Regierungspressekonferenz vom 3. Januar 2024

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 3. Januar 2024

Themen

  • Hochwasserlage in Deutschland
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  • Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine
  • Unruhen in Argentinien
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  • Vereinbarung zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024
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  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 3. Januar 2024

Sprecherinnen und Sprecher

  • Staatssekretär Hebestreit
  • Dr. Ata (BMI)
  • Keller (BMF)
  • Köhler (BMEL)
  • Zimmermann (BMUV)
  • Collatz (BMVg)
  • Mühlhausen (BMAS)
  • Dr. Säverin (BMWK)
  • Fischer (AA)


(Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

Frage

Hallo und ein frohes neues Jahr! Ich würde gerne auf die Hochwasserlage zu sprechen kommen. Meine Frage richtet sich an Herrn Hebestreit, aber vermutlich auch an das BMI. In Bezug auf Katastrophenlagen gibt es ja Kritik an der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Sehen Sie die aktuelle Katastrophe als Anlass, die Zuständigkeiten zu überdenken, was vermutlich auch eine Grundgesetzänderung zur Folge hätte?

StS Hebestreit

Ich mache das einmal pauschal: Im Namen von uns allen ein ganz herzliches frohes neues Jahr! Möge die Zusammenarbeit so gedeihlich und konstruktiv bleiben, wie sie es im vergangenen Jahr gewesen ist. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Jetzt zu Ihrer konkreten Frage: Die Situation in den betroffenen Gebieten ist im Augenblick bedrohlich. Die hohe Hilfsbereitschaft, die schon vor den Feiertagen angelaufen ist, hält an. Viele freiwillige Helfer sind vor Ort, freiwillige Feuerwehren, der Katastrophenschutz und das Technische Hilfswerk. Auch die Bundeswehr ist inzwischen zum Einsatz hinzugekommen oder wird in den nächsten Stunden hinzukommen.

Der Bundeskanzler hat sich am Silvestertag einen Eindruck von der Lage in und um Verden an der Aller gemacht. Das jetzt zu Ihrer konkreten Frage. Dabei zeigte sich eigentlich, dass der Katastrophenschutz in dieser Situation sehr gut aufgestellt ist. Das ist das, was die Hilfskräfte vor Ort gemeldet haben. Der Krisenstab in Verden an der Aller hat deutlich gemacht, dass die Zusammenarbeit gut läuft, dass sie Unterstützung aus anderen Bundesländern bekommen haben, beispielsweise aus Mecklenburg-Vorpommern. Es gab auch noch Hilfsangebote aus anderen Landesteilen. Die Hilfe unter den Ländern laufe gut, auch was mobile Hochwasserschutzmaßnahmen und den Einsatz von freiwilligen Feuerwehren anging. Ich weiß, dass in Verden an der Aller zum Beispiel die freiwillige Feuerwehr aus Cuxhaven vorhanden war und dort auch ausgeholfen hat. Insofern sind uns, was die Organisation, die Absprache und auch die Koordinierung der Gewerke vor Ort angeht, keine Klagen begegnet. Man muss sich das natürlich jetzt auch anschauen.

Diese Lage dauert jetzt schon eine ganze Weile an. Wir sind jetzt schon zwei Wochen in dieser Situation. Ein Ende ist im Augenblick nicht absehbar.

Der Bundeskanzler wird sich in allernächster Zeit auch von der Situation in Sachsen-Anhalt ein Bild machen. Die Bundesministerin des Innern war am Neujahrstag, glaube ich, auch in Oldenburg und hat sich dort vor Ort mit dem Technischen Hilfswerk und auch anderen Angehörigen der sogenannten Blaulichtfamilie getroffen und ausgetauscht.

Insofern läuft die Zusammenarbeit im Augenblick sehr gut. Allerdings ist nichts so gut, als dass man es im Lichte der Ereignisse nicht noch besser machen kann.

Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich keinen Anlass, in Bezug auf eine Neuaufstellung oder Veränderung, wie Sie sie angeregt oder zum Thema Grundgesetzänderung nachgefragt haben, tätig zu werden.

Dr. Ata (BMI)

Ich kann dazu gerne einige Hinweise geben und Zahlen ergänzen. Das Technische Hilfswerk ist im Rahmen der Amtshilfe für die Behörden der örtlichen Gefahrenabwehr im steten Einsatz und unterstützt die betroffenen Städte und Gemeinden bei der Bekämpfung der Hochwasserlage. Bisher wurden ca. 10 700 Einsatzkräftetage geleistet. Derzeit befinden sich 684 Helferinnen und Helfer aus 102 Ortsverbänden im Einsatz. Zu den Einsatzaufgaben gehören unter anderem Pumparbeiten, Sandsackverbau sowie Energieversorgung und logistische Unterstützung im Bereich der Verpflegung und Kraftstoffe.

Es ist natürlich schwierig, jetzt genaue Zahlen zu nennen. Aber eine erste grobe Schätzung der Ausgaben des THW für den laufenden Hochwassereinsatz seit dem 21. Dezember beläuft sich auf etwa 15 Millionen Euro. Dazu gehören unter anderem Verdienstausfall, Betriebsstoffe, Verpflegung, Verbrauchsmaterial und Ähnliches.

Vielleicht noch ergänzend zu der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern: Der Bund hat nach Artikel 73 des Grundgesetzes eine thematisch eng begrenzte Zuständigkeit für den Schutz der Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall sowie im Zivilschutz. Der Katastrophenschutz liegt in der Zuständigkeit der Länder. Im Rahmen der Erfüllung seiner grundgesetzlichen Aufgabe unterstützt der Bund die Länder bei der Katastrophenbewältigung durch eine ergänzende Ausstattung an Zivilschutzfahrzeugen und Unterstützungsleistungen durch, wie erwähnt, das THW.

Zusatzfrage

Ich habe eine Nachfrage zu den Kosten. Sie sprachen jetzt von 15 Millionen Euro. Die gesamten Kosten lassen sich ja jetzt noch nicht seriös abschätzen, weil das Hochwasser noch andauert und weiter steigt. Die Schäden sieht man vermutlich erst, wenn das Wasser weg ist. Im Etat des BMI wurden für dieses Jahr 90 Millionen Euro gestrichen, im Vergleich zum Vorjahr 50 Millionen Euro, wenn ich richtig informiert bin, beim BBK und 40 Millionen Euro beim THW. Sind diese Streichungen im Lichte der Ereignisse und auch vor dem Hintergrund, dass solche Katastrophen häufiger und heftiger werden, aus Ihrer Sicht angemessen?

Dr. Ata (BMI)

Ich kann sagen, dass nach dem derzeit vorliegenden Entwurf zum Haushalt 2024 dem THW knapp 402 Millionen Euro und dem BBK voraussichtlich 168 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden. Geringere Haushaltsansätze im Vergleich zum Beispiel zu 2022 stellen keine Kürzung dar. Vielmehr waren die Jahre 2020 bis 2022 durch zusätzliche Konjunkturprogramme außerhalb der regulären THW-Haushalte geprägt, die 2022 planmäßig ausgelaufen sind. Im Vergleich zu dem relevanten Haushaltsansatz des Jahres 2019 mit 282 Millionen Euro für das THW weisen die Haushalte 2023 und der Entwurf für 2024 einen deutlichen Zuwachs auf.

Zusatzfrage

Die Konjunkturprogramme oder die Sondertöpfe, die Sie angesprochen haben, waren durch die Pandemie, die Flutkatastrophe im Ahrtal und den Krieg bedingt. Wir haben jetzt wieder eine akute Lage. Werden Sondertöpfe oder Sonderprogramme für solche Lagen, die in Zukunft auch häufiger kommen werden ‑ das ist ja unbestritten ‑, dann nicht wieder notwendig, auch in diesem Jahr?

