Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach,

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Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Pandemie wird leider nicht in die Sommerpause gehen; das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Es ist aber auch nicht vorgesehen, dass die Pandemiebekämpfung in die Sommerpause gehen wird. Wir dürfen und wir können es uns nicht leisten, ein drittes Mal unvorbereitet oder nicht gut vorbereitet in den Herbst hineinzugehen. Wir werden daher alles tun, was notwendig ist, um der Situation zu begegnen.

Wir sind derzeit in einer Sommerwelle. Diese Sommerwelle war vorausgesehen worden. Der Herbst wird schwierig werden, und die Gründe dafür sind auch schon bekannt. Wir werden ringen mit einer BA.5-Variante, die mittlerweile das Infektionsgeschehen dominiert. Wir werden damit ringen müssen, dass die BA.5-Variante wieder etwas schwerer verläuft als die BA.1-Variante. Wir wissen, dass eine vorherige Infektion mit der BA.1- oder der BA.2-Variante wenig Schutz bietet für die Infektion mit der BA.5-Variante. Wir wissen darüber hinaus, dass die Impfstoffe nicht wirklich gut schützen gegen die Infektion. Das ist die Lage, mit der wir ringen müssen.

Das bedeutet also, dass wir gut vorbereitet sein müssen; denn die Infektionen, die wir bekommen werden, können wir abmildern. Der Infektionsstatus bestimmt tatsächlich nicht die Schwere der Erkrankung. Diejenigen, die geimpft sind, sind deutlich besser geschützt vor der schweren Erkrankung. Wir wissen zum Beispiel, dass ältere Menschen, selbst über 80 Jahre alte, die den zweiten Booster bekommen haben, in den allerseltensten Fällen schwer oder gar tödlich erkranken. Somit ist die gute Nachricht: Die Impfungen wirken, die Impfungen schützen, und darauf müssen wir zurückgreifen.

Wir werden daher die Vorbereitungen vorantreiben. Wir haben hier sechs Punkte, die wir jetzt schon in die Wege leiten können, und einen Punkt, der vorbereitet wird, also insgesamt ein Sieben-Punkte-Programm.

Wir werden eine Impfkampagne vorbereiten, und diese Impfkampagne wird sich zunächst einmal an diejenigen richten, die durch die Impfung geschützt sind vor schwerer Erkrankung. Das sind in der Regel die über 60-Jährigen. Bei den über 60-Jährigen ist die schwere Erkrankung nach einer Boosterimpfung und insbesondere nach einer zweiten Boosterimpfung eine Seltenheit. Somit können wir mit dieser Kampagne nicht jede Infektion vermeiden; aber die schweren Erkrankungen können wir beherrschen. Die Sterblichkeit würde drastisch sinken.

Wir werden im Rahmen der Impfkampagne dann auch die angepassten Impfstoffe angehen. Die angepassten Impfstoffe werden dann auch vor Infektionen schützen. Angepasste Impfstoffe, auch gegen die BA.5-Variante, sind derzeit in Vorbereitung und werden von uns eingesetzt. Die Impfkampagne wird dies dann umsetzen.

Wir werden zielgerichtet testen, und über die Testungen, die wir vornehmen, werden wir die Infektionsketten unterbrechen, indem wir insbesondere diejenigen identifizieren werden, die sonst die Infektionen in die Pflegeeinrichtungen oder in die Krankenhäuser gebracht hätten. Wenn wir die Infektionsketten dort unterbrechen, können wir die Sterblichkeit in diesen Bereichen deutlich mindern. Das ist etwas, was wir vorsehen, wofür wir die Testverordnung ausgerichtet haben.

Wir werden darüber hinaus die Arzneimittel, die wir haben, sehr viel besser einsetzen. Wir haben hochwirksame Arzneimittel, wie zum Beispiel Paxlovid. Mit Paxlovid lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung bei älteren Menschen, die sich infiziert haben, nach der Infektion um 90 Prozent senken, die Sterblichkeit um 70 Prozent. Das heißt, diese Arzneimittel müssen viel mehr eingesetzt werden. Wir haben über eine Million Dosen gekauft; davon sind noch nicht einmal 30.000 eingesetzt worden. Wir müssen daher dafür sorgen, dass diejenigen, die geeignet sind, diese Medikamente zu bekommen, diese auch schnell bekommen. Wir werden dafür sorgen, dass die Abgabe unbürokratisch und schnell erfolgt. Wir können damit die Sterblichkeit durch die Erkrankung dramatisch senken. Diese Möglichkeiten werden genutzt werden. Dafür werden wir eine entsprechende Vorkehrung treffen. Der zielgerichtete, schnelle Einsatz der Arzneimittel wird von uns noch in der Sommerpause vorbereitet.

Wir werden den Schutz der vulnerablen Gruppen in den Pflegeeinrichtungen und bei den Pflegediensten durch Benennung von Hygienebeauftragten, Beauftragten für die schnelle Verabreichung der Arzneimittel und Impfbeauftragten beschleunigen.

Und – was sehr wichtig ist – wir werden zum ersten Mal noch viel bessere Daten haben. Es ist traurig, dass wir nach über zwei Jahren immer noch keine guten, tagesaktuellen Daten bekommen. Hierzu haben wir einen Pandemieradar in Vorbereitung; er wird zum September am Start sein. Wir werden über das System Demis tagesaktuell die Daten bekommen: Wie viele Betten sind mit Covid-Patienten belegt? Wie viele Betten sind noch frei? Wir werden ein Frühwarnsystem über die Entwicklung der Infektionen haben; dafür nutzen wir ein Abwasser-Monitoring. Wir werden darüber hinaus über ein Sentinel-System herausfinden, wie viele Menschen an Covid erkrankt sind, die ins Krankenhaus kommen, und wie viele mit Covid ins Krankenhaus kommen, sodass wir eine deutlich bessere Datenbasis haben. Auch diesen Pandemieradar werden wir einführen, und er wird uns gute Dienste tun.

Schließlich: Wir werden ein Infektionsschutzgesetz vorbereiten. Wir werden die Maßnahmen am Platz haben, die wir benötigen. Ich persönlich rechne – ich freue mich, wenn es anders kommt – mit großen Herausforderungen, mit einer schwierigen Lage. Aber selbst wenn die Lage schwierig wird, werden wir alles haben, was wir benötigen. Wir werden die Schutzmaßnahmen für unterschiedliche Stufen am Platz haben. Ich bereite das derzeit mit Justizminister Marco Buschmann vor. Wir werden das dann in der Ampel beraten. Wir werden die Länder vorbereiten. Wir werden mit den Fraktionen sprechen. Wir werden zum Schluss ein gutes Infektionsschutzgesetz am Platz haben, das auch für den Winter vorbereitet ist, sodass wir die Herausforderungen gemeinsam bewältigen können.

Ich darf mich ganz herzlich bedanken, dass es der Ausschuss noch so kurzfristig möglich gemacht hat, dass wir die Grundlage für ein solches Gesetz heute beraten können. Das war keine Kleinigkeit. Das weiß ich zu schätzen. Ich freue mich auf die konstruktive Zusammenarbeit. Wir werden das nur gemeinsam lösen können. Ich weiß, dass ich mich bis auf eine Partei auf alle Parteien hier im Haus verlassen kann. Darauf werde ich zurückgreifen.

Danke daher auch für die Unterstützung. Ich schließe dabei ausdrücklich auch die Oppositions-Partei Die Linke ein. Wir werden es gemeinsam schaffen, und wir schaffen dafür heute die Voraussetzungen.