Bussonderfahrstreifen wird erleichtert. Das schützt den Linienverkehr besser vor Störungen und begünstigt einen geordneten, zügigen Betriebsablauf im öffentlichen Personennahverkehr.
Den Kommunen soll es erleichtert werden, angemessene Flächen für den Fahrrad- und Fußverkehr bereitzustellen. Praktische Erfahrungen in den Ländern zeigen, dass diese Maßnahmen spürbar dazu beitragen können, dass der Umwelt- und Klimaschutz sowie der Gesundheitsschutz verbessert oder die geordnete städtebauliche Entwicklung unterstützt werden. Die Straßenverkehrsbehörde muss konkret darstellen und begründen, inwieweit andere Verkehrsteilnehmer – und damit der motorisierte Individualverkehr, aber auch der öffentliche Personennahverkehr – nicht unangemessen beschränkt werden.
Künftig sollen Kommunen auch ohne eine besondere Gefahrenlage sichere Querungsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Ältere und Kinder schaffen können. Mit dieser erleichterten Anordnung von Fußgängerüberwegen können Verkehrsbehörden vorausschauend handeln, um die Gefahren für Verkehrsteilnehmer zu verringern.
Einheitliches Verkehrszeichen „Ladezone“
Daneben soll künftig ein einheitliches Verkehrszeichen für Ladezonen eingeführt werden. Die derzeit bestehenden unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Zonen zum Be- und Entladen von Fahrzeugen haben sich in der Praxis nicht in vollem Umfang bewährt. Klar gekennzeichnete, gesonderte Parkflächen für das Be- und Entladen sollen Abhilfe schaffen und gerade das Halten und Parken in zweiter Reihe eindämmen.
Abschaltverbot von Notbremsassistenten
Die Verordnung führt zudem ein Abschaltverbot von Notbremsassistenten für Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen ab einer Geschwindigkeit von über 30 Kilometer pro Stunde ein. Mit dieser technischen Hilfe kann die Anzahl und Schwere von Auffahrunfällen deutlich verringert werden. Das Ausschalten des Systems birgt eine hohe Gefahr für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.