Pressestatements von Bundeskanzler Scholz, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Russwurm, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Fahimi und Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Niebert anlässlich der Auftaktsitzung der Allianz für Transformation am 14. Juni 2022 in Berlin

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Im Wortlaut Pressestatements von Bundeskanzler Scholz, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Russwurm, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Fahimi und Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Niebert anlässlich der Auftaktsitzung der Allianz für Transformation am 14. Juni 2022 in Berlin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Dienstag, 14. Juni 2022

BK Scholz: Einen schönen guten Morgen! Ich freue mich, dass wir heute zur Allianz für Transformation zusammenkommen. Große Veränderungen stehen vor uns. Nicht nur die Zeitenwende, die mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine verbunden ist, beschäftigt uns, sondern auch die vielen großen Herausforderungen, die für die Wirtschaft und die Art und Weise, wie wir wirtschaften, vor unserem Land, ja vor der ganzen Welt stehen.

Deshalb ist es die feste Überzeugung der Bundesregierung, dass wir das nur dann gemeinsam schaffen und erreichen können, wenn wir uns unterhaken und auch miteinander über diese Herausforderungen sprechen. Deutschland hat eine ganz lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Gewerkschaften, zwischen vielen gesellschaftlichen Gruppen, die sich zusammen mit dem Staat um gemeinsame Projekte bemühen. Das ist in unserer Geschichte einmal Korporatismus genannt worden. Aber ich denke, jetzt ist jedenfalls eine Zeit, in der es jenseits all der Worte, die wir dafür finden, um genau diese Zusammenarbeit geht. Wir wollen erreichen, dass unser Land eine gute Zukunft hat als ein Land, das global wettbewerbsfähig ist und gleichzeitig CO2-neutral wirtschaftet, und als ein Land, das vorn dabei ist, wenn es um die digitale Transformation geht, um nur zwei Felder zu benennen, mit denen wir uns beschäftigen werden.

Ein Thema wird heute keine Rolle spielen, sondern erst in kurzer Zeit, wenn wir uns dann in einer konzertierten Aktion versammeln. Dann wird es um die Preisentwicklung gehen.

Aber das Thema, das uns heute beschäftigt, ist unbedingt wichtig. Es geht nämlich um die klimaneutrale Industrie, um die Transformation der Energieerzeugung in unserem Land. Damit wollen wir anfangen. Denn hiermit ist auch die Botschaft verbunden, dass wir uns nicht auf ein einzelnes Treffen konzentrieren, sondern dass wir in immer unterschiedlicher Zusammensetzung mehrfach im Jahr genau diese Frage der Veränderung unserer Gesellschaft besprechen.

Transformation ist das Wort, das dafür in aller Munde ist, und zwar zu Recht, weil es um eine Veränderung geht. Transformation ist auch mit Wandel verbunden. Dabei gibt es für viele Menschen auch Fragen und Sorgen, ob das für sie gut ausgeht. Dass wir hier zusammenarbeiten, soll bewirken, dass wir nicht nur vorn dabei sind, wenn es um die neuesten Technologien und um die Bewältigung der großen Herausforderungen der Zukunft geht, sondern dass es auch für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande gut ausgeht.

Prof. Dr. Russwurm: Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren, das Zielbild ist beschrieben: das klimaneutrale Industrieland, das erfolgreich seine Technologien und Innovationen in die Welt exportiert, auch deshalb, weil wir dem Klimawandel damit global die Stirn bieten können. Der Weg ist ebenfalls beschrieben im Sinne von: Es ist machbar.

Aber was uns fehlt, ist Tempo und auch noch ein gemeinsames Verständnis dessen, wie wir den Aufwand dafür schultern können. Denn das wird es nicht umsonst geben. Wir werden Kosten für die Investitionen haben. Wir werden Kosten für Überbrückungslösungen haben, die in den letzten Monaten, nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine, teurer geworden sind. Wir werden uns als Lehre aus der Vergangenheit aber auch Resilienz leisten müssen. Resilienz, egal ob wir über Rohstoffversorgung reden oder über militärische Verteidigung, ist nicht umsonst zu haben.

Wir wollen die Auswirkungen unseres Lebens auf Mutter Erde quantifizieren, Stichwort „CO2-Preis“. Darüber müssen wir sprechen, und darauf müssen wir Antworten finden. Denn die Transformation als solche ist im wahrsten Sinne des Wortes alternativlos. Sie muss uns gelingen, und sie muss uns mit einem sozialen Zusammenhalt gelingen, sodass dieses Land auch weiterhin eine Gesellschaft bleibt, in der wir gern leben.

Insofern danke ich auch im Namen der deutschen Wirtschaft der Bundesregierung und dem Bundeskanzler für die Gelegenheit, das in dieser Runde zu besprechen.

