Regierungspressekonferenz vom 31. Mai 2023

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 31. Mai 2023

Themen: Kabinettssitzung (Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL und an EUFOR Althea, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes), Lage im Kosovo, Einführung einer Obergrenze von 350 Personen für die Gesamtpräsenz Deutschlands in Russland durch die russische Regierung, Dialogreihe Wolf – "Monitoring, Erfassung und Entwicklung der Wolfspopulation", Visavergabe und Einreise von besonders gefährdeten Personen aus Afghanistan nach Deutschland, Sachbeschädigung und Farbschmierereien am Wohnhaus des Bundesjustizministers, Gratulation des Bundeskanzlers zum 100. Geburtstag von Henry Kissinger, offener Brief der „Letzte Generation“ an den Bundeskanzler, Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Fleischkonsum, neues EU-Sanktionspaket gegen Russland, Gebäudeenergiegesetz, Telefonat des Bundeskanzlers mit dem türkischen Präsidenten, Corona-Warn-App, Inflationsrate

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 31. Mai 2023

Sprecher: StS Hebestreit, Collatz (BMVg), Burger (AA), Kall (BMI), Zimmermann (BMUV), Moewius (BMEL), Hoh (BMJ), Säverin (BMKW), Nübel (BMG)

Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Hebestreit: Guten Tag auch von mir! Zwei aktive Teile aus dem Kabinett habe ich.

Die Bundesregierung hat heute die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon, kurz UNIFIL, sowie die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Sicherheitsoperation in Bosnien und Herzegowina mit der schönen Abkürzung EUFOR Althea beschlossen. Sie leitet dem Bundestag entsprechende Anträge zu. Beide Einsätze sollen bis zum 30. Juni 2024 verlängert werden.

Deutschland ist unverändert daran interessiert, einen dauerhaften Frieden und die Stabilität im Nahen Osten nachhaltig zu fördern.

Die VN-Mission UNIFIL bleibt im fragilen sicherheitspolitischen Umfeld und der sich verschärfenden Staats- und Wirtschaftskrise im Libanon ein wesentliches stabilisierendes Element. Der deutsche militärische Beitrag für UNIFIL soll weiterhin die Beteiligung mit einer seegehenden Einheit - für uns Zivilisten: Ich gehe von Schiffen aus - am UNIFIL-Flottenverband, mit Personal im UNIFIL-Hauptquartier sowie bei der Ausbildung der libanesischen Marine umfassen. Es können unverändert bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

Mit der Fortsetzung der Beteiligung an EUFOR Althea unterstreicht die Bundesregierung ihr fortwährendes Engagement für Sicherheit und Stabilität im westlichen Balkan ebenso wie ihre Unterstützung für die Reformen, die für den Annäherungsprozess Bosniens und Herzegowinas an die EU notwendig sind. Zentrale Aufgabe der Mission ist die Unterstützung der weiterhin andauernden und bisher erfolgreichen Umsetzung des Dayton-Friedensabkommens, welches den Bosnien-Krieg 1995 beendete. Vor dem Hintergrund innenpolitischer Spannungen in Bosnien und Herzegowina ist das deutsche Engagement ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Stabilisierung der Region. Die Operation bleibt als Garant für Stabilität im Land essenziell. Es können unverändert bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

Des Weiteren hat das Kabinett heute in mehreren Punkten eine Änderung des Düngerechtes beschlossen. Die Bundesregierung will damit den Wasserschutz weiter voranbringen. In einigen Regionen Deutschlands gefährden Überdüngung und Nitratbelastung unsere natürlichen Ressourcen und führen zu hohen Kosten bei der Trinkwasseraufbereitung.

Das geänderte Düngerecht schafft die Grundlage, um die sogenannte Stoffstrombilanzverordnung zu optimieren. Die Verordnung macht Nährstoffflüsse in landwirtschaftlichen Betrieben transparent und überprüfbar. Ziel ist ein nachhaltigerer und ressourcenschonender Umgang mit Nährstoffen. Des Weiteren führt die Bundesregierung ein bundesweites Düngemonitoring ein. Damit wird überprüfbar werden, wie wirksam die geltenden Düngeregeln sind. Zudem wird eine europäische Verordnung in nationales Recht umgesetzt. Sie sorgt dafür, dass nur sichere und wirksame Düngeprodukte aus der Europäischen Union in den Verkehr gelangen.

Frage: Zu UNIFIL: Herr Collatz, Herr Hebestreit sagte, bis zu 300 Soldaten seien einsetzbar. Wie viele sind aktuell im Libanon beziehungsweise auf See?

Collatz: Derzeit haben wir bei UNIFIL etwa 70 Menschen im Einsatz.

Zusatzfrage: Was war da so der Höchststand in den letzten Jahren?

Collatz: Es waren 150. Die Reduzierung liegt daran, dass wir derzeit die seegehende Einheit, also die Korvette, nicht im Einsatz haben, weil sie technisch bedingt in der Werft ist. Wenn sie wieder im Einsatz sein wird, werden es wieder 150 sein.

Zusatzfrage: Im Kosovo gab es massive Ausschreitungen. Unter anderem sind 25 Nato-„peacekeeping“-Soldaten unter anderen in sogenannten Ausschreitungen verwundet worden. Waren auch Deutsche dabei, und wie sehen Sie die Lage?

Burger: Nein, es waren keine deutschen Soldaten darunter. Nach meinen Informationen handelt es sich um ungarische und italienische Angehörige von KFOR. Wir als Auswärtiges Amt haben uns zur Lage bereits am Montag geäußert. Ich darf das kurz wiedergeben:

„Wir verurteilen die inakzeptablen gewalttätigen Angriffe im Norden Kosovos heute Nachmittag, bei denen Dutzende von KFOR/Nato-Soldaten sowie mehrere Zivilisten verletzt wurden, auf das Schärfste. Unsere Gedanken sind bei den Verletzten, denen wir eine schnelle Genesung wünschen.

Wir fordern die sofortige Einstellung jeglicher Gewalt und aller Handlungen, die zu weiteren Spannungen führen. Eine Deeskalation der Lage ist jetzt dringend erforderlich. Wir fordern Kosovo und Serbien auf, unverzüglich Gespräche zu diesem Zweck aufzunehmen und weiter an der Umsetzung des im Februar und März erzielten Normalisierungsabkommens zu arbeiten, auch im Hinblick auf den Serbischen Gemeindeverband.

Wir unterstützen den EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajčák voll und ganz in seinen Bemühungen um einen Abbau der Spannungen.“

Soweit der Wortlaut unseres Statements von Montagabend.

Ich kann ergänzend sagen, dass wir den Kommandanten von KFOR, Generalmajor Ristuccia, für seine besonnene Führung der Operation und den Nato-Alliierten und Partnern, die vor Ort im Norden Kosovos im Einsatz sind, sehr, sehr dankbar sind, insbesondere den Kontingenten aus Italien und Ungarn, die hierbei zum Einsatz gekommen sind. Das zeigt, wie wichtig und entscheidend der fortgesetzte Einsatz von KFOR ist, um bei einer plötzlichen Lageverschärfung gemäß dem Mandat des UN-Sicherheitsrates zu Frieden und Sicherheit beitragen zu können.

Dazu gebe ich auch noch den Hinweis, dass der Sondergesandte der Bundesregierung für die Länder des westlichen Balkans, Manuel Sarrazin, bereits am Samstag im Lichte der sich abzeichnenden Spannungen in Kosovo nach Kosovo gereist war. Selbstverständlich unterstützt die Bundesregierung auch weiterhin nachdrücklich alle Bemühungen unter anderem durch den EU-Sonderbeauftragten Lajčák um eine Lösung dieser Spannungen.

Zusatzfrage : Was sind aus Sicht der Bundesregierung die Gründe für diese Eskalation?

Burger: Ich habe gerade gesagt, dass wir eine Deeskalation der Lage für dringend erforderlich halten. Ich denke, dass es über den Hergang und die politische Situation, die in diese Ausschreitungen geführt hat, in den letzten Tagen eine intensive Berichterstattung gegeben hat. Ich werde jetzt darauf verzichten, das aus Sicht der Bundesregierung zu bewerten. Aus unserer Sicht ist es ganz entscheidend, dass jetzt alle ihrer Verantwortung nachkommen, zu einem Abbau dieser Spannungen beizutragen. Ich habe gerade auch gesagt, worin das besteht, nämlich in der Umsetzung des Normalisierungsabkommens, das im Februar und März erzielt wurde. Dazu gehört eben auch die Frage des Serbischen Gemeindeverbands.

Frage: Herr Hebestreit, stimmt es, dass der Kanzler morgen am Rande des Treffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft zusammen mit Herrn Macron mit den Regierungschefs oder Präsidenten von Serbien und Kosovo zusammentreffen wird?


StS Hebestreit: Das ist geplant. Sie wissen, dass morgen die Europäische Politische Gemeinschaft in Chișinău zusammentritt. Das alles ist noch unter größten organisatorischen Herausforderungen zu stemmen. 47 Staats- und Regierungschefs werden dort zusammenkommen. Aber es ist geplant, gemeinsam mit Emmanuel Macron dieses Treffen durchzuführen. Das hat es auch in der Vergangenheit schon mehrfach gegeben, im Übrigen auch beim ersten Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Herbst in Prag.

