Rede des Bundesministers für Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung,

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Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Mit diesem Haushalt, den wir im Rahmen dieser Debatte verabschieden wollen, und dem Finanzplan ist eine tragfähige und gute Grundlage geschaffen worden, den Anpassungs- und Modernisierungsprozess der Bundeswehr voranzutreiben.

Frau Kollegin Hoff, lassen Sie mich gleich zu Anfang sagen: Wir tragen die Verantwortung dafür, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten, die sich in riskanten Auslandseinsätzen befinden, eine optimale Ausbildung gewähren und eine optimale Ausrüstung mitgeben. Das ist der Sachverhalt; das machen wir auch so. Die Situation, die Sie geschildert haben, entspricht nicht der Realität. Unsere Soldaten haben im Einsatz die Ausrüstung, die sie im Hinblick auf einen optimalen Schutz brauchen.

Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages herzlich zu danken, allen voran den Berichterstattern der Regierungskoalition, dem Kollegen Kahrs, Frau Kollegin Jaffke und dem Kollegen Kalb, die den Haushalt unterstützen. Die Beratungen sind kompetent durchgeführt worden. Zudem will ich den Kollegen Koppelin und die Frau Kollegin Lötzsch erwähnen. Herr Kollege Bonde, im Gegensatz zu Ihrem Beitrag hier war Ihr Vorgehen im Ausschuss von anderer Qualität.

Ich will in diesem Zusammenhang einen zweiten Punkt ansprechen. Es ist besonders wichtig, dass wir mit diesem Haushalt die Chance haben, einige Akzente im Hinblick auf die soziale Entwicklung in der Struktur der Bundeswehr zu setzen; denn ich glaube schon, dass wir von unseren Soldatinnen und Soldaten viel verlangen. Die Bundeskanzlerin hat heute Morgen angesprochen, welche Auswirkungen die Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro im öffentlichen Dienst beispielsweise auch auf die Soldaten haben. Angesichts dieser Einsparungen finde ich es gut, dass wir in diesem Haushalt die Möglichkeit haben, Planstellenverbesserungen durchzuführen, beispielsweise rund 3.400 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten für Unteroffiziere und 750 für Mannschaften.

Ich finde es auch gut, dass das Bundeskabinett entschieden hat, eine Einmalzahlung für die Jahre 2005, 2006 und 2007 in Höhe von 300 Euro zu gewährleisten, sodass für die soziale Perspektive der Soldatinnen und Soldaten ein positiver Akzent gesetzt wird. Ich erachte es als notwendig und wichtig, den Soldatinnen und Soldaten Möglichkeiten der Beförderung und der sozialen Absicherung zu eröffnen. Schließlich erwarten wir große Leistungen von ihnen.

Lassen Sie mich einen weiteren Aspekt ansprechen. Ich denke, die Struktur und die Tendenz des Verteidigungshaushalts stimmen. Im Gegensatz zu dem, was hier gerade vom Kollegen Bonde vorgetragen wurde, reduzieren wir die Betriebskosten in erheblichem Umfang, während wir gleichzeitig die Ausgaben für Investitionen steigern. Die entsprechenden Zahlen haben wir mit dem Haushalt vorgelegt. Ich sage hier in aller Ruhe und Gelassenheit: Die Anstrengungen, die jetzt unternommen werden, um die Zahl der zivilen Bediensteten von rund 110.000 auf 75.000 im Jahr 2010 zu reduzieren, sind enorm. Diesen großen Beitrag, den die Bundeswehr leistet, sollte man entsprechend würdigen. Aufgrund der Tatsache, dass die Betriebskosten gesenkt werden, werden Steigerungen im Bereich der Investitionen möglich.

Das Haushaltsvolumen steigt zum ersten Mal seit Jahren um rund 500 Millionen Euro, sodass wir in der Lage sind, auf die neuen Herausforderungen finanziell zu reagieren. Die Herausforderungen der Bundeswehr sind enorm. Bevor wir die Regierungsverantwortung übernommen haben, hätte niemand in diesem Haus gedacht, dass wir innerhalb dieses Jahres einen europäischen Einsatz im Kongo und einen UN-Einsatz im Libanon bewerkstelligen müssen. Diese Einsätze waren in den Haushaltsberatungen nicht vorgesehen. Deshalb, Herr Kollege Bonde, hat der Haushalt nichts mit Trickserei zu tun. Ich bin dem Finanzminister und den Mitgliedern des Haushaltsausschusses sehr dankbar, dass sie eine Lösung gefunden haben, um die Einsätze, die nicht eingeplant waren, finanziell abzusichern, ohne die Substanz des Einzelplans 14 zu belasten. Das ist wichtig und richtig; denn wenn unvorhergesehene Zusatzkosten entstehen, muss deren Finanzierung sichergestellt werden.

