Rede der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner,

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Sehr geehrte Damen und Herren,

herzliche Grüße und ein herzliches Willkommen aus dem deutschen Landwirtschaftsministerium! Ich freue mich, dass der Außenwirtschaftstag nun nach drei Jahren endlich wieder stattfindet. Es wurde höchste Zeit, denn es ist viel passiert seit der letzten Tagung im Juni 2018.

Insbesondere die vergangenen eineinhalb Jahre haben uns allen gezeigt, wie systemrelevant Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft und internationale Handelsströme sind. Nicht nur die Corona Pandemie hat uns vor neue Herausforderungen gestellt. Auch der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland, und der Brexit, der jetzt schrittweise vollzogen wird, wirken sich auf unseren Außenhandel aus.; und die Havarie der Ever Given im Suez-Kanal in diesem März hat gezeigt, dass unsere Wirtschaft auf funktionsfähige internationale Lieferketten angewiesen ist.

Ich möchte deshalb einen Blick darauf werfen, wo die Agrarexportförderung und die Außenhandelsbeziehungen in Deutschland aktuell stehen und wo es in Zukunft hingehen soll. Der Ausbruch der Corona-Pandemie war sicherlich das einschneidendste Ereignis der vergangenen Jahrzehnte. Anfänglich konnte sich kaum jemand vorstellen, welch gravierende Folgen diese Pandemie weltweit und für uns alle haben würde – in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Für den Bereich der Agrarexporte liegen inzwischen erste Daten für das Jahr 2020 vor. Diese deuten darauf hin, dass die negativen Effekte bei den deutschen Agrarexporten glücklicherweise deutlich geringer ausfallen als bei den Exporten insgesamt. Bei den Gesamtexporten gab es im Jahr 2020 einen Rückgang um rund neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den Agrarexporten fiel der Rückgang mit 1,6 Prozent deutlich geringer aus. Auch global hat sich der Agrarhandel insgesamt resilient gezeigt.

Es war wichtig, dass wir uns von Anfang an dafür ausgesprochen haben, die Märkte offen zu halten. So wurde die Lage kaum durch handelsbeschränkende Maßnahmen verschärft – anders als noch 2007/2008.

Was aber natürlich gelitten hat und was für den Aufbau und die Pflege stabiler, vertrauensvoller Handelsbeziehungen unerlässlich ist, das waren und sind: die Auslandsmessen, die Geschäftsreisen, kurz, die persönlichen Begegnungen.

Neben der Pandemie hat sich aber auch der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland spürbar auf unsere Exporte von Schweinefleisch ausgewirkt. Insgesamt erweist sich der Markt jedoch als relativ stabil und anpassungsfähig. Dennoch verhandeln wir selbstverständlich intensiv weiterhin mit den relevanten Handelspartnern.

Mit einigen Drittländern, wie Vietnam und Singapur ist eine sogenannte „Regionalisierung“ bereits gelungen. Das heißt, dass aus ASP-freien Gebieten wieder gehandelt werden kann. Mit anderen Drittländern, insbesondere China gestalten sich die Verhandlungen schwieriger. Daher habe ich dieses Thema auch bei unseren deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im April angesprochen, mit dem ganz klaren Ziel, auf der Grundlage einer Regionalisierung die Wiederaufnahme der Lieferbeziehungen mit deutschem Schweinefleisch zu erreichen.

Einen ersten Erfolg können wir melden: Wir haben erreicht, dass Anfang Juni bereits zwei Expertengespräche zur ASP mit der chinesischen Zollbehörde und dem Landwirtschaftsministerium stattgefunden haben. Dieser intensive Fachaustausch wird nun fortgesetzt und ist die Voraussetzung für eine Einigung.