Zusatzfrage: Nur um ganz sicherzugehen: Wird Kosovo an dem Treffen teilnehmen? Es ist ja anders als beim Europarat. Dort ist Kosovo nicht Mitglied. Wird Kosovo morgen vor Ort vertreten sein?

StS Hebestreit: So ist die Planung, ja. Kosovo war auch schon Teilnehmer des ersten Treffens der EPG.

Frage: Sehen Sie die Vorfälle in Kosovo als einen Rückschlag für die Umsetzung des Normalisierungsprozesses?

Burger: Ich habe gesagt, für wie besorgniserregend wir diese Entwicklung halten. Dass wir uns jetzt sehr intensiv bemühen, auf allen Ebenen, wie es auch der Regierungssprecher gerade deutlich gemacht hat, für eine Auflösung der Spannungen zu sorgen beziehungsweise dazu beizutragen, zeigt, dass wir das nicht als Schritt in die richtige Richtung bewerten.

Frage: Sie haben darauf hingewiesen, dass über die Ursachen der Zusammenstöße oder gewaltsamen Auseinandersetzungen berichtet wurde. Wesentliche Ursache war wohl, dass sich die ethnischen Serben im Kosovo nicht an den Wahlen beteiligt haben, sodass nur albanische Amtsinhaber eingesetzt wurden.

Wie kommt man aus deutscher Sicht aus dieser Situation heraus? Müssen Wahlen wiederholt werden? Appellieren Sie an die Serben, sich an den Wahlen zu beteiligen? Wie sieht der Ausweg aus, den Deutschland favorisiert?

Burger: All das sind sehr wichtige Themen, über die wir mit den Parteien in einem sehr intensiven Gespräch sind. Ich denke trotzdem, dass hier nicht der richtige Ort ist, um die Rezepte zu verkünden. Aber dafür, genau solche Situationen zu vermeiden, ist das Normalisierungsabkommen da, um dessen Zustandekommen sich Deutschland und Frankreich intensiv bemüht haben.

Zusatzfrage: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wer für die Verletzung der KFOR-Soldaten verantwortlich ist? War es eher die albanische oder eher die serbisch-ethnische Konfliktpartei?

Burger: Welche Erkenntnisse dazu im Einzelnen vorliegen und in welchem Detailgrad, müsse ich Ihnen nachreichen.

Frage: Herr Burger, können Sie sagen, ob Sie irgendwelche Erkenntnisse darüber haben, dass sich diese wiederaufgeflammten Spannungen auch auf Bosnien-Herzegowina und den serbischen Landesteil dort auswirken? Denn dort hat es früher auch immer einmal Spannungen gegeben.

Burger: Es ist richtig, dass es auch dort immer einmal wieder Spannungen gegeben hat. Ich denke trotzdem, dass es wichtig ist, die Situation in jedem einzelnen Land für sich zu betrachten. Die Dynamik, die es in den letzten Tagen in diesen Gemeinden im Norden Kosovos gegeben hat, hat sich aus einer ganz lokalen Situation ergeben, wie es sich in der Berichterstattung auch wiederfindet. Das hat keine unmittelbare Entsprechung in Bosnien-Herzegowina. Trotzdem halten wir es nach wie vor für notwendig, uns auch dort für Stabilität und für die Umsetzung des Dayton-Abkommens zu engagieren. Deswegen erfolgte heute im Kabinett auch der Beschluss zur Fortsetzung unserer Beteiligung an der Mission Althea.

Vorsitzende Welty: Wir bleiben beim Auswärtigen Amt und wechseln das Land.

Burger: Ich habe Ihnen eine Mitteilung zum Thema Russlands zu machen. Im vergangenen Monat hat uns die russische Regierung mitgeteilt, dass sie die deutsche Gesamtpräsenz in Russland auf 350 Personen begrenzt. Russland zählt neben unseren Entsandten und lokal Beschäftigten an der deutschen Botschaft in Moskau und an unseren Generalkonsulaten ausdrücklich auch alle Beschäftigten bei unseren Kulturmittlern, also etwa an den deutschen Schulen und Goethe-Instituten zu diesem Personenkreis.

Damit ist die russische Regierung einen Schritt der Eskalation gegangen. Diese ungerechtfertigte Entscheidung zwingt die Bundesregierung zu einem sehr erheblichen Einschnitt in allen Bereichen ihrer Präsenz in Russland. Ziel der Bundesregierung ist es, eine Minimalpräsenz der Mittler in Russland bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung auch der diplomatischen Präsenz sicherzustellen. Dies ist nur möglich, wenn in allen Bereichen die Zahl der Mitarbeitenden teils stark reduziert wird. Betroffen sind die entsandten Mitarbeitenden in unseren Auslandsvertretungen, die entsandten Mitarbeitenden der Mittler und die lokal Beschäftigten Mitarbeitenden der Auslandsvertretungen und der Mittler. Deshalb werden auch strukturelle Veränderungen notwendig.

Um den russischen Vorgaben zur Begrenzung unseres Personals nachkommen zu können, hat die Bundesregierung entschieden, die deutschen Generalkonsulate in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk zu schließen. Der Dienstbetrieb wird schon jetzt erheblich reduziert und bis November eingestellt. Die Botschaft Moskau und das Generalkonsulat in Sankt Petersburg werden aufrechterhalten.

Für die russische Präsenz in Deutschland gilt unsere Entscheidung reziprok, um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sowohl personell als auch strukturell sicherzustellen. Darum haben wir entscheiden, die Zustimmung zum Betrieb von vier der fünf in Deutschland betriebenen russischen Generalkonsulate zu entziehen. Dies wurde dem russischen Außenministerium heute mitgeteilt. Russland wurde aufgefordert, die Abwicklung der vier Generalkonsulate in der Bundesrepublik Deutschland umgehend zu veranlassen und bis spätestens zum 31. Dezember 2023 abzuschließen.

Aus Sicht der Bundesregierung ist mit der nun hergestellten personellen und strukturellen Parität der Präsenzen diese Thematik abgeschlossen.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal betonen: Unabhängig von der einseitig durch die russische Regierung fixierten Begrenzung der deutschen Gesamtpräsenz in Russland ist die im April erfolgte Ausreise einer bestimmten Anzahl entsandter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter russischer diplomatischer und konsularischer Vertretungen zu sehen. Wie von dieser Stelle aus schon einmal erläutert, waren diese Personen Tätigkeiten nachgegangen, die dem Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen widersprechen. Die Ausreiseaufforderung war daher angesichts der von diesem Personal ausgehenden Gefährdung der inneren Sicherheit und für unsere Interessen alternativlos.

Die russische Seite hatte daraufhin die gleiche Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutscher diplomatischer und konsularischer Einrichtungen zur Ausreise aufgefordert, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Mit diesem Schritt mussten wir rechnen, auch wenn wir ihn nicht für gerechtfertigt halten.

Zusätzlich - und hierin liegt der aktuell eskalatorische Schritt der russischen Seite - hat Russland jedoch die erwähnte Obergrenze verhängt. Auch diese Maßnahme halten wir nicht für gerechtfertigt, mussten ihr jedoch auch im Interesse des Schutzes der Bediensteten bei den deutschen Auslandsvertretungen und den Kulturmittlerorganisationen nachkommen.

Frage: In welchen Städten werden die russischen Konsulate geschlossen? Will Deutschland die Zahl der russischen Vertreter in Deutschland auch auf 350 begrenzen?

Vielleicht noch zusätzlich eine Frage zum Russischen Haus in Berlin.

Burger: Russland wird es weiterhin gestattet, reziprok zu unserer Präsenz in Russland die russische Botschaft in Berlin und ein weiteres Generalkonsulat zu unterhalten. Die anderen Generalkonsulate sind bis zum 31. Dezember zu schließen. Dazu, wie das konkret umzusetzen ist, sind wir mit der russischen Seite im Gespräch. Ich habe dazu heute von dieser Stelle aus keine weiteren Informationen mitzuteilen.

Zusatzfrage: Ist auch die Obergrenze von 350 im Gespräch, sodass auch die Zahl russischer Vertreter in Deutschland auf 350 begrenzt wird?

Burger: Wie gesagt, habe ich dazu jetzt keine weiteren Maßnahmen zu verkünden.

Frage: Das wären auch meine Fragen gewesen, ob also diese Zahl von 350 auch die Maßgabe an Russland ist.

Burger: Dazu wiederhole ich einen Satz, den ich vorher gesagt habe, dass durch diesen Schritt, den ich gerade angekündigt habe, aus unserer Sicht die personelle und strukturelle Parität hergestellt ist.

Frage: Wie viele Mitarbeitenden hatten sie vorher in Russland? Sie sagen: Jetzt Obergrenze von 350. - Was bedeutet das? Hatten Sie vorher das Doppelte? Könnten Sie ein paar Zahlen dazu angeben?

Wie viele russische Bedienstete sind insgesamt in Deutschland, und welche russischen Konsulate werden in Deutschland von der Schließung betroffen sein?

Burger: Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mehr Informationen über die Zahl unserer Bediensteten hier aus grundsätzlichen Erwägungen nicht mitteile. Das erfolgt insbesondere mit Blick auf den Schutz der Betroffenen.