Die finanziellen Rahmenbedingungen für die Bundeswehr werden in Zukunft eng bleiben. Ich glaube aber, dass wir mit diesem Haushalt den richtigen Weg beschritten haben. Ich will es noch einmal unterstreichen: Wir passen die Ausrüstung und Ausstattung den Einsatzerfordernissen an. Die Zuspitzung der Situation in Afghanistan war natürlich eine besondere Herausforderung. Wir können jetzt nur noch in geschützten Fahrzeugen fahren. Inzwischen gibt es Fahrzeuge in ausreichender Zahl vor Ort, sodass die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten gewährleistet ist. Es ist wichtig, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten eine optimale Ausrüstung besitzen, um ihren Auftrag in gefährlichen Situationen zu erfüllen.

Wenn man Bilanz zieht, kann man in aller Gelassenheit feststellen: Der Einsatz im Kongo ist mit einer zeitlich klaren Perspektive – dankenswerterweise hat der Kollege Kahrs das unterstrichen; auch ich weiß, was vor diesem Einsatz alles gesagt worden ist – verantwortungsvoll und optimal durchgeführt worden. Wir haben in der Zeit vom 20. bis 22. August einen Bürgerkrieg im Kongo verhindert und ich hoffe und wünsche, dass die Lage so stabil bleibt, dass wir am 30. November fristgerecht unseren Auftrag als abgeschlossen ansehen können. Der Einsatz im Kongo war für uns nicht ganz einfach, weil es die erste Operation war, die die Europäische Union in dieser Art und Weise in Afrika umgesetzt hat.

Es gab auch bezüglich des Libanonmandats Diskussionen mit den Vereinten Nationen, bis die Rules of Engagement so klar waren, wie wir sie gebraucht haben. Wir haben jetzt ein klares, effektives Mandat, dem der Deutsche Bundestag zugestimmt hat. Dieses effektive Mandat wird in guter Kooperation mit der libanesischen Marine umgesetzt: Es wird Seesicherheit hergestellt, Waffenschmuggel unterbunden und es werden somit die Voraussetzungen für die Umsetzung der UN-Resolution geschaffen. Ich finde, auch diese Mission, die die Bundeswehr dort leistet, ist eine erfolgreiche Mission.

Natürlich kann man, wenn wir über Bosnien-Herzegowina diskutieren, nicht von Überforderung sprechen; das hat auch niemand getan. Die Wahrheit ist, dass wir gesagt hatten, dass wir vor den Wahlen keine falschen Akzente setzen wollen. Die Wahlen sind am 1. Oktober durchgeführt worden. Wir haben dort eine stabile, eine friedliche Entwicklung, die uns jetzt – zu Recht, wie ich finde – in die Lage versetzt, einen Stufenplan im Hinblick auf eine Exit-Strategie zu diskutieren und möglichst noch im Dezember zu verabschieden. Wenn wir einen Auftrag wahrnehmen, dann müssen wir ihn auch entsprechend erfüllen und eine Planung für den Übergang in zivile Sicherheitsstrukturen entwickeln, den wir stufenweise vollziehen. Nur so können wir einen Auftrag erfolgreich beenden. Deshalb ist es richtig, wenn wir diese erste Stufe jetzt im Hinblick auf Bosnien-Herzegowina in Angriff nehmen.

Dasselbe gilt für den Kosovo. Ich hoffe und wünsche, dass sich die Lage dort so stabilisiert – auch nach den Statusverhandlungen –, dass der Prozess mit einer europäischen Perspektive friedlich und stabil fortgesetzt werden kann.

