Regierungspressekonferenz vom 4. Oktober 2023

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 4. Oktober 2023

Themen

  • Kabinettssitzung
  • Klimaschutzprogramm
  • Beschlusspapier zu nachhaltiger Entwicklung „Mit Mut gemeinsam Zukunft gestalten“
  • Entwurf eines Gesetzes zur Regelung einer Inflationsausgleichssonderzahlung für berufliche Betreuer
  • Reise der Bundesaußenministeirn nach Albanien
  • Lage im Grenzgebiet zwischen Serbien und Kosovo
  • Gemeinsames Europäisches Asylsystem
  • Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich, Tschechien, Polen und der Slowakei
  • Debatte um staatliche Leistungen für Asylbewerber
  • Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu rechtsextremer Ausprägung der ukrainischen Geschichtspolitik
  • Äußerungen des stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrats für den Fall der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine
  • Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien
  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 4. Oktober 2023

Sprecherinnen und Sprecher
Stellvertretender Regierungssprecher Büchner
Ungrad (BMWK)
Pauly (BMDV)
Deschauer (AA)
Stempfle (BMVg)
Ata (BMI)
Göpner-Reinecke (BMAS)
Hoh (BMJ)


SRS Büchner
Auch von mir einen schönen Tag! Das Kabinett hat heute das vom Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegte Klimaschutzprogramm 2023 der Bundesregierung beschlossen. Das vorliegende Programm leistet einen wesentlichen Beitrag, um die Klimaziele Deutschlands bis 2030 zu erreichen. Die Klimaschutzlücke der Vorgängerregierung wird damit sehr deutlich reduziert. Gleichwohl wissen wir, dass es ambitioniert bleibt, die für unsere Klimaschutzziele notwendigen Treibhausgasemissionseinsparungen zu erreichen. Daher rechnen wir damit, dass weitere Anstrengungen sehr wahrscheinlich notwendig sind.

Zu den Details des Klimaschutzprogramms: Das Programm sieht Klimaschutzmaßnahmen für die Energiewirtschaft, die Industrie, den Gebäudesektor, die Landwirtschaft und den Verkehrssektor sowie sektorübergreifende Maßnahmen vor. Das Programm enthält neben wichtigen bereits im Jahr 2022 beschlossenen Maßnahmen wie zum Beispiel den Maßnahmen aus dem Energiesofortmaßnahmenpaket vor allem die folgenden zentralen Maßnahmen: Im Gebäudesektor sind das insbesondere die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes, die Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude und das Wärmeplanungsgesetz. Für den Industriesektor sind vor allem die Klimaschutzverträge und das Förderprogramm Dekarbonisierung der Industrie entscheidende Hebel. Im Verkehrsbereich sind vor allem die Lkw-Maut, das Deutschlandticket und die Reform des Straßenverkehrsrechts zu nennen. Im Bereich des natürlichen Klimaschutzes ist das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz die Hauptmaßnahme, um natürliche Senken und Biodiversitätsschutz voranzubringen.

Mit dem Programm kommt die Bundesregierung im Übrigen auch ihrer Verpflichtung aus dem Klimaschutzgesetz nach § 8 Absatz 2 zum Beschluss von Sofortprogrammen nach, nachdem die Jahresemissionsmengen des Jahres 2022 im Gebäude- und im Verkehrssektor überschritten worden waren.

Dann haben wir das Beschlusspapier zu nachhaltiger Entwicklung „Mit Mut gemeinsam Zukunft gestalten“. Dieses Beschlusspapier wurde heute im Kabinett verabschiedet. Abgesehen von den großen, für jeden Menschen offensichtlichen Krisen, der Klimakrise, der Artenkrise und der Verschmutzungskrise mit ihren jeweiligen Auswirkungen, sind noch gut sieben Jahre Zeit, um die von der Weltgemeinschaft vorgenommenen globalen Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Vor diesem Hintergrund gilt es, die politischen und gesellschaftlichen Weichen anzupassen.

Der Beschluss geht genau hierauf ein. Er verweist dabei auf die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie als Rahmen für die Umsetzung der Agenda 2030 im Land. An sechs Transformationsbereichen und drei als Hebel für die Umsetzung wichtigen Themenfeldern wird exemplarisch gezeigt, was die Bundesregierung erreichen will, welche Maßnahmen sie ergriffen hat und was noch geplant ist. Die Transformationsbereiche behandeln die Themen des menschlichen Wohlbefindens und der Fähigkeiten, der sozialen Gerechtigkeit, der Kreislaufwirtschaft, der Energiewende und des Klimaschutzes, außerdem nachhaltiges Bauen und Verkehrswende sowie nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme und schließlich eine schadstofffreie Umwelt. Als sogenannte Hebel zur Umsetzung der zuvor genannten Themen gelten die folgenden Transformationsfelder: internationale Verantwortung und Zusammenarbeit, Finanzen sowie Forschung, Innovation und Digitalisierung.

Die Bundesregierung steht zu ihrer nationalen, europäischen und internationalen Verantwortung, die Agenda 2030 umzusetzen. Sie nimmt Verantwortung für die jetzt lebenden Menschen ebenso wie für die nachfolgenden Generationen in Deutschland und in anderen Ländern wahr. Sie nimmt Verantwortung zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie für ein Leben in Würde für alle wahr.

Schließlich hatten wir noch den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung einer Inflationsausgleichssonderzahlung für berufliche Betreuer. Es geht um das Folgende: Wenn ein Volljähriger aufgrund von psychischer Krankheit oder einer Behinderung seine Angelegenheiten nicht erledigen kann, dann bestellt das Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Selbstständige berufliche Betreuerinnen und Betreuer und Betreuungsvereine sollen eine Sonderzahlung erhalten. Ziel ist es, die inflationsbedingten finanziellen Mehrbelastungen abzufedern. Damit soll einem möglichen Betreuungsmangel entgegengewirkt werden. Pro geführter Betreuung sieht der Entwurf eine monatsweise Zahlung für den Zeitraum von Anfang 2024 bis Ende 2025 vor. Ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern soll ebenfalls eine Sonderzahlung gewährt werden.

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes vor. Dadurch sollen ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer bei der Prüfung ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit entlastet werden. Zukünftig soll die zuständige Behörde die Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis ausdrücklich selbst einholen können. Potenzielle ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer werden so in Vorbereitung ihres ehrenamtlichen Engagements von bürokratischen Hürden entlastet.

Frage
Worauf beruht die Ansage, dass mit dem Paket die Klimaziele erreicht werden können? Eine Reduzierung um 65 Prozent gegenüber 1990! Die 220 Millionen Tonnen, die da übrig bleiben, entsprechen ungefähr einem Drittel der Emissionen im vergangenen Jahr. Das ist doch ein höherer Anteil als im Referenzjahr 1990. Worauf beruht also die Annahme, dass mit diesem Paket die Vorgabe erreicht werden kann?

SRS Büchner
Zum einen auf den hier ausgeführten Maßnahmen, die jetzt ihre Wirkung entfalten werden. Zum anderen habe ich hier auch vorgetragen, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass auch weitere Anstrengungen notwendig sein werden.

Zusatzfrage
Wurden jemals in der Vergangenheit Maßnahmen komplett umgesetzt? Das war die Voraussetzung für diese positive Annahme. Herr Habeck hat gesagt: Wenn alle Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, dann ist das möglich. - Hat das jemals in der Vergangenheit so stattgefunden?

SRS Büchner
Ehrlich gesagt, ist das für mich eine hypothetische Frage: Kann das in Zukunft klappen? - Wir gehen davon aus, dass das klappt, weil diese Regierung den Klimaschutz mehr als jede ihrer Vorgängerregierungen ernst nimmt und tatsächlich auch Maßnahmen ergriffen hat, um dabei voranzukommen.

Frage
An das Klimaschutzministerium: Was hat sich im Vergleich zum Entwurf für das Klimaschutzprogramm mit dem beschlossenen Programm jetzt noch geändert, oder ist das genauso durchgegangen, dass voraussichtlich bis zu 80 Prozent der Klimalücke geschlossen werden, aber nicht die ganze?

Ungrad (BMWK)
Wir haben am 22. August die Vorlage der Stellungnahme des Expertenrates gehabt. Das lag ihnen vor. Danach haben wir NGO, Länder, Verbände im Zusammenhang mit der Veröffentlichung beteiligt. In der Beteiligung haben wir gesagt, dass das ein Zwischenfazit ist, eine Bestandsaufnahme. Wir sagen selbst, wie der Regierungssprecher sagt, dass hierbei noch weitere Aushandlungen nötig sind. Das wurde auch in vergangenen Regierungspressekonferenzen gesagt, und darauf wurde eingegangen.