Dr. Ata (BMI)

Mit einem Blick in die nähere Zukunft kann ich sagen: Um die Einsatzfähigkeit des THW weiter zu stärken, sieht das BMI auch Bedarf in den Haushaltsjahren 2025 und folgende. Die Entscheidung darüber bleibt den regierungsinternen und anschließend parlamentarischen Haushaltsberatungen vorbehalten, denen ich hier nicht vorgreifen kann.

Frage

Aus der SPD gibt es die Forderung, die Schuldenbremse wegen des Hochwassers aufzuheben. Frage an das BMF: Wie sieht man das bei Ihnen? Anknüpfend an die vorherige Frage ‑ das wird ja in Zukunft häufiger vorkommen ‑: Gibt es bei Ihnen Überlegungen, wie man langfristig haushaltspolitisch mit Gefahren umgeht?

Keller (BMF)

Sie wissen ja, dass wir Äußerungen aus dem parlamentarischen Raum hier nicht kommentieren. Ganz allgemein kann ich dazu sagen: Die Zuständigkeiten sind, wie sie eben beschrieben worden sind, dass die Länder für den Katastrophenschutz zuständig sind, der Bund aber natürlich unterstützt. Das hat der Kollege vom BMI eben ausgeführt. Dann ist es grundsätzlich noch möglich, dass der Bund finanziell unterstützt, wenn Katastrophen ein Ausmaß von gesamtstaatlicher Tragweite einnehmen, wie es zum Beispiel im Ahrtal passiert ist. Die Kollegin hat ja eben auch beschrieben, dass die Schäden in ihrer Gesamtheit noch gar nicht absehbar sind. Deswegen ist das noch abzuwarten.

Frage

Herr Hebestreit, Herr Ata, ich habe Sie jetzt so verstanden, dass der Katastrophenschutz in Deutschland aus Ihrer Sicht im Großen und Ganzen auskömmlich finanziert und auch gut aufgestellt sei. Das Deutsche Rote Kreuz sieht das ein bisschen anders und sagt, man sei nicht voll einsatzfähig und es fehle an Material. Deswegen die Frage an Sie: Meinen Sie denn perspektivisch, weil wir ja damit rechnen müssen ‑ Kolleginnen und Kollegen haben es schon ausgeführt ‑, dass solche Ereignisse eher zunehmen als abnehmen, dass das jetzt einfach so weiterlaufen kann, oder braucht es vielleicht doch mal den großen Wurf, was die Finanzierung des Katastrophenschutzes in Deutschland betrifft?

StS Hebestreit

Ich glaube, das muss man ein bisschen differenziert sehen. Die Frage von der Kollegin ging eher dahin, ob wir grundgesetzlich an die Frage, wie der Katastrophenschutz organisiert wird, herangehen müssten und ob der Bund stärker in die Verantwortung gehen müsste.

Grundsätzlich ist der Katastrophenschutz Ländersache. Das hat auch viel mit den Gegebenheiten und den Kenntnissen vor Ort zu tun. Die Kreisbrandinspektoren und die Landesbrandinspektoren übernehmen vor Ort die Koordinierung. Insofern ist auch die Frage der Ausstattung in einer ersten Linie erst mal Sache der Länder. Der Bund kann aber ‑ und tut das auch ‑ unterstützen. Wenn wir jetzt auch im Zuge der Erkenntnisse, die wir im Augenblick noch gar nicht umfänglich vorliegen haben, zu der Erkenntnis kämen, dass da etwas dauerhaft nicht auskömmlich finanziert wäre und dass sich der Bund mit in die Pflicht nehmen lassen würde, dann würde man das sicherlich miteinander besprechen.

Im Augenblick geht es darum, ganz akut Hilfe und Unterstützung zu leisten. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber stellen ihre Angestellten frei, damit sie als Angehörige der freiwilligen Feuerwehren oder des Technischen Hilfswerks im Katastrophenschutz tätig sein können. Auch das ist eine echte solidarische Hilfe, die da getätigt wird. Wichtig ist, dass die Helferinnen und Helfer die nötige Unterstützung bekommen, auch das Material; Sie haben das angesprochen. Auch ich habe die Äußerung von Frau Hasselfeldt, was das Deutsche Rote Kreuz angeht, wahrgenommen. Aber ich glaube, das ist eher perspektivisch zu sehen und nicht im akuten Fall. Deshalb sollten wir das auch nicht miteinander vermischen.

Zu dem letzten Punkt ‑ das haben Sie ja auch schon gesagt ‑: Wie sich dieses Schadensereignis am Ende entwickeln wird, wenn ich es mal so technokratisch nennen darf, wie lange wir mit diesem Hochwasser zu tun haben, ob die Deiche alle halten oder ob es noch größere Verwüstungen, Zerstörungen gibt, wie schnell es gelingen wird, das Wasser dann aus den Städten, aus den Landkreisen wieder zurückzudrängen, das wird sich dann alles zeigen. Diese Bundesregierung hat, wie auch die Regierung vor ihr, Möglichkeiten, im Rahmen des Grundgesetzes gegebenenfalls zu reagieren, was finanzielle Forderungen angeht, aber nur, wie gesagt ‑ das hat der Kollege des Finanzministeriums völlig richtig beschrieben ‑, wenn die Grundlagen dafür gegeben sind. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.

Zusatzfrage

Ich habe noch eine Frage zu den Betreuungsmodulen, die das DRK adressiert hat. Zehn Stück seien geplant, eines davon fast ausfinanziert, sagt Frau Hasselfeldt. Die Frage an das BMI: Was ist da der Stand der Dinge, und wann haben wir das Geld für die insgesamt zehn geplanten Betreuungsmodule beisammen?

Dr. Ata (BMI)

Es ist richtig: Perspektivisch sollen insgesamt zehn dieser mobilen Betreuungsmodule, die miteinander kompatibel sind, umgesetzt sein. Sie sollen zusammen eine mobile Betreuungsreserve des Bundes für den Zivilschutz bilden. Die Betreuungsmodule sollen eine Material- und Ausstattungsreserve für den Bereich Betreuung in Zivilschutzfällen beinhalten.

Ein Modul funktioniert als autarke Betreuungseinrichtung, die in schwerwiegenden Notsituationen kurzfristig aufgebaut werden kann, zur Überbrückung von Engpassressourcen dient und Grundbedürfnisse nach Obdach, Wärme, Wasser und Verpflegung sicherstellen kann. Sie soll im Bedarfsfall kurzfristig aufgebaut werden können. Dazu zählen beispielsweise Zelte, Feldbetten, Küchen, Stromgeneratoren, Heizgeräte, Tische, Bänke, Kühlcontainer, Fahrzeuge, Toiletten, Hygieneprodukte etc.

Der Bund investiert weiter in das Projekt. Das Pilotprojekt „Labor Betreuung 5.000“ ist als erstes Modul im Aufbau und vollständig ausfinanziert, wie Sie schon angesprochen haben. Für ein zweites Modul wurden erste Beschaffungsprozesse begonnen. Das BMI und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe setzen sich weiter dafür ein, dass weitere Module umgesetzt werden.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben gerade auf das Grundgesetz verwiesen. Habe ich das richtig verstanden, dass Sie sagen, falls nötig, müsste man die Schuldenbremse erneut aussetzen? Das ist der erste Teil der Frage.

Der zweite Teil ist: Sie haben im Rahmen der politischen Einigung auf den Haushalt 2024 noch einen Prüfauftrag, ob die Schuldenbremse wegen der Ahrtalkatastrophe in diesem Jahr ausgesetzt werden soll. Wie ist der Stand dieser Prüfung?

StS Hebestreit

Die Prüfung läuft. Dazu habe ich hier keinen neuen Stand mitzuteilen.