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum Thema Afghanistan machen. Heute ist von der Bundeskanzlerin bereits zu Recht auf die Gesamtsituation in Afghanistan hingewiesen worden. Ich will es noch einmal unterstreichen: Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass wir die Nato-geführte Operation in Afghanistan nur erfolgreich fortführen und zu Ende führen können, wenn wir eine Strategie der zivil-militärischen Zusammenarbeit für Gesamtafghanistan umsetzen, womit wir im Norden begonnen haben und damit auch erfolgreich sind. Wir haben dort bereits mehr als 520 Projekte in Angriff genommen: von der Wasserversorgung über Schulen und Krankenhäuser bis hin zur Infrastruktur. Ich glaube, wir werden die Probleme in Afghanistan nicht lösen, indem wir immer nur nach mehr Militär rufen. Wir werden die Operation in Afghanistan nur dann zu einem Erfolg führen, wenn wir die Herzen der Menschen gewinnen und den Wiederaufbau in einem sicheren Umfeld vorantreiben. Das muss aus meiner Sicht das Konzept für den Nato-Gipfel in Riga sein; darüber müssen wir diskutieren.

Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass wir der zweitstärkste Truppensteller in Nato-geführten Operationen sind. Deutschland leistet seinen Beitrag im Hinblick auf internationale Friedensmissionen. Ich war schon etwas betroffen, als ich die eine oder andere Behauptung gehört und gelesen habe, dass sich unsere Soldatinnen und Soldaten mehr mit anderen Dingen beschäftigen würden als damit, Sicherheit herzustellen; ich will das vor diesem Hohen Haus nicht wiederholen. Man muss auch einmal sehen, dass im Rahmen dieser Auslandseinsätze bereits 64 Soldatinnen und Soldaten ihr Leben verloren haben. Es ist nicht so, als wären die Soldaten der Bundesrepublik Deutschland nicht auch in riskanten Situationen engagiert. Deshalb halte ich es für völlig falsch, wenn hier der eine oder andere versucht, den Finger zu erheben und eine falsche Diskussion zu führen. Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten ihren Einsatz verantwortlich, leistungsfähig und gut; im Rahmen dieser Einsätze – das habe ich immer wieder festgestellt – mehren sie das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb bin ich dankbar für das Engagement, das unsere Soldaten dort leisten.

Zu dieser Erfolgsbilanz gehört natürlich auch, dass es dieser großen Koalition nach zwölf Jahren gelungen ist, dass ein Weißbuch zur Standortbestimmung, zur Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland und zur Zukunftsperspektive der Bundeswehr im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Überall, wo ich hinkomme, werde ich – auch und gerade von unseren europäischen und unseren Nato-Partnern – für dieses Weißbuch gelobt. Ich finde, wir haben ein Konzept auf den Tisch gelegt und im Bundeskabinett verabschiedet, das sich sehen lassen kann. Das lasse ich mir von dem einen oder anderen aus der Opposition nicht zerreden. Das ist ein gutes Werk, das zur Erfolgsbilanz dieser Bundesregierung gehört.

Ich will darauf hinweisen, dass wir mit dem Einsatz der Bundeswehr natürlich auch den Schutz Deutschlands gewährleisten. Das geht in den Debatten über Auslandseinsätze oft unter. Die Bundeswehr hat in diesem Jahr zahlreiche Beiträge zum Schutz Deutschlands geleistet: Vom Einsatz bei der Schneekatastrophe in Bayern über den Einsatz bei der Vogelgrippe auf Rügen und den Hochwasserschutz an der Elbe bis hin zu den einzelnen Maßnahmen zur Sicherstellung der Fußballweltmeisterschaft; bei jedem Spiel waren 2.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und 5.000 in Reserve. Das ist ein wichtiger Punkt, den man in einer solchen Debatte nicht vergessen darf.

Ich denke, dass wir den Prozess der Transformation der Bundeswehr auf Grundlage dieses Haushaltes fortsetzen können. Wir richten alles darauf aus, diesen Prozess zu einem positiven Ergebnis zu führen.

Wir verlangen von unseren Soldaten und zivilen Mitarbeitern viel. Sie leisten, wie ich finde, Hervorragendes. Deshalb haben sie unseren Dank und unseren Rückhalt verdient. Der Einsatz lohnt sich; denn es geht um nicht weniger als um die Sicherheit Deutschlands. Es geht um einen friedensstiftenden Auftrag, den unsere Soldatinnen und Soldaten im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, im Interesse von Frieden und Freiheit erfüllen. Deshalb bin ich für die Unterstützung dieser Politik dankbar. Wir werden sie konsequent fortsetzen.