Die Frage, welche russischen Generalkonsulate betroffen sind, hat Ihr Kollege gerade schon gestellt. Ich kann dazu im Moment nichts weiter mitteilen außer, dass der russischen Seite weiterhin der Betrieb der russischen Botschaft hier in Berlin und eines weiteren Generalkonsulats gestattet wird.

Zusatzfrage: Können Sie etwas dazu sagen, wie viele russische Bedienstete momentan insgesamt in Deutschland tätig sind? Sie wollen mit Rücksicht auf den Schutz der Deutschen nichts zu den Zahlen in Russland sagen. Aber umgekehrt: Wie viele Russen sind hier für die Regierung tätig?

Burger: Auch dazu werde ich jetzt keine Angaben machen.

Frage: Wie viele Konsulate betreibt Russland in Deutschland? Ich habe es vorhin nicht mitbekommen.

Burger: Derzeit fünf.

Zusatzfrage: Und vier werden dann …

Burger: Richtig.

Frage: Ist der Prozess rückgängig zu machen, und, wenn ja, in welchem Verfahren?

Burger: Das ist eine sehr hypothetische Frage, weil die Entwicklung derzeit bedauerlicherweise in die genau umgekehrte Richtung geht und wir uns leider derzeit nicht unter politischen Ausgangsbedingungen befinden, unter denen wir über eine Intensivierung der Kontakte zu Russland sprechen könnten. Das bedauern wir sehr. Das ist aber die Folge des Handelns der russischen Regierung.

Das förmliche Verfahren, um beispielsweise ein neues Generalkonsulat in einem anderen Land zu errichten, ist im Wiener Übereinkommen über die konsularischen Beziehungen festgelegt. Das erfordert letztlich, dass sich beide Staaten miteinander darüber vereinbaren, dass der Empfangsstaat zustimmt, dass der Entsendestaat eine neue konsularische Präsenz im Empfangsstaat errichtet. Das ist ein förmliches Verfahren, über das es internationale Konventionen gibt und das auf beiden Seite bekannt ist. Aber im Moment befinden wir uns, wie gesagt, bedauerlicherweise in einer Situation, in der wir über eine Reduktion unserer Präsenz sprechen müssen.

Zusatzfrage: Genau deswegen frage ich ja.

Wenn Generalkonsulate jetzt geschossen, dicht gemacht werden, würde es dann, wenn sich Möglichkeiten ergeben, sie wiederzueröffnen, ein Verfahren von Null an bedeuten. Man tut so, als sei noch gar keines da gewesen, und müsste dann sagen: Wir planen, würden gerne, und seid ihr einverstanden? - Ist das so, oder könnte man im gegenseitigen Einvernehmen zu einem geeigneten Zeitpunkt sagen: „Wir machen diese Schließungen in einem vereinfachten Verfahren wieder rückgängig und eröffnen die Generalkonsulate wieder“? Die Struktur, die Substanz, letztlich auch das Personal waren ja vorhanden.

Burger: Ehrlich gesagt, ist das jetzt etwas spekulativ. Meine Vermutung wäre: Der formale Schritt, die sozusagen förmliche Zustimmung zur Errichtung, zum Betrieb einer solchen Vertretung wiederherzustellen, wäre im Zweifelsfall der kleinere praktische Schritt gegenüber all dem, was administrativ, organisatorisch, logistisch, bautechnisch mit so etwas verbunden ist.

Aber wie gesagt: Im Moment sind wir leider nicht in der Situation, dass wir darüber sprechen, sondern im Moment sind wir leider gezwungen, über eine Schließung von Vertretungen zu sprechen.

Frage: Herr Burger, was bedeutet eine Schließung? Bedeutet es, nur die Tür für einen bestimmten Zeitraum zuzumachen, oder muss Russland die Liegenschaften komplett aufgeben?

Die Rechtsgrundlage ist - Sie haben es gerade angedeutet - komplett das Wiener Übereinkommen. Gilt das auch für die Schritte, die jetzt eingeleitet wurden?

Burger: Genau. Das ist das Wiener Übereinkommen, beziehungsweise das sind die beiden Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen.

Eine Schließung bedeutet, dass dort dann keine konsularische Vertretung mehr besteht. Dadurch verschwindet natürlich nicht das Gebäude, und es ändert sich auch zunächst einmal nichts an den privatrechtlichen Eigentumsverhältnissen an diesen Gebäuden. Ich kann Ihnen aus dem Kopf nicht sagen, wem diese Gebäude gehören. Aber dort wird dann ab diesem Moment keine konsularische Präsenz mehr sein.

Frage: Gibt es für die Zahl 350 und die geschlossenen Konsulate irgendeine rationale Begründung, oder ist das eine willkürlich gegriffene Zahl?

Burger: Das ist die Zahl, die uns von der russischen Seite auferlegt wurde. Die Zahl 350 ist uns von der russischen Seite mitgeteilt worden, damals als ein aus unserer Sicht zusätzlicher eskalatorischer Schritt zu der reziproken Ausweisung von deutschem Personal. Die russische Seite hat damals bereits öffentlich gemacht, dass sie eine solche Obergrenze einführt.

Die Schwelle, die Russland gewählt hat, führt bei uns eben zu der Notwendigkeit, sehr, sehr massiv in die bestehenden Strukturen an Personal und eben auch an unserer Vertretung einzugreifen.

Frage: Herr Burger, warum lässt man Russland bis Ende des Jahres Zeit? So sagten Sie, glaube ich. Wenn es genau reziprok wäre, dann müsste das ja eigentlich auch jetzt schon Anfang Juni passieren, weil: So ist das ja wohl von der russischen Seite gewollt, was die deutschen Mitarbeiter angeht.

Burger: Ich habe Ihnen gesagt, dass der Dienstbetrieb an den Generalkonsulaten, die wir schließen, also in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk, bis November eingestellt wird. Dementsprechend haben wir uns dazu entschieden, der russischen Seite für die Schließung ihrer Konsulate in Deutschland Zeit bis zum Jahresende einzuräumen.

Frage: Was können Sie mit 350 Mitarbeitern noch bewirken? Heißt das zum Beispiel, dass das Goethe-Institut in Russland komplett schließen wird?

Burger: Sie wissen möglicherweise, dass es ohnehin schon sehr einschränkende, restriktive Maßnahmen der russischen Seite gegen das Goethe-Institut in Form von Kontensperrungen gegeben hat, sodass die Arbeitsfähigkeit insbesondere des Goethe-Instituts sowieso schon massiv infrage gestellt war. Aber es ist in der Tat so, wie ich gerade gesagt habe, dass wir für die Kulturmittler nur noch eine Minimalpräsenz aufrechterhalten können und zugleich weiterhin die diplomatische Präsenz in Russland aufrechterhalten wollen.


Frage: Habe ich es richtig verstanden, dass (in Russland) nicht die Anzahl der Konsulate beschränkt wurde, sondern nur die Anzahl der Mitarbeiter, Sie aber in Deutschland die Anzahl der Konsulate beschränken, also nicht reziprok handeln? Ist das richtig?

Burger: Jein. Richtig ist, dass wir durch die russische Begrenzung unseres Personals, durch die von Russland einseitig verhängte Personalobergrenze gezwungen sind, drei unserer Generalkonsulate in Russland zu schließen, also nur noch zwei diplomatische und konsularische Vertretungen in Russland geöffnet zu halten. Als reziproke Maßnahme legen wir nun eben der russischen Seite auf, ebenfalls die Zahl ihrer Vertretungen in Deutschland auf zwei zu reduzieren.

Zusatz: Das würde aber bedeuten, dass zur Wiedereröffnung der deutschen Konsulate keine neuen Anträge gestellt werden müssten, die russische Seite dies aber in Deutschland tun müsste.

Burger: Das ist mir jetzt zu theoretisch.

Zusatz: Na ja, es geht um Konsulate. Das ist nichts Unerhebliches.

Burger: Es ist nur eine völlig hypothetische Frage, weil wir, wie gesagt, gerade nicht über die Wiedereröffnung sprechen, sondern wir sprechen über die Schließung. Davon, unter welchen Bedingungen eine Wiedereröffnung vorstellbar wäre, sind wir, wie gesagt, weit entfernt. Deswegen lässt sich, glaube ich, die Frage so, wie Sie sie gestellt haben, im Moment nicht seriös beantworten. Davon, unter welchen Bedingungen man überhaupt über eine Wiedereröffnung sprechen könnte, sind wir im Moment eben weit entfernt.

Frage: Herr Burger, ich habe verstanden, dass das Konsulat in Sankt Petersburg bleibt.

Burger: Richtig.

Zusatzfrage: Welche Auswirkungen haben denn die Schließungen der deutschen Konsulate in diesen drei Städten für die Visavergabe? Bleibt es bei dem Plan, dass ab morgen, also ab dem 1. Juni, die Visaantragsannahme durch die VisaMetric-Zentren in diesen Städten - - - Bleibt es bei diesem Plan, dass sich für die Leute, die ein Visum für die Einreise nach Deutschland brauchen, eigentlich nichts bis auf die Tatsache ändert, dass es länger dauert?

Burger: Ob es länger dauert, kann ich Ihnen gar nicht sagen. Aber es ist in der Tat so, dass die Visaantragsannahme an externe Dienstleister ausgelagert ist. Die bleiben bestehen. Nur die Bearbeitung der Visaanträge wird von den anderen Generalkonsulaten nach Moskau verlagert.