Aber wir haben auch einiges erreicht. Zum Beispiel sind die Energiesofortmaßnahmenpakete aus der EEG-Novelle umgesetzt beziehungsweise in der Umsetzung, das Windenergie-an-Land-Gesetz, das Windenergie-auf-See-Gesetz, die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, das Bundesnaturschutzgesetz. Das GEG ist beschlossen und wird starten. Die BEG wird jetzt sehr bald umgesetzt werden und startet zum 1. Januar. Es sind also schon einige, die in der Umsetzung waren oder jetzt in der aktuellen Umsetzung sind.

Zu Ihrer konkreten Frage: Wir haben die Anregungen der Länder- und Verbändeanhörung mit den anderen Ressorts geteilt und nehmen sie auf. Mit Stand von jetzt wollten wir aber erst einmal politisch daran festhalten. Wir wollten das jetzt erst einmal zum Abschluss im Kabinett bringen, damit wir auch die Umsetzung einfordern können. Wenn wir jetzt noch die Änderungen, die wir jetzt vernommen haben, die wir auch berücksichtigen werden und diskutieren werden, aufgenommen hätten, dann hätte es noch etwas gedauert. Wir wollten jetzt aber erst einmal das in dieser Form im Kabinett haben, damit wir uns, damit sich alle Ressorts an die Umsetzung machen können. Das impliziert nicht, dass das nicht aufgenommen würde und dass wir daran nicht in einem Aushandlungsprozess, der künftig noch stattfinden wird, arbeiteten.

Zusatzfrage
Die Maßnahmen, die Sie im Juni „gepitcht“ haben, in Ihrem Entwurf: Da ist keine rausgekommen jetzt in der Kabinettsabstimmung. Das ist die erste Frage, und zweitens - –

Ungrad (BMWK)
Ich habe es akustisch nicht verstanden. Bitte noch einmal!

Zusatzfrage
Die Maßnahmen, die Sie im Juni im Entwurf hatten: Da ist keine rausgeflogen jetzt via Kabinettsabstimmung, und das andere: Der Kollege hat ja gerade schon gesagt: Der Minister hat gesagt: Wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, gelangen immer noch rund 220 Millionen Tonnen CO2 zu viel in die Atmosphäre. - Bleibt es bei dieser Zahl?

Ungrad (BMWK)
Bei dieser Zahl bleibt es. Der Regierungssprecher hat aber gesagt, und wir haben es auch betont und werden das auch in einer Pressemitteilung, die jetzt rausgehen müsste, noch einmal aufgreifen, dass wir eben genau daran arbeiten. Wir wissen um diese Lücke. Die Lücke ist aber wesentlich kleiner, als sie noch davor gewesen ist, weil wir eben diese vielen Maßnahmen getroffen haben. Aber wir wollen mit den verschiedenen Maßnahmen, die wir künftig ergreifen werden - daran arbeiten wir -, diese Lücke bis 2030 schließen. Es ist uns bewusst, und es wurde auch mit dem Expertenrat und mit den Ländern und Verbänden so besprochen. Der Expertenrat sagt ja selbst: Es gibt die Lücke, aber es macht jetzt keinen Sinn, schnelle Ausbesserungen zu machen. Es muss jetzt ein größerer Wurf her, um diese 200 noch zu füllen.

Frage
Ich mache es kurz: Die Lücke entsteht wesentlich im Bereich des Verkehrs. Was bietet das Verkehrsministerium an, um diese Lücke zu schließen?

Pauly (BMDV)
Der Verkehrssektor leistet seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele. Das hat auch der Regierungssprecher schon ausgeführt. Wir haben eine Vielzahl von Maßnahmen zu dem Klimaschutzprogramm beigetragen und arbeiten kontinuierlich daran fort, die Lücke weiterzuschließen.

Ich möchte diese Gelegenheit sehr gern nutzen, um noch ein paar einzelne Maßnahmen auszuführen, die wir auf den Weg gebracht haben. Das ist die Einführung der CO2-differenzierten Lkw-Maut zum Ende des Jahres. Das ist der Investitionshochlauf bei der Schiene. Das ist das Deutschlandticket, das wir eingeführt haben, und das ist der beschleunigte Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge. Zugleich bringen wir eine Modernisierung des Straßenverkehrsrechts auf den Weg, womit wir auch den Kommunen zusätzliche Mittel und Maßnahmen einräumen, um einen Beitrag zum Klimaschutz im Verkehr zu leisten.

Insbesondere den Investitionshochlauf bei der Schiene möchte ich hier noch einmal betonen. Wir stellen ein großes Milliardenpaket bereit, um die Bahn zu modernisieren und um insbesondere die Infrastruktur zu modernisieren. Klar ist natürlich auch: Die Maßnahmen, die wir jetzt auf den Weg gebracht haben, wirken nicht von heute auf morgen. Beim Thema der Infrastruktur liegt das in der Natur der Sache. Diese Maßnahmen entfalten jetzt ihre Wirkung, und sie werden ihre Wirkung entfalten, und wir werden kontinuierlich daran weiterarbeiten, unsere Klimaschutzziele zu erreichen.

Zusatzfrage
Die Maßnahme des Deutschlandtickets faltet sich gerade eher zurück. Die Länder gehen davon aus, dass das 49-Euro-Ticket zumindest nicht haltbar ist, wenn der Bund nicht auch in Zukunft zuschießt. Wesentlich Ihr Haus verweigert sich dem. Wie soll dann die Lücke geschlossen werden?

Pauly (BMDV)
Das Deutschlandticket ist ein großer Erfolg. Die Frage, die Sie jetzt gestellt haben, gibt auch noch einmal die Gelegenheit zur Klarstellung in dieser Sache. Wir haben innerhalb weniger Monate mehr als eine Million zusätzlicher Kundinnen und Kunden für den ÖPNV gewonnen. Das alles sind Neukunden, die jetzt klimafreundlich mit Bus und Bahn unterwegs sind. Das Deutschlandticket basiert auf einer neuen, einfachen Tarifstruktur. Wir haben die Tarifstruktur revolutioniert. Andere Länder beneiden uns darum. Es gibt auch Initiativen in anderen Ländern, nach dem Vorbild des Deutschlandtickets ebenfalls nationale Tickets einzuführen.

Daher ist es jetzt auch der völlig falsche Zeitpunkt, mit unnötigen Spekulationen über die Zukunft des Deutschlandtickets hausieren zu gehen. Wir dürfen das Ticket nicht schlechtreden. Wir dürfen vor allem auch nicht die Kundinnen und Kunden verunsichern. Das passiert in der aktuellen Debatte leider.

Klar ist: Die Finanzierung ist gesichert. - Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder haben sich Ende 2022 auf ein Finanzierungsmodell bis 2025 geeinigt. Wir als Bundesregierung stehen zu diesem Beschluss. Die Länder erhalten bis 2025 jährlich 1,5 Milliarden Euro als Ausgleich für das Deutschlandticket.

Ich hatte vorhin die Milliardeninvestition bei der Bahn angesprochen. Wir haben uns auch dazu entschieden - und wir setzen das auch um -, die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV massiv zu erhöhen. Sie steigen jedes Jahr um eine Milliarde Euro und zusätzlich noch um drei Prozent. Hierbei findet also eine exponentielle Entwicklung statt.

Jetzt ist es natürlich auch an den Ländern, ihrerseits einen Beitrag zu leisten, damit das Deutschlandticket auch in Zukunft zu einem attraktiven Preis angeboten werden kann. Hierbei gab es schon verschiedene Vorschläge. Dabei geht es darum, mehr Effizienz bei der Verwaltung zu gewinnen, zum Beispiel durch die Zusammenlegung von Verkehrsverbünden oder auch durch eine konsequente Digitalisierung zum Beispiel des Ticketwesens. Hier sind auf jeden Fall noch ungehobene Potenziale, und diese müssen seitens der Länder auch gehoben werden

Deschauer (AA)
Ich habe eine Reiseankündigung für Außenministerin Baerbock zu machen. Sie wird morgen am späten Abend nach Albanien reisen. Außenministerin Baerbock wird in Tirana am Treffen der Außenministerinnen und Außenminister im Rahmen des Berlin-Prozesses mit den Ländern des westlichen Balkans teilnehmen. Am Rande des Treffens wird sie sich auch mit ihren kosovarischen und serbischen Amtskollegen zu Gesprächen treffen. Es ist zudem die erste Reise der Außenministerin nach Albanien. Sie wird den Außenminister Albaniens und den Premierminister Albaniens sprechen.

Der Berlin-Prozess - das möchte ich kurz erläutern - wurde von der Bundesregierung 2014 als informelles Format für regionale Kooperation auf dem westlichen Balkan initiiert. Er soll die EU-Annäherung der Länder unterstützen. Dieser Prozess soll auch zu Verbesserungen der Beziehungen in der Region beitragen. Dabei geht es oft ganz konkret um Lösungen, die das Leben der Menschen unmittelbar verbessern.

Das Treffen findet dieses Jahr erstmals in einem Land des westlichen Balkans statt.

