Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière,

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Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Ereignisse von Paris vom 7. Januar 2015 haben erneut auf bedrückende Weise gezeigt, dass es gilt, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung mit den erforderlichen und rechtsstaatlichen Mitteln entschlossen gegen den internationalen Terrorismus zu verteidigen. Die Bundesregierung verfolgt bereits seit längerem – auch schon vor dem Anschlag von Paris – einen breiten Ansatz, um dieser Aufgabe zu begegnen: Prävention, der Versuch der Vermeidung von Radikalisierung, Deradikalisierung und vieles andere mehr.

Dazu gehört aber auch Gesetzgebung. Eine gesetzgeberische Maßnahme von mehreren ist der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises. Diesen Gesetzentwurf hat die Bundesregierung in ihrer heutigen Sitzung beschlossen.

Ziel des Gesetzentwurfes ist die Verhinderung der Ausreise und der Wiedereinreise von Gefährdern des extremistisch-terroristischen Personenspektrums. Bislang haben sich ungefähr 3.400 Kämpfer aus Europa dem Krieg des sogenannten „Islamischen Staates“ in Syrien und dem Irak angeschlossen. Allein aus Deutschland sind rund 600 – das ist die aktuelle Zahl; zuvor waren es 550 – Ausreisen in das Gebiet erfolgt. 150 bis 180 sind nach Deutschland zurückgekehrt, 30 davon als kampferprobte Fundamentalisten.

Wir können schon auf der Basis der bisherigen Rechtslage deutschen Staatsbürgern den Pass entziehen und ihnen die Ausreise untersagen. Das ist unstreitig. Wir wollen verhindern, dass Personen trotz einer verfügten räumlichen Beschränkung und trotz des Entzugs des Reisepasses unmittelbar aus Deutschland oder aus anderen Schengen-Staaten in solche Drittstaaten ausreisen, bei denen für die Einreise die Benutzung des Personalausweises als Reisedokument ausreicht.

Wenn wir den Pass entziehen, ist es nach bisheriger Rechtslage so, dass sich der Geltungsbereich des Personalausweises automatisch auf Deutschland beschränkt. Man sieht es aber dem Ausweis nicht an. Auch ein Grenzbeamter eines anderen Staates sieht es dem Ausweis nicht an. Deswegen fahren viele, obwohl es untersagt ist, mit ihrem Personalausweis zu einer Schengen-Außengrenze und reisen aus, um in Kampfgebiete zu kommen, oder kommen mit dem Personalausweis zurück.

Wir müssen sicherstellen, dass kein Zweifel darüber besteht, ob ein Ausweisinhaber ausreisen darf oder nicht. Aufgrund der neuen Regelung soll für bestimmte Personen nicht mehr nur der Pass, sondern auch der Personalausweis versagt oder entzogen werden können. Der Betroffene bekommt dann einen Ersatz-Personalausweis. Ich habe ein Musterexemplar mitgebracht. Vielen wird er bekannt vorkommen: Er sieht ungefähr so aus wie der Ausweis, den jemand erhält, der seine Plastikkarte im Ausland, in den Ferien, verloren hat, zu einem Konsulat geht und sagt: Ich brauche einen vorläufigen Personalausweis. – Er bekommt dann ein Papier, das im Wesentlichen so aussieht wie der Ersatz-Personalausweis.

Mit dem Ersatz-Personalausweis ist die betroffene Person nicht mehr berechtigt, Deutschland zu verlassen. Wenn man sich bei Geschäften oder Identifizierungen, die in Deutschland erforderlich und geboten sind, ausweisen muss, kann man das mit diesem Ersatz-Personalausweis tun.

Die Entziehung des Ausweises soll möglich sein, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht begründen, dass ein Gefährder einer terroristischen Vereinigung angehört oder eine solche unterstützt, Gewalt als Mittel zur Durchsetzung seiner politischen oder religiösen Überzeugungen anwendet, unterstützt oder hervorruft oder eine staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet. Die Entziehung des Ausweises und Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises unterliegt der sofortigen Vollziehung, um Rechtsbehelfen eine aufschiebende Wirkung zu nehmen und die Maßnahmen effektiver zu machen; das ist in diesem Fall sicherlich verständlich.

Was passiert, wenn ein Ausweisinhaber entgegen der ausreiseverhindernden Maßnahme die Bundesrepublik Deutschland trotzdem verlässt? Oft wird der Vorwurf gemacht, man könne auch irgendwo hinreisen, ohne den Ausweis vorzuzeigen, und die Frage gestellt, was das dann eigentlich solle. Wenn das bekannt wird, zum Beispiel weil sich derjenige im Internet damit brüstet, im Ausland aktiv zu sein, dann sind – das sieht der Gesetzentwurf vor – die Ausweispapiere, auch der Personalausweis, kraft Gesetzes ungültig. Das ist wichtig, denn das ermöglicht den Behörden eine unmittelbare Ausschreibung des jeweiligen Ausweises im Schengener Informationssystem und in der Stolen-and-Lost-Travel-Documents-Datenbank von Interpol. Damit erhöhen wir deutlich die Wahrscheinlichkeit des Aufgreifens des Reisenden bereits in Transitländern oder bei der Rückkehr.

Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus stellt dieser Gesetzentwurf also einen konzeptionell richtigen Ansatz dar. Es ist ein wichtiger Baustein neben anderen, die wir bereits haben oder an denen wir noch arbeiten und die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bürger erhöhen.