Frage: Herr Burger, wenn Sie von diesen unmittelbaren Maßnahmen einen Schritt zurücktreten, was sagt das denn dann über den Stand der deutsch-russischen Beziehungen diplomatisch, kulturell, wirtschaftlich, sofern sie überhaupt noch bestehen? Gab es schon einmal seit 1945 so eine Situation in Bezug auf Moskau?

Burger: Ich tue mich mit den historischen Vergleichen jetzt schwer. Ich überblicke das nicht aus dem Stegreif. Aber natürlich sind die Beziehungen zu Russland seit seinem Überfall auf die Ukraine, seit diesem Bruch des Völkerrechts, seit diesem Angriff auf die europäische Friedensordnung massiv belastet. Das zeigt sich in allen Bereichen unserer Beziehungen. Ich habe gerade schon ausgeführt, dass die Arbeit unserer Kulturmittler, unter anderem des Goethe-Instituts, ohnehin in Russland in letzter Zeit massivsten Einschränkungen unterliegt.

Selbstverständlich führt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auch in ganz vielen anderen Bereichen dazu, dass für Aktivitäten, Austauschformate, gemeinsame Projekte, die wir vor drei, vier Jahren noch für sinnvoll gehalten und an denen wir gerne mit Russland gearbeitet hätten, heute einfach jegliche Grundlage fehlt. Insofern ist es bedauerlich, dass wir heute über eine solche Reduktion von diplomatischen und konsularischen Präsenzen sprechen müssen. Aber es ist das Verhalten der russischen Seite, das uns in diese Situation gebracht hat. Wir stehen als Bundesregierung vor der Aufgabe, die Interessen Deutschlands hier zu vertreten und darauf zu achten, dass es in diesen Beziehungen und eben auch mit Blick auf die konsularische und diplomatische Präsenz eine Ausgewogenheit gibt – eine echte und nicht nur auf dem Papier.

Zusatzfrage: Haben Sie dort noch genügend Personal, um etwaige Beziehungen oder Diskussionen über den Verlauf des Kriegs und die Beendigung des Kriegs in der Ukraine führen zu können, oder wird das davon auch beeinträchtigt?

Burger: Wie gesagt, unser Ziel ist, die diplomatische Präsenz in Russland aufrechtzuerhalten. Mit der Art und Weise, wie wir die Reduktion des Personals, die uns Russland auferlegt hat, jetzt ausgestalten, kann aus unserer Sicht die diplomatische Präsenz in Russland sichergestellt werden.

Frage: Herr Burger, ich hätte ganz gerne gefragt, ob Sie ähnliche Eskalationen auch im Verhältnis Russlands zu anderen europäischen Ländern oder den USA sehen, oder ist nur Deutschland im Moment von dieser Art der Eskalation betroffen?

Burger: Ich kann das jetzt nur sehr kursorisch und anekdotisch beantworten. Aber auch im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten und auch bei anderen westlichen Partnern hat es Schließungen von konsularischen Vertretungen gegeben und hat die russische Seite teilweise strengste Restriktionen auferlegt, was die Beschäftigung von sowohl entsandten als auch lokal beschäftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den diplomatischen Vertretungen vor Ort angeht.

Zusatzfrage: Mir ging es ein bisschen mehr um das Ausmaß. Wenn von russischer Seite die Botschaft und ein Konsulat geöffnet bleiben darf, ist das mit der Situation in Großbritannien oder Frankreich vergleichbar?

Burger: Ich bitte Sie, diesen Vergleich selber anzustellen. Ich glaube, es ist sehr, sehr schwierig, das von meiner Seite aus zu tun, weil sich die Ausgangssituation von Land zu Land völlig unterscheidet. Wenn man zueinander ins Verhältnis setzt, mit wie vielen Konsulaten wir in Russland vertreten sind, mit wie vielen Konsulaten andere Länder möglicherweise vertreten sind, kann man sicherlich seine Schlüsse ziehen. Ich glaube, das können Sie mindestens genauso gut wie ich.

Frage: Bayern hat als erstes Bundesland zwei russische Staatsbürger wieder nach Russland abgeschoben. Ich hätte gerne gewusst, wie die Bundesregierung das beurteilt.

Burger: Mir liegen dazu keine Informationen vor.

Kall: Das beurteilen wir von hier aus erst einmal nicht, weil für Abschiebungen die Länder zuständig sind. Es ist nach dem Aufenthaltsgesetz Sache der Länder, Abschiebungen vorzunehmen. Deswegen würde ich Sie bitten, sich an die bayerischen Behörden zu wenden.

Zusatz: Es gibt aber seitens des BAMF Richtlinien. Es gab auch hier schon die Aussage, dass man mit Abschiebungen aufgrund der Rekrutierungsfrage in Russland zurückhaltend sein wolle.

Kall: Man kann ja nur abschieben, wenn ein Asylgesuch final abgelehnt wurde. Dagegen besteht selbstverständlich Rechtsschutz vor den Gerichten in Deutschland. Nur wenn ein solches Verfahren abgeschlossen ist, finden auch Abschiebungen statt. Das kann ich so generell sagen. Das ist dem natürlich vorgelagert.

In Bezug auf den konkreten Fall müssten Sie sich bitte an die bayerischen Behörden wenden.

Frage: Kurz zurück zu den Konsulaten, wenn das geht. Herr Hebestreit, wie bewertet denn der Bundeskanzler diesen doch ziemlich starken Schritt?

Gibt es Pläne oder aktuell Vorhaben, wieder einmal mit Präsident Putin zu telefonieren oder so was?

StS Hebestreit: Ich glaube, der Bundeskanzler ist von dieser Entwicklung, die sich ja abgezeichnet hat - - - Die Diskussion über die Obergrenze, die die russische Seite Deutschland gesetzt hat, gibt es seit einigen Wochen. Insofern haben wir uns innerhalb der Bundesregierung eng abgesprochen, wie wir darauf reagieren können, was das für unsere Präsenz in Russland heißt und was das reziprok für die russische Präsident in Deutschland bedeutet.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der Bundeskanzler hat, glaube ich, das letzte Mal Anfang Dezember mit dem russischen Präsidenten telefoniert und hat in den letzten Äußerungen dazu in den letzten Wochen immer wieder gesagt, er werde das auch wieder tun. Aber konkretere Planungen oder Zeitpunkte sind mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Frage: Herr Hebestreit, wie bewerten denn die Bundesregierung und der Bundeskanzler den gestrigen Drohnenangriff auf die russische Hauptstadt und eventuell auch die Attacken auf das russische Kernland in Krasnodar und anderen Gebieten?

StS Hebestreit: Ich glaube, am gestrigen Tag haben wir vor allem sehr heftige Drohnenangriffe und Raketenangriffe auf Kiew erlebt. Der Bundeskanzler hat gestern mit dem ukrainischen Staatspräsidenten telefoniert und hat sich das erläutern lassen. Das waren mit die heftigsten Angriffe, die es auf Kiew gegeben hat. Die Luftverteidigung hat dort gut gearbeitet und reagiert. Allerdings hat es – das wissen Sie - auch Schäden gegeben.

Ansonsten haben wir keine eigenen Erkenntnisse über die Drohneneinschläge, die es über Moskau gegeben haben soll. Grundsätzlich ist es so, dass das Völkerrecht vorsieht, dass ein Land sich verteidigt. Die Verteidigung gegen den Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine ist legitim. Allerdings hat der Bundeskanzler immer wieder deutlich gemacht: Was den Einsatz deutscher Waffen angeht, sind diese dafür da, das ukrainische Territorium zu verteidigen.

Zusatz: Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Sie die Angriffe der Ukrainer mit ukrainischen Waffen auf das russische Kernland für legitim halten.

StS Hebestreit: Ich habe nicht den eigentlichen Angriff angeführt, sondern das Völkerrecht. Und das Völkerrecht hält solche Angriffe für legitim.

Frage: Tatsächlich eine Spezialistenfrage an die Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt. Morgen beginnt die „Dialoggruppe Wolf“. Es gibt jetzt Forderungen, dass man nicht nur einzelne Tiere, sondern ganze Rudel abschießt. Wir hätten gerne eine Stellungnahme dazu.

Zimmermann: Danke für Ihre Frage. Vielleicht lassen Sie mich kurz etwas zur „Dialogreihe Wolf“ sagen, die, wie Sie richtig sagten, morgen mit einer Auftaktveranstaltung beginnt. Ziel dieser Veranstaltungsreihe ist es, den Dialog mit Weidetierhaltenden und Naturschutzverbänden zum Wolf zu intensivieren, zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen und die zusätzlichen Herausforderungen durch die Rückkehr des Wolfs für die Weidewirtschaft zu bewältigen.

Die morgige Auftaktveranstaltung betrifft das Monitoring, die Erfassung und Entwicklung der Wolfspopulation. Es sind aber, wie der Name „Veranstaltungsreihe“ schon sagt, weitere Veranstaltungen geplant. Dabei sollen weitere Aspekte diskutiert werden, zum Beispiel der Herdenschutz und Probleme der Tierhalter sowie der Umgang mit problematischen Wölfen. Es gibt dazu auch ein Zitat der Ministerin. Wenn Ihnen das nicht vorliegen sollte, lassen wir Ihnen das natürlich gerne zukommen.