Frage
Frau Deschauer, trifft Frau Baerbock auch ihren Kollegen - ich weiß gar nicht, ob es eine Außenministerin ist von Kosovo oder ein Außenminister - des Kosovos?

Deschauer (AA)
Das hatte ich, denke ich, eben gerade vorgetragen.

Zusatz
Ach so! Ich hatte nur Serbien verstanden.

Deschauer (AA)
Dann kann ich wiederholen: Es ist geplant, die kosovarische Amtskollegin und den serbischen Amtskollegen zu sprechen.

Zusatzfrage
Wie schätzen Sie die Lage im Grenzgebiet jetzt ein? Es hat Meldungen gegeben, wonach die Serben der Aufforderung westlicher Staaten folgen, Truppen zurückzuziehen. Ist das auch Ihre Erkenntnis?

Sehen Sie eine generelle Entspannung in diesem Grenzgebiet?

Deschauer (AA)
Vielleicht ganz grundsätzlich, weil wir uns dazu auch bereits geäußert hatten, in diesem Rahmen, aber auch auf geeigneten Netzwerken: Die Lage in der Region stimmt durchaus sorgenvoll. Die Gewalt im Norden Kosovos, die Ende September begangen wurde und zu Tötungen kosovarischer Polizisten geführt hat, haben wir aufs Schärfste verurteilt. Wir haben sehr klar - das tun wir weiterhin - zu Deeskalation aufgerufen. Die Außenministerin hat das getan, auch insbesondere in Richtung eines unzweideutigen Gewaltverzichts an die serbische Adresse. Serbien steht in der Pflicht, unzweideutig zu Gewaltverzicht aufzurufen. Auch die Täter, die diese Tat begangen haben, müssen als solche benannt werden. Die Tat muss vollends aufgedeckt werden.

Insgesamt ist die Lage natürlich angespannt. Erste Anzeichen für eine Truppenreduzierung an dieser Grenze sind ein wichtiger Schritt in Richtung einer Deeskalation. Nichtsdestoweniger möchten wir noch einmal betonen, dass insgesamt weitere Schritt in Richtung einer Deeskalation gegangen werden müssen.

Frage
Frau Deschauer, zwei Fragen zu dem Thema: Die kosovarische Außenministerin hat vor einem Krieg in der Region gewarnt. Teilt Ihr Ministerium diese Einschätzung?

Was bedeutet dieser Konflikt für den Beitritt Serbiens zur EU?

Deschauer (AA)
Ich habe von dieser Stelle die Äußerungen der kosovarischen Außenministerin nicht zu bewerten, sondern ich kann wiederholen, dass wir ob der angespannten Lage in den letzten Tagen und Wochen in Sorge sind und sehr klar und eindeutig weiterhin zu Deeskalation aufrufen.

Zu Ihrer zweiten Frage hatte sich mein Kollege am Freitag bereits geäußert. Darauf würde ich gern verweisen.

Frage
Eine Lernfrage: Laut Mandat kann die Bundeswehr 400 Bundeswehrsoldatinnen in Kosovo stationieren. Derzeit sind es ja nur 85. Angesichts der Lage: Warum wird das nicht aufgestockt?

Ist die Ministerin dafür?

Deschauer (AA)
Ich glaube, diese Lernfrage gebe ich an den Kollegen des BMVg.

Zusatz
Nee, nee! Das wollte ich ja erstmal vom Außenministerium wissen!

Deschauer (AA)
Sie können vom Außenministerium hören, dass wir sicher wie immer in den gesamten Instrumentenkasten der Möglichkeiten schauen, wie wir in einer angespannten Lage zur Deeskalation beitragen können. Darüber hinaus habe ich im Moment nichts anzukündigen.

Zusatzfrage
Ich meine, es herrscht eine angespannte Lage. Es könnte ein Krieg ausbrechen, und die Bundeswehr hat nur ein Viertel ihrer verfügbaren Soldaten vor Ort. Ich dachte ja, die Nato-Soldaten sind dazu da, damit da nichts ausbricht. Herr Stempfle, können Sie noch einmal begründen, warum aus Ihrer Sicht alles beim Alten bleiben soll, business as usual?

Stempfle (BMVg)
Erst einmal Danke für die Frage! Wenn ich es recht überblicke, sind es derzeit 71 Soldatinnen und Soldaten, die vor Ort sind. Die Zahlen variieren immer ein bisschen.

Zusatzfrage
Also nicht 85?

Stempfle (BMVg)
Es sind im Moment 71. Das ist eine ganz aktuelle Zahl, die ich vor der RegPK noch einmal recherchiert habe.

Ansonsten ist das eine Geschichte, die in Absprache mit den anderen Partnern abläuft. Es ist ja nicht so, dass die einzelnen Länder entscheiden, wie viele Soldatinnen und Soldaten sie vor Ort schicken, sondern es muss ja ein Konzept geben. Gemeinsam wird entschieden, wer warum welche Kapazitäten hat, die vor Ort gebraucht werden. Deswegen ist die Entscheidung so gefallen, dass wir im Moment nicht aufstocken.

SRS Büchner
Da es eine ganz aktuelle Entscheidung im AStV zum Thema Krisen-VO und dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem gibt, möchte ich hier gerne sagen: Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat bei der heutigen Sitzung eine Einigung über die Krisenverordnung gefunden. Das ist aus Sicht der Bundesregierung eine gute Nachricht. Wir sind damit dem Ziel, die EU-Asylreform bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode des EU-Parlaments abzuschließen, ein gutes Stück näher gekommen. Wie Sie wissen, ist dem Bundeskanzler die Reform des GEAS von ganz besonderer Bedeutung. Er hat das in einem Interview als einen Wendepunkt bezeichnet. Das gemeinsame Asylsystem ist ein zentraler Baustein für eine deutlichen Begrenzung und Steuerung irregulärer Migration. Künftig muss an jeder EU-Außengrenze überprüft und registriert werden. Wer nur eine geringe Aussicht auf Schutz in der EU hat, soll an den Außengrenzen ein rechtsstaatliches Asylverfahren durchlaufen und bei einer Ablehnung direkt von dort zurückgeführt werden. Das ist ein Kernbestandteil, und es ist eine gute Nachricht, dass sich die europäischen Staaten jetzt im AStV darauf geeinigt haben.

Frage
Ich hätte eine Frage an das Auswärtige Amt. Es geht um das Thema der Seenotrettung und den Zuschuss der Bundesregierung. Heute hat auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Kritik daran geäußert. Letzte Woche gab es die ja schon von der italienischen Ministerpräsidentin. Ich hätte deswegen ganz gerne gewusst, ob das AA seine Praxis überdenkt, NGOs finanziell zu fördern.

Deschauer (AA)
Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir die Gelegenheit, das aufgrund Ihrer Frage auch noch einmal so einzuordnen, dass es sich hierbei um einen Auftrag aus dem Parlament, des Deutschen Bundestags, handelt, den das Auswärtige Amt umsetzt. Insofern sind wir hier in einer klaren Auftragslage.

Wir haben es hier schon mehrfach vorgetragen, und ich mache das sehr gerne noch einmal: Die Position der Bundesregierung ist, dass, Menschen vor dem Ertrinken und aus Seenot zu retten - zu jeder Zeit und an jedem Ort -, eine rechtliche, humanitäre und moralische Pflicht ist und nationale Küstenwachen - ganz insbesondere auch die italienische Küstenwache - lebensrettende Aufgaben dieser Art ebenfalls wahrnehmen. In etwa 90 Prozent der geretteten Menschen werden durch staatliche Stellen gerettet.

Zivile Seenotretter - jetzt komme ich wieder zu Ihrer Frage zurück - leisten einen ergänzenden Beitrag in dieser Sache, und wir setzen den Auftrag des Bundestags um.

Zusatzfrage
Darf ich die Frage noch einmal an Herrn Büchner richten? Die Bundesregierung hat ja mitgeteilt, dass sie auf den Brief von Frau Meloni und die Kritik an Deutschland reagieren wird. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das schon geschehen ist und wie die Antwort aussieht.

SRS Büchner
Dazu kann ich Ihnen heute nichts Neues berichten.

Frage
Frau Deschauer, bleibt es denn weiterhin bei den Kürzungsplänen Ihres Hauses für finanzielle Hilfe für die Seenotretter?

Deschauer (AA)
Ich kann hier keine Kürzungspläne erkennen. Ich kann nur erkennen, dass wir einen Auftrag des Bundestags umsetzen, über den wir hier schon mehrfach informiert haben.

Zusatzfrage
Das stimmt. Aber vorher war es ja immer so, dass zwei Millionen Euro pro Jahr direkt an die Seenotretter geflossen sind. Mittlerweile geht das ja an humanitäre Projekte an Land. Das sind ja zwei Paar Schuhe. Das ist also eine klare Kürzung bei den Seenotrettern. Das sagen die Seenotretter ja selbst, die Sie finanziell unterstützt haben. Angesichts Ihres Bekenntnisses zur Seenotrettung würde mich jetzt interessieren, ob Sie da nicht umdenken und mehr Geld geben wollen.