Zu dem ersten Teil: Das ist mir jetzt ein bisschen schnell. Ich habe lediglich gesagt ‑ drei Ableitungen ‑: Wenn ein Schadensereignis von nationalem Ausmaß mit hohen Schadenssummen zu bewältigen wäre, dann würde sich der Bund vor seiner Verantwortung, vor seinem Beitrag nicht drücken. Dafür gibt es auch bestehende Mechanismen. Aber das bedeutet jetzt nicht die Agenturmeldung: Der Bund ist für die Aussetzung der Schuldenbremse wegen des Hochwassers. ‑ Die Differenzierung ist wichtig.

Wir müssen jetzt erst einmal die Akutphase bewältigen. Da gilt unser Dank all denen, die dort an den Deichen stehen. Wir haben am Sonntag in sehr beeindruckender Art und Weise gesehen, wie weit sich das Wasser dort schon in die Landschaft im wahrsten Sinne des Wortes hineingegraben hat. Bisher ist das noch glimpflich abgegangen. Das dauert noch eine ganze Weile. Die Deiche ziehen Wasser und weichen auf. Man muss sehen, wie lange sie halten. Die Regenfälle lassen nicht nach. Insofern ist das eine Lage, die noch nicht bewältigt ist.

Wenn wir die Akutphase überstanden haben und absehen können, wie groß das Schadensbild ist und wie die weiteren Entwicklungen sind, müssen sich die Zuständigen ‑ das sind die Kommunen, die Länder und der Bund ‑ zusammensetzen und sagen, wie man mit der Situation umgeht. Wenn dann eine sehr hohe Schadenssumme zusammenkommen sollte, was wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterstellen, kann auch der Bund handeln.

Zusatzfrage

Sie haben gesagt, der Kanzler reist zum allernächsten Zeitpunkt in die Hochwassergebiete nach Sachsen-Anhalt. Ist das noch diese Woche? Können Sie noch näher sagen, wann er das machen wird?

StS Hebestreit

Wenn ich mehr mitzuteilen habe, werde ich das zeitnah können. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das noch nicht.

Frage

Ich habe eine technische Frage, bei der ich nicht weiß, an wen ich sie richten kann. Die Deiche sind, wie wir jetzt gelernt haben, zum Teil so durchweicht, dass man gar nicht weiß, ob sie überhaupt wieder zu stabilisieren sind oder neu gebaut werden müssen. Wer wäre für die Rekonstruktion dieser kritischen Infrastruktur finanziell und organisatorisch zuständig? Sind das die Länder, oder gibt es da eine konzertierte Aktion, weil das zum Teil auch länderübergreifend passiert?

StS Hebestreit

Ich glaube, ich weiß die Antwort. Aber zuständig ist das Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium, wenn ich das richtig weiß.

Köhler (BMEL)

Könnten Sie die Frage bitte wiederholen?

Frage

Die Deiche sind durch die längere Zeitdauer der Belastung jetzt zum Teil durchweicht und in ihrer Struktur innerlich zerstört. Man weiß wohl gar nicht, ob sie mit einfachen Mitteln ‑ durch Austrocknen oder Ähnliches ‑ wiederhergestellt werden können oder ob großflächig neu gebaut werden muss. Wer wäre dafür organisatorisch und finanziell zuständig? Ist das Länderangelegenheit, oder ist der Bund da mit im Spiel, weil das ja auch länderübergreifend ist?

Köhler (BMEL)

Auch in diesem Fall sind die Länder zuständig. Aber der Bund finanziert schon relativ lange, seit den 70er-Jahren, im großen Maße mit. Es gibt recht teure Bauwerke. Das wird über die GAK-Mittel realisiert. Der Bund übernimmt in der Regel, wenn ich mich jetzt nicht irre, etwa 70 Prozent der Kosten.

Zusatzfrage

Danke. ‑ Dann habe ich eine Fortsetzungs- oder Ergänzungsfrage an das BMU. Bei früheren Hochwassern kam oft die Kritik aus Ihrem Haus, dass bei den Eindeichungen natürliche Fluträume geschlossen wurden, sodass Wasser dort nicht abgeleitet werden konnte. Gilt diese Kritik noch immer, oder haben wir es jetzt mit einer anderen Situation zu tun, weil durch den Dauerregen Wasser eigentlich von überall kommt?

Zimmermann (BMUV)

Das Wort und das Bild der Kritik möchte ich zurückweisen. Vielmehr stellt es sich aus unserer Sicht so dar, dass Bund und Länder gemeinsam erkannt haben, dass es eines vorsorgenden Hochwasserschutzes bedarf. Deshalb wurde vor zehn Jahren gemeinsam von Bund und Ländern die nationale Hochwasserschutzstrategie erarbeitet. Angespannte Hochwassersituationen wie die aktuelle zeigen aus unserer Sicht, wie wichtig es ist, die Hochwasservorsorge weiter zu betreiben und weiter in vorsorgenden Hochwasserschutz zu investieren.

Es wurde vorhin schon angesprochen, dass wir uns in Zeiten der fortschreitenden Klimakrise selbstverständlich auf zunehmende Extremwettersituationen einstellen müssen. Hochwasser ist die eine Seite davon. Die andere Seite sind Dürren. Beides kann sich auch bedingen. Insofern würde ich jetzt in Bezug auf den Kern Ihrer Frage sagen: Bund und Länder wissen gemeinsam sehr wohl, dass es wichtig ist, den Hochwasserschutz weiter voranzutreiben.

Als Teil der Hochwasserschutzstrategie ist auch vorgesehen ‑ das ist ein wesentlicher Teil ‑, raumgebende Flächen zu schaffen. Nach jetzigem Planungsstand ‑ dazu kann ich Ihnen auch eine Zahl geben ‑ werden bundesweit insgesamt 33 000 Hektar Fläche für raumgebende Maßnahmen vorgesehen. Das würde zu einem Fassungsvermögen von rund einer Milliarde Kubikmetern an neuem Rückhaltevolumen führen.

Frage

Ich habe noch eine Frage an das BMI zu den Betreuungsmodulen. Herr Ata, habe ich Ihre Ausführungen vorhin richtig verstanden, dass es für das zweite Modul und für noch folgende Module letztlich keinen Zeitplan gibt?

Dr. Ata (BMI)

Ich kann Ihnen jetzt keinen Zeitplan nennen. Aber wir halten, wie ausgeführt, daran fest, die zehn Einheiten umzusetzen.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben gesagt, wenn nach der Bewältigung der akuten Krise, wenn das ganze Ausmaß der Schäden zu sehen ist, eine sehr hohe Schadenssumme zusammenkäme, wäre der Bund handlungsfähig oder würde er die Schuldenbremsenregelung gegebenenfalls aussetzen. Wie hoch müsste denn die Schadenssumme sein, damit diese Überlegung konkret wird? Bei dem Hilfefonds für die Flutfolgen im Ahrtal waren 2,7 Milliarden Euro ein Anlass, darüber nachzudenken.

StS Hebestreit

Ehrlicherweise haben wir beim Ahrtal eine Summe von insgesamt 30 Milliarden Euro an Schadensereignissen zugrunde gelegt. Aufgrund der höchstrichterlichen Entscheidung von vergangenem November geht es jetzt um die Frage, ob der Teil, der für das Jahr 2024 vorgesehen ist ‑ das sind 2,7 Milliarden Euro ‑, eine solche Ausnahme rechtfertigt. Das ist im Prinzip eine Folge eines Ereignisses, das schon zweieinhalb Jahre her ist, wenn ich richtig gerechnet habe. Insofern kann ich von dieser Stelle aus nicht spekulieren, die Summe X ist es dann, und auch den Fachleuten, den Gutachtern, die jetzt die Frage zum Ahrtal noch miteinander diskutieren werden, nicht vorgreifen. Das muss man im Lichte der Erkenntnis abwarten.