Jetzt speziell zu Ihrer Frage: Eine Regulierung der Wolfsbestände ist vor dem Hintergrund des Schutzstatus des Wolfes und des Gefährdungsstatus der deutschen Population nicht möglich. Es gibt aber, was den Einzelfall betrifft, also wenn beispielsweise Wölfe gelernt haben, höhere Zäune zu überwinden und es keine zumutbaren Alternativen mehr gibt, um Weidetiere zu schützen, auch heute schon im Einklang mit EU-Recht nach dem Bundesnaturschutzgesetz die Möglichkeit eines Abschusses. Für dieses Wolf-Management sind die Länder verantwortlich. Darum ist es auch gut und wichtig, dass bei dieser Dialogreihe auch Vertreter aus den Ländern mit dabei sind.

Moewius: Ich kann kaum etwas ergänzen. Für uns steht natürlich im Mittelpunkt, dass eine Weidehaltung, die sehr tiergerecht ist und auch für die Artenvielfalt etwas tut, weiter möglich ist. Dazu sind wir im Austausch. Der Dialog wird dazu beitragen. Auch mit den Ländern sind wir in einem guten Austausch. Allem Weiteren würde ich an der Stelle erst einmal nicht vorweggreifen. Alles, was die Richtlinien und die Bestände der Wölfe angeht, hat der Kollege bereits vorgetragen.


Frage: Herr Zimmermann, Sie haben eben angesprochen, dass es schon jetzt möglich ist, Wölfe abzuschießen. Aus den Bundesländern, zuletzt aus Niedersachsen, kam der Hinweis, dass die Regelungen, die es dazu gibt, im Grunde überhaupt nicht praxistauglich sind. Sie werden als sehr bürokratisch beschreiben und sind sehr auf das einzelne Tier bezogen, was es de facto – so die Haltung von Niedersachsen – im Grunde unmöglich macht, Tiere angemessen zu entnehmen. Wollen Sie als Bundesumweltministerium diese Regelungen entbürokratisieren und praxisnäher gestalten?

Zimmermann: Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass morgen die Auftaktveranstaltung der Dialogreihe stattfindet, möchte ich dieser jetzt nicht vorgreifen. Es geht der Ministerin darum, im Austausch mit den Betroffenen praktikable Lösungen zu finden. Das ist unstrittig. Aber genauso gilt, dass der Wolf eine streng geschützte Art ist und daher, wie ich schon gesagt habe, bestimmte Regulierungen einfach unzulässig sind.

Es geht bei dieser Dialogreihe unter anderem auch darum, zu gucken, wo es so etwas gibt, was man heute Best Practice nennt, und auch gute Beispiele, um den Dialog zu befördern. Vielleicht klappt in einem Bundesland das Wolfsmanagement an einer Stelle schon besser als in einem anderen. Ziel ist es tatsächlich, sachlich zu diskutieren, um praktikable Lösungen zu finden.

Zusatzfrage: Ich verstehe, dass Sie der Veranstaltung nicht vorgreifen wollen. Dennoch sagt die Umweltministerin in dem Statement, das Sie angesprochen haben, dass die Entnahme möglich sei und dass diese Möglichkeit verstärkt genutzt werden sollte. Dann werden Sie ja sicherlich auch eine Vorstellung haben, wie man diese Möglichkeit stärker nutzbar machen kann.

Zimmermann: Es gibt meines Wissens Bundesländer, die sagen, dass es sich aus ihrer Sicht nicht unmöglich darstellt und mit der geltenden Rechtslage durchaus gut zurechtkommen. Es wird unter anderem ein Ziel sein, sich dazu morgen beziehungsweise im Rahmen dieser Dialogreihe auszutauschen.

Frage: Die Vertreter der Jagd, die für die Entnahme zuständig sind, wurden zu dieser Dialogreihe nicht eingeladen. Sie haben sich selbst eingeladen, zumindest laut Selbstauskunft. Ist das richtig? Was ist die Begründung dafür, dass die Jagdverbände nicht dabei sind?

Zimmermann: Was die genaue Abfolge der Einladungen betrifft, müsste ich gucken, was ich nachreichen kann. Tatsächlich ist es meines Wissens so – das beantwortet Ihre Frage jetzt nicht vollständig -, dass tatsächlich morgen die Landesjägerschaft Niedersachsen erwartet wird. Es ist auch so, dass sich die morgige Veranstaltung erst einmal mit dem Auftaktthema Monitoring, Erfassung und Entwicklung befasst. Wie ich schon angesprochen hatte, sind beispielsweise die Probleme bei der Weidetierhaltung oder der Umgang mit problematischen Wölfen als Schwerpunkt für einen späteren Zeitpunkt dieser Dialogreihe vorgesehen.

Zusatzfrage: Ein Wolf, der entnommen werden soll, muss genetisch nachweisbar sein. Hält die Bundesministerin das für eine praktikable Lösung? So ein Wolf läuft ja nicht mit einem Nummernschild oder einem DNA-Code durch die Gegend. Ist das in der Praxis praktikabel, oder widerspricht das dem, was die Ministerin gesagt hat, dass das verstärkt gemacht werden soll?

Zimmermann: Ich möchte noch einmal auf das verweisen, was ich gerade schon gesagt habe. Meines Wissens gibt es durchaus Länder, die mit der geltenden Rechtslage und dem Wolfsmanagement gut zurechtkommen. Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, unter anderem im Rahmen dieser Dialogreihe darüber zu diskutieren, wie man vielleicht gegenseitig voneinander lernen kann.

Frage: Wird der Bauernverband vor Ort sein? Er hat sich in den letzten Monaten eher durch Lügen, Unwahrheit und Propaganda zum Thema Wolf ausgezeichnet.

Wie bewerten Sie die Zulässigkeit der angekündigten bayerischen Regelung?

Zimmermann: In Bezug auf den Bauernverband müsste ich gucken, ob ich etwas nachreichen kann. Ich glaube, für die morgige Veranstaltung werden keine Teilnehmenden des Bauernverbandes erwartet. Wobei ich der Vollständigkeit halber schon ergänzen muss, dass ich mir die Bewertung in Ihrer Frage gegenüber dem Deutschen Bauernverband nicht zu eigen mache.

Könnten Sie Ihre zweite Frage noch einmal wiederholen?

Zusatzfrage: Es geht um die angekündigte bayerische Regelung. Söder und Aiwanger hatten ja einmal quasi (akustisch unverständlich) gestanden und haben angekündigt, dass Wölfe jetzt öfter, besser und schneller abgeschossen werden können. Das bezeichnen Naturschützer vor Ort, die dagegen klagen werden, als absolut unzulässig. Was sagen Sie dazu?

Zimmermann: Zu dem Aspekt müsste ich Ihnen die Antwort nachreichen. Aber wenn ich mich korrekt erinnere, sehen wir das sehr kritisch.

Frage: Meine Kollegen des NDR berichten heute darüber, dass in zahlreichen Ländern rund um Afghanistan - Iran oder auch Pakistan - Menschen darauf warten, ein Visum für eine Ausreise nach Deutschland zu bekommen. Nach Angaben der Bundesregierung sind es über 14 000 Menschen, die gefährdet sind. Die Frage ist: Wie lange wird man brauchen, bis die Visa an diese 14 080 Menschen – das war die Angabe der Bundesregierung – vergeben werden können? Ist das mit den verschärften Sicherheitsvorkehrungen für die deutsche Botschaft in Islamabad in Pakistan überhaupt zu schaffen, weil in anderen Ländern wie in Teheran gar keine Visa mehr ausgegeben werden? Die Frage richtet sich an das AA und wahrscheinlich auch an das BMI.

Burger: Ich habe den Eindruck, dass vielleicht bei der Zahl ein kleines Missverständnis besteht. Sie haben von 14 000 gesprochen. Meinem Verständnis nach sind wahrscheinlich mehrere Gruppen zueinander aufaddiert: zum einen Personen, die noch in Afghanistan selbst sind und bereits eine Aufnahmezusage für Deutschland bekommen haben, aber zum anderen eben auch Menschen, die mit einer solchen Aufnahmezusage aus Deutschland schon aus Afghanistan in eines der beiden Nachbarländer Pakistan oder Iran ausgereist sind, dort nun ein Visum bekommen sollten, nun aber durch die Tatsache betroffen sind, dass wir im März gemeinsam entschieden hatten, die Ausreise im Rahmen dieser Aufnahmeprogramme zu stoppen, um neue Sicherheitsverfahren einzuführen.

Insofern muss die Antwort auf Ihre Frage vielleicht mehrteilig sein. Zum einen stellt sich natürlich die Frage: Wann werden wir die Aufnahme und damit eben auch die Visavergabe für Menschen mit Aufnahmeverfahren wieder aufnehmen können? Das werden wir dann tun, wenn die neuen angepassten Sicherheitsverfahren in Kraft sind und funktionieren. Das wird bald der Fall sein. Daran arbeiten wir sehr, sehr intensiv. Ich kann Ihnen aber hier und heute dafür noch kein Datum nennen.

Sie wissen vielleicht, dass wir für das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan eine monatliche Zahl von 1000 Personen vereinbart hatten, die im Rahmen dieses Programms nach Deutschland kommen können. Hinzukommen noch Menschen mit Aufnahmezusage, etwa als ehemalige Ortskräfte. Also gehen Sie einmal davon aus, dass die Kapazitäten zur Bearbeitung an unserer Auslandsvertretung Islamabad entsprechend bemessen sind, um mit dieser Größenordnung auch zurechtzukommen.