Deschauer (AA)
Es ist Ihre Interpretation, wenn Sie von einer - - –

Zuruf
Das ist Tatsache!

Deschauer (AA)
Es ist Ihre Interpretation, wenn Sie von einer Kürzung sprechen. Unsererseits bleibt es dabei, dass wir den Bundestagsauftrag, der sich sowohl auf Maßnahmen an Land als auch auf See bezieht, umsetzen und entsprechend den Anträgen, die sich in Prüfung befinden, unterstützen.

Frage
Ich habe eine Frage an das Innenministerium. Die italienische Kritik bezieht sich ja darauf, dass Deutschland jetzt Seenotrettung unterstützt, die Folgen aber in Italien anfallen. Gibt es Überlegungen, dass die Seenotretter, denen mit deutscher Staatshilfe geholfen wird, Flüchtlinge künftig direkt nach Deutschland schicken oder dass es eine Verpflichtung Deutschlands gegenüber Italien gibt, dass diese geretteten Flüchtlinge dann von Deutschland aufgenommen werden?

Ata (BMI)
Ich kann in dem Zusammenhang noch einmal betonen: Auch für uns ist die heutige Einigung über die Krisenverordnung im Rahmen der GEAS-Verhandlungen sehr wichtig und ein wichtiger Schritt nach vorne. Sie wissen, dass der ganze GEAS-Komplex eine Verteilung von Geflüchteten in Europa, einen Solidaritätsmechanismus ebenso wie entsprechende Pflicht zur Registrierung an den Außengrenzen vorsieht. Ich glaube, mit der GEAS-Reform kommen wir einen guten Schritt weiter, was die Lastenverteilung innerhalb Europas betrifft.

Zusatz
Die Antwort auf die spezifische Frage, ob man die Flüchtlinge dann direkt aufnimmt, wäre jetzt also Nein.

Ata (BMI)
Na ja, mit der GEAS-Reform wird es die von mir erwähnten Mechanismen geben, und das ist aus meiner Sicht auch eine Antwort auf Ihre Frage, wie man mit Geflüchteten, die in Europa ankommen, umgehen wird.

Frage
Stimmt es, dass in der Einigung über die Krisenverordnung in der letzten Nacht der Punkt zu NGOs und Seenotrettung gestrichen wurden?

SRS Büchner
Mir liegt bisher nur die Information über die Einigung vor. Den genauen Wortlaut der Einigung kenne ich nicht. Deshalb müssten wir das entsprechend nachliefern, sobald wir können.

Frage
Frau Deschauer, zur Krisenverordnung habe ich noch eine Frage. Im Statement der Ministerin, das Sie verschickt haben, wird Kritik an den Grenzverfahren geäußert. Können Sie noch einmal sagen, worauf sich diese Kritik bezieht, weil ich den neuesten Stand der Verordnung jetzt auch gar nicht kenne?

Dort steht, man sei nicht überzeugt. Wir haben Sie denn Ihren Unmut geäußert? Ist das eine Protokollnotiz, oder wie kann ich mir das vorstellen?

Deschauer (AA)
Vielen Dank. Das Statement der Ministerin würde ich jetzt nicht weiter kommentieren. Das steht für sich. Aber im Grundsatz ist es so, dass Mitgliedstaaten die Möglichkeit freisteht, entsprechende Protokollerklärungen abzugeben, auch im Rahmen solcher Einigungen auf Ratspositionen. Des Weiteren würde ich in der Sache an das federführende BMI verweisen.

Ata (BMI)
Für Detailfragen bezüglich der Einigung, auch wenn das jetzt ungünstig ist, muss ich an die Ratspräsidentschaft verweisen.

Zusatzfrage
Das ist in der Tat ungünstig, weil es ja um die deutsche Haltung zu dieser Einigung geht. In dieser deutschen Haltung - zumindest der, die vom AA verschickt wurde -, in der ja auch Frau Faeser erwähnt wird, wird diese Regelung halt kritisiert. Es muss doch zu erklären sein, was die deutsche Kritik ist und wie Sie diese deutsche Kritik geäußert haben!

Ata (BMI)
Das müsste ich Ihnen nachreichen. Die Einigung ist auch sehr frisch; darauf möchte ich auch hinweisen. Sie ist jetzt einige Minuten alt. Daher bitte ich um Verständnis.

Frage
Frau Deschauer, ich hätte doch gerne noch einmal präzise Zahlen. Sie haben ja gesagt, das Auswärtige Amt setze einen Beschluss des Bundestages um. Wenn ich es richtig sehe, dann beinhaltet der, dass von 2023 bis 2026 pro Jahr zwei Millionen Euro an United4Rescue gegeben werden sollen, also für die Seenotrettung. Offenbar will das Auswärtige Amt jetzt aber auch humanitäre Projekte an Land unterstützen. Können Sie sagen, wie viel von den zwei Millionen Euro, die laut Bundestagsbeschluss für die Seenotrettung zur Verfügung gestellt werden sollen, in diesem Jahr bereits an die Seenotrettung gegangen ist?

Deschauer (AA)
Ich kann noch einmal etwas zur Einordnung, zur Konzeption und zur Umsetzung des Bundestagsbeschlusses sagen. Während der Konzeption der konkreten Umsetzung dieser Förderung gab es einen engen Austausch zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Auswärtigen Amt. Dieser Austausch umfasste auch - darauf bezieht sich Ihre Frage und auch die Frage von dem Kollegen - den möglichen Empfängerkreis. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist nun die Grundlage für die Umsetzung der Förderung. Daraus ergibt sich, dass das Ziel der Förderung durch das Auswärtige Amt im Auftrag des Bundestags sowohl zivile Seenotrettung auf See als auch Projekte an Land für aus Seenot Gerettete fördert.

Jetzt interessierten Sie sich, glaube ich, auch noch für konkrete Projekt. Dazu kann ich sagen, dass uns für das laufende Jahr 2023 insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung stehen - das ist, glaube ich, bekannt - und uns mehrere Anträge erreicht haben. Die werden dann eingehend geprüft. Das ist nach jetzigem Stand - das ist natürlich ein fortlaufender Prozess - in drei Fällen abgeschlossen. Erste Auszahlungen können in dieser Form auch schon angestoßen werden. Es handelt sich hierbei um drei Projekte, einmal ein Projekt von Sant’Egidio zur Versorgung von aus Seenot Geretteten in Italien an Land und jeweils ein Projekt der NGOs SOS Humanity und Sea-Eye für Rettungsmaßnahmen auf See. Die Summe der zugesagten Projektförderung liegt jeweils in etwa zwischen 300 000 und 800 000 Euro.

Zusatzfrage
Bedeutet das, nach Ihrer Auffassung ist es so, dass der Bundestagsbeschluss über diese zwei Millionen pro Jahr nicht explizit für die Seenotrettung, also auf See, gedacht ist, sondern auch Hilfsmaßnahmen für Gerettete an Land umfasst?

Wenn Sie jetzt sagen, ungefähr eine halbe Million sei ausgegeben, dann bedeutet das aber, dass noch weitere Anträge für dieses Jahr gestellt werden können, richtig?

Deschauer (AA)
Zuerst zur zweiten Frage: Die Anträge, die eingegangen sind, werden sukzessive geprüft. Insofern kann es sein, dass wir dann - das werden Sie hier ja sicherlich erfragen - auch weitere Updates in der Sache liefern können.

Zur ersten Frage: Ich ordne das noch einmal so ein, wie ich es getan habe. Es handelt sich um einen Beschluss des Bundestags, der dann entsprechend auch im Austausch mit dem Auswärtigen Amt und den Mitgliedern des Deutschen Bundestags so besprochen wurde, dass wir hier die beiden Ziele der Förderung - Projekte zur See und Projekte an Land - gleichermaßen abdecken. Insofern befindet sich das in Umsetzung. Ich mache mir Ihre Aussage bezüglich der Kürzung nicht zu eigen.

Ata (BMI)
Vielleicht mache ich noch eine kurze Ergänzung zu den Grenzverfahren, die möglicherweise eine Antwort auf Ihre Frage ist. Wichtig für die Bundesregierung war, dass es auch im Krisenfall keine Abweichung von den Aufnahmestandards gibt. Das ist auch entsprechend festgehalten. Ein zweiter Punkt, der uns auch wichtig war, war, dass die Aktivierung der Krisenverordnung nur durch eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten erfolgen kann.

Frage
Frau Deschauer, wie viele Anträge gab es denn von Seenotrettungsorganisationen, die bisher nicht bewilligt wurden, die ein negatives Ergebnis hatten?