Wichtig war mein Hinweis ‑ deswegen habe ich ihn auch gemacht ‑, dass wir handlungsfähig sind, wenn es Naturkatastrophen sind, die unvorhersehbar sind. Ein solches Hochwasser war in den Planungen des Bundes für 2024 nicht vorhergesehen.

Frage

Ich habe eine Frage an Herrn Collatz. In Niedersachsen sind bereits Hubschrauber der Bundeswehr im Einsatz. Gibt es weitere Anforderungen? Wie bereiten Sie sich generell vor?

Collatz (BMVg)

Richtig ist, dass wir derzeit zehn Hubschrauber von der Luftwaffe und der Marine bereithalten, um zu unterstützen. Auch etwa 100 Menschen stehen seitens der Bundeswehr bereit. Das deckt den derzeit sichtbaren Bedarf für Amtshilfe ab. Darüber hinaus halten wir Infrastruktur bereit. Das Thema Betreuungseinrichtungen wurde eben genannt. Wir haben zum Beispiel in der Region Bergen/Fallingbostel, im Lager Oerbke, für die Unterstützung des DRK Betreuungsplätze für 500 Personen eingerichtet, die abgerufen werden können. Die dienen auch der Aufnahme von Menschen, die sich in einer Unterkunftsnotsituation befinden. Weiteres Personal kann bereitgestellt werden. Aber im Moment, wie ich es angesprochen habe, entspricht das, was ich aufgezeigt habe, dem Bedarf, der uns seitens der Länder angezeigt wurde.

Dr. Ata (BMI)

Ich darf ergänzen, dass auch die Bundespolizei mit einem Transporthubschrauber unterstützt. Konkret wird das Land Niedersachsen seit dem 29. Dezember mit einem Hubschrauber unterstützt. Der Hubschrauber wird für den Transport von Sand in sogenannten Big Bags eingesetzt, um insbesondere Deiche zu sichern und Deichbrüche zu verhindern. Die Bundespolizei ist darauf eingestellt, bei entsprechender Lageentwicklung und Unterstützungsanforderung auch weiter Hilfe zu leisten.

Frage

Herr Hebestreit, es gab sehr viel Entrüstung der Anwohnerinnen und Anwohner dort über den Besuch des Bundeskanzlers. Warum stand nicht auf seiner Agenda, sich den Anwohnerinnen und Anwohnern zu stellen und ihnen zuzuhören?

StS Hebestreit

Ich freue mich über Ihre Frage, weil ich dann mit Fake News aufräumen kann. Ich selbst war mit vor Ort. Der Bundeskanzler hat auch mit Anwohnern gesprochen. Er hat vor allem mit Hilfskräften vor Ort ausgiebig gesprochen. Er ist durch die Stadt gelaufen. Das alles war nicht immer presseöffentlich.

Ich habe mit Verwunderung einen Bericht eines privaten Fernsehsenders wahrgenommen. Bei dieser Veranstaltung gab es zwei Herren. Ein Herr hat uns die ganze Zeit auf einem Fahrrad begleitet und immer wieder gerufen, dass er Herrn Scholz jetzt hier nicht gerne sehen würde. Ein anderer Herr hat auch gerufen. Die Umstehenden sagten dann, die sollten jetzt mal die Klappe halten. Das alles findet sich in der Berichterstattung dieses Senders nicht wieder. Das hat mich irritiert. Vielleicht hat das der Kollege, der da berichterstattet hat, nicht mitbekommen.

Ich habe auch einen Anwohner gehört, der gesagt hat, Herr Scholz sei gar nicht zu ihm gekommen und habe sich nicht mit ihm unterhalten. Ich habe mindestens fünf unterschiedliche Familien gesehen, mit denen der Bundeskanzler am Rande oder auch konkret, beispielsweise als der Keller ausgepumpt wurde, gesprochen hat. Insofern irritiert mich eine solche Berichterstattung. Ich finde sie auch den Standards, die wir gemeinsam miteinander haben, nicht angemessen.

Insofern kann ich Ihre Frage so beantworten: Der Bundeskanzler hat natürlich mit Anwohnern vor Ort gesprochen. Er hat gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten, der ihn die ganze Zeit begleitet hat, auch Pressestatements abgegeben. Auch die Innenministerin Niedersachsens und der Landesbrandinspektor waren dabei. Sie haben sich die Lage in Verden an der Aller an drei Punkten angeschaut. Sie waren ausführlich im Krisenstab, haben dort eine Lagebesprechung mitgemacht und mit den Helferinnen und Helfern gesprochen. Die Kritik, die ich da vereinzelt gelesen habe, kann ich nicht nachvollziehen.

Zusatzfrage

Wir haben auch die Liveschaltung des Kollegen von der „WELT“ gesehen, in der zu sehen war, dass ihn eine sehr aggressive Anwohnerin an seiner Arbeit gehindert hat. Haben Sie davon etwas mitbekommen? Hat der Kanzler davon etwas mitbekommen?

StS Hebestreit

Nein. Wir hatten die Freude, diesen einen Herrn auf seinem Fahrrad ab und zu in Rufweite zu haben. Wir sind ein freies Land. Jeder darf sich äußern und verhalten, wie er sich verhalten will. Aber das dann zur Grundlage der Stimmung vor Ort zu machen, ist eine massive Verzerrung der Darstellung, zumindest des Erlebens, wie es der Bundeskanzler und seine Begleiterinnen und Begleiter vor Ort vorgefunden haben. Ich glaube, der Niedersächsische Ministerpräsident würde das vollumfänglich bestätigen.

Frage

Meine Frage geht an das BMAS. Sie haben jetzt auf Ihrer Homepage die Studie von ifo und ZEW zum Bürgergeld, kurz gesagt, oder, lang gesagt, zur Reform der Transferentzugsraten und Verbesserung der Erwerbsanreize online gestellt. Das war ja ein Auftrag des Ministeriums. Meine Frage ist: Wie geht es jetzt weiter? Wie kann darauf reagiert werden?

Mühlhausen (BMAS)

Haben Sie vielen Dank für die Frage. ‑ Sie haben es im Kern schon richtig dargestellt. Die Parteien der Regierung haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass eine Studie zu den Transferentzugsraten erstellt werden soll. Dieses Forschungsvorhaben wurde den Beteiligten Ressorts am 5. Dezember zugeleitet. Wir haben dies jetzt auf unsere Homepage gestellt. Derzeit läuft noch die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung, und das bleibt abzuwarten.

Für uns als BMAS ist mit Blick auf dieses Thema wichtig, dass wir immer darauf abzielen, Menschen in Arbeit zu bringen und nicht im Bezug von Bürgergeld zu halten. Deswegen setzen wir auf Weiterbildung und Qualifizierung.

Zusatzfrage

Gestern wurden auch die Zahlen zur Erwerbstätigkeit insgesamt bekannt gegeben. Ist Ihnen bekannt, wie sich die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden entwickelt hat? Ist dies ebenfalls so hochgegangen, wie es das Statistische Bundesamt gestern dargestellt hat, oder gibt es da eine andere Entwicklung?

Mühlhausen (BMAS)

Dies kann ich jetzt spontan so nicht sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Statistische Bundesamt da falsch liegt, aber ich nehme das gerne noch einmal mit, und dann kann ich Ihnen diese Frage schriftlich beantworten.

Zusatzfrage

Können Sie dann bitte auch auf den Unterschied zwischen der Zahl der Erwerbstätigen und der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden eingehen? Denn das kann sich ja auch unterschiedlich darstellen. Für eine Nachlieferung wäre ich da dankbar.

Mühlhausen (BMAS)

Das nehme ich gern noch einmal mit, und dann reiche ich das schriftlich nach.

