Fragen und Antworten zur Verkehrspolitik
Das Deutschlandticket ist da – attraktiv, digital, einfach. Für viele Menschen sicherlich ein Anreiz, auf Bus und Bahn umzusteigen. Doch reicht das alleine aus, um den Nahverkehr dauerhaft zu stärken? Welche Rahmenbedingungen müssen dafür erfüllt sein? Und wer finanziert den ÖPNV eigentlich? Teil fünf unserer Serie zur Verkehrspolitik.
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Ein leistungsfähiger ÖPNV ist nicht nur wesentliches Element der Daseinsvorsorge. Er ist auch die Basis für eine klimafreundliche Mobilität. Ihn auszubauen und zu modernisieren, ist ein zentrales Ziel der Bundesregierung. Angebote wie das Neun-Euro-Ticket und sein Nachfolger, das Deutschlandticket, sind dafür erst der Anfang. Weitere Schritte müssen und werden folgen.
„Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern. Ziel ist, die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs deutlich zu steigern.“
Was ist der ÖPNV? Welche Bedeutung hat er?
„Öffentlicher Personennahverkehr“ (ÖPNV) ist der Sammelbegriff für Angebote im Nahverkehr, die nach einem regelmäßigen Fahrplan verkehren und die jeder nutzen kann. Der ÖPNV umfasst den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und den öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV). Als Nahverkehr gelten wiederum Verkehre im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr.
Die öffentlichen Verkehrsmittel leisten einen unentbehrlichen Beitrag zur Mobilitätsversorgung der Gesellschaft und sozialen Teilhabe, zur Verbesserung der Verkehrsströme und allgemeinen Lebensqualität – und nicht zuletzt zur Erreichung der Klimaschutzziele. Denn: Jeder Weg mit Bus und Bahn bringt uns diesen Zielen etwas näher. Darüber hinaus ist der ÖPNV auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Deutschland.
20 Millionen Fahrgäste nutzten 2020 täglich den ÖPNV der VDV-Unternehmen. Busse und Bahnen ersetzten damit rund 14 Millionen Autofahrten auf deutschen Straßen.
58 Milliarden Personenkilometer leisteten die ÖPNV-Unternehmen des VDV 2020 – der Eisenbahnverkehr davon circa 28 Milliarden Personenkilometer, die Busse 19 Milliarden und die städtischen Bahnen 11 Milliarden.
10 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen sparen Busse und Bahnen im Jahr ein. Jeder mit dem ÖPNV zurückgelegte Kilometer bedeutet im Vergleich zur Autofahrt eine Ersparnis von durchschnittlich 91 Gramm Treibhausgase und 19 Gramm Stickoxide.
10,3 Milliarden Euro nahmen die VDV-Nahverkehrsunternehmen in 2020 durch Fahrgelder ein – inklusive Ausgleichsleistungen wie zum Beispiel für die Beförderung schwerbehinderter Fahrgäste.
152.000 Beschäftigte arbeiten aktuell in den ÖPNV-Unternehmen des VDV. Davon sind rund 85.000 im Fahrdienst (Bus, Tram, PVE), rund 38.000 im technischen Dienst und rund 29.000 in der Verwaltung tätig.
Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
Wie ist der ÖPNV organisiert?
In Deutschland obliegt der ÖPNV zwei Stellen: Für den SPNV, also den Bahnverkehr mit Reiseweiten von bis zu 50 Kilometern oder Reisezeiten von unter einer Stunde, sind die Bundesländer zuständig. Für den ÖSPV, also den kommunalen Verkehr mit Bussen, U-Bahnen und Straßenbahnen, sorgen in der Regel die Kommunen.
Eine wichtige Aufgabe fällt hierbei den Verkehrsverbünden zu: Sie ermöglichen den Fahrgästen einen einfachen Zugang zum ÖPNV. Dafür gestalten sie einen einheitlichen Tarif, den alle Verkehrsunternehmen im Verbundraum anwenden. Die Fahrgeldeinnahmen verteilt der Verkehrsverbund nach einem festgelegten System an die Verkehrsunternehmen.