Deschauer (AA)
Wir verkünden hier üblicherweise, wenn es ein Ergebnis gibt, und das habe ich hinsichtlich der drei Fälle getan. Ansonsten dauert der Prüfprozess an.

Zusatzfrage
Was Sie jetzt verkünden wollen, ist das eine. Was wir wissen wollen und worauf wir ein Anrecht haben, ist das andere. Ein Ergebnis kann ja auch negativ sein. Wenn Sie hier so tun wollen, als ob das keine Kürzung gewesen wäre, dann sagen Sie uns doch einmal, wie viel Geld 2022 und 2021 ohne diese humanitären Projekte an Land direkt an Seenotretter geflossen ist.

Deschauer (AA)
Ich glaube, ich habe Ihnen alles, was ich dazu sagen konnte, hier mitgeteilt. Zu den aktuellen - - –

Zuruf
Das können Sie nicht sagen, was ich frage?

Deschauer (AA)
Vielleicht lassen Sie mich ausreden. – Zu den aktuellen Prüfungen und den Entscheidungen wurde alles mitgeteilt, und dabei würde ich es im Moment belassen.

Zusatz
Ich möchte, dass Sie das nachreichen, weil, wenn Sie behaupten, dass das keine Kürzung für die Seenotretter ist, Sie uns das anhand von Zahlen aus der Vergangenheit bitte aufzeigen können!

Deschauer (AA)
Die Förderung ist übrigens auch neu; das wissen Sie ebenfalls. Im Jahr 2023 findet sie erstmals statt. Insofern ist ein Rückschluss auf 2021 und 2022 sachlich nicht möglich. Für das Jahr 2023 habe ich Sie darüber informiert, wie die Sachlage ist, und wir halten Sie sukzessive auf dem Laufenden.

Zusatzfrage
In der Vergangenheit gab es nie eine Förderung des Auswärtigen Amtes für Seenotretter?

Deschauer (AA)
Ich habe jetzt hier von der aktuellen Beschlusslage und Umsetzungslage gesprochen und alles in der Sache dazu gesagt, was ich Ihnen im Moment zu sagen habe.

Frage
Ich habe eine Frage an das BMI und das AA zu Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich, Tschechien, Polen und der Slowakei. Uns würde interessieren, inwiefern das jetzt auch eine mit Frau Faeser abgesprochene Sache war. Es gab ja Gespräche mit polnischen und tschechischen Vertretern über Grenzkontrollen gerade in deutsch-tschechischen und im deutsch-polnischen Grenzgebiet. Aber wie sieht es jetzt mit den Kontrollen in Richtung der Slowakei aus? War das abgesprochen? Wie bewertet die Bundesregierung generell die Grenzkontrollen, die da jetzt gemacht werden?

Ata (BMI)
Dazu kann ich gerne etwas sagen. Wir arbeiten mit unseren Nachbarstaaten eng zusammen, um die irreguläre Migration zu begrenzen und das Geschäft der Schleuserbanden zu zerschlagen. Die Grenzkontrollen an der slowakischen Grenze sind eng abgestimmt und werden auch gut mit unseren hochgefahrenen Maßnahmen der Bundespolizei zusammengreifen. In den Gesprächen von uns mit den entsprechenden Behörden unserer Nachbarländer war klar, dass zusätzliche Maßnahmen an den Grenzen notwendig sind und wir die Schleuserrouten unterbrechen müssen. Je früher und je intensiver diese Kontrollen stattfinden, desto weniger Menschen können unregistriert weiterreisen und nach Deutschland kommen.

Zusatzfrage
Wie bewerten Sie die Kritik, die immer wieder vorgetragen wird, dass das quasi der Anfang vom Ende des Schengen-Systems ist, dass jetzt dominoeffektartig immer mehr Binnenkontrollen in Europa und in der EU stattfinden?

Ata (BMI)
Wie erwähnt sind wir der Überzeugung, dass verstärkte Maßnahmen an den Grenzen notwendig sind. Wir sehen die intensiven Aktivitäten von Schleusergruppen, von kriminellen Banden, und vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass entsprechende Maßnahmen erfolgen.

Frage
Ich habe eine Frage zu einem anderen Aspekt an das Innenministerium, und zwar zur Debatte, ob man von Geld- zu Sachleistungen übergeht. Ich hätte ganz gerne nachgefragt und verstanden, was eigentlich die Position Ihres Ministeriums ist. Die Ministerin hat ja darauf verwiesen, dass der Bund die rechtlichen Möglichkeiten bereits eingeräumt hat. Die FDP hat jetzt den Ländern mehr oder weniger ein Ultimatum gestellt. Sie sollen sich bis Anfang November dafür entscheiden. Sind die Ministerin und ihr Ministerium dafür, dass die Länder jetzt alle auf Sachleistungen umstellen, oder ist das nur ein juristischer Hinweis darauf gewesen, dass das möglich ist.

Ata (BMI)
Der juristische Hinweis, dass diese Möglichkeit besteht, ist korrekt. Für weitergehende Fragen muss ich an das BMAS verweisen, weil dort die Zuständigkeit für das Asylbewerberleistungsgesetz liegt.

Zusatzfrage
Okay, dann gebe ich die Frage weiter.

Göpner-Reinecke (BMAS)
Ist Ihnen geholfen, Herr Kollege, wenn ich Ihnen die Sachlage hinsichtlich dessen darstelle, wann es Sachleistungen gibt?

Zusatzfrage
Nein. Ich hätte ganz gerne gewusst, was die Erwartung oder Empfehlung Ihres Ministers ist. Sollen die Länder jetzt auf Sachleistungen umsteigen? Ist das das politische Ziel?

Göpner-Reinecke (BMAS)
Ich kann ja hier jetzt sozusagen schlecht die Äußerungen von Frau Faeser interpretieren. Deswegen könnte ich jetzt sozusagen tatsächlich nur kurz den Sachkern darstellen, wie er jetzt ist, nämlich so, dass die Grundleistungen für Leistungsberechtigte den notwendigen Bedarf und auch den notwendigen persönlichen Bedarf abdecken. Sofern Geflüchtete in einer Aufnahmeeinrichtung sind, wird der notwendige Bedarf eben durch Sachleistungen gedeckt. Die Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes obliegt ja den Ländern und Kommunen.

Zusatzfrage
Dann gebe ich die Frage an Herrn Büchner weiter. Gibt es denn vom Kanzler, der sich ja offen dafür gezeigt hat, dass die Länder dazu übergehen, von Geld- auf Sachleistungen umzusteigen, eine Empfehlung an die Länder, dass sie das bitte machen sollen?

SRS Büchner
Sie kennen die Äußerungen des Kanzlers dazu. Er hat sich ja vor ein paar Tagen noch einmal dazu geäußert. Die gesetzliche Möglichkeit besteht. Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht ja vor, dass die Sozialleistungen für Asylbewerber ganz oder teilweise als Sachleistungen erbracht werden können. Der Bundeskanzler hat gesagt: Die Bundesländer können das tun, haben es aber bislang nicht oder wenig getan. Es scheint den meisten allerdings zu bürokratisch zu sein, so der Kanzler wörtlich.

Zusatzfrage
Entschuldigung, jetzt wurde mehrfach genau der Sachverhalt referiert, aber meine Frage zielte darauf ab, ob es ein politisches Ziel oder eine Empfehlung gibt. Das haben Sie jetzt nicht beantwortet. Möchte er das also?

SRS Büchner
Mehr möchte ich an dieser Stelle im Moment nicht dazu sagen. Aber Sie kennen ja die politische Debatte darüber. Was man, glaube ich, schon sagen kann, ist: Wenn Ministerpräsidenten fordern, man müsse nur noch Sachleistungen ausgeben, dann könnte man darauf verweisen, dass das schon möglich ist.

Frage
An Herrn Büchner zur konkreten Umsetzung des Deutschlandpakts: Gibt es schon einen Termin für die Auftaktveranstaltung? Sind die Einladungen schon raus? Wer ist da eingeladen? Sind die Konferenzräume schon gebucht?

SRS Büchner
Sie wissen ja, dass dem Bundeskanzler dieses Thema sehr ernst ist. Deshalb ist die Bundesregierung vorangegangen und hat viele Vorhaben zum Thema Deutschlandpakt bereits im Kabinett beschlossen. Jetzt liegt die Verantwortung für konstruktive und zielorientierte Beratung im Bundestag, im Bundesrat, bei der Union als größter Oppositionspartei und bei den Ländern. Außerdem erarbeiten Bund und Länder ein umfassendes Paket, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Zur zeitlichen Einordnung: Das soll noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Das ist ein gutes Beispiel für den Schulterschluss, den der Bundeskanzler den politisch Verantwortlichen angeboten hat.

Das Bundeskanzleramt begrüßt ausdrücklich, dass die Länder sich konstruktiv in den Deutschlandpakt einbringen und ihrerseits Vorschläge zur Beschleunigung der noch zähen Planungsprozesse unterbreitet haben. Ohne jeden Vorschlag schon im Detail zu beurteilen, zeigt sich, wie wichtig ist, dass Bund, Länder, Städte und Gemeinden sich da unterhaken und gemeinsam den Dschungel an überflüssigen Vorschriften lichten.