Eine andere Schwierigkeit ist natürlich für viele Menschen zunächst einmal die Ausreise aus Afghanistan. Die Menschen, die schon eine Aufnahmezusage haben, sich aber noch in Afghanistan befinden - das sind zum Großteil ehemalige Ortskräfte, die dort für deutsche Institutionen gearbeitet hatten -, befinden sich zum Großteil noch deswegen in Afghanistan, nicht weil es einen Engpass bei der Visavergabe gegeben hätte, sondern weil sie es bisher nicht geschafft haben, aus Afghanistan auszureisen.

Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Der wichtigste ist, dass sowohl die Taliban als auch die Nachbarstaaten für die Ausreise aus Afghanistan verlangen, dass alle Menschen, die ausreisen möchten, einen Pass haben. Viele der Betroffenen hatten bisher keine Pässe. Es ist für Menschen in Afghanistan unter bestimmten Umständen sehr, sehr schwierig, an einen solchen Pass heranzukommen. Dabei unterstützen wir sehr intensiv. Wie gesagt, es ist uns in der Vergangenheit durch Unterstützung bei der Ausreise aus Afghanistan schon gelungen, pro Monat deutlich über 1000 Menschen - sogar 2000, 3000 Menschen pro Monat - aus Afghanistan herauszubekommen. Die Bearbeitungskapazität wird hier zunächst einmal nicht das Nadelöhr sein. Aber es ist richtig: Dort sitzen im Moment Menschen fest. Es sitzen auch Menschen in den Nachbarländern fest, die wir eigentlich schon längst nach Deutschland in Sicherheit gebracht haben wollten. Es ist allerdings aufgrund der Sicherheitsbedürfnisse in Deutschland erforderlich, dass das entsprechende Sicherheitsverfahren in Kraft ist, bevor es damit weitergehen kann. Wenn das angelaufen ist, werden wir natürlich alles daransetzen, diese Menschen so schnell wie möglich und so schnell es irgendwie geht nach Deutschland zu bringen.

Zusatzfrage: Es gab den Vorwurf von Missbrauch, dass also missbräuchlich vorgeschlagen worden ist. Dauert es deshalb so lange, um zu prüfen, ob wirklich jemand berechtigten Anspruch hat, nach Deutschland zu kommen? Ist das neben der Passfrage, die Sie gerade erläutert haben, ein Hintergrund für die längere Dauer?

Burger: Ein Hintergrund ist, wie ich gerade gesagt habe, dass wir entschieden haben, ein verbessertes Sicherheitsverfahren einzuführen. Der Hintergrund ist dafür in der Tat, dass es einzelne Hinweise auf Missbrauchsversuche gab. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand sind all diese Missbrauchsversuche im Visaverfahren erkannt und unterbunden worden. Aber das hat uns, die beteiligten Ressorts und Behörden, gemeinsam zu der Schlussfolgerung gebracht, dass wir einen zusätzlichen Sicherheitsschritt brauchen. Diesen einzuführen ist mit einem gewissen Aufwand verbunden. Das führt für diese Menschen zu einer Verzögerung. Aber, wie gesagt, wenn das Verfahren einmal aufgebaut ist, gehen wir davon aus, dass wir vor Ort auch eine entsprechend hohe Bearbeitungskapazität sicherstellen können, damit Menschen zügig in Sicherheit kommen können.

Ja, natürlich ist es so, dass in einem Visumverfahren jeder zusätzliche Prüfschritt mit einer zusätzlichen Bearbeitungsdauer verbunden ist. Es ist aber aufgrund der Tatsache, dass die Situation in Afghanistan so gefährlich und so kompliziert ist, wie sie ist, so, dass wir keine Möglichkeit haben, in Afghanistan selbst zu arbeiten - wir haben keine diplomatische Präsenz vor Ort und können keine Gespräche mit Menschen führen – und es einfach nötig ist, dass wir, um unseren Verpflichtungen in Deutschland gerecht zu werden, sehr, sehr sorgfältig vorgehen.

Kall: Herr Burger hat jetzt schon sehr vieles gesagt. Ich kann nur aus Sicht des Bundesinnenministeriums sagen, dass Sicherheit natürlich die oberste Priorität bei der Frage hat, welche Menschen wir in Deutschland aufnehmen, dass selbstverständlich diese Menschen von den Sicherheitsbehörden überprüft werden und auch in der Vergangenheit schon überprüft worden sind. Herr Burger hat es ja gesagt: Diese Fälle sind im Visaverfahren auch aufgefallen. Aber trotzdem ist es natürlich so, dass, wenn Missbrauchsrisiken bestehen und erkannt werden, man sie abstellen muss und wir deswegen zusätzliche Schleifen und Sicherheitsmechanismen einführen. Das sind insbesondere sehr detaillierte Interviews mit den jeweiligen Personen, um sie noch genauer durch die Sicherheitsbehörden checken zu können. Sobald das eingeführt ist, können die Ausreisen dann wieder erfolgen.

Frage: Eine Frage an das Justizministerium. Es hat offenbar einen Anschlag auf das Privathaus des Ministers gegeben. Können Sie etwas zu dem Vorgang sagen? Bestand zu irgendeiner Zeit Gefahr für den Minister? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Gibt es schon Tatverdächtige? Konnten Sie dieser Person habhaft werden?

Eine Frage an das Innenministerium. Zu dieser Tat hatten sich offensichtlich sogenannte radikale Transaktivisten bekannt. Ist Ihnen diese Szene bekannt? Liegen noch andere Straftaten vor? Können Sie schon den Personenkreis eingrenzen? Können Sie irgendetwas zu dieser Szene sagen?

Hoh: Ich kann Ihnen bestätigen, dass es am Wohnhaus, in dem Minister Buschmann in Gelsenkirchen seine Wohnung hat, eine Beschädigung an der Eingangstür und Schmierereien gegeben hat. Er hat daraufhin umgehend Strafanzeige gestellt. Allerdings handelt es sich nicht um einen Anschlag, wie Sie es genannt haben, sondern um Sachbeschädigung und Farbschmierereien.

In dem Zusammenhang möchte ich Sie auch auf die Pressemitteilung der Polizei Gelsenkirchen hinweisen.

Zusatzfrage: War der Minister vor Ort? Können Sie das sagen? Fühlte er sich bedroht?

Hoh: Ich habe keine Kenntnis, wo er sich zu dem Zeitpunkt aufgehalten hat.

Kall: Ich kann auch nicht mehr dazu sagen. Es ist Sache der örtlichen Staatsanwaltschaft und der örtlichen Polizei, dem selbstverständlich nachzugehen, auch was mögliche Täter und Tathintergründe angeht. Es ist jetzt einfach Sache von Polizei und Justiz, das aufzuklären.

Zusatzfrage: Es gibt aber kein Bekennerschreiben. Ist es das erste dieser Art von dieser Gruppe? Ist Ihnen etwas über die Gruppe bekannt?

Kall: Das wäre eine Frage zu den konkreten Ermittlungen. Da möchte ich wirklich an die Ermittlungsbehörden verweisen. Das ist nichts, was wir von hier aus kommentieren können. Tut mir leid.

Frage: Herr Hebestreit, Herr Scholz hatte am Wochenende Herrn Kissinger zu seinem 100. Geburtstag gratuliert. Ich weiß nicht, ob Sie diesen Post auf dem Social-Media-Kanal veranlasst hatten. Es gab große Kritik daran, weil er ihn einseitig als Friedensnobelpreisträger bezeichnet hat, dabei gilt Kissinger in weiten Teilen der Welt als Kriegsverbrecher. Es ist unter anderem hauptverantwortlich für die Ausweitung des Vietnamkriegs und des Bombenteppichs auf Laos und Kambodscha. Laut „Human Rights Watch“ war Kissinger direkt für 350 000 tote Zivilisten in Laos und 600 000 tote Zivilisten in Kambodscha verantwortlich. Er hat sich dafür auch nie ansatzweise entschuldigt. Blendet der Kanzler die nachgewiesenen Taten und Handlungen von Herrn Kissinger aus, wenn er ihn einseitig als Friedensnobelpreisträger bezeichnet?

StS Hebestreit: Der Bundeskanzler hat Henry Kissinger zu seinem 100. Geburtstag gratuliert und hat ihn für die Verdienste gewürdigt, für die er gewürdigt gehört. Ich finde, zum 100. Geburtstag gehört sich das auch so. Alle Insinuierungen, die Sie einerseits anbringen, auch die Kritik, ist ihm natürlich nicht verborgen geblieben, ist niemandem verborgen geblieben. Gleichzeitig ist das etwas, was zu einem Geburtstagsgruß gemeinhin nicht unbedingt dazugehört. Wenn Sie das anders sehen, können Sie das auch anders handhaben.

Zusatzfrage: Dem Kanzler sind diese Taten von Herrn Kissinger bekannt und dass er gerade in weiten Teilen Asiens als Kriegsverbrecher gilt?