Frage

Zu den geplanten neuen Bürgergeldsanktionen: Das Ministerium geht davon aus, dass dadurch 170 Millionen Euro eingespart werden. Es gibt Sozialverbände, die in Pressemitteilungen sagen, diese Zahl sei unseriös; denn das würde ja bedeuten, dass in 200 000 Fällen Menschen bestraft werden müssten. Können Sie einmal grob skizzieren, wie der Rechenweg bei Ihnen ist, sodass Sie auf die 170 Millionen Euro kommen?

Mühlhausen (BMAS)

Es ist vollkommen richtig, dass das BMAS einen Beitrag zum zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 leistet. Der sieht vor, dass erwerbsfähige Bürgergeldleistungsempfänger, die sich dauerhaft grundlos weigern, ihnen angebotene zumutbare Arbeit aufzunehmen, höher sanktioniert werden können.

Was die Prognose über die sich dadurch ergebenden Minderausgaben beim Bürgergeld betrifft, so ist das natürlich ein Schätzwert. Richtig ist aber, dass wir seriöse Studien kennen, die darstellen, dass auch die jetzt angekündigten Sanktionen eine Präventivwirkung, eine sogenannte Ex-ante-Wirkung, entfalten werden, sodass mehr Menschen die Arbeit aufnehmen. Aufgrund dieser Annahmen sind dann auch die im Gesetzentwurf vorgesehenen 150 Millionen Euro an Einsparungen beim Bund durchaus seriös. Es bleibt dann natürlich abzuwarten, wie sich das am Ende des Jahres darstellt.

Zusatzfrage

Haben Sie da einen konkreten Rechenweg oder irgendetwas anderes, was Sie dazu vielleicht noch nachreichen könnten?

Mühlhausen (BMAS)

Nein, das kann ich im Moment nicht nachreichen, das befindet sich ja noch in der Ressortabstimmung. Ich kann das erst einmal nur so bestätigen.

Frage

Ich habe eine Frage zur Ukraine, zunächst an Herrn Hebestreit und ans BMVg. Es gab zuletzt sehr massive Angriffe seitens Russlands auf die Ukraine, und dementsprechend gab es auch erste Stimmen, die sagten, Deutschland müsse sich angesichts dieser russischen Taktik ‑ also der Taktik, offensichtlich auch die westlichen Waffenbestände zu dezimieren, sodass die Ukraine dann Schwierigkeiten hat ‑ noch stärker engagieren.

Herr Hebestreit, vor diesem Hintergrund: Gibt es im Kanzleramt vielleicht ein Umdenken mit Blick auf den Wunsch der Ukraine nach Taurus-Lieferungen, oder steht das nicht zur Debatte, egal wie die Lage sich entwickelt?

An das BMVg: Man weiß ja, was schon alles von deutscher Seite geliefert wurde, aber gibt es Überlegungen, was vielleicht noch zusätzlich möglich wäre oder wie man Engpässe im Bereich Reparatur, Munition etc. besser überwinden kann?

StS Hebestreit

Zunächst einmal verurteilen wir das Vorgehen der russischen Streitkräfte und auf Befehl des russischen Präsidenten Putin natürlich scharf. Die massiven Angriffe auf zivile Infrastruktur sind ein Kriegsverbrechen und sind absolut verabscheuenswürdig.

Die Bundesregierung hat frühzeitig gesagt ‑ auch mit Blick auf das jetzt angebrochene Jahr 2024 ‑, dass wir an der Seite der Ukraine stehen und alles, was uns möglich ist und was wir für verantwortbar halten, zu liefern. Das tun wir. Wir haben auch gesagt ‑ auch mit Blick auf den Haushalt 2024 ‑: Sollten sich im Laufe des Jahres noch Veränderungen ergeben, die es nötig machen, dass weitere finanzielle Hilfe geleistet werden muss, dann guckt diese Regierung sich das genau an.

Was die Luftverteidigung angeht, so haben wir zum jetzigen Zeitpunkt geliefert, was möglich ist, und wir prüfen immer wieder die Bestände. Da ist der limitierende Faktor im Augenblick die Produktion, also was hergestellt werden kann. Wir sind mit ausländischen Regierungen, die gewisse Systeme bestellt haben, in Gesprächen darüber, dass sie zugunsten der Ukraine von ihren Bestellungen zurücktreten und dann später beliefert werden. Da ist auch schon einiges erreicht worden. Wir versuchen auch mit Hochdruck, Artilleriemunition und Ähnliches weiter zu organisieren, damit die Ukraine weiterhin in der Lage ist, sich gegen diese Angriffe zur Wehr zu setzen.

Klar ist auch, dass das eine große Aufgabe ist und dass die gesamte Staatengemeinschaft aufgerufen ist, der Ukraine beizustehen. Viele Staaten tun das auch, und auch wir werden das weiterhin tun.

Collatz (BMVg)

Ich kann das, was Herr Hebestreit gerade gesagt hat, nur noch nachdrücklich verstärken und unterstreichen. Wir haben von Beginn an einen Schwerpunkt insbesondere auf die von Ihnen angesprochene Bedrohung aus der Luft gelegt und die Ukraine von Beginn an darin unterstützt, sich hier verteidigen zu können. In diesem Zusammenhang sind ja eine Vielzahl von Systemen zu nennen, die wir liefern, zunächst aus dem Bestand der Bundeswehr, angefangen von Stinger-Raketen ganz am Anfang des Krieges bis hin heute zu modernsten IRIS-T-Systemen. Ich kann auch nur daran erinnern, dass wir kontinuierlich Hilfspakete auf die Beine gestellt haben, zuletzt das Winterhilfspaket im Wert von mehreren Milliarden Euro, das insbesondere in diesem Bereich weiterhin einen Schwerpunkt setzt und diesen auch vertieft. Die Lieferung eines dritten IRIS-T-Systems steht für 2025 an; das ist ja auch schon Teil der Berichterstattung gewesen. Für 2024 ist schon vereinbart, ein zweites IRIS-T-SLM zu liefern, und das erste System ist nach meiner Kenntnis inzwischen vollständig ausgeliefert.

Insofern glaube ich, dass wir hier keine Defizite aufzuweisen haben, wie Sie sie andeuten, sondern im Gegenteil zu den Nationen gehören, die von Beginn an nachhaltig und auch zukünftig die Ukraine unterstützen ‑ gerade in diesem Bereich, den Sie aufgezeigt haben, also in der Luftverteidigung.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, das Wort Taurus haben Sie jetzt nicht in den Mund genommen. Darf ich daraus den Schluss ziehen, dass das keine Rolle spielt?

Wenn ich darf, noch eine Nachfrage an das BMWK: Herr Hebestreit hat eben auch die Angriffe auf zivile Einrichtungen genannt. Es ist ja so, dass Deutschland da auch unterstützt, zum Beispiel wenn Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen ist. Gibt es schon eine Kontaktaufnahme oder Bitten seitens der Ukraine, ob Deutschland da mehr helfen kann? Gibt es in Ihrem Haus Überlegungen oder Möglichkeiten?

StS Hebestreit

Es war kein absichtliches Versäumnis, das Thema Taurus nicht genannt zu haben. Ich habe ja auf das Thema der Verteidigung gegen Luftschläge auf die ukrainische Infrastruktur und auf die ukrainischen Zivilbevölkerung verwiesen und habe auf die deutschen Bemühungen in dieser Hinsicht abgehoben. Zum Thema Taurus gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen neuen Stand.

Dr. Säverin (BMWK)

Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass es die Struktur des Ukraine Energy Support Fund gibt. Das ist ein Fördertopf, aus dem die Ukraine Geld zum Aufbau der Energieinfrastruktur erhalten kann, auch ganz unmittelbar und akut, wenn dort durch die Bombardierung Schäden entstanden sind. Zusammen mit dem Auswärtigen Amt betreiben wir diesen Fund. Das ist sozusagen der Rahmen, in dem zurzeit Leistungen als Reaktion auf die massiven und brutalen Bombardierungen der Energieinfrastruktur möglich sind. ‑ Ich weiß nicht, ob Herr Fischer dazu noch ergänzen möchte?