Uns muss aber allen bewusst sein, dass hier ein langer, schwieriger Weg vor uns liegt. Schließlich wird auch der Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der EU, Folgen für den Agraraußenhandel haben. Immerhin ist es Ende des vergangenen Jahres gelungen, das Worst Case-Szenario einer Trennung ohne Handelsabkommen und mit hohen gegenseitigen Zöllen zu vermeiden.

Auch wenn sich hier die Folgen noch nicht in Zahlen ausdrücken lassen, ist aber klar, dass sich mit dem neuen Kontrollregime der Aufwand auch für Exporte aus der EU schrittweise erhöhen wird. Wir befinden uns also auch hier in einer Zwischenzeit, einer Zeit des Übergangs.

Ich möchte deshalb einen Blick nach vorne wagen und Ihnen versichern, dass ich eine exportorientierte Land- und Ernährungswirtschaft ganz klar unterstütze. Denn Agrarexporte machen knapp sechs Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren aus. Das bedeutet, dass dieser Sektor auch ein Garant für Arbeitsplätze, gerade in den ländlichen Räumen ist.

Deshalb unterstützen wir Sie: Für unser Programm zur „Förderung der Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft“ stehen drei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. In unserem Auslandsmesseprogramm 8,8 Millionen Euro. Diese Gelder sollen vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen den Eintritt in ausländische Märkte erleichtern. Zum Beispiel durch Unternehmerreisen zur Geschäftsanbahnung und Informationsmaßnahmen, die hoffentlich bald wieder möglich sein werden.

Ich bin zuversichtlich, dass wir im zweiten Halbjahr 2021 auch wieder mit einer Belebung des Messegeschäfts rechnen können. Denn das Bevölkerungswachstum in vielen Ländern und steigende Pro-Kopf Einkommen werden dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Agrargütern weiter steigt. Durch den Modernisierungsdruck im Agrarsektor ergeben sich weitere Chancen für den Export moderner Maschinen und innovativer Technologien. Dies wird auch, aber nicht nur, in den sogenannten BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – der Fall sein. Dort werden die Absatzmärkte der Zukunft liegen.

Bei alledem sollten wir aber nicht vergessen, dass Handel mehr ist als der Austausch von Waren. Was wir brauchen, sind faire, verbindliche Regeln im internationalen Handel. Die Leistungen, die dem Handel so gern zugeschrieben werden: die Schaffung von Wohlstand, Sicherung von Arbeitsplätzen, Ernährungssicherung und sogar die Befriedung von Konflikten. Das alles gilt nur, wenn wir uns auf klare Regeln einigen und auf die Einhaltung der Standards pochen, die uns wichtig sind. Das gilt gleichermaßen beim Thema Nachhaltigkeit, bei der Berücksichtigung des Tierwohls und vor allem auch bei den Arbeitsbedingungen.

Die globalen Herausforderungen bei Klimaschutz und Biodiversität erfordern ebenfalls eine enge Kooperation mit unseren Handelspartnern. Denn wir brauchen Einigkeit nicht nur über die formalen Regeln des Handels sondern auch über die nicht vertraglichen Grundlagen eines Vertrags. Geteilte Werte, Normen, Prinzipien: sie sind die Voraussetzung für die Brückenfunktion des Handels. Dann kann der Handel Menschen und Nationen miteinander verbinden und stabile internationale Beziehungen festigen.

Deutschland ist der drittgrößte Exporteur von Agrarprodukten. Das ist auch Ihr Verdienst, darauf können Sie stolz sein. Wir unterstützen Sie gerne beim weiteren Ausbau der internationalen Handelsbeziehungen und dem Abbau möglicher Handelshemmnisse. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Botschaften in wichtigen Partnerländern weltweit helfen gerne.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese künftigen Handelsbeziehungen transparent, fair und wertebasiert sind. Denn das garantiert stabile internationale Beziehungen in Zeiten des Übergangs, die ich vorhin angerissen habe. Nutzen Sie den heutigen Außenwirtschaftstag als Plattform für einen – wenn auch virtuellen – intensiven Austausch. Vielen Dank!