StS Hebestreit: Ich sage jetzt das, was ich hier sehr ungern sage: Ich bleibe bei dem, was ich Ihnen eben gesagt habe, und habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Burger, es fällt vielleicht auf, dass die Bundesaußenministerin ihrem Amtskollegen quasi nicht Glückwünsche übersendet hat. War das Absicht oder ein Versehen ihrerseits? Herr Kissinger wird ja manchmal als der Forrest Gump der Kriegsverbrechen bezeichnet, weil er überall, wo in den Sechziger- und Siebzigerjahren Kriegsverbrechen begangen wurden, irgendwie seine Finger im Spiel hatte. Herr Hebestreit hat ja gesagt, dass das der Bundesregierung bewusst ist.

Burger: Der Amtskollege von Außenministerin Baerbock heißt Tony Blinken. Henry Kissinger war meines Wissens auch nie Außenminister der Vereinigten Staaten.

Zuruf: Doch!

Burger: War er? Pardon. – Dann sehen Sie, wie ungeeignet ich bin, diese historische Einordnung hier vorzunehmen.

Mir wäre nicht bewusst, dass es ein solches Glückwunschschreiben der Außenministerin gegeben hätte. Ich kann aber auch die Existenz oder Nichtexistenz eines solchen Schreibens hier nicht weiter für Sie interpretieren.

Frage: Die „Letzte Generation“ will heute einen offenen Brief an den Bundeskanzler überreichen, Herr Hebestreit, und fordert darin einen Gesellschaftsrat für Klimafragen, damit sich der Autofan aus Neubrandenburg, ich zitiere, mit der Veganerin aus Freiburg unterhalten kann. Ist das etwas, das Sie für umsetzbar halten und worüber Sie innerhalb der Bundesregierung schon einmal geredet haben? Dann, so sagt die „Letzte Generation“, würde sie nämlich zu protestieren aufhören.

StS Hebestreit: Die Bundesrepublik Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie, und die Entscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland werden im Rahmen der bestehenden, dafür vorgesehenen Gremien geführt. Die Forderung der „Letzte Generation“ ist nicht neu, und insoweit ist sie auch bekannt. Offene Briefe sind offene Briefe; die nehmen wir zur Kenntnis.

Frage: Ich würde ganz gerne noch einmal auf die Bedrohung des Bundesjustizministers zurückkommen. Mich interessiert, warum diese direkte Bedrohung eines Bundesministers eigentlich nicht schneller kommuniziert wurde.

Zweite Frage: Könnte es sein, dass die Kritik des Queer-Beauftragten an dem Selbstbestimmungsgesetz diese Aktivisten womöglich ermutigt hat, gegen Herrn Buschmann vorzugehen?

Hoh: Zu der zweiten Frage kann ich mich nur so verhalten, dass das Spekulation wäre und ich das deswegen nicht kommentieren kann.

Zu Ihrer ersten Frage: Wir haben uns dazu verhalten. Ich habe mich ja gerade dazu geäußert.

Zuruf: Sehr spät!

Hoh: Nein. Wir haben uns dazu geäußert, und ich denke, wir haben alles kommuniziert, was es zu kommunizieren gibt. Die Polizei in Gelsenkirchen hat ja darüber hinaus nun auch weitere Details oder weitere Fakten aus ihrer Sicht in ihrer Pressemitteilung hinzugefügt.

Frage: Meine Frage geht an das BMEL. Es geht um die neue Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die gerade die Empfehlung für zehn Gramm Fleisch am Tag erarbeitet. Da würde mich interessieren, ob sich Minister Özdemir diese Empfehlung, wenn sie denn veröffentlicht wird, zu eigen macht.

Moewius: Kurz zur Einordnung: Es ist nicht das erste Mal, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Empfehlungen überarbeitet und an den neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse anpasst. Das ist ein unabhängiges Gremium, das unabhängig arbeitet. Wir werden uns die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung anschauen und schauen, wie wir damit umgehen.

Noch ein Hinweis zum Fleischkonsum: Dieser nimmt seit Jahren in Deutschland ab. Wir befinden uns jetzt gerade auf einem Tiefststand des Verzehrs. Das ist vielleicht noch ein Hinweis zu den Entwicklungen innerhalb der Bevölkerung.

Noch ein Hinweis zu dem Fleischkonsum: Der entspricht aktuell ungefähr dem Doppelten dessen, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung aus gesundheitlichen Gründen empfiehlt; dies vielleicht auch noch einmal abschließend zur Einordnung.

Frage: Nimmt denn der Fleischkonsum der Deutschen aus Ihrer Sicht schnell genug ab? Wir haben ja nämlich auch Klimaziele zu erfüllen. Unter anderem müssen wir die Tierbestände, die für das Fleisch gehalten werden, in den nächsten 20 Jahren ja halbieren.

Moewius: Da würde ich hinten anfangen: Wie Sie wissen - wir haben das hier ja schon öfter ausgeführt -, gehen wir Schritt für Schritt dabei vor, weniger Tiere besser zu halten. Das zahlt natürlich auf die Entwicklung in der Gesellschaft ein, die weniger Fleisch konsumiert, gerade auch in den jüngeren Bevölkerungsschichten.

Zu den Klimazielen haben wir uns hier mehrfach eingelassen, auch aus den verschiedenen Ressorts. Da sind wir im BMEL auf einem guten Weg und arbeiten weiter daran, die Klimaziele erreichen zu können. Aber ganz klar ist: Wenn man auf das Klima schaut, dann muss man auf die gesamte Wertschöpfungskette schauen, auf die Erzeugung von Fleisch, aber natürlich auch auf den Konsum von Fleisch.

Zusatzfrage: Mir wäre es jetzt neu, wenn Ihr Ministerium einen Plan dafür hätte, wie wir die Tierbestände halbieren. Das wollten Sie uns bisher nie sagen oder konnten es nie sagen. Haben Sie jetzt einen Plan?

Moewius: Zur Halbierung der Tierbestände haben wir uns so nie eingelassen. Wir haben gesagt „Weniger Tiere besser halten“, und zwar mit den verschiedenen Maßnahmen, die wir auch gerade auf Gleis setzen und zu denen wir mehrfach etwas ausgeführt haben. Das ist dazu zurzeit zu sagen.


Frage: Frau Moewius, nur damit ich die Zahl richtig verstehe: Liegen wir in Deutschland derzeit bei 20 Gramm pro Kopf pro Tag, oder bezieht sich Ihr „Doppeltes“ auf eine andere Zahl?

Moewius: Auf die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, wie Sie sie aktuell auf deren Webseite nachlesen können.

Zusatzfrage: 20?

Moewius: Das müsste ich Ihnen nachreichen. Die genaue Grammzahl pro Tag kann ich Ihnen gerade nicht nennen.

Zusatzfrage: Bezieht sich das jetzt auf den tatsächlichen Konsum? Es wird ja auch viel weggeworfen.

Moewius: Was die Zahlen benennen, die wir einmal im Jahr veröffentlichen, sind das Verzehrszahlen. Sie kennen auch die Zahlen hinsichtlich dessen, was an Lebensmitteln verschwendet wird. Natürlich kann keiner Ihnen in die Küche schauen und sehen, wie viel von dem Fleisch, das am Point of Sale gekauft wird, dann verschwendet wird. Das kann ich Ihnen für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger nicht sagen. Aber wir sagen immer wieder und sehen das auch, dass wir in der Lebensmittelverschwendung bei relativ hohen Werten liegen. Aber das bezieht sich dann natürlich auch auf alle Lebensmittel, die verschwendet werden.

Frage: Herr Hebestreit, noch einmal ganz kurz zu Russland: Die EU-Kommission erarbeitet ja gerade ein neues Sanktionspaket. Die EU-Kommission würde darin gerne eine Listung von einzelnen Ländern sehen. Jetzt ist der Bundeskanzler, glaube ich, der Meinung, dass das nicht sinnvoll ist. Können Sie noch einmal ganz kurz darlegen, warum er eigentlich dagegen ist und ob er optimistisch ist, dass man trotzdem bis zum nächsten EU-Gipfel noch eine Einigung über ein neues Sanktionspaket hinbekommen wird?

StS Hebestreit: Ich müsste den vorderen Teil noch einmal hören, weil ich mit der Vorsitzenden geschwätzt habe.

Zusatz: Es geht um ein neues Sanktionspaket. Die Kommission plant offenbar, hinsichtlich der Umgehung von Sanktionen unter anderem eine Listung von Ländern einzuführen, die dann eben auch sanktioniert werden würden, falls sie die Sanktionen umgehen.

StS Hebestreit: Ich glaube, die Gespräche laufen auf europäischer Ebene und dann natürlich auch unter unserer Mitwirkung. Aber diese Gespräche laufen eben dort und nicht hier von dieser Bank aus. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich den Satz, den Sie gerade dem Bundeskanzler in den Mund gelegt haben, von ihm schon gehört habe, aber wenn das so sein sollte, mag das auch mein Versehen sein, dass ich da wie eben bei Ihrer Frage nicht aufmerksam genug war. Aber die Gespräche laufen. Es wird Ende des Monats den Gipfel geben. Bis dahin wird es womöglich das nächste Sanktionspaket geben, und dann wird man sich auch dieser Frage abschließend widmen.

Frage: Herr Säverin, ich hätte gerne gewusst, was bei dem gestrigen Treffen zum Gebäudeenergiegesetz aus Sicht des Ministeriums herausgekommen ist. Gab es also Annäherungen, und wie geht es weiter?