Fischer (AA)

Wir und auch die Ministerin haben ja immer davon gesprochen, dass wir auch mit Blick auf die Ereignisse des letzten Jahres für diesen Winter einen Winterschutzschirm über die Ukraine spannen müssen. Dieser Winterschutzschirm hat, wie die Kollegen das hier bereits ausgeführt haben, eine militärische Komponente, nämlich mit den Patriot-Systemen, mit den IRIS-T-Systemen und mit den Gepard-Panzern, die wir geliefert haben, die alle der Luftverteidigung dienen. Wir sehen ja, dass diese Systeme funktionieren und Tag für Tag angesichts der brutalen russischen Drohnen- und Raketenangriffe Menschenleben schützen.

Es kommt trotzdem zu Treffern, und auch das haben wir in unsere Planungen einbezogen. Zum einen haben wir unsere Energiehilfen erhöht, wie der Kollege aus dem BMWK ausgeführt hat ‑ zuletzt im Dezember auf insgesamt 218 Millionen Euro ‑, um die Energieinfrastruktur in der Ukraine zu stabilisieren. Ebenfalls im Dezember haben wir noch gemeinsam mit dem BMI ein Paket für den zivilen Katastrophen- und Bevölkerungsschutz geschnürt. Im Rahmen dieses Paketes war unter anderem der THW aktiv, und da haben wir Generatoren, Feuerwehrautos, THW-Autos und solcherlei Dinge ausgeliefert, um auch den ukrainischen Zivilschutz zu ertüchtigen.

Das heißt, wir haben in ganz verschiedenen Dimensionen daran gearbeitet, dass die Ukraine so gut wie möglich über diesen Winter kommt, trotz der massiven russischen Angriffe.

Frage

Herr Hebestreit, ich muss doch noch einmal zu Taurus zurückkommen. Offensichtlich hilft die Luftverteidigung nicht zu verhindern, dass die Russen die Ukraine weiter enorm mit Raketen beschießen. Jetzt geht es darum ‑ sagen zumindest die Experten ‑, die Nachschubwege zu kappen, und dafür wäre auch eben der Taurus notwendig. Sie sagten, es gebe keinen neuen Stand in Sachen Taurus. Können Sie denn sagen, was der jetzige Stand ist? Gibt es überhaupt Überlegungen, die Ukraine so zu ertüchtigen, dass sie in der Lage ist, quasi vorsorglich dafür zu sorgen, dass es zu keinen Luftschlägen der Russen kommt, indem man die Basen, die Kommandozentralen auf dem russischen Territorium ausschaltet?

StS Hebestreit

Der hintere Teil Ihrer Frage enthält eine ganz schön ungeheuerliche Unterstellung ‑ aber vielleicht höre ich die da nur hinein und Sie haben sie gar nicht gemacht ‑, nämlich dass wir die Ukraine nicht ordentlich unterstützen wollten, sodass sie sich verteidigen kann.

Zusatz

Nein.

StS Hebestreit

Wenn Sie das nicht gemeint haben, dann ist es gut; dann scheint das noch meiner spätweihnachtlichen Sensibilität geschuldet zu sein.

Die Bundesregierung liefert, genau wie die Verbündeten allerorten, das, was sie liefern kann und was sie für verantwortbar hält. Sie folgt dabei, wie Sie wissen, drei Prinzipien. Das erste Prinzip ist, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen Das zweite Prinzip ist, dass Deutschland und auch die NATO nicht Kriegspartei werden. Das dritte ist, dass wir das alles in enger Koordinierung und Absprache mit unseren internationalen Partnern tun, allen voran den Vereinigten Staaten von Amerika. Das sind die drei Prinzipien, die uns leiten, und alle drei werden immer wieder an der jeweiligen aktuellen Lage vor Ort überprüft und abgewogen.

Man muss auch sagen: Es sind auch die Worte des ukrainischen Staatspräsidenten in jüngerer Zeit ‑ bzw. eigentlich schon seit geraumer Zeit ‑, dass Deutschland da gemeinsam mit den USA an vorderster Stelle steht, was die Unterstützung angeht, und ich glaube, dass es da auch wenig Anlass zur Klage gibt. Die Ukraine sieht sehr wohl den Beitrag, den Deutschland da leistet. Da hat sich Deutschland also nichts vorzuwerfen, und die Ukraine wirft Deutschland auch nichts vor.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, die Frage war, ob Deutschland zu der Erkenntnis gekommen ist oder kommt, dass man die Ukraine in die Lage versetzen sollte, sich nicht nur mit westlicher Militärhilfe gegen Luftangriffe zu verteidigen, sondern sozusagen auch zum Gegenangriff überzugehen, um diesen Krieg zu beenden.

StS Hebestreit

Wenn ich richtig informiert bin, hat die Ukraine im vergangenen Frühsommer eine Offensive bzw. einen Gegenangriff gestartet, um russische Truppen von ihrem Territorium zu vertreiben.

Zusatzfrage

Ja, aber der ist in die Hose gegangen bzw. ist nicht erfolgreich gewesen ‑ auch, wie die Ukrainer sagen, wegen der mangelnden Unterstützung technischer Art, also zum Beispiel durch Panzer oder auch das Taurus-System.

StS Hebestreit

Das Wissen, dass es Kritik gibt, weil Deutschland nicht genug Panzer geliefert hätte, oder dass die Offensive gescheitert sei, weil Taurus nicht geliefert worden sei, haben Sie da exklusiv.

Frage

Zu Taurus, Herr Hebestreit: Sie sagten, es gebe keinen neuen Stand. Nun hören wir aber schon seit Monaten, dass die Prüfung laufe. Da würde mich zu Beginn des neuen Jahres doch einmal interessieren: Wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen, und was genau prüfen Sie eigentlich noch? Es ist ja im Grunde hinlänglich bekannt, wie dieses Waffensystem funktioniert, und mit Blick auf ein Eskalationspotenzial hat die Öffentlichkeit, denke ich, schon ein Interesse daran zu erfahren, welche Bedrohungsszenarien dem Kanzleramt nun eigentlich vorschweben, sodass von Ihnen bisher noch kein abschließender Befund mitgeteilt werden konnte.

StS Hebestreit

Ich überlege, ob Sie den Stand richtig wiedergeben.

Zusatz

Okay, dann stellen Sie es richtig.

StS Hebestreit

Die Bundesrepublik Deutschland hat bislang keinen Taurus geliefert. Wir beobachten die Situation und handeln entsprechend.

Frage

An Herrn Collatz: Ich glaube, bisher sind 18 Leopard-2-Panzer geliefert worden. Es gibt jetzt Berichte, dass die allerwenigsten von denen einsatzbereit seien ‑ zum Teil aufgrund von normalem Verschleiß im Einsatz, zum Teil seien sie wohl, sagen wir einmal, unsachgemäß gewartet worden. Haben Sie einen Überblick, wie viele der gelieferten deutschen Leopard-2-Systeme derzeit tatsächlich einsatzbereit sind und wie der Misere der unsachgemäßen Wartung abgeholfen werden kann?

Collatz (BMVg)

Zur Einsatzbereitschaft ukrainischer Waffensysteme kann ich Ihnen hier nichts mitteilen.

Zusatzfrage

Bedeutet das, dass mit dem Zeitpunkt der Lieferung bzw. der Übergabe Deutschland bzw. die Bundeswehr mit ihren Fähigkeiten nichts mehr damit zu tun hat, dass diese Systeme dann auch tatsächlich so einsatzbereit sind, wie es dem Zweck der Lieferung eigentlich entspricht?

