Rede der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen,

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist jetzt zweieinhalb Jahre her – ich glaube, wir alle hier im Hohen Hause erinnern uns noch daran –, als wir zum ersten Mal das grauenhafte, aber foudroyante Vorgehen des sogenannten “Islamischen Staates (IS)“ im Irak beobachten konnten, nämlich als damals Mosul durch den IS eingenommen worden ist. Sie werden sich daran erinnern, dass damals die Goldreserven der Bank geplündert worden sind, dass Waffen in die Hände der Terroristen gefallen sind. Es gab damals einen foudroyanten Siegeszug des IS; er stand bis zehn Kilometer vor den Toren Bagdads.

Wir haben es uns vor zweieinhalb Jahren nicht leicht gemacht bei der Entscheidung, denjenigen, die dort unter dem Morden und Wüten des IS leiden, Hilfe zu leisten. Wir haben uns zum allerersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland entschieden, Waffen in ein Krisengebiet zu schicken. Ich glaube heute, diese Entscheidung war richtig.

Es war richtig, die Kurden, das heißt die Peschmerga, auszurüsten und dies mit Ausbildung, ganz eng begleitet, zu kombinieren. Die Peschmerga haben viel Mut bewiesen. Sie haben als Erste den IS gestoppt, sie haben ihn empfindlich zurückgeschlagen, und sie haben Territorium zurückgewonnen. Viel wichtiger ist aber, dass wir von Anfang an, so wie wir es eben bei dem anderen Mandat auch besprochen haben, vernetzt vorgegangen sind.

Von Anfang an haben wir die Kurden, die über 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen haben, dabei unterstützt, humanitäre Hilfe zu leisten. Vielen Dank an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das bis heute intensiv mit den Kurden zusammenarbeitet, um dort humanitäre Hilfe zu leisten und die Flüchtlinge zu schützen und zu unterstützen. Wir haben von Anfang an auf Diplomatie gesetzt, und das Auswärtige Amt hat mit der irakischen Zentralregierung zusammengearbeitet, damit der Prozess inklusiv bleibt, das heißt, dass Sunniten, Schiiten, Kurden und die anderen Gruppen in den Kampf gegen die Terroristen, die das Land zerstören wollen, einbezogen sind. Andere Länder waren bereit, in der großen Koalition gegen den Terror auch die irakischen Zentraltruppen auszurüsten und auszubilden.

Es hat sich gezeigt, dass wir in diesem Fall vieles – nicht alles – richtig gemacht haben, denn bei der Rückeroberung der Gebiete, sei es Tikrit, sei es Ramadi, ist von Anfang an so vorgegangen worden, dass am Tag der Befreiung dieser Städte die Vereinten Nationen sofort reingegangen sind und Hilfe für die Menschen geleistet haben. Dabei ging es um die Versorgung mit Wasser und Elektrizität, um Erste Hilfe und den Wiederaufbau von Häusern. Dadurch sollten die Menschen merken, dass es einen Unterschied macht, ob der IS in der Stadt ist und sie dominiert oder ob sie befreit sind.

Dieses Mandat umfasst die Ausbildung von kurdischen Peschmerga. 150 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind daran beteiligt. Wir sind gemeinsam mit anderen Nationen dort. Im letzten Monat, im Dezember, hat Deutschland die Führung von Italien rotationsmäßig zum dritten Mal übernommen.

Drei Punkte im Rahmen dieses Mandates, um dessen Verlängerung wir heute bitten, möchte ich erwähnen.

Zunächst einmal: 12.000 Streitkräfte sind inzwischen ausgebildet worden. Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass die Peschmerga bereit sind, auch hier das Prinzip der Inklusion ernst zu nehmen. Inzwischen sind, soweit sie ihre Heimat verteidigen wollen, auch Christen, Jesiden, Kakai und Turkmenen ausgebildet worden, um nur einige zu nennen.

Zweiter Punkt: Materiallieferung und Ausbildung müssen Hand in Hand gehen. Ich will nur zwei Beispiele nennen. Am Anfang ging es um basale Fähigkeiten, um die Grundausbildung bis hin zur richtigen Anwendung von Erster Hilfe, damit diejenigen an der Front, die verletzt sind, dort nicht verbluten. Material, das geliefert wurde, umfasst zum Beispiel ein Lagerhaus für Medikamente und Verbandsmaterial, das wir kürzlich an die Kurden übergeben konnten.

Beim dritten Punkt – den wir modulmäßig anpassen, je nachdem, wie der Verlauf des Konfliktes und der kriegerischen Auseinandersetzung mit dem IS durch die Peschmerga ist – liegt der Schwerpunkt inzwischen natürlich auf der Minenentschärfung, auf “Counter improvised explosive devices (Counter-IED)“. Das Gebiet, das zurückerobert wird, ist minenverseucht. Das ist eine der entscheidenden Aufgaben bei der Rückeroberung von Gebieten. Auch das Thema Häuserkampf spielt eine wichtige Rolle; hierfür haben wir entsprechende Trainingsareale ausgebaut.

Heute, zweieinhalb Jahre später, geht es wieder um Mosul, aber diesmal mit umgekehrten Vorzeichen. Es gelingt der irakischen Zentralregierung inzwischen gemeinsam mit den Kurden und in einer engen Absprache mit der Koalition gegen den Terror, Schritt für Schritt die letzte Bastion des IS im Irak zurückzuerobern, nämlich Mosul. Noch lange ist nicht entschieden, wie das zu einem guten Ende gebracht wird, obwohl Fortschritte erreicht wurden. Auch hier ist neben der militärischen Ausrüstung und dem militärischen Rat, den die Peschmerga und die Zentralstreitkräfte brauchen, wichtig, dass von Anfang an darauf geachtet wird, dass ethnische Konflikte im Keim erstickt werden, und dass von Anfang an darauf geachtet wird, dass die Versorgung der Flüchtlinge nahtlos funktioniert. 125.000 Menschen sind inzwischen aus Mosul geflohen, aber etwa 1,5 Millionen Zivilisten sind nach wie vor in Mosul eingeschlossen.

Ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Es ist entscheidend, nach einem Sieg über den IS – diesen werden wir hoffentlich erreichen –, was das Territorium im Irak angeht, das heißt nach dem physischen Verschwinden des sogenannten äußeren Feindes, dafür Sorge zu tragen, dass die inneren Konflikte nicht aufbrechen, sondern dass der Irak weiter den Weg der Inklusion geht. In diesem Sinne bitte ich um Verlängerung des Mandates.