Auf dieser gemeinsamen Grundlage - davon sind wir überzeugt - lässt sich gut aufbauen. Der Pakt gilt auch für Vorhaben, die bereits durch Parlamente und Länder beschlossen wurden. Damit Gesetze dann auch wirklich die erwünschte Wirkung erzielen, müssen alle beteiligten Akteure ihre Kräfte bündeln und für eine gute Umsetzung sorgen.

Zu einer genaueren Terminierung kann ich Ihnen im Moment nichts sagen.

Frage
An das BMWK: Der US-Nachrichtensender PBS hat eine Recherche durchgeführt, die auf das deutsche Unternehmen Niles-Simmons-Hegenscheidt hinweist. Laut der Recherche soll die Firma gegen die Russlandsanktionen verstoßen haben und Maschinen für den Bau von Panzermotoren an einen russischen Panzerhersteller geliefert haben. Die Maschinen werden in Chemnitz hergestellt. Das Unternehmen sagt, es habe deutsche Exportgenehmigungen erhalten. Ist dies dem Ministerium und der Regierung bekannt? Untersuchen Sie, ob es mögliche Sanktionsverstöße durch das Unternehmen gegeben hat?

Ungrad (BMWK)
Zum Thema Sanktionsverstöße haben wir uns hier ja schon dazu geäußert, wie wir das nachhalten. Was unsere Auffassung zu dieser konkreten Lage ist, kann ich nicht sagen; das kann ich nicht beurteilen. Das ist auch nicht Sache des BMWK allein. Wenn es da etwas nachzureichen gibt, dann würde ich das nachreichen, aber dieser konkrete Fall liegt mir gerade nicht vor.

Zusatzfrage
Diese Firma ist im Moment also sozusagen nicht auf dem Radar des Ministeriums?

Ungrad (BMWK)
Wie ich gesagt habe, liegen mir dazu keine Erkenntnisse vor. Wenn es etwas gibt, dann wird das aber natürlich nicht vom BMWK verfolgt; denn das ist ja eine Sache der Bundesregierung und der europäischen Richtlinien. Mir liegt der konkrete Fall aber nicht vor. Wenn es etwas nachzureichen gibt, dann würden wir das nachreichen.

Zusatzfrage
Ich möchte die Frage gerne an das Kanzleramt weitergeben.

SRS Büchner
Ich kann dazu auch nichts anderes beitragen als die Kollegin.

Frage
Herr Büchner, ich befürchte, ich muss Sie noch einmal mit der leidigen Causa Cum-ex/Warburg-Bank-Skandal und der Rolle von Olaf Scholz dabei belästigen. Es ist jetzt ein 20-seitiger Aktenvermerk der Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, der führenden Cum-ex-Ermittlerin unserer Republik, öffentlich geworden - Akte Nummer 213 AR 14/22. In diesem ist unter anderem von Ungereimtheiten in den Aussagen von Olaf Scholz die Rede.
Darüber hinaus wird dort dargelegt, dass Ermittlungen gegen den amtierenden Kanzler nicht weitergeführt worden seien. Ich zitiere: Mit Rücksicht auf die Stellung des amtierenden Kanzlers erschien daher ein weiteres Zuwarten nicht länger vertretbar.
Jetzt dachte ich Naivling immer, in einem Rechtsstaat seien alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Wie bewertet denn der Bundeskanzler, dass für ihn mutmaßlich Ausnahmen von diesem rechtsstaatlichen Grundprinzip gemacht worden sind?

SRS Büchner
Wir leben hier in einem Rechtsstaat, und selbstverständlich sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Darüber hinaus äußern wir uns aus Respekt vor der Unabhängigkeit der Justiz zu laufenden Verfahren grundsätzlich nicht.

Zusatzfrage
Jetzt liegt ebenso noch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zu den Widersprüchen von Scholz in der besagten Causa vor, Bundesdrucksache 20/8310. Dort erklärt die Bundesregierung auf Fragen zu den Widersprüchen bezüglich des Treffens mit dem Cum-ex-Drahtzieher Olearius - ich zitiere erneut -: „Vorgänge im Zusammenhang mit einem Kalendereintrag zu diesem Treffen sind im Einzelnen nicht mehr rekonstruierbar“.

Diese Antwort erstaunt dann ja doch: Erst leugnet Scholz jegliche Treffen; dann wird das Tagebuch von Olearius öffentlich und er räumt ein Treffen ein. Insgesamt gibt es aber drei Treffen, von denen er gegenüber dem Bundestag zwei verschweigt. Gegenüber dem Hamburger Untersuchungsausschuss erklärt er, den Kalendereintrag habe es wegen technischer Probleme gar nicht gegeben; nur die Daten von Altmaier waren da. Seine Büroleiterin sagt dasselbe, und LKA-Ermittlungsergebnisse sagen das auch.

Die Frage sollte ja eigentlich relativ einfach zu beantworten sein: Gab es diesen Kalendereintrag zu dem fraglichen Zeitraum, ja oder nein?

SRS Büchner
Das sind ja Fragen, die gefühlt schon hundertmal gestellt wurden. Ich kann Ihnen das Gleiche sagen, was auch der Regierungssprecher hier schon des Öfteren gesagt hat: Es geht um Vorgänge außerhalb der Zuständigkeit des Bundeskanzleramts, und deshalb äußern wir uns dazu nicht.

Zusatzfrage
Aber jetzt gibt es ja den Zufall, dass der damalige Sprecher des Finanzministeriums derselbe ist, der jetzt als Kanzlersprecher agiert, und der damalige Finanzminister ist jetzt nun einmal Kanzler. Wollen Sie der Öffentlichkeit wirklich verkaufen, dass es da diese Trennung gibt und dass derselbe Sprecher und dieselbe Person, die jetzt Kanzler ist, keine Aussagen zu ihrem Agieren als Hamburger OB und dann später als Finanzminister respektive als Sprecher desselbigen treffen können?

SRS Büchner
Ich will Ihnen hier gar nichts verkaufen, ich will Ihnen einfach erklären, wie die Regeln sind - und die Regeln sind die, dass ich mich nicht zu Themen äußere, die außerhalb der Zuständigkeit des Bundeskanzleramts liegen.

Frage
An das Auswärtige Amt zu dem Busunglück in Venedig: Frau Deschauer, können Sie uns sagen, ob womöglich deutsche Staatsangehörige unter den Verletzten oder gar den Todesopfern sind?

Deschauer (AA)
Ich möchte zunächst einmal den Familienangehörigen der Opfer dieses Busunglücks das Beileid der Bundesregierung aussprechen. Allen Verletzten wünschen wir rasche Genesung.

Nach den ersten Meldungen müssen wir leider auch davon ausgehen, dass sich in diesem Bus deutsche Staatsangehörige aufhielten. Außenministerin Baerbock hat sich gestern Abend bereits geäußert und auch ihre Bestürzung zum Ausdruck gebracht. Unser Generalkonsulat in Mailand ist mit den Behörden und auch Personen in Kontakt.

Wie gesagt kann ich bestätigen, dass sich auch deutsche Staatsangehörige im Bus aufgehalten hatten. Darüber hinaus können wir - ich bitte um Verständnis - im Moment keine weiteren Angaben machen.

Frage
An Herrn Büchner und gegebenenfalls Frau Deschauer zur Präsenz der Bundesregierung auf X beziehungsweise vormals Twitter: Hat sich an Ihrer Haltung, dort aktiv zu sein, weiterhin nichts geändert? Der Besitzer, Herr Musk, hat dort mittlerweile offen Aufrufe zur Wahl der AfD, also einer rechtsextremen deutschen Partei, geteilt. Er hat unter anderem das Auswärtige Amt indirekt für die Förderung der Seenotrettung angegriffen und einen Aufruf geteilt, der hieß: Hoffen wir, dass die AfD die Wahlen gewinnt, damit dieser europäische Suizid endet.

SRS Büchner
Wie Sie wissen, beobachten wir, wie sich diese Plattform entwickelt. Im Moment ist es so, dass wir diese Plattform, „formerly known as Twitter“, noch nutzen. Ich möchte aber nicht darüber spekulieren, wie sich das weiterentwickelt. Wir betrachten das jedenfalls sehr genau, und ich möchte hier nichts ausschließen, mich aber auch nicht hinsichtlich der Dauer festlegen.

Zusatzfrage
Ich hatte auch Frau Deschauer angesprochen: Es kann ja sein, dass sich, gerade weil Herr Musk offensichtlich feindlich gegenüber der deutschen Außenpolitik und auch der Ministerin und ihrer Präsenz dort eingestellt ist, da etwas geändert hat.