Collatz (BMVg)

Die deutsche Hilfe, auch mit Blick auf Waffenlieferungen, umfasst immer mehrere Aspekte. Das ist zum einen die Übergabe von Waffensystemen, entweder aus der Industrie oder aus dem Bestand der Bundeswehr. Zum anderen gehören dazu eine Ausbildung hier in Deutschland, aber auch Munitions- und Ersatzteilpakete. Diese werden so dimensioniert, dass eine Anfangsbefähigung in jeglicher Hinsicht vorhanden ist. Darüber hinaus unterstützen wir die sogenannten Instandsetzungshubs, die dann dafür sorgen sollen, dass Material, das einem Gefechtsschaden unterliegt, auch gewartet werden kann. Hier arbeiten wir eng mit der Industrie zusammen, die natürlich die entsprechenden Leistungen beistellen muss. So funktioniert das System.

Zum aktuellen Bild an der Front kann ich Ihnen nichts mitteilen.

Frage

Herr Hebestreit, bleibt die Bundesregierung bei ihrer eher ablehnenden Haltung, was die Gegenschläge der Ukrainer auf russischem Boden oder auf russische Städte ‑ Beispiel Belgorod in den letzten zwei Tagen ‑ angeht?

StS Hebestreit

Ich glaube nicht, dass die Bundesregierung sich dazu von dieser Stelle aus ausdrücklich geäußert hat, und das werde ich dann heute auch nicht tun.

Fischer (AA)

Ich habe hier so ein bisschen den Eindruck, dass das Bild der Lage sehr nach „doom and gloom“ aussieht. Es ist zweifellos so, dass die Lage in der Ukraine schwierig ist ‑ das ist sie seit Beginn des Krieges. Aber wenn wir daran denken, was zu Beginn des Krieges passiert ist, nämlich eine noch viel weitreichendere Besetzung von Gebieten in der Ukraine, dann muss man auch feststellen, dass es der Ukraine seit April 2022 gelungen ist, mehr als die Hälfte der ursprünglich besetzten Gebiete zu befreien und damit auch Hunderttausenden von Ukrainerinnen und Ukrainern die Möglichkeit zu geben, in einer freien Demokratie zu leben.

Genauso ist es der Ukraine in den letzten Monaten gelungen, einen Korridor über das Schwarze Meer zu sichern ‑ auch dank einer verbesserten Luftabwehr ‑, der dazu führt, dass der Weizenkrieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen hat, jetzt ins Leere läuft. Mittlerweile sind über 200 zivile Schiffe wieder über das Schwarze Meer aus der Ukraine herausgefahren und haben die Weltmärkte mit Weizen versorgt. Genauso muss man ja sehen, dass die innenpolitischen Reformen in der Ukraine sehr weitreichend sind und unter Kriegsbedingungen durchgeführt worden sind, was sicherlich auch ein großer Erfolg ist, der dann letztlich in der Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche geendet ist. Es gibt also Schwierigkeiten, aber viele von diesen Dingen haben wir auch antizipiert ‑ etwa die Lage jetzt im Winter, in der es wieder zu massiven russischen Luftschlägen kommt ‑ und haben darauf reagiert.

Insofern finde ich: Wenn man das Bild der Lage zeichnet, dann muss man auch den Beginn der russischen Aggression mit einbeziehen und schauen, wo wir heute stehen. Ich glaube, im Februar vor knapp zwei Jahren hätte keiner gedacht, dass die Ukraine so weit kommt.

Frage

Ich habe eine Frage zu den Unruhen in Argentinien. Herr Hebestreit, der Bundeskanzler hat nicht nur im Rahmen seiner Brasilienreise, sondern auch im Rahmen der Regierungskonsultation hier in Berlin untermauert, wie wichtig ihm das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den MERCOSUR-Staaten ist. Jetzt hat Argentinien angekündigt, dem BRICS-Block nicht beizutreten. Während des gesamten Wahlkampfes hat Javier Milei gesagt, er möchte keine diplomatischen Beziehungen zu Bolivien, Brasilien oder China. China hat schon Konsequenzen gezogen und hat Geldhahn abgedreht. Beschäftigt den Bundeskanzler diese Entwicklung in Argentinien insofern, als das Handelsabkommen durch diese Zitterpartie jetzt in noch weitere Ferne gerückt ist?

StS Hebestreit

Als der brasilianische Präsident Lula da Silva Anfang Dezember zu den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen in Berlin war, war das ja auch schon Thema, auch in einer Pressekonferenz. Da hat der Bundeskanzler noch einmal deutlich gemacht, dass er zur Zusammenarbeit mit jeder Regierung, jedem Regierungschef bereit und in der Lage ist, hat sich auch zuversichtlich gezeigt, dass es bald zu einer Kontaktaufnahme mit dem argentinischen Präsidenten kommen würde, und alles Weitere werde man dann sehen und abwarten. Er bleibt dabei, dass das MERCOSUR-Abkommen ein Abkommen ist, von dem sowohl Europa als auch die Staaten des MERCOSUR profitieren würden, und dass es Zeit ist, zu einem Abschluss zu kommen. Das ist jetzt nicht gelungen. Die Hoffnung war ja, dass man das vielleicht noch Anfang Dezember hinbekommt. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Aber wie der brasilianische Präsident erzählt hat, ist er dreimal vergeblich für die Wahl des Präsidenten angetreten und beim vierten Mal gewählt worden, und er hat gesagt, wenn es nicht weitergehe, müsse man aufstehen und weiter kämpfen. Genau das tut man auch für MERCOSUR.

Zusatzfrage

Wie ordnet der Bundeskanzler die Entwicklung in Argentinien grundsätzlich ein?

StS Hebestreit

Ich muss ehrlicherweise gestehen: Darüber habe ich mit dem Bundeskanzler in den letzten 14 Tagen nicht gesprochen. Wir haben zwar über das eine oder das andere in der Weihnachtspause gesprochen, aber nicht darüber. Insofern kann ich dazu zum heutigen Zeitpunkt nichts Kluges sagen.

Frage

An das Auswärtige Amt: Herr Fischer, können Sie einmal sagen, wie der Stand der Suche nach einer Rechtsgrundlage für eine wie auch immer geartete deutsche Beteiligung an einem Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer aussieht?

Fischer (AA)

Lassen Sie mich zu Beginn ganz grundsätzlich sagen, dass die gewaltsamen Angriffe der Huthis auf die zivile Handelsschifffahrt massiv in die Sicherheit der internationalen Seeschifffahrt eingreifen, zentrale globale Handelswege gefährden, völlig inakzeptabel sind und aufhören müssen.

Sie wissen, dass es im EU-Rahmen die Prüfung verschiedener Optionen gibt, wie sich die EU und ihre Mitgliedstaaten an dem Schutz der Handelsroute beteiligen können.

Dabei ging es zum einen um eine Ausweitung der Operation Atalanta in Richtung des Roten Meeres. Die Debatte haben wir alle vor Weihnachten gesehen. Nachdem sich zunächst ein Konsens in Brüssel abzeichnete, hat ein Mitgliedsstaat dann doch Bedenken gehabt. Diese Bedenken sind bislang nicht ausgeräumt.

Zum anderen wird in Brüssel jetzt geprüft, ob man eine eigenständige EU-Mission für das Rote Meer auf die Beine stellen kann. Wir als Bundesregierung wären dazu bereit und stehen dazu auch in engem Kontakt mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst in Brüssel.

Zusatzfrage

Heißt das, dass andere Optionen als eine EU-Mission nicht betrachtet werden?

Fischer (AA)

Wir prüfen alle Optionen, die völkerrechtlich und verfassungsrechtlich möglich sind.

Zusatzfrage

Ist denn eine Mission nach dem Vorbild von Counter Daesh aus Ihrer Sicht eine völkerrechtlich und verfassungsrechtlich zulässige Option?