Von wem wird der ÖPNV finanziert?
Finanziert wird der ÖPNV in Deutschland sowohl aus öffentlichen Mitteln als auch durch die Nutzerinnen und Nutzer, also über Fahrgeldeinnahmen. Allerdings reichen die Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf nicht aus, um den öffentlichen Nahverkehr kostendeckend zu betreiben. Deshalb beteiligt sich die Bundesregierung an der Finanzierung.
Die öffentlichen Mittel werden dem ÖPNV über verschiedene Finanzierungsinstrumente zur Verfügung gestellt, darunter:
Regionalisierungsgesetz: Obgleich Angelegenheit der Länder, erhalten diese aus dem Steueraufkommen des Bundes jährlich weit über zehn Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln, die insbesondere dem SPNV zu Gute kommen. Diese Mittel können aber auch für den straßengebundenen ÖPNV eingesetzt werden.
Die Finanzierung des Deutschlandtickets erfolgt ebenfalls über das Regionalisierungsgesetz. Dafür stellt der Bund den Ländern bis 2025 1,5 Milliarden Euro jährlich zum Verlustausgleich bereit.
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz: Mit einer Milliarde Euro aus dem GVFG-Bundesprogramm werden Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden finanziert. Diese Mittel werden ab 2025 auf zwei Milliarden Euro erhöht und ab 2026 mit 1,8 Prozent jährlich dynamisiert.
Umsatzsteueranteile: Für die Ende 2019 ausgelaufenen Entflechtungsmittel nach dem Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen erhalten die Länder seit 2020 einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen des Bundes.
Steuervergünstigungen und Ausgleichszahlungen: Eine zusätzliche Hilfe leisten Steuervergünstigungen für den ÖPNV sowie Ausgleichsleistungen für Fahrgeldausfälle, wie sie zum Beispiel für die Beförderung schwerbehinderter Fahrgäste entstehen.
Förderung von Innovationen: Ergänzend zu diesen Leistungen fördert die Bundesregierung innovative Entwicklungen im ÖPNV mit unter anderem diesen Programmen:
- Alternative Antriebe von Bussen im Personenverkehr
- Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme
- Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV
- Alternative Antriebe im Schienenverkehr
- Ausrüstung von Kraftfahrzeugen mit Abbiegeassistenzsystemen
Weitere Informationen zur Finanzierung des ÖPNV erhalten Sie auf der Themenseite „Öffentlicher Personennahverkehr“ des Bundesverkehrsministeriums.
Wie geht es nach dem Deutschlandticket weiter?
„Uns ist natürlich bewusst, dass das Deutschlandticket allein nicht reichen wird, um die Menschen dauerhaft in deutlich größerer Zahl als heute für den ÖPNV zu begeistern“, so Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Durchsetzen werden sich Bus und Bahn erst dann, wenn auch das Angebot stimmt und die Finanzierung des ÖPNV solide aufgestellt ist.
Dafür soll laut Koalitionsvertrag ein Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV geschlossen werden, an dem Bund, Länder und Kommunen derzeit arbeiten. Das gemeinsame Ziel: Vereinfachte Tarifstrukturen bundesweit, zu denen das Deutschlandticket bereits beiträgt, sowie Qualitätskriterien und Standards für Angebot und Erreichbarkeit – in der Stadt wie auf dem Land.
„Wir wollen einen Ausbau- und Modernisierungspakt, bei dem sich Bund, Länder und Kommunen unter anderem über die Finanzierung [des ÖPNV] bis 2030 einschließlich der Eigenanteile der Länder und Kommunen und die Aufteilung der Bundesmittel verständigen sowie Tarifstrukturen diskutieren. Gemeinsam werden wir Qualitätskriterien und Standards für Angebote und Erreichbarkeit für urbane und ländliche Räume definieren.“
Hier finden Sie weitere Teile unserer Serie zur Verkehrspolitik:
So funktioniert die Planung der Verkehrsinfrastruktur
So funktioniert der Ausbau der Ladeinfrastruktur
So funktioniert der Schienenverkehr
So funktioniert die Förderung des Radverkehrs