Herr Büchner, Twitter beziehungsweise X ist ja auch aus dem Pakt der EU gegen Desinformation ausgetreten, der ja entsprechende Desinformation aus rechtsextremen Kreisen verhindern sollte. Jetzt zeigt der Besitzer der Plattform sich selber als rechtsextrem. Das ändert weiterhin nichts?

SRS Büchner
Wie gerade gesagt: Wir beobachten die Entwicklung im Markt der Social-Media-Plattformen und treffen unsere Entscheidungen über die Kommunikationskanäle wie bisher auch sehr sorgfältig, vor allem auch im Hinblick auf den Nutzen, den sie für uns darstellen. Darüber hinaus habe ich im Moment keine Neuigkeiten mitzuteilen.

Deschauer (AA)
Sie hatten nach der Haltung der Bundesregierung gefragt. Ich kann mich den Äußerungen des Stellvertretenden Regierungssprechers hier auch für das Auswärtige Amt vollumfänglich anschließen. Wir beobachten das genau, wir prüfen immer, auf welchen Kanälen wir uns als Bundesregierung beziehungsweise als Auswärtiges Amt äußern, und kommen unserer Informationspflicht entsprechend nach, indem wir uns darüber immer wieder informieren und innerhalb der Bundesregierung eng abstimmen.

SRS Büchner
Ich möchte gerne einen Aspekt ergänzen: Natürlich ist der Kampf gegen Antisemitismus in all seinen Formen eine zentrale Aufgabe unseres demokratischen Rechtsstaats und unserer gesamten Gesellschaft, und er hat für die Bundesregierung höchste Priorität. Die Bundesregierung nimmt öffentliche Äußerungen des X-Eigentümers in dieser Hinsicht durchaus mit Besorgnis zur Kenntnis. Auch dahingehend beobachten wir die weitere Entwicklung sehr genau.

Frage
An das BMI und das BMJ: Morgen findet ja in Karlsruhe der Gerichtsprozess gegen den AfD-Politiker Jens Maier statt. Anlässlich dieses Gerichtsprozesses möchten wir Sie noch einmal fragen: Tut die Bundesregierung eigentlich genug, damit Rechtsextreme weder in Richterämtern noch in sonstigen Beamtenverhältnissen arbeiten?

Hoh (BMJ)
Für das Beamtenverhältnis etc. ist das BMI zuständig, von daher überlasse ich diesen Part gerne dem Kollegen.

Ansonsten kann ich nur hinzufügen, dass, wie Sie vielleicht auch wissen, im Juli der Kabinettsentwurf für eine Anpassung des Deutschen Richtergesetzes beschlossen wurde, der regelt, dass auch ehrenamtliche Richter verfassungstreu sein müssen.

Ata (BMI)
Mit Blick auf den konkreten Fall kann ich natürlich nichts sagen - und möchte ich auch nichts sagen.

Ganz grundsätzlich ist zum Beamtenverhältnis zu sagen, dass Mitgliedschaften in Parteien oder Organisationen, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Prüffall oder Verdachtsfall eingestuft werden, für sich betrachtet noch zu keinen beamtenrechtlichen Konsequenzen führen. In diesen Fällen müssen weitere Handlungen hinzukommen. Beamtenrechtliche Konsequenzen können sich ergeben, wenn eine Beamtin oder ein Beamter Mitglied einer Partei oder einer Organisation ist, die durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindliches Beobachtungsobjekt identifiziert wurde; denn die Mitgliedschaft von Beamtinnen und Beamten in einer solchen Partei oder Organisation indiziert Zweifel an ihrer Verfassungstreue. Letzten Endes kommt es aber auf die genauen Umstände der Einzelfälle und im Fall von Straftaten auf die Höhe der jeweiligen Strafe an.

Ganz allgemein lässt sich diese Frage nach Konsequenzen für Beamtinnen und Beamte also nicht beantworten, sondern es kommt immer auf die konkreten Umstände an.

Zusatzfrage
Noch eine Nachfrage an Herrn Hoh zu dem konkreten Fall: Herr Maier soll gesagt haben, dass es gut sei, wenn Menschen Angst vor Richtern mit AfD-Parteibuch hätten, und dass für ihn natürlich auch AfD-Parteibeschlüsse maßgeblich für seine Urteilssprüche seien. Inwiefern glauben Sie als Vertreter der Bundesregierung, dass man Richterinnen und Richter, die derlei Aussagen tätigen, noch weiter beschäftigen kann?

Hoh (BMJ)
Zu dem, was er selber gesagt hat, möchte ich mich nicht konkret äußern, und das möchte ich auch nicht bewerten; das obliegt den zuständigen Behörden.

Ich möchte noch hinzufügen, dass rechtsextreme Richter in Deutschland generell kein Recht sprechen dürfen. Das ergibt sich aus dem deutschen Richtergesetz, und das stellen wir, wie ich vorn schon gesagt habe, jetzt auch für die ehrenamtlichen Richter klar. Die Umsetzung obliegt auch hier wiederum den Ländern.

Frage
An das BMI: Sie haben am Wochenende die Förderung einer App gegen häusliche Gewalt vorgestellt, die zunächst nur in fünf Bundesländern eingeführt werden soll. Welche sind das, und warum wird das nicht in ganz Deutschland flächendeckend eingeführt

Ata (BMI)
Ich habe gerade nicht griffbereit, welche fünf Länder das sind. Da würde ich auch gern an den Träger verweisen. Das ist, wie Sie richtigerweise gesagt haben, eine Förderung, und ich glaube, der Träger dieses Projektes kann zu Detailfragen Auskünfte geben.

Zusatzfrage
Können Sie für das Ministerium sagen, was Sie sich konkret von der App erhoffen? In welchen Zahlen kann man ausdrücken, ob die dann erfolgreich ist?

Ata (BMI)
Es ist ein schrittweiser Rollout dieser App vorgesehen. Das heißt, das, was wir jetzt haben, ist erst der Beginn. Konkrete Zahlen kann und möchte ich jetzt als Zielvorgabe nicht nennen. Die Bedeutung einer solchen App als einer von mehreren Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt ist aus unserer Sicht aber offensichtlich.

Frage
Herr Büchner, ich hätte gerne gewusst, wie die Regierung die Absetzung des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses McCarthy kommentiert. Hat das Auswirkungen auf das transatlantische Verhältnis und vor allen Dingen auf die Ukrainehilfen des Westens?

SRS Büchner
Innenpolitische Vorgänge in den USA kommentieren wir hier nicht. Wie wir aber gestern schon mitgeteilt haben - Sie kennen ja die Pressemitteilung -, gab es eine Telefonkonferenz des Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Präsidenten. Ich glaube, schon die Tatsache, dass man sich hier wieder zusammenfindet und noch einmal betont, dass man die Ukraine so lange wie nötig in ihrem Verteidigungskampf unterstützen wird, zeigt ja, dass sozusagen diese Koalition besteht und man die Ukraine auch weiter so unterstützen wird wie in der Vergangenheit.

Frage
Verfolgen der Kanzler und die Außenministerin die Vorgänge dort? Das war gestern ja ein historischer Akt, dass zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses abgesetzt wird.

SRS Büchner
Davon, dass der Bundeskanzler weit mehr verfolgt als das, was ich hier kommentieren kann, können Sie ausgehen. Selbstverständlich liest er sehr viele Zeitungen und schaut sich sehr viele Informationen in den Nachrichten an. Das heißt aber nicht, dass wir von hier aus deshalb etwas dazu sagen.

Zusatzfrage
Frau Deschauer?

Deschauer (AA)
Ich kann mich dem vollumfänglich anschließen.

Zur inhaltlichen Thematik der Ukraine-Unterstützung, die Sie auch angefragt hatten, hat kürzlich ein informelles Treffen der EU-Außenministerinnen und -außenminister in Kiew stattgefunden, in dem man sich eng ausgetauscht hat. Grundsätzlich besteht gerade auch zu diesen Fragen ein sehr enger und kontinuierlicher Austausch mit unseren amerikanischen Partnern.

Frage
Faktisch ist das US-Repräsentantenhaus beschlussunfähig, was Haushaltsfragen angeht. Ist nicht doch zu befürchten, dass es Auswirkungen auf die auch zwischen Deutschland und den USA koordinierte Unterstützung für die Ukraine gibt, wenn im US-Haushalt wegen der Blockade keine weiteren Mittel zur Verfügung stehen? Müssten Sie nicht davon ausgehen, dass das dann auch Auswirkungen auf die Unterstützung seitens der EU und Deutschlands hat?

SRS Büchner
Noch einmal: Vorgänge innerhalb der amerikanischen Innenpolitik zu kommentieren ist wirklich nicht unsere Aufgabe. Aber die klare Botschaft, die gestern von der Telefonkonferenz des Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Präsidenten und anderen Staats- und Regierungschefs zu dem Thema ausging, war, dass sich die Ukraine auf die weitere Unterstützung verlassen kann.