Fischer (AA)

An Counter Daesh haben wir uns beteiligt. Trotzdem muss man sehen, dass das Voraussetzungen hatte, die auch mit Entscheidungen der Vereinten Nationen zu tun hatten.

Frage

(zur Vereinbarung zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024) Vor Weihnachten gab es Proteste der Bauernschaft, was die Kürzungen im Bereich des Agrardiesels und der Kfz-Steuer anbetrifft. Gibt es dazu einen neuen Sachstand? Wurde über Weihnachten Geld gefunden, um die beiden Kürzungen eventuell abwenden zu können?

Keller (BMF)

Gegenüber dem, was wir hier schon kommuniziert haben, gibt es keinen neuen Sachstand. Die Gespräche laufen intern. Die Einigung zum Haushalt wird jetzt technisch und rechtlich umgesetzt. Dazu laufen, wie gesagt, die internen Gespräche. Dazu kann ich keinen neuen Stand mitteilen.

Köhler (BMEL)

Ich kann im Grunde nichts ergänzen. Der Herr Minister hat sich an einigen Stellen dazu eingelassen, wie er auf die Angelegenheit schaut. Natürlich gab es im Nachgang vor allem der Proteste, die vor Weihnachten stattfanden, diverse Gespräche. Aber es gibt jetzt keinen neuen Sachstand, über den wir an dieser Stelle berichten könnten.

Frage

Herr Keller, bis wann werden die Formulierungshilfen fertig, die derzeit im Ministerium vorbereitet werden?

Keller (BMF)

Daran wird, wie gesagt, gearbeitet. Ich kann Ihnen aber noch keinen Zeithorizont nennen. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis.

Zusatzfrage

Demnächst ist der Bundestag an der Reihe. Insofern wäre das ein Enddatum, oder?

Keller (BMF)

Sie können davon ausgehen, dass allen daran gelegen ist, die Gespräche zeitnah abzuschließen. Aber ich kann jetzt hier, wie gesagt, keine Daten ins Schaufenster stellen. Dafür bitte ich um Verständnis.

Frage

Wie bewertet die Bundesregierung die aktuelle Situation in Gaza, wenn man sieht, dass Israel weiterhin Krankenhäuser und auch den Süden bombardiert, in den die meisten Menschen ja eigentlich fliehen sollten? Wie beurteilt die Bundesregierung die Lage?

Fischer (AA)

Wir haben schon seit mehreren Wochen immer wieder gesagt, dass die humanitäre Lage in Gaza katastrophal ist, und haben auch sehr klar gemacht, dass wir weiteren humanitären Zugang brauchen und es notwendig ist, dass mehr Hilfsgüter nach Gaza kommen. Dabei hat es einige Fortschritte gegeben wie die Öffnung von Kerem Schalom für Hilfstransporte. Aber das reicht, wie wir alle wissen, nicht aus. Deshalb fordern wir auch von dieser Stelle aus noch einmal alle Beteiligten dazu auf, daran mitzuwirken, mehr humanitäre Güter nach Gaza hineinzulassen.

Gleichzeitig erwarten wir von Israel, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Wir haben zuletzt deutlich gemacht, dass das auch heißt, dass Israel sein militärisches Vorgehen anpassen muss.

Mit anderen Worten: Die humanitäre Lage ist katastrophal. Deshalb arbeiten wir weiterhin intensiv daran, wieder zu einer humanitären Feuerpause zu kommen, um die Menschen gerade in der jetzigen Winterzeit besser versorgen zu können.

Zusatzfrage

Einige Minister des Netanjahu-Kabinetts haben sich für die Umsiedlung von Palästinensern in Gebiete außerhalb des Gazastreifen ausgesprochen und wollen dafür jüdische Siedler im Gazastreifen ansiedeln. Wie bewertet die Bundesregierung diese Aussagen?

Fischer (AA)

Diese Äußerungen der beiden Minister weisen wir in aller Deutlichkeit und auf das Allerschärfste zurück. Sie sind weder sinnvoll noch hilfreich.

Wir haben unsere Position beim G7-Außenministertreffen in Tokio sehr klar gemacht. Es darf keine Vertreibung von Palästinensern aus Gaza geben. Es darf auch keine territoriale Verkleinerung des Gazastreifens geben. Eine Zweistaatenlösung bleibt aus unserer Sicht das einzig nachhaltige Modell für ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern. Daran halten wir fest, und darauf arbeiten wir auf die längere Sicht auch hin.

Frage

Ich habe in der israelischen Zeitung „Maʿariw“ gelesen, dass der israelische Minister für Sicherheit Ben-Gvir nach Deutschland kommen wollte. Er wollte, dass die Bundesregierung Waffen an Israel liefert. Ist die Bundesregierung bereit, solche Menschen zu empfangen?

Fischer (AA)

Entsprechende Reisepläne sind mir nicht bekannt. Dementsprechend stellt sich die Frage nicht.

Frage

Ich beziehe mich auf die Neujahrsansprache des Bundeskanzlers. Es gab dazu eine sehr negative Presse. In den Netzwerken war die Entrüstung sehr groß. Man hat sogar von Parallelwelten gesprochen. Einer der meistgenannten Kritikpunkte war, dass der Bundeskanzler das Leid der palästinensischen Bevölkerung nicht erwähnt habe. Wie begegnet der Bundeskanzler solch einer Kritik und der Entrüstung, die es sowohl in der normalen Presse als auch in den Netzwerken über die Neujahrsansprache gegeben hat?

StS Hebestreit

Ich würde Ihnen raten, sich ab und zu nicht nur in den sozialen Medien zu tummeln.

Zusatz

Das tue ich auch nicht.

StS Hebestreit

Dort bekommt man zwar einen Eindruck, aber er ist nicht immer der, der dem der Allgemeinheit entspricht. Es gab sehr unterschiedliche Rückmeldungen auf die Neujahrsansprache des Bundeskanzlers. Wie immer stehen die Worte des Bundeskanzlers und steht eine solche Rede für sich. Sie ist wohlüberlegt. Wenn ich es richtig weiß, dann ist in dem Satz, über den sich manch einer aufgeregt hat, auch von dem Leid und der Zerstörung nach dem schrecklichen Überfall, den die Hamas am 7. Oktober auf Israel begangen hat, die Rede. Dann sind darin alle eingeschlossen, die davon jetzt betroffen sind.

Aber auch da gilt wieder: Ursache und Wirkung nicht verwechseln! ‑ Der Auslöser für das, was wir im Augenblick an Schrecklichem in Nahost erleben, ist der Überfall von Hamas-Terroristen am 7. Oktober auf Israel.

Zusatz

Nur eine Zusatzbemerkung: Ich habe mir schon auch die normale Presse zu Gemüte geführt, und ich habe nichts Positives gesehen, nicht ein einziges Wort.

StS Hebestreit

Das ist schade.

Zuruf

Ja, das finde ich auch!

Frage

Bei GALERIA Karstadt Kaufhof droht eine neue Insolvenz im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Signa-Imperiums. Inwieweit ist die Bundesregierung mit dem Fall GALERIA Karstadt Kaufhof befasst?

Dr. Säverin (BMWK)

Es tut mir leid; die Antwort muss ich Ihnen nachliefern Ich kann das jetzt nicht in der genügenden Präzision vorführen.

Vorsitzende Welty

Liefern Sie das noch im Laufe des Nachmittags nach?

Dr. Säverin (BMWK)

Ja, das geht schnell. Das ist auch nicht sehr viel. Aber ich mag es jetzt nicht improvisieren.

Zusatzfrage

Die Frage wäre natürlich, ob die Bundesregierung grundsätzlich dazu bereit ist, GALERIA Karstadt Kaufhof mit Bürgschaften zu stützen.

Dr. Säverin (BMWK)

Die Antwort werde ich nachliefern.