Säverin: Ich kann berichten, dass dieses Gespräch stattgefunden hat und dass es in einer sachlichen, freundlichen, lösungsorientierten Atmosphäre stattgefunden hat. Der neue Staatssekretär hat daran teilgenommen. Die Teilnehmer sind darin übereingekommen, jetzt diese Zusammenarbeit fortzusetzen. Die Federführung dafür liegt natürlich bei den Berichterstattern der Fraktionen, und dort werden dann auch der weitere Zeitablauf und die weitere Planung liegen.

Zusatzfrage: Gab es denn aus Sicht des Ministeriums Fortschritte in den Streitpositionen?

Säverin: Grundlage des gestrigen Treffens waren die letzten 77 Fragen, die aus dem Parlament an uns gerichtet wurden. Die sind dort ausführlich besprochen worden und haben letzte Wissenslücken bei den Beteiligten geschlossen. Es ist ein wichtiges Ergebnis, dass jetzt letztlich alle die gleiche sachliche Grundlage für ihre weitere Arbeit haben. Außerdem ist ein wichtiges Ergebnis, dass eine konstruktive Arbeitsatmosphäre in diesem Kreis geschaffen und etabliert wurde, auf der man jetzt aufbauen kann.

Frage: Der Bundeskanzler hat mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Montag telefoniert. Laut der Pressemitteilung wollen beide Seiten an einer guten Entwicklung im östlichen Mittelmeer arbeiten. Was wäre für die Bundesregierung eine gute Entwicklung in Bezug auf Griechenland und auf Zypern?

StS Hebestreit: Das ist jetzt sehr global-galaktisch. Ich könnte so weit gehen, dass es natürlich um eine friedliche Entwicklung bezüglich der Themen geht, die da im Augenblick mit gewisser Spannung betrachtet werden. Sie wissen, dass die Zypernfrage - wir hatten in der vergangenen Woche den zypriotischen Präsidenten im Kanzleramt - ein Thema ist, das uns beschäftigt hat. Dann gibt es natürlich auch viele bilaterale Themen zwischen Griechenland und der Türkei, die wir auch immer wieder konstruktiv voranzutreiben und zu fördern versuchen. Die Türkei ist dort auch eine wichtige Regionalmacht mit Einfluss auf verschiedene Konfliktherde, die es dort gibt. Diesen Einfluss in konstruktiver, positiver Art zu nutzen, ist etwas, wozu wir die Türkei sehr ermutigen wollen. Insofern gibt es aber eine ganze Bandbreite von Themen, die darunter fallen und die jetzt auch in einem sehr knappen Telefonat, wie es das am Montag war - Präsident Erdoğan hatte eine ganze Reihe von Glückwünschen entgegenzunehmen -, nur gestreift und nicht vertieft wurden.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMG zur Corona-Warn-App, die ja ab morgen in den Schlafmodus versetzt wird. Vielleicht können Sie erklären, was da von heute auf morgen konkret passieren wird.

An Herrn Hebestreit habe ich die Bitte, einmal Bilanz zu ziehen. Es gibt ja Kritik an den hohen Entwicklungskosten - letztlich pro verschickter Warnmeldung bei positivem Befund 18 Euro - und auch daran, dass die Vorgängerbundesregierung 60 Prozent der Erwachsenen erreichen wollte und das wahrscheinlich nicht geklappt hat.

Nübel: Wie Sie gesagt haben, wird die Corona-Warn-App jetzt zu Anfang Juni in den Schlafmodus versetzt. Grund dafür ist die positive Entwicklung der Pandemie. Die Corona-Warn-App verliert damit einfach an Bedeutung. Außerdem laufen auch die Verträge mit den Dienstleistern zum 31. Mai aus. Deswegen werden einzelne Funktionen jetzt eben in den Schlafmodus versetzt.

Es war bis Ende April noch möglich, andere Nutzerinnen und Nutzer durch die App über ein erhöhtes Infektionsrisiko zu warnen. Der Monat Mai wurde dann genutzt, um den Schlafmodus vorzubereiten, der eben ab morgen starten wird. Sollte sich die Situation ändern, kann die CWA auch aus dem Schlafmodus geweckt werden und wieder angepasst werden. So viel dazu.

Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass wir die App als Erfolgsgeschichte betrachten. Insgesamt wurde die App mehr als 48 Millionen Mal auf Endgeräten installiert. Ca. 9 Millionen Personen haben ihre Testergebnisse geteilt. Es gab mehr als 60 Millionen PCR-Testergebnisse, die über die App geteilt wurden beziehungsweise an die App übermittelt wurden. Die Resultate von Antigenschnelltest wurden mehr als 180 Millionen Mal über die App an andere Nutzer versendet.

StS Hebestreit: Insofern haben Sie mir die Arbeit schon ein bisschen abgenommen. Dass wir das natürlich insgesamt auch als eine positive Entwicklung ansehen, ist klar. Ich glaube, als persönlicher Nutzer der Corona-Warn-App hat man auch gemerkt, dass sie über die Monate und Jahre hinweg nutzerfreundlicher wurde. Jetzt wird sie in einen Schlafmodus versetzt, sodass, sollte sie, auch wenn sich das keiner von uns im Augenblick wünschen mag, noch einmal für diese oder eine andere Krankheitsphase benötigt werden, dann vorhanden wäre.

Solche Entwicklungen sind immer teuer. Dass man sie sich billiger wünschen würde, ist, glaube ich, auch eine Binsenweisheit, die ich von dieser Position aus auch gar nicht bestreiten würde.

Was das Erreichen - danach haben Sie ja auch noch gefragt - derer angeht, die das nutzen können: Es lag an jedem von uns und Ihnen, sich dafür zu interessieren, zu erwärmen und vielleicht auch gewisse Zweifel zu überwinden, die es anfangs gab, was das Thema des Datenschutzes angeht. Es gab sehr, sehr hohe Datenschutzvorgaben, die die Nutzbarkeit in dieser Phase auch nicht immer verbessert haben. Aber unser Gefühl ist insgesamt, dass die Corona-Warn-App ein gutes Tool war, um durch diese Zeit zu kommen, und mit jedem Update wurde sie ein noch besseres.

Frage: Die Inflationsrate ist auf 6,1 Prozent gesunken. Wie bewerten Sie das?

Säverin: Erst einmal, wenn man das so äußern kann, sind wir sehr froh darüber. Das zeigt, dass sich die Treiber der Inflation wieder beruhigt haben, ganz vorne die Energiepreise, die sich so langsam durch die Volkswirtschaft durchgearbeitet haben, aber jetzt letztlich in ihrem Druck nachgelassen haben, was dazu führt, dass die Inflationsrate gefallen ist. Sehr besorgniserregend sind immer noch die Steigerungen im Lebensmittelbereich. Das beobachten wir sehr genau. Das ist eine ernste Angelegenheit. Aber insgesamt ist das ein positiver Trend, den die Bundesregierung begrüßt, wenn man ein solches statistisches Ergebnis auch einmal begrüßen darf.

Frage: Herr Hebestreit, warum hat der Kanzler Herrn Erdoğan überhaupt zu diesem Wahlsieg, wenn man davon sprechen kann, gratuliert? Es gibt ja nämlich die scharfe Kritik von der OSZE und vom Europarat an dieser Wahl in der Türkei, dass sie eben nicht fair gewesen sei. Die OSZE spricht davon, dass die Wahl in vielerlei Hinsicht nicht die Voraussetzungen für die Durchführung demokratischer Wahlen geboten habe. Hat der Kanzler darüber mit Herrn Erdoğan in seinem Telefonat geredet? Hat er auch wie die Kanzlerin - ich habe einmal nachgeschaut - vor fünf Jahren, als sie gratuliert hat, eine demokratische Teilhabe und die Wahrung der rechtsstaatlichen Ordnung eingefordert? Das hatte ich in Ihrer Pressemitteilung jetzt nicht mitbekommen.

StS Hebestreit: Wie der französische Präsident, der amerikanische Präsident und viele andere Staats- und Regierungschefs hat auch Bundeskanzler Scholz am Sonntag per Tweet und am Montag mit einem kurzen Telefonat dem türkischen Präsidenten zu seiner Wiederwahl gratuliert.

Zusatzfrage: Das beantwortet jetzt keine meiner Fragen. Dann probiere ich es bei Herrn Burger. Herr Burger, Sie haben sich letzte Woche der OSZE-Einschätzung zu den Wahlen in der Türkei angeschlossen. Sie haben darauf verwiesen. Sehen Sie es denn jetzt ebenfalls so, dass es eigentlich keine Voraussetzungen oder wenige Voraussetzungen für die Durchführung demokratischer Wahlen bei dieser Stichwahl gab?

Burger: Die OSZE und OHDIR haben ja gerade das Mandat von den Mitgliedsstaaten und unter anderem von Deutschland erhalten, diese Beobachtung durchzuführen, und deswegen nehmen wir die Ergebnisse dieser Beobachtung natürlich sehr, sehr ernst. Natürlich ist es aus unserer Sicht auch an den zuständigen türkischen Behörden, diese Empfehlungen oder diese Ergebnisse ernst zu nehmen und Verbesserungen herbeizuführen, die den Empfehlungen dieser Mission entsprechen.