Fahimi: Auch der DGB begrüßt außerordentlich die Initiative der Bundesregierung und des Bundeskanzlers persönlich, zu dieser Allianz der Transformation einzuladen. Es geht um wichtige Fragen, wie wir verlässliche Rahmenbedingungen schaffen und die notwendigen Investitionen tätigen, damit die Transformation auch gelingt.

Die Bundesregierung ist mit einem großen Versprechen angetreten, eine Regierung des Fortschritts zu sein und in diesem Jahrzehnt die Grundlagen für eine dauerhafte Prosperität zu legen. Wir verstehen darunter in besonderem Maße, dass es um einen Umbau unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft geht, in der es nicht um die Frage des Rückbaus von Wertschöpfungsketten geht, sondern tatsächlich um einen Umbau für mehr Beschäftigung und qualitatives Wachstum.

Wir sehen, dass das nur mit der Kraft und dem Können der Beschäftigten und ihrer Interessensvertretungen möglich ist, ob es um den verantwortlichen Umbau der Standorte geht, ob es um die kritische Beleuchtung von Lieferketten und Infrastruktur geht oder aber auch, wenn es um die Frage geht, wie Strukturentwicklung in den Regionen konkret gelingt. All das sind Fragen, die nur mit mehr Mitbestimmung und größerer Tarifbindung möglich sind.

Wir sehen das Ziel, mehr Beschäftigung und gute Arbeit in diesem Land zu sichern. Dafür bedarf es auch Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, ein Zurückdrängen der prekären Beschäftigung.

Und natürlich und nicht zuletzt geht es um eine große Investitionsoffensive, die notwendig ist und wo wir den Staat in der Rolle sehen, Impulsgeber für diese Infrastrukturmaßnahmen zu sein, verlässliche Rahmenbedingungen und Ausbaupläne sicherzustellen. Denn es gibt Verunsicherung in der Wirtschaft, die eben nur auf Grundlage verlässlicher Bedingungen investieren kann und diesen Standort am Ende des Tages für gute Beschäftigung sichert. Über diese Verteilung der Kosten werden wir uns mit Sicherheit auch unterhalten.

Unsere gemeinsame Aufgabe sehen wir aber tatsächlich darin zu beantworten, dass wir Vertrauen in den Wandel schaffen und dass wir in Zeiten der Verunsicherung für mehr Sicherheit für alle Beschäftigten sorgen.

Prof. Dr. Niebert: Meine Damen und Herren, die Beständigkeit und die Gewissheiten der letzten Jahrzehnte sind vorbei. Das zeigt nicht nur die Klimakrise, die auch bei uns Realität geworden ist, wie wir nach wie vor im Ahrtal sehen können; das zeigen auch die mittlerweile heißen und nicht mehr nur kalten Kriege, die die Sicherheit in Europa bedrohen.

Das alles ist Aufforderung an uns, tatsächlich den Mehltau des „alles muss so bleiben, wie es ist“ vom Land zu pusten und einen Aufbruch zu wagen. Warum dieser Aufbruch notwendig ist, zeigt auch für mich als Vertreter des Naturschutzrings ein Weg nach Lüneburg.

In Lüneburg hat vor kurzem ein Gericht den Bau von Windrädern untersagt, weil sie den Blick auf eine historische Windmühle versperren. Wir können aber nicht Entwicklungen verhindern, um einmal Entwickeltes zu bewahren. Wir können nicht Deutschland zu einem Industriemuseum, einem Heimatmuseum oder auch einem Naturkundemuseum machen, wenn wir künftig mit Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft gute Arbeit und auch Wohlstand in Deutschland sicherstellen wollen.

Das Ganze braucht aus unserer Sicht einen neuen Politikstil ‑ da bin ich ganz froh, dass der Bundeskanzler mit der heutigen Allianz einen Auftakt dafür wagen möchte ‑, einen Politikstil, der nicht mehr einfach nur versucht, Kompromisse entlang der kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern der einen echten Interessenausgleich wagt. Wir können nicht mehr Energiewende gegen Naturschutz oder Klimaschutz gegen Wohlstand stellen, sondern wir müssen jetzt mit mehr Naturschutz mehr Energiewende schaffen. Wir müssen mit mehr Klimaschutz und besserem Klimaschutz besseren Wohlstand schaffen.

Diesen Aufbruch brauchen wir. Ich wünsche mir für Deutschland von dieser Allianz, dass sie es schafft, einen Impuls zu setzen, dass Deutschland diese Entwicklungen nicht nur toleriert, sondern mitgehen will und sie sich auch wirklich wünscht. Wenn der Bundeskanzler das mit dieser Allianz schafft, dann hat er sich nicht nur heute selber ein wunderbares Geburtstagsgeschenk geschaffen, sondern das dem ganzen Land geschenkt. Herzlichen Glückwunsch!

BK Scholz: Schönen Dank!

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