Zusatzfrage
Ich wollte auch gar keinen Kommentar von Ihnen erbeten haben, sondern habe lediglich die Frage: Wenn in den USA keine zusätzlichen Etatmittel zustande kommen, dann nützen ja auch Telefonate nichts. Welche Auswirkungen hat das, was dann sozusagen in der Gesamtunterstützung der Ukraine entfällt, auf die deutsche Unterstützung? Das war die Frage.

SRS Büchner
Die aber ein Stück weit hypothetisch ist; denn wie diese Haushaltsberatungen in den USA weitergehen - das ist ja ein Überbrückungshaushalt -, wissen wir auch alle nicht. Insofern: Warten wir die Entwicklung in den USA doch einmal ab. Wir gehen fest davon aus, dass sich an der Unterstützung für die Ukraine nichts ändert.

Frage
Ich habe eine Frage an das AA. Das Auswärtige Amt hat kürzlich auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zu rechtsextremer Ausprägung der ukrainischen Geschichtspolitik, Bundesdrucksache 20/8177, erklärt - ich zitiere -: Die Bundesregierung macht sich die in der Vorbemerkung und den Fragestellungen enthaltenen rechtlichen Wertungen und Tatsachenbehauptungen insbesondere hinsichtlich der pauschalen Einordung bestimmter historischer Gruppierungen und Personen als rechtsextrem, antisemitisch, antiziganistisch oder sonst rassistisch ausdrücklich nicht zu eigen.

Die Bundesregierung nahm damit Bezug auf Verweise in der Anfrage auf das Jahrbuch für Antisemitismusforschung sowie auf eine Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes zu dem Thema durch die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Dort heißt es exemplarisch: Bei der Organisation ukrainischer Nationalisten handelt es sich um eine autoritäre faschistische Bewegung, die sich an deutschen - - –

Vorsitzender Szent-Iványi
Herr Kollege, kommen Sie zur Frage?

Zusatz
Das Zitat ist relevant für die Frage: Die Führer der UN sahen ihre Organisation auf gleicher Ebene mit solchen europäischen - - –

Vorsitzender Szent-Iványi
Sie können aber das Zitat vielleicht ein bisschen zusammenfassen.

Zusatzfrage
Lange Rede, kurzer Sinn: Sowohl das Jahrbuch für Antisemitismusforschung als auch die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kommen relativ klar zu dem Schluss – und das wird da ausschließlich referiert -, dass der paramilitärische Flügel von OUN-B unter Bandera eindeutig als antisemitisch und rassistisch deklariert wird. Das Auswärtige Amt stellt sich sehr explizit gegen diese Interpretation. Da würde mich einfach interessieren: Auf Grundlage welcher Erkenntnisse stellt sich das Auswärtige Amt so explizit gegen diese Einschätzung der genannten Quellen? Es gibt auch zahlreiche Quellen in der Bundeszentrale für politische Bildung, die zu demselben Schluss kommen.

Deschauer (AA)
Sie werden verzeihen, dass ich nach Ihrem längeren Zitatvortrag der Bundesdrucksache diese hier nicht spontan parat habe und deswegen im Moment dazu keine intensive Kommentierung vornehmen kann. Ich bin mir sicher, dass das Auswärtige Amt gemeinsam mit der ganzen Bundesregierung auf Grundlage einer fundierten Einschätzung zu der Antwort kommt, die offenbar öffentlich zugänglich ist und Ihnen insofern vorliegt.

Zusatzfrage
Aber meine Frage war – und das wird in der Kleinen Anfrage beziehungsweise der Antwort der Bundesregierung eben nicht ausgeführt -, auf welchen Erkenntnissen man dazu kommt, die OUN-B unter Bandera davor zu schützen, als rassistisch und antisemitisch bewertet zu werden.

Deschauer (AA)
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich diese Unterlage, auf die Sie verweisen, hier nicht vorliegen habe und insofern hier im Moment nichts hinzuzufügen habe.

Zusatzfrage
Können Sie das zumindest nachliefern?

Deschauer (AA)
Wenn es etwas nachzuliefern gibt, machen wir das gerne wie üblich.

Frage
Frau Deschauer, eine Frage zum Thema Russland. Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, hat am Wochenende mit militärischen Angriffen auf deutsche Rüstungsfabriken gedroht, falls die Bundesregierung Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine liefert. Gibt es dazu einen Kommentar?

SRS Büchner
Von meiner Seite nicht.

Deschauer (AA)
Wir nehmen solche Äußerungen üblicherweise zur Kenntnis und belassen es dabei. Insgesamt fordern wir Russland zur Einstellung seines Aggressionsverhaltens und seines Kriegs gegenüber der Ukraine auf. Das umfasst sicher dann auch entsprechende Androhungen von weiterer Gewalt, die unsäglich sind und seit nahezu zwanzig Monaten die Ukraine heimsuchen.

Zusatzfrage
Nehmen Sie diese Drohungen ernst?

Deschauer (AA)
Wir nehmen sie zur Kenntnis, wie ich sagte, und fordern unserseits ernst dazu auf, entsprechende Aggressionen einzustellen und den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

Frage
Ich hätte gerne eine Stellungnahme vom AA und Kanzleramt. Der Präsident von Aserbaidschan wird diese Woche in Granada den Premierminister von Armenien nicht treffen. Der aserbaidschanische Präsident hat gesagt, er wirft der EU und Mitgliedstaaten vor, pro-armenische Äußerungen zu machen. Welches Signal senden so eine Entscheidung und solche Äußerungen?

SRS Büchner
Ich kann gerne anfangen. Wie Sie wissen, ist die ganze Situation zwischen Armenien und Aserbaidschan ein Thema, das vor allem auf der EU-Ebene beraten wird. Diese Äußerungen und diese Absage nehmen wir zur Kenntnis. Ich möchte sie hier aber nicht weiter kommentieren, weil wir mit solchen Kommentaren auch gar nicht dazu beitragen würden, Lösungen zu erzielen, die wir dringend brauchen, die auch wichtiger denn je sind, weil wir eine rasche humanitäre Versorgung der Menschen vor Ort benötigen. Deshalb werde ich mich hier sehr zurückalten.

Deschauer (AA)
Ich kann nur ganz grundsätzlich sagen – Herr Büchner führte ja zur EPG aus -, dass wir als Bundesregierung grundsätzlich die von Charles Michel geleiteten Verhandlungen und Gespräche unter der Ägide des Präsidenten des Europäischen Rats grundsätzlich unterstützen, deswegen entsprechend auch Gespräche dieser Art grundsätzlich wichtig sind und am Rande dieses Treffens wichtig gewesen wären, sie aber auch in Zukunft die Unterstützung der Bundesregierung haben.

Frage
Die französische Außenministerin ist nach Armenien gereist, hat mögliche Waffenlieferungen Frankreichs an Armenien in Aussicht gestellt und hat auch eine Konsulatseröffnung in Aussicht gestellt. Plant die Bundesregierung auch Aktivitäten in die Richtung, also das Angebot von Waffenlieferungen oder die Eröffnung eines Konsulats?

Deschauer (AA)
Üblicherweise richten sich die Fragen zu Lieferungen militärischen Materials an das BMWK.

SRS Büchner
Ich glaube, an der Stelle kann man für die Bundesregierung insgesamt sagen, dass wir jetzt nicht spekulieren wollen. Vor allem wollen wir mit irgendwelchen Äußerungen nicht zu irgendeiner weiteren Eskalation beitragen. Im Gegenteil. Ganz wichtig ist, dass diese Situation dort friedlich gelöst wird und im Interesse der Menschen gelöst wird, die geflohen sind und dort hoffentlich auch wieder in Sicherheit leben können. Deshalb möchten wir jetzt auch nicht weiter über irgendwelche nächsten Schritte spekulieren.

Frage
Gibt es vom Auswärtigen Amt einen Kommentar dazu, dass der Staatssicherheitsdienst Aserbaidschans die drei Ex-Präsidenten der Republik Karabach sowie den Parlamentssprecher festgenommen hat? Das sind ja dort furchteinflößende Kommentare.

Deschauer (AA)
Unser Kommentar im Grundsatz angesichts der dort angespannten Lage ist, dass Aserbaidschan alles dafür tun muss, um den Menschen, die dort verblieben sind – und es sind nur noch wenige, die dort vor Ort verblieben sind -, Zugang zu Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung zu ermöglichen und dass wir entsprechend zu einer Lösung aufrufen. Weil ich die Versorgungslage ansprach, war es uns auch ein Anliegen, dass sich entsprechend unabhängige UN-Beobachter ein Bild vor Ort machen konnten. Vor wenigen Tagen war eine sogenannte Fact-Finding Mission vor Ort. Das ist ein erster wichtiger Schritt, aber sicher nur ein erster. Transparenz ist in dieser angespannten Lage das Gebot der Stunde.